Rezensionen – Die Filme des 10. Filmfest Bremen

Hier wie angekündigt eine Zusammenfassung der auf dem Filmfest gesehen Filme.

Brian and Maggie – Der neue Film von Stephen Frears ist eigentlich ein TV-Zweiteiler. Hier zu Ehren von Frears als Zusammenschnitt im Theater Bremen im großen Haus gezeigt. Es geht um ein Interview, welches Maggie Thatcher mit dem Moderator Brian Walden führte, und welches letztendlich zu ihrem Rücktritt führte.

Ich bin da nicht so tief im Thema, was den Thatcherismus angeht. Ich weiß aus vielen britischen Filmen, dass das schrecklich gewesen sein muss, aber genau bin ich da nicht drin. Deshalb ließ ich eine politische Bewertung mal raus. Auch kannte ich Brian Walden nicht und von dem Interview hörte ich das erste Mal. Somit war es für mich eine klassische Geschichte einer zarten Freundschaft, die im Verrat endete. Und einer Frau, die eine Vision hat und sich gegen alle Widerstände durchsetzen muss. Eben, weil sie eine Frau in einer komplett Männerdominierten Gesellschaft ist (im TV-Studio gibt es auch keine Frauen in echten Leitungsfunktionen).

Das funktionierte für mich gut. Walden und Thatcher kommen aus ganz unterschiedlichen Lagern, aber sie verstehen sich, sehen im anderen eine verwandte Seele. Man öffnet sich dem anderen, wobei das nicht zu einer verkappten Liebesgeschichte ausartet, sondern es wirklich um Respekt und Sympathie geht. Das ist auch von Steven Coogan und Harriet Walter wunderbar gespielt. Am Ende geht es dann etwas schnell. Was genau zum „Verrat“ Waldens führte, wird nicht ganz klar. Die finale Konfrontation wiederum ist brillant und ohne Effekthascherei inszeniert. Ja, vielleicht kommen Maggie und ihre Politik hier zu gut weg. Blende ich das aus (was mir aufgrund mangelnden Wissens auch gut gelingt), bleibt immer noch ein gelungener Film.

Horror Story – Entgegen des Titels, erwarten einen in diesem polnischen Film keine Geister (wobei es in zwei Szenen durchaus fantastisch vonstattengehen könnte), sondern ein recht realer Horror: Die Jobsuche nach dem Uni-Abschluss.

Tomek hat gerade einen ausgezeichneten Abschluss in „Banken und Finanzen“ gemacht. Doch noch steht er ohne Job und ohne Wohnung da. Zudem hat sich seine Freundin von ihm getrennt und die Eltern machen Stress. Er landet erst einmal in einer vollkommen runtergekommen und baufälligen Pension voller skurriler Mieter.

Das geht erst so Richtung „Der Mieter“ „Rosemary’s Baby“ und ähnlichem. Doch die Mitbewohner sind gar nicht so schlimm. Und eigentlich sind die zwar komplett verrückt, aber auch sehr lebendig. Anders als die Welt da draußen, wo Tomek immer verzweifelter einen Job sucht. Die ist kalt und menschenverachtend. Da dies eine Komödie ist, gerät der arme Tomek sowohl in seiner Wohnung als auch bei den Vorstellungsgesprächen in die unmöglichsten Situationen, bis er völlig verzweifelt ein Ende machen will. Wie es weiter geht, verrate ich nicht.

Ich mochte den Film sehr. Es ist der erste Langfilm des Regisseurs Adrian Apanel, der auf einem seiner Kurzfilme beruht – den er in derselben Kulisse mit teilweise denselben Schauspielern und mit demselben Kameramann dreht. Und aus dem er viele Szenen wiederverwendet, wenn auch mit einem anderen Dreh als bei dem tatsächlich eher horrorlastigen Kurzfilm. Ich fand die Schauspieler, allen voran Hauptdarsteller einfach großartig und die Figuren höchst amüsant (und sehr polnisch). Bildsprache, Ton (wichtig!) und Musik waren auch hervorragend. Ich habe den Film 2,5x gesehen und es war jedes Mal ein großes Vergnügen.

My Killer Buddy – Italienisches Drama. Ein Junge (so um die 10) bekommt mit, wie sein Vater regelmäßig die Mutter verprügelt. Also kommt er auf die Idee, einen Killer anzuheuern, der das Problem „Vater“ beseitigt. Leider (oder Gottseidank) gerät er dabei an den Falschen. Secco ist kein Killer, sondern ein ziemlich erfolgloser Kleinkrimineller, der sein Leben nicht so richtig auf die Reihe kommt. Da der Vater eine gutgehende Firma besitzt und der Junge weiß, wo das Bargeld versteckt ist, wittert Secco die Chance auf den großen Clou.

Dass die beiden sich anfreunden und Secco so etwas wie ein Ersatzvater wird, kann man sich denken. Aber das Ganze ist derartig unsentimental und vom Neurealismus geprägt (alles ist grau, regnerisch, ungemütlich und abgerissen), dass keinerlei Süßlichkeit aufkommt. Da sind nur zwei Seelen, die sich irgendwie finden und brauchen. Und die sich auch nur langsam annähern. Dabei lernen wir mehr über den anfangs tumb wirkenden Seeco und schließen ihn ebenso ins Herz, wie den Jungen.

Eigentlich ein kleines Meisterwerk, das Gianluca Santoni da inszeniert hat. Aber ich bin mir wegen des Endes noch nicht sicher. Es gibt eine Szene, die hat eine solche Kraft – da habe ich im Kino fast aufgeschrien. Wenn der Film da zu Ende gewesen wäre, hätte mich das komplett zerstört. Aber dann geht der Film noch weiter und bietet tatsächlich so etwas wie ein Happy End an. Wofür ich einerseits wahnsinnig dankbar war – andererseits dem Film auch seine Kraft nimmt. Da bin ich zwiegespalten, wie ich das finde. Ich sage mal so, ohne das Ende würde ich wahrscheinlich heute noch verstört und traurig sein. Andererseits…

Invention – Aus dem Programmheft: „„In the aftermath of a conspiracy-minded father’s unexpected death, his daughter receives his patent for an experimental healing device. Featuring archive from actress Callie Hernandez’s actual late father, INVENTION explores the process of grieving a complicated parent, and the filmmaking itself becomes a part of the process.“

Entstanden ist der Film als Zusammenarbeit zwischen der Dokumentarfilmerin Courtney Stephens und der Schauspielerin Callie Hernandez, die sich durch gemeinsame Freunde getroffen hatten und in diesem Film gemeinsam den Verlust ihrer Väter verarbeiteten, die beide auf ihre Art und Weise sehr spezielle Charaktere waren. Dazu steuerte Callie Hernandez auch echte VHS-Material bei, welches ihren Vater (der als eine Art Wunderheiler unterwegs war) u.a. bei Auftritten in einem TV-Shopping-Kanal zeigen.

Ich fand den Film ganz wunderbar. Bilder, Schnitt, Material und Ton erzeugen einen ganz spezifischen, uniquen Sound. Gleichzeitig funktioniert er auf mehreren Bedeutungsebenen. Trauer, einen Menschen zu spät und durch Erzählungen kennenlernen, unterschiedliche Lebensentwürfe.

