Das Bali – Das (fast) vergessene Bahnhofskino von Bremen

Als ich von diesem Fund lass, musste ich gleich hin und diesen vergessenen Aushangkasten für die Nachwelt festhalten. Am 10. Januar berichtete der Weser Kurier unter der Überschrift „Zeitzeugnis der Bremer Filmgeschichte am Friedenstunnel entdeckt“ darüber, dass nachdem eine Werbetafel abmontiert worden war, darunter ein vergessener, alter Aushangkasten des Bali Kinos zum Vorschein gekommen war, welcher dort seit 1971 hing.

Was mich wundert: Der Kasten hängt nicht wirklich in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs, sondern ist davon 650m entfernt.

Das Bali (kurz für „Bahnlichtspiele“) fasziniert mich schon seit vielen Jahren. Gerade durch meine Liebe zum sogenannten „Bahnhofskino“, welches jene Art von Filmen bezeichnet, welche in eben (vor allem in den 70ern) diesen Kinos liefen. In den 70ern waren das Italo-Western, Kung-Fu-Filme, Action- oder (später vor allem) Erotikfilme.

Das Bali-Kino war das erste Kino in Bremen mit einem durchgängigen Programm. Für 1,60 Mark waren im rechten Außenflügel des Bahnhofsgebäudes durchgängig Filme zu sehen. Bali steht für Bahnlichtspiele. Diese Art von Kino gab es nicht nur in Bremen, sondern in unzähligen Bahnhöfen Deutschlands.

In ihrer ursprünglichen Funktion boten sie schon in den 1950er-Jahren Zugreisenden die Möglichkeit, ihre Wartezeit auf den Zuganschluss durch Unterhaltung zu verkürzen. Nicht nur Filme waren zu sehen, auch Nachrichten liefen über die Leinwände. Ein anderer Name für diese Branche war, je nach Betreiber, Aktualitätenkino (Aki) oder Aktualitätenlichtspiele.

Quelle: Weser Kurier

Da ich an das Kino überhaupt keine Erinnerung habe, und es mir trotz intensiver Suche bislang nicht gelungen ist vernünftiges Bildmaterial mit dem alten Bali zu finden, hat sich das Kino bei mir fast schon zur Obsession entwickelt. Immerhin weiß ich mittlerweile, wo es einst im Hauptbahnhof war und habe tatsächlich ein einziges Foto vom August 1963 gefunden, wo es drauf zu erkennen ist.

Was da im August ’63 gespielt wurde, habe ich allerdings nicht herausgefunden. Damals hatte das Bali scheinbar sein Programm nicht im Weser Kurier inseriert. Das sollte erst später erfolgen. Die frühste Anzeige habe ich am 14.1.196 gefunden:

14.1.1966

 

 

 

 

Eine Woche später wurde das Aussehen der Anzeige dann angepasst und blieb dann auch die nächsten Jahre so.

21.1.1966

28.1.1966

 

 

 

 

Hier einige Beispiele aus den späten 60ern,

8.4.1966

6.1.1967

3.5.1968

 

 

 

 

 

 

 

 

In den frühen 70ern und in dem Jahr, als der Aushangkasten aufgehangen wurde, sah das Programm so aus:

20.7.1970 (von der Veranstaltungsseite des Weser Kuriers)

29.1.1971

23.7.1971

 

 

 

 

 

 

 

 

Mitte der 70er Jahre verschwinden die Anzeigen plötzlich und tauchen erst zum Ende des Jahrzehnts wieder auf.

19.8.1977

 

 

 

 

 

 

Hier die Inserate aus den den letzten drei Lebensjahren des Bali (fast auf den Tag genau 43, 42 und 41 Jahre alt), bevor es 1984 die Pforten schloss.

29.1.1982

28.1.1983

27.1.1984

Wenn man so in die Zeit zurück reist, finde ich es spannend, dass gerade in den frühen Jahren auch Kinderprogramme und sogenannte „Kunstfilme“, wie Bunuels „Belle de Jour“, oder Blockbuster wie „Love Story“ dort liefen – und nicht die billigen Genreproduktionen, für die man das Bahnhofskino heute vor allem kennt. Auch, dass das Genre „Horror“ hier (zumindest in Bremen und in den Stichproben, die ich mir angesehen habe) keine oder nur eine kleine Rolle spielte, finde ich bemerkenswert. Da das Programm täglich wechselte, fanden sich die anzeigen nicht nur Freitags auf der Kinoseite des Weser Kuriers, sondern in der Woche dann auch unter „Veranstaltungen“.

Mich faszinieren auch, dass das Kino – laut Zeitungsartikel – 368 Plätze gehabt haben soll. Zum Vergleich: Der große Saal der Schauburg hat 258 Plätze, die Gondel gar nur 180. Ich kann mir dort, wo früher das Kino gewesen sein muss, beim besten Willen nicht vorstellen, wie das ausgesehen hat und wo dort so ein riesiges Ding hingepasst hat.

Hier einige aktuelle Fotos des Ortes, wo früher das Bali war.

 

Ich muss mal gucken, wo man noch Spuren alter Kinos findet. Ich erinnere mich, dass in Findorff beim ehemaligen Admiralkino noch Aushangkästen hingen. Ich glaube aber, die sind mittlerweile weg.

Wer Erinnerungen an das Bali hat oder gar noch Fotos – Ich wäre sehr daran interessiert, um das Puzzle weiter zusammenzusetzen. Wie gesagt, das Thema verfolgt mich schon seit Jahren.

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„My House is on Fire“ – Ausstellung Lithographien von David Lynch in Oldenburg

An dieser Stelle möchte ich auf die höchst empfehlenswerten David-Lynch-Ausstellung im Horst-Janssen-Museum in Oldenburg hinweisen, in der Lithographien des Meisters thematisch zusammengefasst Werken von Horst Janssen gegenübergestellt wurden. Dabei faszinierend es sehr, wie ähnlich die Werk der Beiden, gerade in der direkten Gegenüberstellung, teilweise sind. Und dies obwohl sich beide Künstler nicht kannten. Ich gebe zu, dass ich mich in der Ausstellung aber vor allem mit dem Werk Lynchs beschäftigt habe. Und dies war schon beeindruckend. Wie seine Filme, sind auch die Bilder vielseitig interpretierbar und enthalten Details, die einem erst beim dritten oder vierten Blick auffallen. Spannend war auch zu sehen, wie hier schon Dinge vorweggenommen werden, die Lynch dann gerade in der dritten Staffel von „Twin Peaks“ weiterverarbeitete. Gerade die Werke, die sich um Elektrizität drehten.

Neben den Bildern, gab es auch eine kleine Installation (Ant Head) und den Kurzfilm „Fire (PoZar)“ von 2015 (die IMDb gibt 2020 an, da er dort erstmals veröffentlicht wurde), der von Marek Zebrowski vertont wurde, mit dem Lynch 2007 auch die CD „Polish Night Music“ aufnahm, die ebenfalls 2015 wieder veröffentlicht wurde.

Apropos Musik: Diese konnte man auch immer wieder auf Kopfhörern zu einigen Bildern hören. Hier hatte man sich für das Free-Jazz-Album „Thought Gang“, welches Lynch 2018 mit seinem Stammfilmmusikkomponisten Angelo Badalamenti als eben Thought Gang aufnahm. Keine leichte Musik, aber sehr spannend. Das Album hatte ich mir bereits auf CD bestellt, es hat aber eine längere Lieferzeit.

Wie ich erlauschen konnte, war Lynch auch stark in die Konzeption involviert und hat z.B. das Logo der Ausstellung entworfen.

Eine Info: Das Horst-Janssen-Museum wird gerade umgebaut, weshalb es derzeit nur über Umwege und durch die Hintertür zu erreichen ist. Zudem steht nicht die volle Fläche zur Verfügung – deshalb ist der Eintritt aber momentan auch frei! Auch für die Sonderausstellung und an allen Tagen (Di-So, 10:00-18:00 Uhr). Führungen gibt es aber auch. Die sind dann nicht kostenlos, aber laut Homepage kostet das 3 Euro pro Person für 60 Minuten, bzw. 4,50 für 90 Minuten. Hätte ich auch gerne mit gemacht, aber ich wurde leider an der Kasse nicht drauf aufmerksam gemacht, und bemerkte dies erst nachdem ich rein bin, und eine geführte Gruppe von drei Personen kurz nach mir durch die Ausstellung geführt wurde. Ich habe mich dann aber in Hörweite aufgehalten (was eh kaum zu umgehen war) und alles wichtige mitbekommen.

Schade war auch, dass der Katalog nicht zu erwerben war, da er gerade erst gekommen und bereits ausverkauft war. Ich solle es aber über die Homepage versuchen (wo ich bislang dazu noch keine Möglichkeit gefunden habe). Zudem ist aufgrund des Umbaus der Museumsshop geschlossen, sodass man das einzige angebotene Buch von Lynch (die deutsche Ausgabe von „Catching the Big Fish“) nur als Ansichtsexemplar anschauen konnte.

Die Ausstellung geht noch bis zum 16. Februar. Interessierte sollten sich als besser beeilen.

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Nachruf: David Lynch (1946-2025)

Es gibt immer wieder dies Todesfälle, die einen kurz aus dem täglichen Leben reißen. Die einen erschüttern, obwohl man die Person gar nicht persönlich gekannt hat. Doch da sie einen so lange mit ihrer Kunst begleite hat, hatte man das Gefühl, sie zu kennen. Sie bedeutete einem etwas. Vielleicht nur als Ideal, welches wenig mit dem realen Menschen zu tun hat. Doch dieses leitet einen durchs Leben, lässt einen Erfahrungen machen, die einen bereichern, zum Nachdenken bringen, den Horizont erweitern. Die starke Emotionen in einem auslösen und einen etwas über sich selber und die Welt an sich erzählt. 2016 waren es die Tode von drei für mich sehr wichtigen Künstlern die mich auf diese Art und Weise berührt und kurzzeitig den Boden unter den Füssen weggerissen haben: David Bowie, Prince und Andrzej Zulawski. Bei allen kam der Tod für mich aus heiterem Himmel. Bei allen dachte ich gerade, sie würden in eine neue Phase ihrer unerschöpflichen Kreativität eintauchen – und dann waren sie plötzlich nicht mehr da.