Und durch die Geschichte um die Erfindungen und Conspiracy Theories ist es auch unterhaltsam und ein wenig seltsam. Getragen wird der Film vor allem durch seine großartigen Schauspieler.

Beim Wiedersehen habe ich festgestellt, dass ich einiges anders am Kopf hatte. Zum Beispiel erinnerte ich, dass diese Verschwörungstheorien einen größeren Raum einnehmen würden. Dem ist gar nicht so.  Ich mochte den Film aber aber auch beim wiederholten Sehen wieder sehr. Diese Mischung aus Realität und Fiktion, die auch mal die vierte Wand durchlässig werden lässt.

„Invention“ ist ein sehr, sehr ruhiger Film über Trauerarbeit und das Kennenlernen eines Menschen über die Erinnerungen anderer. Der Film bekam beim Filmfest Bremen den Preis für „Best innovative storytelling“, was mich sehr gefreut hat.

Somnium – Eine angehende Schauspielerin vom Lande bekommt in der Stadt der Engel kein Bein auf den Boden. Da kommt das Angebot in einer Schlafklinik zu arbeiten gerade recht, denn hier muss sie nachts lediglich auf die Schlafenden aufpassen. Aber die Klink hat ein spezielles Programm, mit dem die Wünsche und Sehnsüchte der Patienten nach der Therapie in die Tat umgesetzt werden. Irgendetwas stimmt da nicht. Auch in Leben der Protagonistin geht einiges durcheinander. Da ist der Freund, von dem sie sich getrennt hat, der in ihrem Leben aber immer noch eine große Rolle spielt. Der frustrierende Stress, endlich eine Rolle zu bekommen. Und dann das Ding, welches da scheinbar in den Schatten lebt.

Racheal Cains Langfilm-Debüt ist gut gefilmt und ähnelt von der Stimmung her an „The Neon Demon“ oder einen Cronenberg-Film. Ist aber etwas ganz Eigenes. Hauptdarstellerin Chloë Levine ist toll und für Horrorfilme wie gemacht. Alles baut sich langsam und dann immer spannender auf. Man fiebert mit und fragt sich, was soll das alles. Was steckt dahinter? Was ist real, was Albtraum? Und wenn man so effektiv eine Erwartung aufbaut, dann kann die Auflösung eigentlich nur enttäuschen. Am Ende wird einem dann eine Binsenweisheit mit auf den Weg aus dem Kino gegeben. Das ist dann doch etwas wenig. Aber bis dahin ist „Somnium“ durchaus eine Empfehlung.

The Spin – Irische Komödie von Michael Head um zwei Freunde, die gemeinsam einen extrem unerfolgreichen Plattenladen führen und mit der Miete drei Monate im Rückstand sind. Was dazu führt, dass ihre Vermieterin die Beiden am liebsten raussetzen und das Gebäude in ein Hotel umwandeln will. Doch da entdeckt einer der Beiden auf Ebay eine Plattenkiste für 30 Euro mit Platten drin, die teilweise 40.000 Euro wert sind. Problem: Selbstabholer und die Liste stehen am anderen Ende der Insel. Also machen sich unsere beiden Freunde mit einem altersschwachen Auto auf den langen Weg.

Und das ist dann natürlich ein typisches Roadmovie mit sympathischen Außenseitern. Und so etwas funktioniert immer nur, wenn man die beiden Protagonisten ins Herz schließt. Und das tut man hier auch. Es werden einige kleine Abenteuer erlebt, skurrile Leute kennengelernt – und am Ende gibt es dann eine nette Moral. Nichts Besonderes, aber ein schöner kleiner, lustiger Film, dem man gerne folgt und der einfach ein gutes Gefühl verbreitet. Das muss auch mal sein.

Jenseits von Schuld – Eine Dokumentation von Katharina Köster und Katrin Nemec rund über die Eltern des Serienmörders Niels Högel, genannt „Der Todes-Pfleger“. Die Geschichte ging durch die Presse. Niels H. hat mindestens 83 Menschen auf dem Gewissen. Wie geht es seinen Eltern damit. Was für Menschen sind das. Wie gehen sie damit um.

Ziemlich harter Stoff. Insbesondere, weil die Eltern – vor allem der Vater, den ich sehr ins Herz geschlossen habe – einfach sausympathisch und wirklich gute Menschen sind. Die auch auf der Suche nach Antworten sind und welche die Taten des Sohnes zerbrochen haben. Die mit den Konsequenzen täglich konfrontiert werden, und versuchen irgendwie weiterzuleben und noch immer für ihren Sohn da zu sein.

Dem Täter wird hier keine Bühne geben. Er kommt hier lediglich in Kindheitsbildern und ferne Stimme am Telefon vor. Und das ist auch gut so. Ich könnte jetzt noch viel, viel mehr schreiben – verweise aber auf eine mögliche TV-Ausstrahlung im ZDF am Ende des Jahres. Ich sprach danach noch recht lange mit der Regisseurin und erfuhr einiges von der Produktion, die tatsächlich über sechs Jahre dauerte. Ein sehr guter, wichtiger Film.

Nach dem Film und der spannenden Q&A blieb noch Zeit, um sich in kleiner Runde mit der sehr sympathischen Regisseurin zu unterhalten und noch einige Hintergründe zum Film zu erfahren.

Co-Regisseurin Katharina Köster (links)

Another German Tank Story – In einem Kuhdorf (wobei ich glaube, da gab es nicht einmal Kühe) im Osten will eine Hollywood-Produktion einen Kriegsfilm drehen. Davon sieht man nicht viel, aber die Filmcrew bringt Leben ins Dorf und eben jenes der Dorfbewohner durcheinander.

Erzählt werden kleine Geschichte. Manchmal absurd, manchmal tragisch, manchmal lustig – und immer mit sehr viel Herz und Understatement. Man gewinnt die „Dörfler“ sehr schnell lieb. Und was ich dem Film sehr zugute halte: Er macht sich nicht über sie lustig. Sondern beobachtet sie nur genau und mit viel, viel Liebe. Der Humor kommt aus absurden Situationen und wirkt nie verkrampft oder gewollt.

Da gibt es die Bürgermeisterin (toll, Meike Droste aus „Mord mit Aussicht„), die an ihrem eigenen Wahl-Slogan „Pauli packt es an“ verzweifelt und irgendwann einen Panzer im Hof stehen hat. Da ist ihr Sohn, dem sie einen Job als Fahrer bei der Filmcrew besorgt hat – ohne zu wissen, dass er durch die Führerscheinprüfung gefallen ist – weshalb er dann nie schneller als 10kmh fährt. Da ist der Freund des Sohnes, der eine kleine Rolle in dem Hollywood-Film bekommt und sich das erste Mal wertgeschätzt fühlt – weshalb er die Wehrmachtsuniform, die er behalten durfte, auch nicht mehr auszieht. Und da ist Rosi, die Rentnerin, die ihre ganz eigene Abreise plant.

All diesen Figuren sieht man gerne zu, wie sie sich irgendwie durch die Tristesse des öden und abgehängten Dorflebens lavieren. Für mich hätte der liebenswerte Film so noch drei Stunden so weitergehen können. Am Ende (und Gottseidank am Ende, sonst wäre es dramaturgisch aufdringlich gewesen), wird dann noch verraten, warum da alles „Telemann“ heißt, und man entdeckt die kleinen Wunder, auf die alle warten und die es auch gibt, wenn man genau hinschaut.

Ein wunderschöner, unaufgeregter Film, der zurecht mit dem Preis als bester Langfilm in der Sparte „Comedy/Satire“ ausgezeichnet wurde. Von einem unfassbar jungen Team um den Regisseur Jannis Alexander Kiefer, deren gemeinsamer Abschlussfilm dies war.

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Nachbetrachung: Das 10. Filmfest Bremen

Mittlerweile ist das 10. Filmfest Bremen auch schon wieder seit einem Monat vorbei. Schön war es. Es begann mit einer gelungenen Eröffnungsgala im Theater Bremen. Ich bin normalerweise eher zurückhaltend, was solch ein Rahmenprogramm angeht. Diesmal war ich allerdings neugierig. Und es hat sich gelohnt. Nicht nur, dass die Reden in diesem Jahr kurz, auf den Punkt und durchaus unterhaltsam waren. Nein, die Laudatio auf den diesjährigen Träger des Bremer Filmpreises (den goldenen Mops), den großartigen britischen Regisseur Stephen Frears, wurde von einem geheimen Überraschungsgast gehalten. Und das war niemand anderes als Hugh Grant! Ein Wahnsinn. Da klappten einige Kinnladen (inklusive meiner) runter. Ohnmachtsanfälle habe ich aber keine gesehen. Die Laudatio war dann auch sehr charmant, eloquent und humorvoll. Aber auch Frears selbst war sehr charismatisch.

Ein großes Kompliment geht auch an den Moderator des Abends, Felix Krömer, der souverän und schlagfertig durch den Abend führte. Nach diesem ersten Teil gab es eine Pause und dann Frears neustes Werk „Brian and Maggie„. Ein TV-Zweiteiler, der hier zu einem Film zusammengeschnitten wurde. Ein sehr runder, schöner Abend mit viele bekannten Gesichtern und guten Gesprächen.

Moderator Felix Krömer, Festivalleiter Matthias Greving, Künsterlische Leiterin Ilona Rieke

Ähnliches gilt auch für die Preisverleihung, die dann in einem deutlich kleineren und familiäreren Rahmen ohne Stargäste und Starmoderatoren im gut gefüllten Kleinen Haus des Theaters Bremen stattfand. Ich habe gar nicht mehr gezählt, wie viele Preise da vergeben wurden. Es waren eine Menge. Dazu gab es teilweise berührende, teilweise sehr herzerwärmende Dankesreden. Gerade die Dankesrede der Gewinnerin des Best International Feature „Songs of Slow Burning Earth„, der Ukrainerin Olha Zhurba, berührte sehr. Die Preisverleihung zog sich dann mit Pause und musikalischem Zwischenspiel auch über mehreren Stunden. Weshalb mein Mitstreiter Stefan und ich dann auch kurz vor Ende gehen mussten, um den ersten Film des Tages in der Schauburg ansehen zu können. Und – wie wir später erfuhren – leider das gemeinsame Foto mit allen Sichtungskommissionen (mehr dazu gleich) auf der Bühne verpassten.

Matthias Greving, Ilona Rieke, Festivalkoordinator Marc Sifrin

Zugeschaltet aus den USA: Callie Hernandez und Courtney Stephens

Olha Zhurba

Auf dem Filmfest selbst durfte ich zweimal den polnischen Film „Horror Story“ moderieren und anschließend die Q&A mit dem sympathischen Regisseur Adrian Apanel führen. Ebenfalls zweimal waren mein Kollege Stefan und ich mit unserer monatlichen Reihe Weird Xperience dabei und führten in den spannenden Kurzfilm „The Eggreores‘ Theory“ und den schönen „Invention“ ein. Letzter hatte uns schon überzeugt, als wir ihn in der „Sichtungskommission Innovation/Experimental“ sahen. Denn erstmals waren wir beide eingeladen worden, an einer der vier Sichtungskommissionen teilzunehmen. Eine sehr spannende und lohnende Erfahrung, die sehr viel Freude bereitet hat. Auch durch die konstruktiven und immer fair, freundlich und harmonisch geführten Diskussionen mit den anderen Kommissionsmitgliedern. Am Ende gewann „Invention“ auch noch den Preis für „Best Narrative Innovation“, was uns natürlich sehr gefreut hat.

Moderation mit Adrian Apanel (rechts)

Das Weird-Xperience-Team bei der Arbeit

Höhepunkt war für mich die Panel-Diskussion „Male Nightmares, Female Nightmares“ zur Frage, was sind die Unterschiede zwischen female und male night­mares (also von Frauen und von Männer inszenierte Horrorfilme) – und wie kann Genre zur Gleichberechtigung beitragen? Gäste im Brauhauskeller (interessante Location, in der ich zum ersten Mal war) waren Jörg Buttgereit und Fahrah Bouamar. Sehr spannend und gewinnbringend. Fahrah Bouamar hat mit einer Freundin in Berlin eine Filmproduktion nur für Horrorfilme namens Lost Film gegründet. Die Ausschnitte aus zwei Kurzfilmen von Lost Film sahen schon sehr interessant aus. Besonders schön war ein gemeinsames Essen im Anschluss mit Jörg, meinem Weird-Xperience-Kollegen Stefan und einigen Bekannten aus dem Kommunalkino mit vielen interessanten Gesprächen.

Jörg Buttgereit, Farah Bouamar, Jenni Zylka

Generell Gespräche. Es war wunderschön so viele nette und filmbegeisterte Menschen zu treffen. Sei es als Betreuung im Kino, seien es Filmschaffende, seien es einfach Zuschauer. Es ergaben sich viele Möglichkeiten sich freundschaftlich auszutauschen und auch neue, spannende Perspektiven aufzunehmen. An dieser Stelle noch einmal ein fettes DANKE an alle Beteiligten, die hier etwas ganz Fantastisches auf die Beine gestellt haben, und speziell an Ilona Rieke und Marc Sifrin, denen ich es verdankte, ein aktiver Teil dieses wunderbaren Filmfests zu sein.

Zuschauermäßig war es in diesem Jahr gefühlt auch voller als im Vorjahr, was auch durch die offizielle Statistik bestätigt wurde. Einmal (beim Kurzfilmblock „Barriers (and how to break them)“ der Sparte Humor/Satire im City46) musste ich sogar auf eine Warteliste, da das Kino bei meiner Ankunft schon offiziell ausverkauft war. Da einige reservierten Karten nicht abgeholt wurden, klappte es dann aber.

Kurzfilmblock „Barriers (and how to break them)“ im City46

Ach ja, und die Filme, die ich sah, waren auch durch die Bank sehenswert. Dazu wird es noch einen separaten Post geben.

Fazit: Es war schön, hat viel Spaß gemacht, und ich freue mich schon sehr auf die 11. Ausgabe, die dann wieder im April (15.-19.4.) stattfindet und dann hoffentlich nicht – wie im Vorjahr – mit der ebenfalls immer im April stattfindenden Jazzahead kollidiert.