Gestern ist David Lynch verstorben, und ich fühlte mich wieder wie 2016. Auch hier hatte ich nicht mitbekommen, wie krank er war. Ja, ich hatte da was gelesen, aber so ernst klang das jetzt für mein Laien-Ohr nicht. Zumal er kämpferisch ankündigte, nicht kürzer treten zu wollen. Jetzt ist er nicht mehr da. Die Frage „What year is this?“ wird nie beantwortet werden. Wäre sie aber vielleicht sowieso nicht, denn Lynch erklärte nicht. Entkleidete seine Geheimnisse nicht. Er pflanzte sie in den Kopf seiner Zuschauer, in denen die Fragen gärten und zu ganz individuellen Ergebnissen führten. Was ist die Black Lodge? Wohin führt der Lost Highway? Was passiert im Mullholand Dr.? Wo ist Nikki? Wer Lynchs Filme gesehen hat, der kehrt immer wieder zu ihnen zurück. Vielleicht nicht tatsächlich auf dem Bildschirm, aber im Kopf wo Lynchs Geschichten und Bilder immer wieder wie diebisch lächelnde Dämonen auftauchen und das Denken besetzen.

Mein erster Lynch-Film war „Der Elefantenmensch“, den ich im Fernsehen sah und der mir emotional stark zusetzte. „Ich bin kein Tier! Ich bin ein menschliches Wesen!“. Sehr viel später erst sah ich sein Debüt „Eraserhead“. Große Fragezeichen, große Faszination, große Liebe für das Dunkle, das Wahnsinnige, das „Sich-nicht-fassen-lassen-wollende“. „Dune“ verstörte mich, der ich einen Film ala „Krieg der Sterne“ erwartet hatte, mit seiner seltsamen Finsternis. „Blue Velvet“ war eine Offenbarung. Ein Albtraum in dem ich selber als Jeffrey gefangen war. „Wild at Heart“ eine wahnsinnige Achterbahnfahrt, die mein Gehirn komplett auseinander purzeln ließ. „Meine Schlangenlederjacke ist ein Ausdruck meiner Individualität“. Da bekam man, was man von einem Roadmovie erwartete – und eben genau dies nicht. Da kippte eine klassische B-Film-Geschichte in einen merkwürdigen Traum und führte einen in ein Labyrinth, aus dem man nicht wieder herausfand. Ebenso wie bei „Lost Highway“, den ich lange vor mich herschob, da ich nicht wusste, ob mich das, was ich im Vorfeld hörte, mir gefiel. Tat es natürlich dann. Der Film war ein Strudel an Bildern und vor allem Emotionen, Gefühlen, merkwürdigem Kribbeln im Rückgrat, welcher mich einfach unter die Oberfläche zog. „Mullholand Dr.“ schaffte es, mich – wie viele andere – zunächst auf eine falsche Fährte zu locken, um dann den Brägen kräftig durchzuficken. Lange Zeit war es mein Lieblingsfilm von Lynch. Wenn es so etwas gibt. „Straight Story“ war dann so anders. Eine echte „straight story“. Voller Liebe, Melancholie und wieder viel, viel Gefühl. Diesmal nicht beängstigende, sondern beruhigende. Ein so schöner Film mit einer ebenso wunderschönen Musik. „Inland Empire“ dann. Ein verdammter Monolith. Drei Stunden lang. Und noch einmal zwei Stunden, wenn man den begleitenden, aus verworfenen Szenen bestehenden „Something Happend on the Way“ dazu zählt. Ein Fiebertraum, der mich stärker faszinierte als alles andere. Der mich in einen förmlichen Rausch versetzte. So stelle ich mir die Einnahme von Drogen vor. In meinem Kopf verschwammen Wachsein und Traum. Nach dem Film wusste ich nicht, was ich gesehen und was eventuell nur imaginiert habe. Ein wahnsinniges Erlebnis.

Ich glaube auf den Extras meiner „Inland Empire“-DVD ist eine kurze Szene in der Lynch mit polnischen Filmstudenten im einer stinknormalen, leeren Halle steht und einfach nur dort fragend einen Namen dort hineinruft. Und mit dieser Allerweltshandlung eine solch dichte, bedrohliche Stimmung schafft, dass mich diese kurze Szene noch heute verfolgt. Das hat ihn für mich definiert. Das Bild hinter dem Bild finden und dies dann in die scheinbare Realität hineinkriechen lassen.

Und dann ist da „Twin Peaks“. Meine erste wirklich intensive Begegnung mit ihm. Sehen konnte ich die Serie damals nicht, da sie auf RTL lief. Damals wurde RTL bei uns im Wechsel mit SAT1 gesendet. Und ich meine zu „Twin Peaks“-Zeiten war gerade SAT1 dran. Aber ein Freund konnte RTL empfangen und hatte die Serie auf Video mitgeschnitten. Auch die zweite Staffel, die dann auf Tele5 lief, die ich ebenfalls nicht empfangen konnte. Aber ich wurde ja gut versorgt. Nach der Schule wurde ein Tape eingeworfen und dann ging es nach Twin Peaks. Was habe ich die Serie geliebt. Was war sie in dieser Zeit für ein zentrales Element in meinem Leben. Irgendwie habe ich es dann geschafft an dem Nachmittag an dem die letzte Folge lief, alle Tapes durchgeschaut zu haben. Die legendäre letzte Folge sah ich dann live bei meinem Freund. Und als während dieser Folge immer mehr neue Fäden aufgemacht wurden, statt dass die vorhandenen zum Abschluss gebracht wurden, wunderten wir uns immer mehr, wie Lynch das jetzt zu einem Ende bringen wollte. Und als die Folge dann durch war, sahen wir uns hilflos und verwirrt an – und wussten in dem Moment nichts mehr zu sagen. Später waren wir gemeinsam in „Fire Walk With Me“ aka „Twin Peaks – der Film“. Eigentlich dachten wir, dass die unzähligen Fragen beantwortet würden. Was aber natürlich nicht der Fall war. Während des Filmes verließen immer mehr Zuschauer*innen den Saal (Schauburg, kleines Haus – vergesse ich auch nie). Wir blieben sitzen. Waren beglückt. Und nach dem Film standen wir noch stundenlang vor dem Kino und diskutierten, erzählten uns von den vielen kleinen Entdeckungen und Verbindungen zur Serie. Spannen den Film im Kopf weiter. Ein ungemein bereicherndes Erlebnis.

Die dritte Staffel ist nun David Lynchs Vermächtnis. Für mich das Beste und intensivste, was ich jemals im Fernsehen gesehen habe. Wobei – Fernsehen. Die Serie lief auf Wow. Wie damals mein Freund, der mir die Videokassetten geliehen hat, bekam ich die Folgen diesmal von einem Arbeitskollegen und ich sah sie größtenteils auf dem Laptop. Trotzdem war ich komplett „in der Serie“ drin. Lechzte nach der nächsten Folge. Wurde vollkommen durchgerüttelt, schockiert, verwundert, fasziniert. Die ersten beiden Folgen sah ich während einer Teamauszeit im verdunkelten Hotelzimmer, während sich die Kolleg*innen noch amüsierten. Später stellte ich fest, dass mein Kollege einige Folge vergessen, bzw. falsch benannt hatte. Weshalb ich mir dann doch widerwillig Wow besorgte. Einige Episoden verfolgten mich tagelang, ließen sich nicht mehr abschütteln (die mit Harry Dean Stanton habe ich bis heute nicht verdaut). Und natürlich endet alles kryptisch mit der Frage „What year is this?“. Ein mehr als würdiger Abschluss für Lynchs Filmkarriere. Mehr als würdig. Ein Meisterwerk. Ein Geniestreich.

Aber Lynch war nicht nur Film, sondern auch Malerei (womit ich mich jetzt mehr beschäftigen werde und endlich die Ausstellung in Oldenburg besuchen), Bildhauerei und Musik. Lynch war selber Musiker. Er nahm großen Einfluss auf die kongeniale Musik seines Hauskomponisten Angelo Badalamenti. Einen Film von David Lynch kann man nicht nur sehen, sondern auch „erhören“. Es gibt diesen typischen Lynch-Sound, den er auch bei seinen eigenen Ausflügen in die Musik pflegte und der dieselbe unter die Haut kriechende Atmosphäre kreiert. Seien es seine Solo-Stücke, die mit John Neff als BlueBOB oder als Co-Komponist und Produzent von Julie Cruise oder Chrysta Bell. Sogar auf dem Sampler mit Musik aus der dritten Staffel von „Twin Peaks“ spürt man seine Hand. Und selbstverständlich lies er es sich nicht nehmen, die Videos für seine Musik zu drehen, wie das verstörende Musikvideo zu „Crazy Clown Time“. Überhaupt gibt es hier noch viele Schätze zu heben, denn Lynch war in der kurzen Form sehr produktiv. Er schuf nicht nur die verstörende „Rabbits“-Serie, sondern noch viel mehr. Da wurde selbst der Wetterbericht zu einem Ruf aus einer parallelen Welt. David Lynch ist tot. Sein Werk und sein Einfluss leben weiter. Und sie werden weiterhin eine große Rolle in meinem Leben spielen. Danke für den Donut, David! Ich versuche nicht nur auf das Loch zu schauen.

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Mein ganz persönlicher Jahresrückblick 2024

Wie? Das Jahr ist schon wieder vorbei? Die Zeit vergeht im Sauseschritt, wir laufen mit. Tatsächlich kommt es mir so vor, als hätte 2024 gerade erst begonnen, da lugt 2025 schon um die Ecke. Und noch immer gilt: Die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts bekleckern sich nicht Ruhm. Und ich schaue mittlerweile eher ängstlich, denn optimistisch in die Zukunft. Gerade auch aufgrund der politischen Ereignisse in diesem Jahr. Da hilft manchmal die offensive Flucht in die Hobbies.

2024 gab es bei mir einen kleine Verschiebung in den Interessen. Von Film hin zu Musik. So wanderten 358 Tonträger in die Sammlung, was teilweise auch an zwei größeren CD-Sammlungen lag, die ich bereits 2023 geschenkt bekam. Und an den Plattenbörsen und – geschäften, die ich 2024 aufsuchte. Zudem habe ich – trommelwirbel – im August auch einen neuen Blog gestartet, der sich „Klang & Vision“ (https://klangundvision.de) nennt, und wo ich über Vinyl und Konzerte (gerne auch mit Bremer Schwerpunkt) schreibe. Den habe ich noch nicht groß promotet und so schreibe ich dort mehr oder weniger noch für mich selber. Daneben war ich auch selber als wieder Konzert(mit)veranstalter für die Helga tätig. Dort waren es sage und schreibe 9 Konzerte und ein kleines Festival mit sechs Bands, was ich alles im Hintergrund mit betreut habe. Und mit „Interna“ und „Billy Zach“ auch zwei Bands dabei, die ich schon vor dem Konzert kannte und ganz großartig fand.

Was aber nicht heißt, dass ich meine Leidenschaft Film aufgegeben hätte. Höchstens ab und zu etwas vernachlässigt. Allerdings habe ich hier was Bilddatenträger betrifft dann etwas weniger exzessiv zugeschlagen. Trotzdem sind es 163 geworden. Vieles wurde mir geschenkt (Danke dafür!), habe ich ersteigert, sind Grabbelkistenfunde, oder ich habe es mir verdient. Und wenn ich mir etwas gekauft habe, waren es vor allem Klassiker, aktuelle Filme wurden tatsächlich eher gestreamt.

Und trotz allem war es für mich wieder war mein Hobby Film angeht, ein spannendes Jahr. So war ich dieses Jahr das erste Mal seit fünf Jahren wieder beim Filmfest Bremen dabei. Und dies nicht nur als Besucher, sondern auch aktiv. Denn mein Kollege Stefan und ich waren mit Weird Xperience Gastgeber eines dort gezeigten Films: GUNFIGHTER PARADISE. Wir führten 2x in den Film ein, hielten eine Q&A (auf Englisch!) mit den Filmemachern, suchten einen passenden Vorfilm aus und moderierten einmal die „Kurz&blutig“-Sektion. Und dabei blieb es nicht. Stefan und ich wurden auch in die Sichtungskommission für das Filmfest Bremen 2025 geholt, wo wir in der Gruppe „Innovation & Experimentelles“ unzählige (sehr häufig) tolle Kurz- und Langfilme sichteten. Einen Ritterschlag erhielt ich im August, als ich gefragt wurde, ob ich beim Kurzfilmwettbewerb Short Film Collection des Filmbüros Bremen Teil der Jury sein möchte. Das war auch ein ganz wunderbarer Abend!

Was meine Arbeit an Bonusmaterial für Blu-ray-Veröffentlichungen angeht, so war es ein zwar produktives, aber auch ruhiges Jahr. Von dem, was ich da alles geschrieben habe (diesmal waren es nur Booklet-Aufträge) ist bislang noch nichts erschienen – weshalb ich mich hier mal bedeckt halte. Aber da kommt wohl in 2025 was. Für das Buch „Zeitlos“ über Zeitreisefilme habe ich auch zwei Artikel geschrieben. Das Buch ist mittlerweile erhältlich, aber so geräuschlos auf den Markt gekommen, dass ich es auch erst sehr spät mitbekommen habe und es leider bislang auch nicht in den Händen halten kann. Nun gut.

Natürlich war ich auch wieder in Sachen 35/70-Millimeter gut beschäftigt. Ich verantwortete die Ausgabe 6 und 7 des 70-Millimeter-Retro-Filmmagazins, schrieb für alle vier Ausgabe der 35 Millimeter u.a. über Bela Lugosi und José Bénazéraf. Highlight war das Redaktionstreffen im Mai in „meiner“ Helga Kneipe. Es gab tolle Vorträge für die Öffentlichkeit, es war wunderschön so viele Redaktionsmitglieder zu sehen und einige auch das erste Mal kennenzulernen. Extrem frustrierend war lediglich, dass wir trotz kräftiger Werbung mehr oder weniger unter uns blieben. Das Interesse der Bremer an Filmgeschichte ist wohl eher gering. Was ich sehr schade finde.

Sehr schade fand ich auch, dass es in diesem Jahr kein HyperHorrorHapping gab. Das war in den Vorjahren immer ein echtes Highlight gewesen und einfach toll, mit welchem Elan und welcher Leidenschaft die beiden Köpfe hinter dem HHH (Johanna und Olli) das gegen alle Widerstände auf die Beine gestellt haben. Ich hoffe da auf 2025, möchte aber die Gelegenheit nutzen, auf die ebenfalls sehr empfehlenswerte Reihe mit Musikdokus, welche die Beiden im Kommunalkino kuratieren und moderieren, hinzuweisen: 46rpm ist ein „Muss“! Neben dem Filmfest Bremen, war ich auch wieder in Oldenburg auf dem Internationalen Filmfest, welches mir jedes Jahr im September ein zweiten Wohnzimmer ist. Sehr genossen habe ich auch den alljährlichen Mondo-Bizarr-Weekender in Düsseldorf und das wie immer wundervolle Deliria-Italiano.de-Forentreffen, welches diesmal im wirklich tollen Kommunalkino Hannover (da kann sich Bremen mittlerweile mal mehr als eine Scheibe von abschneiden) stattfand. Dort erfüllt sich ein weiterer Traum, nämlich einmal einen meiner Lieblings-Italo-Western von 35mm auf der großen Leinwand zu sehen: „Keoma“! Zudem durfte ich Sergio Leones Schwanengesang „Es war einmal in Amerika“ dort in einer brillanten 35mm-Kopie sehen. Eine absolute Wiederentdeckung und für mich über alles gesehen mein Film des Jahres!

Mit Weird Xperience hatten wir im Cinema Ostertor eine wirklich gute Zeit. Danke hier für die tolle Unterstützung durch das Kino. So langsam pendeln sich die Besucherzahlen auch auf – wie wir finden – gutem Niveau ein. Mit Ausreißern nach unten (der wirklich gelungene „New Life“ hatte nur 7), wie nach oben (über 60 wollten „Tanz der Teufel 2“ sehen). Und wir haben mittlerweile auch immer wieder Besucher, die dann auch dabei bleiben und öfter kommen. Das freut uns natürlich ungemein und spornt uns an immer wieder ordentlich an.

Auf diesem Blog habe ich immer wieder längere Pausen eingelegt, was aber aufgrund der vielen anderen hier beschrieben Aktivitäten kein großes Wunder ist. Mit diesem hier werden es 2024 gerade mal 16 Artikel gewesen sein. Das versuche ich 2025 dann aber wieder zu übertreffen. Versprochen!

Nun zu den Filmen. Mit 202 bei der IMDb bewerteten Filmen sind es offiziell weniger als letztes Jahr. Da ich allerdings wie oben geschrieben in einer Sichtungskommission des Bremer Filmfests sitze, habe ich dort auch unzählige Kurzfilme und einige Langfilme gesehen, die ich nicht bewertet/gezählt habe – da sie dort (noch) nicht zu finden sind. Im Kino war ich auch dieses Jahr seltener als gewollt, dafür des Öfteren mal mit dem Sohn (und manchmal auch Tochter) – was ich sehr genossen habe. Aber im Großen und Ganzen wäre ich schon gerne sehr viel öfter im Kino gewesen.

Top 10 aktuelle Filme (Produktionsjahre 2023/2024)

 

  1. Skunk (Koen Mortier, 2023)* – Review HIER
  2. Dune: Part Two (Denis Villeneuve, 2024)*
  3. Luka (Jessica Woodworth, 2023)* – Review HIER
  4. Chiennes de vie (Xavier Seron, 2023)* – Review HIER
  5. Olivia & Las Nubes (Tomás Pichardo-Espaillat, 2024)
  6. Alles steht Kopf 2 (Kelsey Mann, 2024)*
  7. Der wilde Roboter (Chris Sanders, 2024)*
  8. Hakki (Hikmet Kerem Özcan, 2024)* – Review HIER
  9. Orion und das Dunkel (Sean Charmatz, 2024)
  10. Tre regole infallibili (Marco Gianfreda, 2024)* – Review HIER

* im Kino gesehen

Top 10 ältere Filme (nur Erstsichtungen)

 

  1. Die Passion der Jeanne d’Arc (Carl Theodor Dreyer, 1928)*
  2. Mr. Long (Sabu, 2017)
  3. Supernova (Bartosz Kruhlik, 2019)
  4. Ex Drummer (Koen Mortier, 2007)*
  5. The Lobster: Eine unkonventionelle Liebesgeschichte (Yorgos Lanthimos, 2015)
  6. Anchoress (Chris Newby, 1993)
  7. Il demonio (Brunello Rondi, 1963)
  8. Rapiña (Carlos Enrique Taboada, 1975)
  9. Mein Nachbar Totoro (Hayao Miyazaki, 1988)
  10. Celia (Ann Turner, 1989)

* im Kino gesehen

Ich wünsche allen meinen Leser*innen einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bleibt gesund! Wir lesen/sehen uns wieder in 2025!

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Die aktuellen Ausgaben der Retro-Filmmagazine 70MM und 35MM

Mit etwas Verspätung (für die 70MM) und noch gerade rechtzeitig (für die 35MM), möchte ich die aktuellen Ausgaben der beiden Retro-Filmmagazine vorstellen.

Beginnen möchte ich mit der „70 Millimeter“ für de ich diesmal als Chefredakteur außer der Gesamtverantwortung, dem Editorial und einigen Rezensionen keine Texte beigesteuert habe.

Aber das macht ja nichts, wenn man so großartige Autoren an der Hand hat, wie ich es hier hatte. Mir gefällt das Heft. Ich habe es genossen, die tollen Texte zusammenzusammeln. Ein bunter Mix, bei dem sowohl René Clément und Tom Gries, als auch José Ramón Larraz und Joe D’Amato ihren Platz haben.

Die „35 Millimeter“ kommt zu ihrem 10. Jahrestag gleich als extra dicke Ausgabe mit 100 Seiten daher. Die Titelstory dreht sich um das Filmstudio „United Artists“. Hier habe ich vier Seiten über die schicksalsträchtige Symbiose zwischen Buster Keaton und seinem Förderer, später auch Schwager und letztendlich für den tragischen Wechsel zu MGM verantwortlichen Joseph Schenk geschrieben. Schlechte Nachricht: Wie mir ein Vögelchen zwitscherte ist dieses Jubiläumsheft bereits restlos ausverkauft.

Die 70 Millimeter #7 gibt es HIER noch für 4,80 zzgl. Versand.