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Vorschau: Das 10. Filmfest Bremen (19. – 23. März 2025)

Vom 19. bis 23. März findet nun schon zum zehnten Mal das Filmfest Bremen statt. Zum Jubiläum werden 115 Lang- und Kurzfilme aus 30 Ländern gezeigt. Davon haben 33 Produktionen hier ihre Deutschlandpremiere. Insgesamt gibt es sechs Spielstätten und der Filmpreis geht in diesem Jahr an den renommierten britischen Regisseur Stephen Frears, dem auch eine Retrospektive gewidmet ist.

Lange Zeit hatte ich dies links liegen gelassen. Die Gründe hierfür habe ich im letzten Jahr bereits hier aufgeführt. Doch die Jahre, in denen das Filmfest Bremen ohne mich stattfanden, sind endgültig passé. Nicht nur, weil ich im letzten Jahr selber involviert war, habe ich das Filmfest Bremen schätzen gelernt. Sondern auch, weil die Zeiten, als es im Kalender noch mit dem Internationalen Filmfest Oldenburg konkurrierte oder der Filmpreis an (den von mir sehr geschätzten, aber hier nicht wirklich passenden) Hape Kerkeling vergeben wurde, Gottseidank vorbei sind. Ich habe auch die hier präsentierten Filme und die Menschen hinter dem Festival im letzten Jahr sehr schätzen gelernt. Mein Kritikpunkt – das für den Laien sehr unübersichtliche Filmprogramm – bleibt weiterhin bestehen. Aber dafür gibt es ja diesen Blog. Ich versuche da mal etwas Licht in den dicken Farbendschungel zu bringen.

Das Programm besteht zunächst einmal aus sechs Sparten, die auch farblich von einander getrennt sind.

1. Bremen und Umzu (grassgrün). Das war mal der Kern des Filmfests Bremen bei seiner Gründung. Produktionen aus Bremen, mit einem Bezug zu Bremen oder aus der Nähe von Bremen, sprich Niedersachsen.

2. Humor/Satire (gelb). Die Sparte kam als zweites hinzu. Wie der Name schon sagt, werden hier filme mit einem humoristischen und/oder satirischen Ansatz gezeigt.

3. Innovation/Experimental (fliederfarben). Hier laufen Filme, die entweder experimentell gestaltet sind oder (technisch, inhaltlich, filmisch, erzählerisch) eine Innovation bieten.

4. Deutschlandpremieren (türkisblau). Seit Kurzem gibt es auch die Sparte Deutschlandpremieren. Hier dürfen ohne thematische Einschränkungen alle Langfilme laufen, die bislang noch nicht in Deutschland zu sehen waren.

5. Gateways to the World (hellblaugrün). Hier dreht sich alles um Häfen oder Hafenbezug. Das kann auch mal eher metaphorisch sein.

6. Nachhaltigkeit (hellgrünblau). Filme, die den ökologischen Aspekt der Nachhaltigkeit in ihr Zentrum stellen oder diesen bewusst unterstützen.

Zudem gibt es die Retrospektive (rot).

Alle sechs Sparten zeigen Langfilme, haben aber auch – bis auf die Deutschlandpremieren – einen oder mehrere Kurzfilmblöcke. Und bis auf wiederum die Deutschlandpremieren – dort entscheidet das Publikum! -, werden in allen Sparten von einer Fachjury Preise verliehen. Plus ein Preis für „Global lokal“, d.h. Dokumentationen über die Region.

Dann gibt es noch zwei Kurzfilmwettbewerbe: „Klappe!“, bei dem in 48 Stunden ein Film konzipiert, gefilmt und geschnitten werden muss (Wettbewerb lief schon). Plus ein Kurzfilmwettbewerb, der von der Bremer Wirtschaftsförderung ausgeschrieben wird.

Dazu kommen noch einige Sonder- und Fachveranstaltungen.

Man sieht also: Die fünf Tage sind randvoll gepackt und alles kann man natürlich nicht ansehen. Was auch daran liegt, dass sich viel überschneidet und es keine einheitlichen Zeitblöcke gibt.

In diesem Jahr bin ich noch weitaus mehr beim Bremer Filmfest eingebunden, als ich es im Vorjahr schon war. Wie im letzten Jahr präsentieren Stefan und ich mit unserer monatlichen Filmreihe Weird Xperience wieder einen Film auf dem Filmfest. Diesmal ist es der Film „Innovation“ der in der Sparte „Innovation/Experimental“ läuft. Als Vorfilm haben wir „The Eggregores‘ Theory“ mit dabei. Ebenfalls aus der Sparte „Innovation/Experimental“. Das passt auch super, denn Stefan und ich waren Beide auch in der Sichtungskommission „Innovation/Experimental“ und haben im letzten halben Jahr unzählige Filme gesichtet und zusammen mit den anderen Mitgliedern konstruktiv und angenehm diskutiert, welche Filme in dieser Sparte auf dem Filmfest laufen sollen – und welche nicht. Da tat es manchmal weh, wenn ein toller Film keine Mehrheit fand oder einfach die Kriterien „Innovativ“ oder „Experimentell“ nicht erfüllte. Es hat aber unglaublich viel Spaß gemacht und war eine sehr interessante Erfahrung mit netten Menschen.

Daher kann ich hier auch ein Tipps geben, was sich aus meiner Sicht ganz besonders lohnt. Dabei beschränke ich mich mal auf die Langfilme (ich übernehme mal einfach die Inhaltsangaben aus dem Programmheft) und lasse die Kurzfilme mal außen vor – nicht aber ohne auf meinen Favoriten dort: „She Stays“ hinzuweisen, der im Kurzfilmblock „Wer oder was“ im Atlantis läuft.

In der Sparte „Humor & Satire

Horror Story – Hier habe ich die Ehre, die Q&A mit dem Regisseur Adrian Apanel zu moderieren. Darauf freue ich mich schon sehr, da ich ein großer Freund des osteuropäischen und dort vor allem des polnischen Kinos bin. Darum geht es: Der frischgebackene Hochschulabsolvent Tomek will unbedingt einen renommierten Job in einem Unternehmen ergattern, um seine Ex-Freundin zurückzubekommen. Auf der Suche nach Arbeit zieht er in ein billiges Zimmer eines Gebäudes, das stark an ein Gruselkabinett erinnert. Doch mit der Zeit merkt Tomek, dass der wahre Horror nicht das Haus oder seine bizarren Bewohner sind, sondern die Jobsuche selbst.

The Spin – Für mich als Musikfan und Vinyl-Liebhaber natürlich ein Muss. Inhalt: Elvis und Dermot besitzen einen kleinen Plattenladen in dem Dorf Omagh. Als ihre Vermieterin Sadie mit der Zwangsräumung droht, machen sie sich als letzte Rettung auf den Weg nach Cork, um eine unbezahlbare LP zu besorgen, die all ihre Probleme lösen könnte, zumindest solange alles nach Plan läuft. Der Roadtrip stellt ihre Beziehung auf die Probe, denn während Dermot mit einer gescheiterten Musikkarriere kämpft, sieht Elvis sich mit seinen Unsicherheiten konfrontiert. Die Reise durch die wunderschöne irische Landschaft ist ein Fest der Wärme, des sanften Humors, der Freundschaft und der Selbstfindung.