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Bericht vom 31. Internationalen Filmfest Oldenburg – Tag 3

Mein dritter und ganz allgemein auch der letzte Tag auf dem 31. Internationalen Filmfest Oldenburg begann recht chaotisch. Dabei hatte doch alles entspannt angefangen. Überpünktlich parkte ich meinen Wagen vor dem Theaterhof, wo laut Ticket mein erster Film des Tages um 14:30 Uhr starten sollte. Da es mittlerweile Sonntag war, konnte ich auch kostenlos parken und die exorbitant angestiegenen Parkgebühren in Oldenburg sparen. Im Kino verlief auch alles gut, ich befand mich in der überraschend langen Schlange vor dem Einlass weit vorne – doch als ich durch die Einlasskontrolle ging, winkte mich der nette Herr dort zurück und meinte, ich sei im falschen Kino. Der Film „Three Infallible Rules“sei getauscht worden und liefe im cineK. Meine etwas dümmlichen Einwurf „Aber hier steht doch Theaterhof“ hätte ich mir auch sparen können. So nahm ich die Beine in die Hand und lief mit noch weiteren „Opfern“ der Konfusion rüber ins cineK, wo der Film eigentlich in dem Moment hätte starten sollen.

Außer Atem erreichten wir das cineK ohne genau zu wissen wohin. Die Leute hinter dem Tresen konnten uns zwar ins Studio lotsen, wussten aber auch nicht so recht, was los war. Dort angekommen lief noch nichts. Es wurde uns gesagt, man würde noch auf die Leute aus dem Theaterhof warten, die vielleicht noch im falschen Kino saßen. Ein Herr neben mir berichtete, dass ihm ähnliches am Vortag im Casablanca widerfahren, und er von dort zurück ins cineK geschickt worden sei. Was für ihn als fahrradfahrenden Oldenburger gerade so möglich gewesen sei. Ein zugfahrender Bekannter von außerhalb sei dann einfach sitzen geblieben. So schlichen die Minuten dahin. Während wir also alle warteten, wurde im Publikum jemand gesucht, der für den italienischen Regisseur Marco Gianfreda dolmetschen könnte – denn der verstand nur sehr rudimentär Englisch. Eine freundliche Dame erklärt sich dazu bereit und es wurde weiter gewartet. Dann sprach der sympathische Regisseur Marco Gianfreda einige einleitende Worte, die von der Dame aus dem Publikum übersetzt wurden.

Endlich startete der Film. Leider nicht seiner, sondern „Three“ von Nayla Al Khaja, der am Abend noch einmal im Studio laufen sollte. Und diese nicht einmal, sondern insgesamt drei Mal (wie passend), was zu einigem Gelächter führte. Aber auch viel Zeit kostete. Das Warten hatte sich allerdings sehr gelohnt.

Three Infallible Rules – Der 14-jährige Bruno hat zwei Probleme. Zum einen Luca, den verhassten neuen Freund seiner Mutter Claudia, zum anderen seine Klassenkameradin Flavia, in die er verliebt ist. Als Bruno zufällig sieht, wie Luca auf offener Straße eine fremde Frau küsst, nutzt er dieses Wissen, um Luca zu erpressen. Dieser soll ihn einerseits als coolen Typen dastehen lassen und zum anderen mit Tipps versorgen, wie man bei Frauen landet und generell – wie ist das mit dem Verliebtsein? Derweil hat Claudia ihre eigenen Probleme, denn in Sachen Verliebtsein tut sie sich ebenso schwer wie ihr Sohn.

Manchmal passt einfach alles. Nach der eher schweren Kost der Vortage habe ich solch einen Film wie „Three Infallible Rules“ scheinbar einfach gebraucht. Von Anfang an gelang es mir, mich einfach hineinfallen zu lassen. Fühlte mich wohl in diesem sommerlichen Italien, mochte die Figuren und die kleine große Geschichte, die von der Liebe und denen damit einhergehenden Problemen erzählt, ohne sentimental oder schwülstig zu werden. Bruno, der am Anfang den Eindruck eines kleinen Biestes und der seiner Mutter das Leben schwer machte, entpuppt sich bald als zwar komplizierte, aber auch verlorene Person. Jemand, der einfach auf der Suche nach Liebe ist und dessen Hormone und Synapsen von der Pubertät kräftig umhergewirbelt werden. Wie sein Mutter Claudia, die ihren eigenen Gefühlen auch nicht so recht vertraut und voller Zweifel ist. Die ihrem Glück misstrauisch gegenübersteht und voller Selbstzweifel steckt. Mutter und Sohn spiegeln sich ineinander, ohne dass sie es merken würden. Auch der wahnsinnig gutaussehende Luca ist vor Selbstzweifeln nicht gefeit, hat aber gelernt damit umzugehen und versucht dies an Bruno weiterzugeben. Zu diesem entwickelt er nicht unbedingt väterliche, wohl aber freundschaftliche Gefühle. In Bruno sieht er vielleicht auch ein Stück seines jüngeren Ichs, welches in der Welt noch nicht wirklich zurecht kam.

Dazwischen gibt es auch heitere Momente aus Brunos Schulleben, die zeigen, dass er mit den Irrungen und Wirrungen der Pubertät nicht allein ist. Nicht nur aufgrund dieser Szenen, könnte man sich die Geschichte von „Three Infallible Rules“ auch als eine Commedia sexy all‘italiana aus den 70ern vorstellen. Die ja zwischen dem ganzen Klamauk auch immer wieder ernste Figuren und „echte“ Liebesprobleme in ihren Geschichten hatten. Auch wenn „Three Infallible Rules“ das frivole und die Nacktheit der 70er abgeht. Ein sehr schöner, sehr entspannter Debüt-Film, bei dem Regiedebütant Marco Gianfreda dann auch das perfekte Ende für seine Geschichte findet. Einfach schön.

Während der Abspann lief, warf ich einen Blick auf die Uhr und musste erschrocken feststellen, dass mir um nächsten Film nur noch 5 Minuten bleiben. Durch das Chaos am Anfang war einfach viel zu viel Zeit verloren gegangen, und ich musste ja auch noch das Kino wechseln. Das tat mir sehr leid, denn ich hätte wahnsinnig gerne der Q&A mit Marco Gianfreda gelauscht und hatte auch einige Fragen, die ich eigentlich stellen wollte. Aber das ging jetzt nicht mehr und deshalb beschloss ich, mich entgegen meiner Gewohnheit rasch aus dem Kino zu stehlen. Was gar nicht so einfach war, da am Ende meiner Reihe Marco Gianfreda saß. Das war mir dann doch sehr peinlich. Als ich mich an ihm vorbei drängelte, konnte ich ihm nur rasch auf Englisch meine Begeisterung zu seinem Film und eine flüchtige Entschuldigung, dass mein nächster Film nun beginnen würde, zuwerfen. Ob er das in der Hektik verstanden hat? Ich hoffe es mal.

Also rasch rüber in den Theaterhof und kurz nachdem ich in den Saal bin, ging auch schon das Licht aus und der Film auf den ich mich im Vorfeld am Meisten gefreut hatte begann.

The Second Act – Quentin Dupieux folge ich schon seit seinem Debüt „Rubber“, welches wir auch in der Frühzeit von Weird Xperience im Kino gezeigt haben. Endgültig verliebt habe ich mich in seine Filme mit „Wrong“, den ich passenderweise erstmals auf dem 19. Internationalen Filmfest Oldenburg sah. Bis auf die Resteverwertung „Wrong Cops“ mag ich alle Filme von Dupieux. Auch wenn ich leider – auch aufgrund ihrer größtenteils mangelnden Verfügbarkeit in Deutschland – seine letzten fünf Filme allesamt verpasst habe. Der Mann ist eben sehr produktiv und veröffentlicht mittlerweile zwei Filme pro Jahr. Daher freute ich mich sehr darüber, dass ich nun 12 Jahre später, wieder einen Dupieux -Film in Oldenburg zu sehen bekam. Über die Handlung von „The Second Act“ sollte man möglichst wenig im Vorfeld verraten. Deshalb begnüge ich mich hier mit einigen oberflächlichen Andeutungen. Es geht um Kino. Es geht ums Filmemachen. Und es geht um die feine Linie zwischen Realität und Fiktion. Darin ähnelt Dupieux einen Jean-Luc Godard, bei dem zumindest die Beschäftigung mit dem Kino und dem Filmemachen ja auch immer ein entscheidendes Thema war. Doch Dupieux nähert sich dem spielerischer, leichter und vor allem auf eine sehr humorvolle Art und Weise. Seine müheloses Springen von einer Metaebene auf die nächste; die Logik, die oftmals einem Traum zu entspringen scheint; die wahnwitzigen Absurditäten, sie alle machen auch „The Second Act“ zu einem höchst vergnüglichen Film, der aber nie nur an der Oberfläche bleibt, sondern durchaus auch existenzialistische und philosophische Fragen einschmuggelt.

Hier erinnert Dupieux dann auch an Woody Allen – der einerseits mit Godard zusammengearbeitet hat, andererseits sich in seinen Filmen auch häufig einmal mit dem Filmemachen als solches beschäftigt hat. So schließt sich der Kreis. Und vielleicht kann man, gerade nach „The Second Act“, Dupieux als das uneheliche Kind von Goddard, Allen, Bunuel und ganz viel Monty Python bezeichnen. Seine Schauspieler*nnen scheinen sich bei Dupieux auch wohl zu fühlen. So konnte er für „The Second Act“ die beiden Schwergewichte Léa Seydoux und Vincent Lindon verpflichten, die mit sichtbarer Spielfreude bei der Sache sind. Aber es macht auch Spaß Louis Garrel, Raphaël Quenard und vor allem Manuel Guillot zuzusehen. Nach knapp 80 Minuten ist der paradoxerweise sowohl langsame als auch gleichzeitig rasante Film vorbei und man verlässt mit einem Lächeln, aber auch nachdenklich den Kinosaal.

Im cineK Studio sah ich dann den für mich letzten Film des diesjährigen Festivals.

Mi Bestia – Bogota 1996. Es liegt etwas in der Luft. Ein Mondfinsternis hat sich angekündigt. Alle warten auf die Nacht in der der Mond sich zunächst rot verfärben wird. Eine Nacht in der der Antichrist wiedergeboren werden soll. Die den Anfang vom Ende darstellt. Gleichzeitig verschwinden in der ganzen Stadt junge Mädchen. Die 13jährige Mila spürt auch die Veränderung. Die Männer schauen sie anders an als zuvor. Alles wirkt bedrohlich. Ihre Gefühle spielen verrückt, und sie interessiert sich für den coolen älteren Jungen in der Schule. Hat diese Veränderung etwas mit dem roten Mond und der Apokalypse zu tun? Und was sind das für Mädchen da im Park? Die verschwunden Kinder?

Der Film war mir beim Abholen meiner Tickets am Freitag als sehr empfehlenswert angepriesen worden. Entsprechend groß war meine Erwartung. Regisseurin Camila Beltrán wählt eine interessante Technik, um dieses Gefühl der Unsicherheit, der Verwirrung, des nicht ganz richtig da zu sein und der seltsamen Veränderung auch der Umwelt zu verdeutlichen. Die Bilder wirken wie eine nicht ganz gelungene digitale Konvertierung eines Videofilms. Es scheinen Zwischenbilder zu fehlen und das Ganze einen Hauch, den man mehr fühlt als sieht, zu langsam zu sein. Das erzeugt im Betrachter eine seltsames Gefühl, genau wie in der Protagonistin. Irgendwas ist nicht ganz richtig, aber man kann nicht fassen, was es genau ist. Auch auf der Audioebene ist eine Menge los, was dieses Gefühl verstärkt. So befindet man sich ganz im Kopf von Mila. Die Erzählung ist unzuverlässig, die Aufmerksamkeit wird auf Dinge gelenkt, die vielleicht wichtig, vielleicht unwichtig sind. Alles macht den Eindruck neu und vielleicht nicht ganz wirklich zu sein. Die wackelige Hand-Kamera ist häufig ganz dicht an Mila und an Details ihrer Umwelt dran, so dass man auch hier ordentlich durchgeschüttelt wird. Das unzuverlässig Erzählen führt dann aber auch dazu, dass die Handlung, die sich das Gewand eines Horrorfilms übergestülpt hat, nicht wirklich trauen kann. Wer einen gradlinigen Horrorfilm, der die Pubertät und die Wandlung des Mädchens zur Frau in einen Metapher packt (wie zum Beispiel „Ginger Snaps„, „When Animals Dream„, „Carrie„, „Blue My Mind„, vielleicht auch „Der Exorzist“ und viele andere) erwartet, oder tatsächlich einen Film ala „El Dia de la Bestia“ über die Geburt des Antichristen, der wird entweder gelangweilt oder enttäuscht sein. Für alle Anderen ist der Film eine manchmal anstrengende, interessante Erfahrung, auf die man sich allerdings einlassen muss.

Das war es dann für mich mit dem 31. Internationalen Filmfest Oldenburg.

Schön war es wieder. Einiges, was ich letztes Jahr noch ein wenig monierte, hat sich verbessert, chaotisch ist es manchmal immer noch. Aber das gehört wohl dazu und ist wahrscheinlich auch die Ausnahme. Als jemand, der selber Film-Events mit veranstaltet hat, weiß ich, dass so einiges schiefgehen kann – auch wenn man noch so gut plant. Das Einzige, was dann auf jeden Fall funktionieren muss, ist die Kommunikation. Dass das hier nicht so recht geklappt hat, wird wahrscheinlich an der Unerfahrenheit/Unbefangenheit des jungen Personals liegen. Was noch auffiel: Es wurde wieder voller. Wie ich im Nachgang erfuhr, war es beim Vorverkauf eher ruhig gewesen, aber dafür war es dann an der Abendkasse sehr gut gelaufen. Ein Trend, unter dem auch die Konzertveranstalter bekanntermaßen sehr zu leiden haben. Siehe das Hellseatic-Festival in Bremen. Mir war aber auch aufgefallen, dass sich scheinbar oftmals größere Gruppen sich zum gemeinsamen Kinobesuch verabredet hatten. Wahrscheinlich, so meine Vermutung, um anschließend gemeinsam bei einem oder mehreren Getränken über das Gesehene zu sprechen. Das ist etwas, was ich auch bei mir selber merke. Ich bin ja zumeist alleine in Oldenburg unterwegs, und das ist auch kein Problem. Aber wenn sich dann mal eine Begleitung findet und man die Möglichkeit hat, sich zusammen auszutauschen oder gemeinsam die Wartezeit zwischen den Filmen zu überbrücken, dann macht das Ganze noch einmal sehr viel mehr Spaß und Freude. Vielleicht gelingt es mir ja im nächsten Jahr, mal wieder meinen Bekanntenkreis zu aktivieren, um zum dann 32. Internationalen Filmfest Oldenburg zu kommen. Bei mir steht es auf jeden Fall wieder auf dem Plan, und ich freue mich schon jetzt drauf. Bis dahin meine Dank an die Verantwortlichen und Macher*innen hinter den Kulissen und an Festivalleiter Torsten Neumann für seinen unermüdlichen Einsatz und die nette Kommunikation.

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Bericht vom 31. Internationalen Filmfest Oldenburg – Tag 2

Meine zweiter Tag auf dem Internationalen Filmfest Oldenburg begann ganz entspannt im cineK. Ich war so angereist, dass ich weder lange auf den für mich ersten Film warten, noch kurz vor Knapp Schweiß auf der Stirn haben musste, dass ich es noch rechtzeitig schaffe. So ließ ich mich gemütlich im Foyer des cineK nieder, platzierte meinen Rucksack und besorgte mir erst einmal einen Kaffee. Als ich wieder zu meinem Tisch zurück kehrte, war dieser plötzlich besetzt. Nicht von irgendjemanden, sondern vom Ehrengast des Festivals Dominik Graf! Das war dann ein absoluter „StarStruck“-Moment für mich. Dominik Graf war in den 80ern einer der ersten Namen, die ich mir gemerkt habe, wenn im TV-Krimi der Abspann lief. Da war mir schnell klar, dass wenn mir etwas besonders gut gefiel, die Regie sehr häufig von eben jenem Herrn Graf war. Später im DVD-Zeitalter sammelte ich dann alles zusammen, was ich von ihm in die Finger bekam. Entdeckte großartige Filme wie „Der Felsen“ oder „Die Freunde von Freunden“, aber auch Kracher wie „Der Skorpion“ oder „Eine Stadt wird erpresst“. Kurz: Ich bin Fan. Auch von seinen Essay-Filmen. Und dieser Mann fragte mich, ob es okay sei, wenn er und seine Begleitung sich an meinen Tisch setzen würden. „Ja, klar“ war das Einzige, was ich raus brachte. Da ich was so etwas angeht tatsächlich extrem schüchtern bin und mich niemanden aufdrängen möchten, blieben diese beiden Worte auch die einzigen, die ich mit ihm wechselte. Als stummes Mäuschen hörte ich noch gespannt zu, was er seiner Begleitung vom Filmfest über Filmfinanzierung berichtete, dann übernahm besagte Begleitung komplett das Gespräch, und kurz darauf ging es für mich auch schon ins cineK Studio.

Hakki – Der türkische Film „Hakki“ handelt von einem älteren Familienvater, der seinen Lebensunterhalt mehr schlecht als recht damit verdient, dass er Touristen kleine Andenken verkauft. Eines Tages findet er beim Freilegen der Wurzel eines alten Baumes in seinem Garten eine antike Statue. Der Ausweg in ein besseres Leben? Mithilfe eines Kollegen macht er sich auf die Suche nach einem Händler. Dieser kann nur lachen über die Summe, die sich die Beiden erhoffen und speist sie mit sehr viel weniger ab. Enttäuscht überlegt sich Hakki, dass auf seinem Grundstück vielleicht noch weitere Schätze verborgen sein könnten, und er macht sich heimlich auf die Suche. Diese wird immer obsessiver und Hakki wird immer paranoider. Als sich herausstellt, dass der Händler ihn übers Ohr gehauen hat und seine Statue in Wirklichkeit mehrere Millionen Euro wert war, wird die Suche zu einer krankhaften Obsession, an die Hakki langsam Freunde, Familie und schließlich auch alles andere verliert. Der Film funktioniert so gut, weil er sich Zeit nimmt, dem Publikum Hakki vorzustellen. Ein ganz normaler, freundlicher Mann, der liebenswert daherkommt, der aber auch jeden Tag um sein kleines Einkommen kämpfen muss. Gesegnet ist er mit einer liebenden Ehefrau, einer tollen Tochter und einem Sohn, der woanders studiert und der sich von Zuhause – sehr zu Hakkis Bedauern – bereits abgenabelt hat. Erst langsam, dann immer drastischer verliert sich Hakki in seinem Wahn, dass das Leben für ihn eine Art „Belohnung“ reserviert hätte. Dass das große Glück nur noch ein paar Spatenstiche entfernt wäre. Und auch, dass ihm alle sein „versprochen Glück“ wegnehmen wollen. Die Spirale dreht sich immer schneller, Hakki baut große Stollen unter seinem Grundstück und am Ende bleibt einem einen dicker Kloß im Hals. Eine gute Ergänzung zum thematisch ähnlichen Film „$$$“, den ich am Vortag sah und in dem es um die Sucht nach Pferdewetten ging. Auch wenn „Hakki“ in seiner Konsequenz noch düsterer war.

Die anschließende Q&A mit Regisseur Hikmet Kerem Özcan war wieder einmal sehr interessant, wenngleich auch leider aufgrund seines harten Akzents nicht immer leicht zu verstehen. Aber trotzdem toll, dass er da war und sich den Fragen des Publikums stellte.

Nach einer kleinen Essenspause, sollte es mit „Swing Bout“ im cineK Studio weitergehen. Da ich dort einer der Ersten war, konnte ich mich auf meinem Lieblingsplatz niederlassen. Dann füllte sich der Saal rasch und plötzlich hörte ich hinter mir zwei Personen, die sich wunderten, weshalb ein Dritter denn hier im Kino sitzen würde, er wolle doch „Swing Bout“ schauen. Da wurde ich hellhörig. Der Saal sei gewechselt worden. Aber nichts genaues wusste niemand. Also packte ich schnell meine sieben Sachen und hastete Richtung Ausgang, wo ich nachfragte, was denn jetzt hier los sei. Jaja, die Kinosäle seien spontan gewechselt worden. Auf meine Nachfrage, warum einem das niemand erzählen würde, kam die lapidare Antwort: Na, mache ich doch gleich. Kein Vorwurf hier, dass an die Nachfrage angepasst flexibel die Kinosäle gewechselt wurden, zumal die ja direkt gegenüber in der selben Etage sind. Nur die Kommunikation hätte ruhig schon beim Einlass erfolgen können. Also ins kleine cineK Muvi, welches direkt gegenüber ist und dort auch noch einen recht guten Platz ergattert. Kurz darauf erschienen dann auch Sinead O’Riordan, Produzentin und Darstellerin, und Chrissie Cronin, die in der Rolle der Gegenspielerin der Hauptfigur zu sehen war. Beide warnten schon davor, dass der Film nicht untertitelt sei und daher der irische Slang nur schwer zu verstehen. Beim Q&A des ersten Screenings hätte das Publikum gemeint, es hätte gerade mal so 50% verstanden, der Story aber trotzdem folgen können.