Dead Dead Full Dead – Den werde ich leider nicht im Kino sehen können, da er komplett außerhalb meiner Zeitplanung liegt. Sehr schade. Werde ich aber anderweitig nachholen. Era ist eine exzentrische Pseudo-Astrologin und Instagram-Influencerin. Sie wird tot in ihrer Wohnung in einem Hochhaus aufgefunden. Bei den Verdächtigen handelt es sich um Eras Ehemann, ihre Haushaltshilfe und eine neugierige Nachbarin. Zwei junge, inkompetente Polizist:innen sind als erstes am Tatort. Ein absurd-komischer „Whodunit-Krimi“, in welchem eine Ziege sich in ein Stofftier verwandelt, ein Mann telekinetische Kräfte hat, die Tote nicht nur einmal stirbt, vor dem Fenster eine riesige Mondfinsternis stattfindet und ein Mann von einem anderen Planeten beobachtet, wie sich das Mordrätsel langsam entfaltet.

In der Sparte „Innovation/Experimentelles“ (wo ich alle Beiträge schon sehen konnte)

Invention – Diesen Film präsentieren Stefan und ich unserer Reihe Weird Xperience. Dazu haben wir hier auch schon einiges angekündigt. INVENTION ist eine Zusammenarbeit zwischen der Regisseurin Courtney Stephens und der Schauspielerin und Filmemacherin Callie Hernandez. Der Film fiktionalisiert die Nachwirkungen des Todes von Callies Vater anhand eines realen Archivs verschiedener Fernsehauftritte, in denen er als Heilpraktiker zwischen Ende der 90er Jahre und 2020 auftrat. Die fiktive Handlung dreht sich um das Patent für ein experimentelles Heilgerät, welches das einzige Erbe der Tochter ist. Der Film ist ein Porträt des derzeitigen Amerikas, in dem die weit verbreitete Enttäuschung die Kultur mit hoffnungsvollen Fiktionen und giftiger Nostalgie tränkt.

Olivia & the Clouds – Wunderbarer experimenteller Animationsfilm. Ein Favorit der Sichtungskommission. Und das zurecht! Olivia, die von einer früheren Beziehung geplagt wird, versteckt diese unter ihrem Bett. Mit diesem Geist der Vergangenheit tauscht sie Blumen gegen tröstliche Regenwolken. Barbara, die von Mauricio abgewiesen wurde, entflieht der Realität durch fantastische Geschichten. Mauricio, der voller Reue ist, wird von der Erde verschluckt. Ramón, der in Olivia verliebt ist, wird Zeuge des Gedeihens einer seltsamen Pflanze, die Olivia ähnelt. Mit surrealen Elementen erforscht „Olivia & the Clouds“ die anhaltende Wirkung der Erinnerung an die Liebe.

Martin liest den Koran –  Hatte bereits einen Kinostart im November, aber nicht in Bremen und Umgebung. Hatte ich mir nicht viel von versprochen, bin dann aber schwer begeistert gewesen. Tipp! Martin hat erst vor einem Jahr sein Studium des Islams begonnen und besucht nun einen Professor für Islamwissenschaften, um ihm von seinem bereits vorbereiteten Terroranschlag zu erzählen. Denn Martin ist der Meinung, dass seine Aktion durchaus den Regeln des Koran folgt. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt: Kann der Professor Martin soweit überzeugen, dass der Koran klar verbietet, Menschen zu töten? Wenn nicht, dann wird Martins Bombe folgerichtig sehr viele Menschen töten. Aber hat Martin den Professor wirklich nur aufgesucht, um den Rat eines „weisen Mannes“ einzuholen oder verbirgt sich etwas anderes hinter dem unangekündigten Besuch?

Dreaming & Dying – Auch den mochte ich sehr gerne und bin froh, dass er es bis ins Festival geschafft hat. Drei Freund:innen (Anmerkung: Zwei Männer und eine Frau – nicht ganz unwichtig für die Handlung)  mittleren Alters treffen sich zum ersten Mal seit Jahren wieder. Jede:r von ihnen möchte unausgesprochene Gefühle gestehen, doch ihr gemeinsamer Urlaub nimmt eine überraschende Wendung, als die Schatten ihrer Vergangenheit drohen, wieder ans Licht zu kommen.

In der Sparte „Bremen und Umzu

Jenseits der Schuld – Finde ich thematisch spannend und werde mir die Doku wohl anschauen. Auch, wenn das als Elternteil sicherlich emotional schwierig wird. „Jenseits von Schuld“ erzählt die Geschichte von Ulla und Didi Högel, deren Sohn Niels als Krankenpfleger vermutlich hunderte Menschen tötete und für 87 Morde verurteilt wurde. Die Schuld ihres Sohnes hat ihr Leben unwiderruflich verändert. Trotz aller Fragen, die sie quälen, müssen sie lernen, mit der ständigen öffentlichen Aufmerksamkeit umzugehen: Prozesse, TV-Serien, Artikel – immer wieder wird ihr Familienleben thematisiert. Sie halten zu ihrem Sohn, doch Zweifel bleiben: Können sie ihm vertrauen? Alle Medien berichten, er sei manipulativ. In diesem extremen Spannungsfeld kämpfen die Högels täglich mit dieser Last und stoßen als Eltern, Paar und Menschen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.

In der Sparte „Deutschlandpremieren“

Somnium – Hier bin ich sehr gespannt. Der Film, an denen ich die höchsten Erwartungen habe. Mal sehen, ob er sie einhält. Nach einer schmerzhaften Trennung zieht Gemma von einer Kleinstadt nach Los Angeles, in der Hoffnung, groß rauszukommen. Um sich finanziell über Wasser zu halten, nimmt sie einen Job in der Nachtschicht bei Somnium an – einer mysteriösen, experimentellen Schlafklinik, in der Träume wahr werden. Währenddessen stürzt sich Gemma in die halsabschneiderische Welt der Hollywood-Castings. Doch als der Erfolgsdruck steigt, beginnt sie, seltsame und beunruhigende Phänomene zu erleben, und findet sich bald in einer albtraumhaften Spirale wieder, als sie dunkle Geheimnisse entdeckt, die hinter den Mauern der Klinik lauern.

My Killer Buddy – Auch hier bin ich gespannt. Die Handlung liest sich jedenfalls sehr gut. Denni ist ein zehnjähriger Junge, der einen Auftrag zu erfüllen hat: Er muss seine Mutter vor der Gewalt seines Vaters retten. Aber er ist zu klein, um das allein zu schaffen und bittet jemanden um Hilfe, der von Beruf aus Menschen tötet: einen Superkiller. Leider ist der Superkiller, auf den er trifft, Secco, der lediglich den grimmigen Blick eines Kriminellen hat und vor allem dringend Geld braucht. Die Begegnung zwischen Denni und Secco führt zu einem unerwarteten Abenteuer, in dem sich beide mit der Bedeutung des Mannsein auseinandersetzen müssen. Beide eint dabei die Furcht vor der mysteriösen Verbindung zwischen Vätern und Söhnen.