Swing Bout – Als Swing Bout bezeichnet man Boxkämpfer, die nur dann zum Einsatz kommen, wenn z.B. durch ein frühes KO die Hauptkämpfe zu früh enden und die gebuchte Sendezeit noch gefüllt werden muss. D.h. die Kämpfer (oder hier Kämpferinnen) bereiten sich den ganzen Abend auf einen Kampf vor, der vielleicht gar nicht stattfindet. Und natürlich setzen sie all ihre Hoffnung darauf, sich zeigen zu dürfen und von den großen Promotern entdeckt zu werden. In diesem Spannungsfeld spielt der Film. Er folgt der jungen Boxerin Tony, die diese Chance erhält, doch bevor es in den Ring geht, erfährt sie, dass es hinter den Kulissen einen Deal gibt, und sie in ihrem Kampf zu Boden gehen soll. In den Umkleideräumen unten in den Katakomben prallen die Konkurrentinnen aufeinander, ist die Anspannung zum Greifen nah. Da ist die coole, großmäulige Vicki, die sich mit ihrer arrogant-aggressiven Art eine verängstigte Seele schützt. Die Manager und Trainer, die sich um ihre Schützlinge kümmern oder diese manipulieren wollen. Hätte sich Regisseur Maurice O’Carroll darauf konzentriert, es hätte ein ganz großer Film werden können. Denn das, was O’Carroll bei „Swing Bout“ richtig macht, das macht er auch richtig gut. Das Sounddesign, die beinahe körperlich spürbare Spannung unten in den Katakomben. Die Schauspielerinnen, die die Boxerinnen spielen. Die kleinen und großen Konflikte untereinander. Die Charakterzeichungen der Boxerinnen und vor allem die tolle Hauptdarstellerin Ciara Berkeley. Das ist alles ganz hervorragend. Leider stellt sich O’Carroll selber ein Bein, da er unbedingt noch eine Crime-Handlung um den kriminellen Box-Promoter Micko und dessen bulligen Bruder Jack einbauen muss. Beide wirken wie aus einem anderen Film. Frank Prendergast legt seinen Micko eher cartoonhaft an, Ben Condron als Jack verdient sich den Tom-Sizemore-Gedächtnispreis. Das ist alles höchst unterhaltsam und gerade Prendergast sieht man gerne zu, aber es fühlt sich eben an wie ein ganz anderer Film, der nicht mit der intensiv-realistischen Geschichte der Swing-Bout-Boxerin Tony zusammengeht. Der möchte man eigentlich viel lieber weiter folgen, statt immer wieder durch Episoden abgelenkt zu werden, die man eigentlich bei einem Tarantino-Epigonen erwarten würde. Trotzdem ist „Swing Bout“ definitiv einen Blick wert.

Nach dem Film wartete das Publikum dann auf die Q&A mit O’Riordan und Cronin. Aber nichts geschah. Stattdessen sah man den Desktop des Computers, von dem der Film abgespielt wurde, auf der Leinwand. Irgendwann verließen die ersten Leute den Saal. Bald darauf wurde es auch mit zu bunt, und auch ich ging hinaus. Dort stand eine junge Frau vom Filmfest-Team, die ich fragte, ob denn die beiden Damen noch zur Q&A kommen würde. Oh nein, die kämen nicht mehr. „Meinen sie, ich sollte reingehen und das mal ansagen?“. Angesichts dessen, dass im cineK Muvi noch so einige saßen, erwiderte ich, das sich das für eine gute Idee halten würde und machte mich auf in den Theaterhof.

Three – Ein Horrorfilm aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, der von einer Frau, Nayla Al Khaja, gedreht worden war. Das versprach höchst interessant zu werden. „Three“ erzählt im Grunde eine Variante des Klassikers „Der Exorzist“. Nur, dass hier keine katholischen Priester gegen einen Dämon kämpfen, sondern muslimische Mullahs gegen einen Djinn. Daneben gibt es noch einen Jugendpsychiater als Vertreter der westlich aufgeklärten Welt, der nicht an das Übernatürliche glaubt und im entscheidenden Moment den Mullahs im Weg steht. Gespielt wird dieser Dr. Mark Holly von Jefferson Hall, der auch co-produzierte. Große Innovationen sollte man nicht erwarten. Die Geschichte bewegt sich auf altbekannten Gefilden. Nur, dass es hier die Religion des Islam ist, welcher als Retter in der Not auftritt, und nicht die katholische Kirche. Was einen höchst spannenden Perspektivwechsel ergibt und auf einer Metaebene enthüllt, wie reaktionär das Vorbild von Friedkin ist und im Grunde christliche Propaganda verbreitet. Man kann aber auch in „Three“ hineininterpretieren, dass es einen guten (die Mullahs, die den Djinn bekämpfen) und einen bösen (die mysteriösen Geistliche, die irgendwo am Rande der Wüste Zuhause sind und das Böse scheinbar erst in die Welt holen) Islam gibt. Quasi in Abgrenzung zu Islam und Islamismus. Diese Spur wird aber nicht unbedingt konsequent verfolgt. Auch ist zunächst recht offensichtlich, dass der arme Junge, um den es geht, schwer in der Pubertät steckt und das nicht unbedingt etwas mit „Besessenheit“ zu tun hat. Auch wenn die tiefgläubige Schwester seiner Mutter das behauptet und darauf drängt, ein Austreibungsritual an ihm durchzuführen. Dies wird wie gesagt von einer zwielichtigen und etwas unheimlichen Gemeinschaft irgendwo am Rande der Wüste ausgeführt. Und durch eben dieses Ritual fährt erst der Djinn in den Jungen. Auch hier kann man eine Metapher für Radikalisierung hineinlesen. Die Rolle des Arztes Dr. Holly wird von Hall sehr überzeugend gespielt, ist aber etwas beliebig. Er ist der Zweifler, der die Wahrheit nicht sehen will und sich immer wieder auf seine Wissenschaft und Aufgeklärtheit zurückzieht. Der den „wahren“ Glauben nicht akzeptiert und letztendlich wenig hilfreich in der Bewältigung der Probleme ist. Spannender wäre da schon die Figur der konservativ-gläubigen Schwester, die sehr zwiespältig agiert und bei der man häufig das Gefühl hat, sie würde eine sehr viel größere Rolle in der Geschichte um den besessenen Jungen spielen, als sie es im Film dann scheinbar auch tut. Als Horrorfilm ist „Three“ recht generisch und reiht sich eher unauffällig in die Schar der vielen Vorgänger ein. Als Metapher lädt er zum Diskutieren ein, auch wenn die genretypische Schlusspointe dann gegen den Metapheransatz arbeitet und wie ein reines Zugeständnis an altbekannte Horrorfilmklischees wirkt.

Damit endete mein zweiter Tag in Oldenburg. Ich überlegte noch kurz, ob ich mir in cineK noch in der Mitternachtsschiene noch „One-Way Ticket to the Other Side“ anschauen sollte, doch dazu hätte ich noch eine fast eine Stunde warten müssen und angesichts dessen, dass ich langsam müde wurde und noch den Heimweg über die Autobahn nach Bremen vor mir hatte, beschloss ich dann doch vernünftig zu sein.

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Bericht vom 31. Internationalen Filmfest Oldenburg – Tag 1

Es war schön, auch in diesem Jahr wieder zum Internationalen Filmfest Oldenburg fahren zu können. Mittlerweile ist es das 31ste. Und ich habe mal nachgeschaut, dass ich bei der 16. Ausgabe 2009 das erste Mal dabei war. Noch heute erinnere ich mich gerne daran und habe es – trotz Pandemie – tatsächlich geschafft, seitdem keinen einzigen Jahrgang auszulassen. Von daher habe ich das Filmfest wachsen und schrumpfen sehen. In diesem Jahr hatte ich das Gefühl, dass weniger Filme am Start waren, was ich aber nicht nachgezählt habe. Mir ist aber aufgefallen, dass es weniger Vorstellungen gab. Die Mitternachtsschiene ist bis auf wenige Ausnahmen fast ganz weg, am Sonntag lief um 21:30 nur noch ein einziger Film und das Casablanca beteiligt sich nur noch sehr selektiv. Spielstätten wie die Exerzierhalle oder die Flaiva (in meinen Augen kein großer Verlust) sind nicht mehr dabei. Und ganz am Anfang war sogar das Cinemaxx noch unter den Spielstätten. Die richteten nun immerhin die Eröffnungsveranstaltung aus. So beschränkt sich das Filmfest nun im Grunde auf das kleine cineK Muvi, das etwas größere cineK Studio und den recht geräumigen Theaterhof plus ein wenig Casablanca. Ich vermute einmal, daran liegt es auch, dass ich das erste Mal seit Jahren wieder keine Karten für alle Vorstellungen bekommen habe. Wobei sich das im Rahmen hielt und nur eine Zeitschiene betraf. Und vielleicht war das auch nur dem Datum geschuldet, denn mein erster Tag beim Festival fiel auf Freitag, den 13. Das Festivalzentrum wurde wieder verlegt und befand sich nun an der ehrwürdigen Adresse Poststrasse 1. Hier hatte ich den Eindruck, dass alles auch besser organisiert war als im Vorjahr. Vor allem wurden die Öffnungszeiten wieder ausgeweitet, so dass das Besorgen der Tickets und der Beginn meines ersten Films am Freitag nicht unmittelbar aufeinander erfolgten.

Wie gesagt, hatte ich leider großes Pech, denn der mexikanische Film „A History of Love and War“, den ich sehr gerne gesehen hätte, war bereits ausverkauft. Ebenso mein Ausweichfilm „Flieg Steil“. Blieb also nur noch die Wahl zwischen sich die Stadt ansehen oder ins Casablanca zu wandern, wo es noch Karten für „Traumnovelle“ gab. Ich entschied mich natürlich für Letzteres.