In der Sparte „Gateways to the World“

Praia Fomosa – Der Film war auch bei „Innovation“ eingereicht, daher konnte ich ihn bereits sehen. Ein sehr stiller, surrealer Film, auf den man sich einlassen muss. Den Bezug zu „Häfen“ sehe ich eher nicht, aber wird schon passen. Muanza ist eine Frau, die im Königreich Kongo geboren und im frühen 19. Jahrhundert nach Brasilien verschleppt wurde. Als sie im Jahr 2023 aus einem tiefen Schlaf erwacht, findet sie sich in einem zeitverdrehten Rio de Janeiro wieder, in dem Figuren aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart gemeinsam Teil ihrer Suche nach ihren Wurzeln durch die Stadt sind. Praia Formosa vermischt fiktive Geschichten und dokumentierte Charaktere, historische Fakten und spekulative Fabulation. Durch die Verflechtung von Zeit und Ästhetik thematisiert der Film das alltägliche Leben der Stadt, den Kampf gegen die erzwungene Deterritorialisierung und die Affekte, welche die Schwesternschaftsbande aufrechterhalten.

Flow – Der Oscar-Gewinner. Und dies 100% verdient. Läuft derzeit auch regulär in den Kinos, wo ich ihn mit der ganzen Familie geschaut habe. Und alle waren begeistert. Muss man meiner Meinung nach auch auf der großen Leinwand sehen. Große Liebe! Häfen sehe ich auch hier keine, aber mit viel gutem Willen geht das schon. Kaum hat sich die kleine schwarze Katze den Schlaf aus den Augen gerieben, muss sie erschrocken feststellen, dass eine gewaltige Flut die alte Welt unter sich begräbt. Gerade noch so rettet sie sich auf ein Segelboot, wo nach und nach auch ein diebisches Äffchen, ein gutmütiger Labrador, ein schläfriges Wasserschwein und ein stolzer Sekretärvogel Zuflucht finden. Schon bald wird klar: Ihre Diversität ist ihre Stärke und gemeinsam stellen sie sich den Herausforderungen der neuen Welt.

 

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Studioaustellung „Nosferatu Revisited“ im Filmmuseum Düsseldorf

Immer wenn ich zum Mondo Bizarr Weekender (siehe vorangegangener Post) fahre, ist auch ein Besuch im sehr schönen Filmmuseum Düsseldorf Pflicht. Dieses kenne ich mittlerweile wie meine Westentasche und freue mich daher über jede neue Sonderausstellung. Wobei man dabei zwischen Sonderausstellung, Studioausstellung und Kabinettausstellung trennen muss. Eine wichtige Unterscheidung, die so vielleicht nicht jedem bekannt ist und zu Missverständnissen und Enttäuschungen führen kann.

So wollte ein Bekannter von mir nach Düsseldorf fahren, um dort die Sonderausstellung zu „Nosferatu“ zu besuchen. Die Sonderausstellungen waren auch immer toll und nahmen einen ganzen Raum ein. Sei es über Special Effects, Tiere im Film oder Christoph Schlingensief. Der Raum, welcher dafür genutzt wurde, scheint es aber nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Zumindest ist dort derzeit ein Ausstellungsraum des benachbarten Kermanikmuseum zu finden.

Im letzten Jahr gab es lediglich eine sogenannte „Kabinettausstellung“ mit dem Thema „James Dean: Wahrheit und Mythos“. Zu finden war dort eine Vitrine mit James-Dean-Memorabilien, ein Aufsteller und mehrere Fotos an der Wand. Das war es.

Was ist nun aber eine „Studioausstellung“? Quasi dasselbe wie eine Kabinettausstellung, nur mit vier Vitrinen und einer Leinwand. Die Studioaustellung zu „Nosferatu Revisited“ befindet sich auf einer Empore im obersten Stockwerk und ist ca. 5×5 Meter groß. Im Zentrum befindet sich eine Art Mini-Kino mit vier Sitzen, von wo aus man auf einer Leinwand jeweils zwei kurze Ausschnitte aus den drei Nosferatu-Filmen (1925, 1979, 2014) anschauen kann. Was sehr interessant ist, da hier jeweils die gleichen Szenen gezeigt werden und man so die unterschiedenen Stile/Herangehensweisen der drei Filme gut vergleichen kann.

Darum herum gruppieren sich die Vitrinen mit Werbematerial zu den Filmen, Entwürfe und Grafiken des Filmarchitekten Albin Grau, Klaus Kinskis Kostüm aus der ’79er Fassung, sowie seine Finger- und Zahnprothesen. Letzteren beiden Dinge kennt man allerdings auch schon alles aus der Dauerausstellung, zu der diese eigentlich gehören. Neben den Vitrinen gibt es noch eine etwas komisch aussehende Nosferatu-Figur und tatsächlich interessante und teilweise auch nicht mit tausendmal Wiedergekäutem (die Rolle von Albin Grau) bestückte, erläuternde Texttafeln.

Das war es dann aber auch schon. Lohnt sich also ein Besuch? Wenn man eh gerade dort ist: Absolut. Vorzugsweise an einem Sonntag, wenn der Eintritt ins Museum frei ist. Wenn man extra dafür von weiter weg anreisen möchte und das Filmmuseum schon kennt: Nicht unbedingt. Ansonsten ist das Filmmuseum aber natürlich immer einen Besuch wert.

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Rückblick: Mondo Bizarr Weekender X in Düsseldorf (14.-16.2.25)

Zum nunmehr 10. Mal fand die wie immer wunderbare Reise im Bahnhofskino um die Welt im schönen Black Box Kino im Filmmuseum Düsseldorf statt. Eigentlich wäre es bereits die 11. Ausgabe gewesen, aber 2021 machte Corona der Sause einen dicken Strich durch die Rechnung.

Ich bin seit 2018 dabei. Immer mit der gleichen Reisegruppe, die mal mehr, mal weniger groß ist. Diesmal gab es aus gesundheitlichen und privaten Gründen zwei Ausfälle, was die Anreise diesmal etwas kniffelig machte. Aber am Ende war alles gut und drei tollen Tagen im Kino stand nichts weiter im Wege.

Da in NRW eine Grippewelle grassierte, war das Kino diesmal etwas weniger, aber immer noch sehr gut gefüllt. Zudem musst leider eine große Filmplakate-Auktion ausfallen. Man fühlt sich sofort wieder heimisch und gut umsorgt. Hier ein dickes Kompliment an Mitorganisator Christian, der uns in Empfang nahm und ständig am Herumwirbeln war, um die Dinge am Laufen zu halten. Und auch mal das Foyer mit Capri Sonne und kleinen Schnäpschen ausstattete. Oder per KI und etwas Tuning einige täuschend echt nach den 60ern und 70ern klingende „Mondo Bizarr“-Hymnen gezaubert hatte. Der Gute ist halt auch ein toller Musiker, dessen Projekte „Sospetto“ und „Pan/Scan“ hier nicht genug gelobt werden können.

Und der auch wieder die legendäre „Kiste“ organisiert hat, wo man für 2 Euro DVDs und Blu-rays rausziehen konnte. Das eingenommene Geld kommt dann dem Kauf von neuen Trailern zugute. Tolle Aktion – auch wenn es eine recht unangenehme Figur gab, die es extrem übertrieb und anderen kaum eine Chance lies, dort in Ruhe zu stöbern. Als die Gestalt dann einmal für seine Beute einen ganzen großen Pappkarton (!) brauchte, um alles unterzubekommen, kam man aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.