Traumnovelle – „Traumnovelle“ war der Eröffnungsfilm des Festivals und ist eine weitere Verfilmung der gleichnamigen Novelle von Arthur Schnitzler. Von den vorherigen Verfilmungen ist natürlich „Eyes Wide Shut“ von Stanley Kubrick die bekannteste. Und auch diejenige, die am meisten Vergleiche herausfordert. Um es vorweg zu sagen: Ja, es gibt selbstverständlich einige Verweise auf den Vorgänger, wovon manche auch recht hübsch geraten sind. Zum Beispiel ein wenig name-dropping, wenn die Patienten des guten Doktors Namen aus Kubrick-Filmen tragen. Ansonsten bemüht sich Regisseur und Drehbuchautor Florian Frerichs etwas Eigenes zu schaffen. Wobei ihm sehr viel weniger Geld und Ressourcen zur Verfügung standen als einem Kubrick. Tatsächlich waren diese im Vergleich zu anderen deutschen Produktionen sehr gering, da auch nicht auf die Filmförderung zugegriffen wurde (was ich durchaus begrüße). Die knappen Mittel sieht man dem Film über weite Strecken nicht an, wofür die gute Kamera von Konstantin Freyer verantwortlich ist. Aber auch Ausleuchtung und Ausstattung können mit große Produktionen locker mithalten. Wo man „Traumnovelle“ anmerkt, dass der Film ein Low-Budget-Indie-Projekt ist, sind jene Szenen, die eine größere Anzahl Komparsen gebraucht hätten. Wenn z.B. eine angesagten und angeblich gut besuchte Disco aus der immer gleichen Handvoll Leute besteht, die strategisch so hingestellt werden, dass man nicht merkt, dass da der Laden eigentlich ziemlich leer ist. Davon gibt es hier naturgemäß dann so einige Beispiele. Dies kombiniert mit der in meinen Augen fatalen Entscheidung das Ganze auf Englisch zu drehen, führte dazu, dass ich mich oftmals an deutschen Amateurproduktionen erinnert fühlte, die krampfhaft versuchen auf großes Hollywood zu machen, obwohl der Cast aus Freunden und Familie besteht und der Dschungel Vietnams nur der Garten hinter dem Haus ist. Ich hatte auch das Gefühl, dass die „künstliche“ Sprache die Darstellung der Schauspieler*innen nicht zum Guten beeinflusste, und sie oftmals etwas hölzern agieren lies. Nichtsdestotrotz merkte man das Herzblut, welches Frerichs in das Projekt gesteckt hat. Allein schon durch die kleinen versteckten Gags am Rande, die angenehm vermuten lassen, dass er auch ein sympathischer Filmnerd ist. Ich fand nur schade, dass ich den Eindruck bekam, dass er etwas mit angezogener Handbremse und scheinbar auch mit Blick auf Festivalstarts und internationale Auswertung inszeniert hat. Ich hatte das starke Gefühl, dass er gerne mehr „die Sau“ rausgelassen hätte, wie man an einer Episode sah, in der ein Charakter sich von einem riesigen Umschnalldildo verwöhnen lies. Ich hätte mir da mehr „Dreck“ und Wahnsinn gewünscht, statt Arthauskino, welches versucht sein kleines Budget zu kaschieren.

Beim anschließenden Q&A mit dem ultrasympathischen Frerichs gab dieser auch zu, dass die Entscheidung den Film auf Englisch zu drehen (obwohl er in Berlin spielt und auch mit deutschen Schauspieler*innen gedreht wurde) auch davon getragen wurde, dass man sich eine bessere Vermarktung im Ausland erhoffte. Dass ferner die Entfremdung und Außenseitertum des Ehepaars (in der Novelle eine jüdisches Paar im Wien der 20er) hier eine Rolle spielte, kann ich so nicht ganz abnehmen, da ja alle im Film miteinander Englisch sprechen (sogar Detlev Buck!), nicht nur das Ehepaar. Highlight des Filmes für mich übrigens der Satz: „Bremen ist eine wunderschöne Stadt“. Danke dafür!

$$$ – Dieser amerikanischen Indi-No-Budget-Film wurde mir im Vorfeld vom Festivalleiter empfohlen und damit war natürlich klar, dass ich mich hier um Karten bemühen würde. Und wie oben geschrieben, blieb das „A History of Love and War“-Debakel die einzige Ausnahme, wo mir dies nicht gelang. Gezeigt wurde $$$ im kleinen, kuscheligen cineK Muvi, wo er ausgezeichnet hinpasste. Denn auch $$$ ist ein kleiner Film. Die Handkamera folgt mehreren Bewohnern einer weniger gut beleumundeten Ecke New Yorks für einige Zeit durch ihr Leben. Die Darsteller waren größtenteils Amateure, die sich quasi selbst spielten. Es geht um Kleinkriminalität, Drogenhandel und vor allem die Sucht nach Pferdewetten. Dabei ist die Kamera immer ganz dicht dabei und so unmittelbar im Geschehen, dass man manchmal Mühe hatte, zu erkennen was vor sich ging. Dazu trug auch der New-York-Strassen-Slang der Akteure bei, bei dem auch Untertitel nicht viel helfen konnte. Trotzdem verstand man, nachdem man sich im Film orientiert hatte, worum es geht. Die Ausweglosigkeit der Figuren, deren irrationalen Glauben an das große Los, welches man bestimmt noch ziehen wird. Um Gewalt, Armut und kleine kriminelle Handlungen, um über die Runden zu kommen und nicht unterzugehen.

Regisseur Jake Remington kommt vom Dokumentarfilm und das merkt man $$$ auch an. Der Film fühlt sich sehr authentisch an und man hat über weite Strecken das Gefühl, wirklich den handelnden Figuren über die Schulter zu schauen. Ein interessanter Blick in eine größtenteils unbekannte Welt.

Skunk – „Skunk“ ist der neue Film des von mir sehr verehrten Belgiers Koen Mortier, dem Regisseur des schonungslosen Meisterwerks „Ex-Drummer“. Und hier kehrt er in „Ex-Drummer“-Gefilde zurück und zeigt schonungslos den traurigen und hoffnungslosen Werdegang einer durch die eigene Familie völlig zerstörten Seele. Das ist teilweise sehr schwer zu ertragen. Die Gewalt, physisch wie verbal, die hier gegen Kinder und Heranwachsende ausgeübt wird, führt einen – gerade als Familienvater – schnell an die Grenze. Dass man nicht fluchtartig das Kino verlässt, ist Mortiers großer Sensibilität zu verdanken. Denn er schafft es Respekt und Mitgefühl für seine Figuren aufzubringen, die dadurch nicht zum Kuriositätenkabinett werden, sondern vielschichtige Menschen, für deren teilweise unfassbaren Gewaltausbrüche gegen sich und andere man nicht unbedingt Verständnis, wohl aber Mitgefühl aufbringt. Schwarz-Weiß gibt es hier nicht. Die Erzieher des Jugendheims, in das die Hauptfigur Liam kommt, sind weder gut und edel, noch böse und diktatorisch. Sondern einfach Menschen am Rande der Belastbarkeit, die irgendwie versuchen ihren Job gut zu machen. Und dabei natürlich auch Fehler machen. Der fiese Bully im Heim kein durch und durch böser Mensch, sondern jemand, der versucht sich das bisschen Macht, welches er erobert, zu sichern. Jemand, der nicht böse geboren ist, sondern von den Verhältnissen in diese Rolle getrieben wurde. Was man auch in den wenigen Momenten, wo eine zarte Pflanze der Kameradschaft zwischen den Jungen aufzukeimen scheint, sieht. Die dann wieder rigoros niedergetrampelt wird.

Die einzigen Personen, die recht stereotyp geraten sind, sind die Eltern Liams, die scheinbar direkt aus der Hölle kommen und alles Schlechte in sich vereinen: Extreme Gewalt, Rechtsradikalismus, Drogen, Alkohol und Lust an der Zerstörung – auch des eigenen Kindes. Man mag sich nicht ausmalen, dass es solche Menschen da draußen wirklich gibt. Allerdings habe ich die große Angst, dass dem so ist. Liam hat von Anfang an keine Chance. Mit seinem Hauptdarsteller Thibaud Dooms hat Mortier dann auch das große Los gezogen. Zu keiner Sekunde hat man das Gefühl, hier einem Schauspieler bei der Arbeit zuzuschauen. Thibaud IST Liam. Und er verkörpert authentisch seine große Sensibilität, seine Verzweiflung, sein nicht wissen wo in der Welt er steht, wer er ist. Seine Tränen sind so real wie seine gewalttätigen Wutausbrüche. Hier wirkt er wie ein kleiner Junge, der mit großen Augen in die Welt schaut, dort wie einer tollwütiger Pitbull. Einmal bricht er ganz ruhig und eiskalt einem Katzenbaby das Genick. Ob aus Sadismus oder sie vor einem schlimmeren Schicksal zu bewahren lässt Moriter offen. Somit geht einem der Film noch lange, lange nach. Neben Thibaud Dooms muss man aber auch noch die anderen Schauspieler erwähnen, die allesamt unglaublich intensiv und realistisch agieren. Insbesondere Natali Broods, die eine überforderte, aber noch immer idealistische Erzieherin spielt.

Regisseur Koen Mortier war zu meiner großen Überraschung (ich dachte er sei „zu groß“ für Oldenburg) persönlich anwesend und erzählt viel Wissenswertes über die Dreharbeiten und seine jungen Darsteller, die teilweise selber Heimbewohner waren und von denen auch einige während der Dreharbeiten mit dem Gesetz in Konflikt kamen. Er berichtete ferner über die Zustände in belgischen Jugendheimen und meinte, dass diese noch weitaus schlimmer seien, als er das im Film umgesetzt habe. Eine schockierende Vorstellung. Ein starker Film, aber auch einer wie ein kräftiger und gut gezielter Hieb in die Magengrube.

Danach traf ich schönerweise auf meinen Weird-Xperience-Kollegen Stefan, sodass ich das Gesehene im Gespräch etwas verarbeiten konnte, und durch das gemütlich Gespräch auf einem der Sofas im cineK die Gedanken sortieren und gleichzeitig auch auf andere kommen konnte. Dann ging es im Kopf aufgeräumter nach Hause.