Aber solche kleinen Misstöne können den positiven Eindruck in keinster Weise schmälern. Das sonstige Publikum war supernett, die Stimmung toll und man merkte nicht nur bei den Organisatoren das Herzblut und die Liebe, die in dem Event steckt. So gab es eine Gruppe, die immer aus ganzen Bundesgebiet – plus benachbarten Ausland! – anreist und sich zum Jubiläum die passenden T-Shirts hat machen lassen. Die sie dann auch den Organisatoren schenkten. Tolle Aktion!

Zu sehen gab es wieder acht Filme in drei Tagen. Von 35mm und mit unterhaltsamen Einführungen durch Marc und Oliver, die wieder wunderbar auf das Folgende einstimmten. Dazu jeweils ein tolles Vorprogramm aus passender Vintage-Kinowerbung und Film-Trailern. Nur am letzten Tag, musste dieses Vorprogramm aus technischen Gründen ausfallen. Schade, aber so kamen wir zumindest früher zurück nach Bremen.

Aber lange wird die Abwesenheit aus Düsseldorf nicht dauern, denn vom 3. bis 4. Oktober findet am selben Ort das nächste Forentreffen meines geliebten Internet-Forums Deliria-Italiano.de statt! Worauf ich mich jetzt schon wahnsinnig freue. Wie auch auf den Mondo Bizarr Weekender XI! Man sieht sich!

Während des Wochenendes war ich auch Schallplatten kaufen. Meinen Bericht dazu findet man auf meinem Zweit-Blog KLANG UND VISION.

Zu den Filmen:

Bis die Gänsehaut erstarrt – Die Idee, den Film in Split Screen zu drehen ist erst einmal sehr ehrenwert. Das macht auch durchaus Sinn, um die Spannung zu erhöhen oder ein besonderes Seherlebnis zu kreieren. Ein Gimmickfilm eben. Von Richard L. Bare, der fast ausschließlich für TV-Serien tätig war. Das muss ja nicht schlecht sein. Ich fand allerdings, dass man hier sehr gut sehen konnte, wie und wo Split Screen gerade nicht funktioniert. Das Ganze lebt ja zumeist davon, dass man zwei Handlungen sieht, die unweigerlich zusammen kommen. Der Mörder der sein Opfer jagt, welches sich zu verstecken versucht. Der Detektiv der in der Wohnung des Täters nach beweisen sucht, während der auf dem weg zurück ist. Usw. usf. Was meiner Meinung nach nicht funktioniert ist, auf der einen hälfte Handlung weiterlaufen zu lassen, während auf der anderen jemand einfach nur herumsitzt. Oder plötzlich auf einer Hälfte Rückblenden zu zeigen, die mit der Handlung auf der der andere Hälfte gerade nichts zu tun haben. Split Screen funktioniert eben am Besten, wenn etwas dort gleichzeitig passiert. Das war hier eben sehr häufig nicht der Fall. Mir war auch nicht klar, ob man jetzt versucht hat den Täter anonym zu halten oder nicht. Auf jeden Fall, weiß man von der ersten Sekunde wer es ist – auch wenn der Film so tut, als wäre das noch ein Geheimnis. So halte ich den Film für ein interessant gescheitertes Experiment, welches gerade aufgrund dieses Scheiterns viel darüber aussagt, wie Spannung erzeugt wird und wie Split Screen funktioniert. Apropos Scheitern: Die vermutlich humorvoll gemeinten Intermezzi einer seltsamen Orgelspielerin, die den kompletten Film mit dem Score von Lon Chaneys Phantom der Oper untermalt fand ich auch eher unglücklich. Trotz oder gerade auch wegen all dieser Schwächen bin ich aber trotzdem froh, den Film einmal gesehen zu haben.

Die Todeskralle des Karatetöters – Heidewitzka! Ein wirklich unterhaltsamer und teilweise weit over the top spielender Film aus Südkorea, bei dessen wahnsinnigsten Szenen -die allesamt dem Oberfiesling gehörten – schon die Kinnlade runter klappte. Regie führte der mir ansonsten unbekannte Lee Doo-yong, der noch bis in die 2010er aktiv war. Die Kämpfe waren okay bis gut und nahmen nicht so sehr überhand, wie im Vorfeld befürchtet. Die Macher wollten wohl tatsächlich etwas mehr auf Handlung setzen. Die Synchro war spaßig, aber nicht albern. Ständig passiert etwas, der Darsteller des „Karatetöters“ hat mir gefallen und generell waren die Figuren ganz gut besetzt. Letztendlich ein sehr unterhaltsamer Film, der mich auch zur späten Stunde wach und bei Laune hielt.

 

Der Schlächter Idi Amin – Ein seltsamer Hybrid aus England und die einzige Regiearbeit des indischen Produzenten Sharad Patel. Man merkt schon, dass die Filmemacher durchaus ein Anliegen hatten, und die grausame Geschichte um den wahnsinnigen Diktator möglichst authentisch erzählen wollten. Das sah zumindest nach dem Plan aus. Natürlich wurde dann viel verkürzt, man schien immer wieder den Faden zu verlieren (ein Arzt wird mal zur Hauptfigur gemacht, anhand derer die Geschichte erzählt werden soll – dann verschwindet der gute Doc aber ständig komplett aus der Handlung – was auch nicht stört) und sich dann doch auf die pure Expoitation zurückzuziehen. So riesig kann auch das Budget nicht gewesen sein. Immerhin spielt sich mindestens ein authentischer Akteur selber. So ist immer was los, vieles wird verkürzt und am Ende wurde doch immerhin soviel Neugier geweckt, dass man sich mit der wahren Geschichte einmal beschäftigen möchte. Interessant.

Barbarella – Ein schönes Wiedersehen auf großer Leinwand und auf 35mm. Ich hatte Roger Vadims Film erst kürzlich (okay, auch schon wieder ein paar Jahre her) gesehen, als ich einen Artikel darüber in der 70MM schrieb. Von daher hatte ich ihn gut in Erinnerung, auch wenn so viel passiert, dass man dann doch einiges vergessen hat. Spaß macht er immer noch. Musik, Ausstattung und Kostüme sind ein Traum. Die Handlung wunderbar typischer franko-belgischer Comic-SF. Die Darsteller haben alle Spaß, gerade David Hemmings als Clouseau-mäßiger Rebellenführer. Das Ende finde ich immer noch recht weird, aber passt schon. TOLL!

Muttertag – Großartiger Film von Charles Kaufman, der aus dem Troma-Umfeld stammt und sonst leider nicht viel gemacht hat. Der Film ist zynisch und bitterböse ohne Ende. Teilweise auch sehr schmerzhaft, selbst wenn er nicht so blutrünstig ist, wie der Ruf vermuten lässt. Dafür unangenehm fies. Mich wundert es, dass die Darsteller keine Genrestars geworden sind. Ich glaube, die habe ich sonst nirgendwo anders gesehen. Vieles fällt einem auch erst nach mehrmaligen Sehen auf und gerade in der Kinosituation. Kleine Details zwischen schwarzem Humor und purem Terror. Gefällt mir auch von Mal zu Mal immer besser.