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Rückblick auf die Short Film Collection 63

Am vergangenen Freitag hatte ich die sehr große Ehre, im Kommunalkino City 46 Teil der Fachjury des Short Film Collection Kurzfilmwettbewerbs des Filmbüro Bremen e.V. zu sein. Gemeinsam mit den sehr netten Menschen und illustren Namen Wilfried Hippen, Lore Kleinert und Benjamin Moldenhauer. Am Ende durfte ich auch den Gewinner verkünden, während Lore Kleinert die Jury-Begründung erläuterte.

Es war ein sehr schöner Abend und die Juryarbeit hat großen Spaß gemacht. Durch das Programm führte sehr souverän und unterhaltsam der Bremer Filmmusikkomponist André Feldhaus.

Die Juryentscheidung war sehr harmonisch und einstimmig. Wie teilten den Preis auf zwei Filme auf, da sie sich so gut ergänzten, dass wir uns nicht vorstellen konnten, den einen ohne den anderen auszuzeichnen. Vor allem haben uns auch beide absolut überzeugt. Der Preis ging an den Animationsfilm „Ein Haufen Glück“ von Jule Köperich und Karin Demuth über die Liebe eines Hundes zu einem Menschen – und seine ungewöhnlichen Liebesbeweise, die er vor dessen Haustür hinterlässt. Ein zauberhafter, einfallsreicher Film, der auch für Kinder geeignet ist. Und an „Was der ganze Scheiß soll“ von Jan van Hasselt. Ein sehr filmisches Porträt der Künstlerin und Medienanwältin… Jule Köperich. Man erkennt die Verbindung.

Der Publikumspreis ging mit großem Abstand an den 2,5 minütigen Animationsfilm „Enjoy your Meal“ von Sofie Kienzle und Christian Manzke aus Köln/Hamburg der im Rahmen einer 24-Stunden-Challenge in Berlin entstanden ist, wo es galt in besagten 24 Stunden einen Film zu schaffen mit den vorgegebenen Themen „Banane, Maschine, Zukunft“. Außerdem musste der Film den Satz: „Das ist leider unmöglich“ enthalten. Das wurde auch auf humorvolle und hintersinnige Art und Weise umgesetzt. Mir gefiel auch der Film „Black“ von Rui N. Namagoa sehr gut. Ein „experimenteller Poesiefilm“ in dem ein vom Filmemacher vorgetragener Poetry-Slam bebildert wurde.

Alles in allem ein wunderschöner Abend mit vielen netten Gesprächen noch bis weit nach der Veranstaltung. Danke an Stefan für die schönen Fotos. Danke an meine tollen Mitjuroren und an das Filmbüro Bremen für die Einladung. Gerne wieder. Und meine herzlichen Glückwünsche an alle Gewinner*innen.

André Feldhaus, Jule Köperich

Rui N. Namagoa

Christian Manzke, Sofie Kienzle

Ausschnitt aus „Was der ganze Scheiss soll“

Jan Van Hasselt, Jule Köperich

 

Verleihung Publikumspreis

Verkündung des Jurypreises

 

Die Gewinner des Jurypreises und die Jury

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Blu-ray-Rezension: “Shaolin Kung Fu – Vollstrecker der Gerechtigkeit“

Während der großen Revolution in China, kann auf Geheiß des Prinzen der kaiserliche Goldschatz von fünf Mitgliedern der Leibwache in Sicherheit gebracht werden. Diese Fünf werden „die Unbesiegbaren“ genannt und jeder von ihnen ist ein Meister in einem bestimmten Kung-Fu-Stil. 10 Jahre später möchte der Martial-Arts-Kämpfer Hiu Chiang die Schwester von Li Chong heiraten. Doch als er diesen besucht, stürzt plötzlich ein tödlich verwunderter Untergebener Li Chongs herein. Scheinbar steht der Angriff auf ihn mit dem Goldschatz und den fünf Unbesiegbaren zusammen, als deren Anführer sich Li Chong entpuppt. Hiu Chiang sucht daraufhin zusammen mit seinem Kumpel YoYo die anderen vier Unbesiegbaren auf, um hinter das Geheimnis des Attentats zu kommen. Doch die Beiden sind immer einen Schritt zu spät, denn irgendjemand tötet die ehemaligen Mitglieder der Leibwache…

Nachdem „Shaolin Kung Fu – Vollstrecker der Gerechtigkeit“ bereits bei diversen Labels in unterschiedlicher Qualität erschien, ist der Titel nun bei filmArt gelandet, die den Film mit einem hervorragenden Bild auf Blu-ray veröffentlicht haben. Bei „Vollstrecker der Gerechtigkeit“ handelt es sich um einen preisgünstiger Fließband-Film, der von der Hong Kong Alpha Motion Pictures Co., wie so viele andere auch, kostengünstig in Taiwan produziert wurde. So entdeckt man in der Besetzungsliste auch keine großen Namen. Hauptdarsteller Kuan-Hsiung Wang ist Taiwanese, der in unzähligen Produktionen dabei war, aber ansonsten keine größeren Spuren in der Filmgeschichte hinterlassen hat, obwohl er in seiner Heimat ein beliebter Darsteller war. Ansonsten kennt man vom Sehen her vor allem den Chinesen Chang Yi, der hier einmal mehr den Haupt-Antagonisten spielt, der aber erst sehr spät auftaucht. Und Kuan-Chun Chi aus Hongkong, häufiger Nebendarsteller aus einigen größeren Shaw Brothers Produktionen. Regie führte der Taiwanese Huang Fei-Lung, der eigentlich ein vielbeschäftigter Darsteller in taiwanesischen Martial-Arts-Filmen war, aber Ende der 70er auch bei drei Filmen Regie führen durfte. „Shaolin Kung Fu – Vollstrecker der Gerechtigkeit“ ist einer davon. 1985 folgte noch ein vierter Film aus dem Genre der „Bruceploitation“, der es aber nicht nach Deutschland geschafft hat.

Der Helden erhält noch einen von Chao Tseng gespielter Sidekick, welcher die Nerven leider arg belastet. Tseng legt diesen nämlich als immer geilen, übergriffigen und grimassierenden Trottel an. Das ist nicht unbedingt witzig und nervt auch schnell. Immerhin – auch wenn man es hier nicht unbedingt merkt – ist Chao Tseng auch ein talentierter Martial-Artist, der hier neben seiner Rolle noch die Kampfchoreographie übernommen hat. Die Handlung ist im Großen und Ganzen ein Vorwand, um von einem Kampf zu nächsten zu kommen. Und dafür sind alle noch so abwegigen Situationen recht. Da muss unser Held in einer schön choreographierten Szene nur einmal cool wie ein Westernheld durch die Landschaft laufen, schon tritt ihm ein Gegner gegenüber. Ein wenig unlogisch erscheint, dass die „Fünf Unbesiegbaren“ nicht den Eindruck hinterlassen, diesen Namen zurecht zu tragen. Denn sobald sie von einem fiesen Killer-Duo angegriffen werden, müssen sie auch recht bald das Leben aushauchen. Das Killer-Duo wird von dem recht kleinwüchsigen Siu Wong-Lung und dem großen, kräftigen Cliff Ching Ching gespielt, die auf den ersten Blick nicht in dem Verdacht stehen, als ob sie ihren „unbesiegbaren“ Gegnern gewachsen wären. Doch mit ihrem immer wieder wiederholten Move, dass der kleinere Siu dem größeren Ching auf den Rücken springt und dann von oben dem Gegner auf den Kopf schlägt, gelingt es ihnen einen „Unbesiegbaren“ nach dem anderen auszuschalten. Dies haben sie sich vielleicht bei „Crippled Avengers“ (dt. „Vier gnadenlose Rächer“) abgeschaut, aber die immer gleiche Auflösung der Duelle erscheint auf die Dauer doch etwas ermüdend.

Davon abgesehen sind die Kämpfe durchaus hübsch anzuschauen. Wenn die Handlung bereits beendet und der Drahtzieher hinter den fiesen Morden enthüllt und seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, muss dem Produzenten aufgefallen sein, dass der fertige Film ein wenig zu kurz ist. So wird ein weiterer Bösewicht aus dem Hut gezogen und was folgt, fühlt sich an, wie ein anderer Film im Schnelldurchlauf. Am Ende ist „Shaolin Kung Fu – Vollstrecker der Gerechtigkeit“ wie das Äquivalent zu einem Fast-Food-Cheeseburger. Nichts besonderes, schmeckt so wie alle schmecken und auch schmecken sollen. Man ist nicht enttäuscht, aber nach einer halben Stunde ist der Hunger wieder da. Man muss aber auch feststellen, dass filmArt hier was die Bildqualität angeht, ganze Arbeit geleistet hat. Das sehr klare Bild im korrekten Seitenverhältnis ist keine Vergleich zu der MiB-DVD, die ich zuvor kannte. Zudem ist diesmal auch die englische Tonspur dabei. Die Originalsprache Mandarin fehlt aber leider immer noch.

Extras gibt es in dem Sinne leider nicht, dafür ist noch der ebenfalls taiwanesische Film „Shaolin – Bruderschaft der schwarzen Spinne“ mit Carter Wong noch mit dabei. Dies allerdings nur in einem SD-Upscale, der in recht schlechter Bildqualität (MAZ?) daher kommt. Von daher ist die Entscheidung ihn hier nur als Bonusfilm (und nicht als eigenständige Veröffentlichung) unterzubringen, nachvollziehbar. „Bruderschaft der schwarzen Spinne“ hat ebenfalls schon bei einigen Labels in Deutschland die Runde gemacht und ist gegenüber „Vollstrecker der Gerechtigkeit“ der stärkere Film. Er legt den Schwerpunkt weniger auf die Kämpfe, als auf seine ausufernde Geschichte um eine geheime Bruderschaft, die sich dem Kampf gegen die unterdrückende Regierung der Mandarin verschrieben hat. Ihr Hauptfeind ist der Gouverneur der Gegend. Hier geht es hin und her mit Intrigen und Konterintrigen. Das ist amüsant (teilweise erinnern die Vorgänge im Haus des Bösewichts fast an Boulevard Komödien), spannend (wer ist ein Verräter, wer ist es nicht und wird der Spion der Guten durch die Bösen enttarnt?) und am Ende dann in seinen seltsamen Plottwists und plötzlich aller Realität spottenden Kämpfen recht unglaublich. Ein sehr unterhaltsamer, kleiner Film mit bekannten Synchronsprechern wie Klaus „Clint Eastwood“ Kindler und Herbert „Mr. Spock“ Weicker.

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