Zu diesem Film hatten die Organisatoren sich auch wieder etwas besonders einfallen lassen. Der gute Christian verteilte großzügig Kopien des damaligen Kinoprogramms. Etwas, was auch schon zu einer schönen Tradition geworden ist.

Melody in Love – Für mich ein Satz mit X, der mich schnell genervt hat. Das kann man sich auch schön schreiben, z.B. dass Regisseur Hubert Frank bewusst Erwartungen unterläuft. Da werden nämlich ständig Spannungsbögen aufgebaut, die dann in der Mitte komplett in sich zusammenfallen. Man geht tauchen, es erscheint ein Hai. Man zückt das Tauchermesser. Passiert aber nix. Irgendwann taucht man auf und ruft entzückt „Das war aber ein Großer!“. Man taucht nach einer Schatzkiste, da ist aber nichts drin. Man bzw frau gerät in einer Seitengasse in einen Hinterhalt und wird von einem Kung Fu kundigen Einheimischen gerettet- das wird aber so weggewischt und spielt keine Rolle mehr. Später taucht der Retter in der Not einmal ultrakurz auf, wird erkannt, und ist schon wieder weg. Das geht ständig so: Es werden spannenden Momente aufgebaut, die dann einfach nicht passieren. Das nervte mich irgendwann kolossal. Genauso wie dieses eklige „Sie ist erst 17, aber will ständig Sex mit mir. Harr harr harr“. Nein, das war alles gar nichts. Da können auch spektakuläre Vulkanausbrüche (die auch Null Konsequenzen haben), eine gute Kamera, ohrwurmige Musik, schöne nackte Frauen und ein doch sehr hübsch anzusehender Sascha Hehn nichts dran ändern.

Jagdgeschwader Kamikaze – Patriotischer Kriegsfilm aus Taiwan, der die heroischen Taten eines Jagdgeschwaders im Kampf gegen die überlegenen Japaner preist. Dieses wird von sehr gelungenen Modellen gedoubelt, was seinen Charme hat. Andererseits dann auch mal etwas statisch wirkt. Besonders, wenn man die Piloten sieht, die ganz offensichtlich vor einer himmelblauen Leinwand agieren. Dem Film fehlten in den deutschen Kinos auch 25 Minuten. Aber, ob die den Kohl fett gemacht hätten? Im Grunde verläuft Tseng-Chai Changs Film so. Reden, alle in die Maschinen, kämpfen, landen, wieder reden, alle in die Maschinen usw. usf. Das ermüdetet dann schon arg. Besonders, wenn „reden“ oftmals patriotische Reden und Durchhalteparolen meint. Mich übermannte an immer öfter der Schlaf und so musste ich meinen Nebenmann am Ende fragen, was eigentlich mit dem Helden der Geschichte passiert ist. Das hatte ich nämlich tatsächlich verpennt.

Die Frau mit der 45er Magnum – Tatsächlich eine Erstsichtung, auch wenn die Blu-ray hier schon seit ein paar Jahren liegt. Ich bin aber froh, Abel Ferraras Film beim ersten Mal im Kino erleben zu dürfen. Ein fieser, sehr böser Rape & Revenge-Film, der – wie ich fand – den Zuschauer uns seinen „male gaze“ hinterfragt. Gleichzeit auch sehr tragisch, manchmal ein wenig dick aufgetragen – aber das fügt sich trotzdem sehr gut ein. Denn in diesem ganze Dreck von New York ist die Geschichte zwar vorstellbar, aber auch sehr, sehr auf die Spitze getrieben. Da ist Ms. 45 dann auch ein lauter film mit Wut im Bauch. Auf die ekligen typen, die Frau als Freiwild und minderwertige Wesen sehen. Die von ihrer eigenen Egos förmlich besoffen sind. Ein Männercliquen-Welt, in der sich Frauen Gehör zu schweigen haben. Wie unsere stumme Heldin. Zoë Tamerlis spielt diese aber auch fantastisch. Ein Jammer, dass es mit ihr im realen Leben so schlecht enden sollte. Das große Finale ist dann auch der Hammer, was Choreographie und Musik angeht. Ein kleiner, dreckiger Film, der ebenso fasziniert, wie unter die Haut geht. Ich muss mal wieder mehr Ferrara schauen.

 

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Das Bali – Das (fast) vergessene Bahnhofskino von Bremen

Als ich von diesem Fund lass, musste ich gleich hin und diesen vergessenen Aushangkasten für die Nachwelt festhalten. Am 10. Januar berichtete der Weser Kurier unter der Überschrift „Zeitzeugnis der Bremer Filmgeschichte am Friedenstunnel entdeckt“ darüber, dass nachdem eine Werbetafel abmontiert worden war, darunter ein vergessener, alter Aushangkasten des Bali Kinos zum Vorschein gekommen war, welcher dort seit 1971 hing.

Was mich wundert: Der Kasten hängt nicht wirklich in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs, sondern ist davon 650m entfernt.

Das Bali (kurz für „Bahnlichtspiele“) fasziniert mich schon seit vielen Jahren. Gerade durch meine Liebe zum sogenannten „Bahnhofskino“, welches jene Art von Filmen bezeichnet, welche in eben (vor allem in den 70ern) diesen Kinos liefen. In den 70ern waren das Italo-Western, Kung-Fu-Filme, Action- oder (später vor allem) Erotikfilme.

Das Bali-Kino war das erste Kino in Bremen mit einem durchgängigen Programm. Für 1,60 Mark waren im rechten Außenflügel des Bahnhofsgebäudes durchgängig Filme zu sehen. Bali steht für Bahnlichtspiele. Diese Art von Kino gab es nicht nur in Bremen, sondern in unzähligen Bahnhöfen Deutschlands.

In ihrer ursprünglichen Funktion boten sie schon in den 1950er-Jahren Zugreisenden die Möglichkeit, ihre Wartezeit auf den Zuganschluss durch Unterhaltung zu verkürzen. Nicht nur Filme waren zu sehen, auch Nachrichten liefen über die Leinwände. Ein anderer Name für diese Branche war, je nach Betreiber, Aktualitätenkino (Aki) oder Aktualitätenlichtspiele.

Quelle: Weser Kurier

Da ich an das Kino überhaupt keine Erinnerung habe, und es mir trotz intensiver Suche bislang nicht gelungen ist vernünftiges Bildmaterial mit dem alten Bali zu finden, hat sich das Kino bei mir fast schon zur Obsession entwickelt. Immerhin weiß ich mittlerweile, wo es einst im Hauptbahnhof war und habe tatsächlich ein einziges Foto vom August 1963 gefunden, wo es drauf zu erkennen ist.

Was da im August ’63 gespielt wurde, habe ich allerdings nicht herausgefunden. Damals hatte das Bali scheinbar sein Programm nicht im Weser Kurier inseriert. Das sollte erst später erfolgen. Die frühste Anzeige habe ich am 14.1.196 gefunden:

14.1.1966

 

 

 

 

Eine Woche später wurde das Aussehen der Anzeige dann angepasst und blieb dann auch die nächsten Jahre so.

21.1.1966

28.1.1966

 

 

 

 

Hier einige Beispiele aus den späten 60ern,

8.4.1966

6.1.1967

3.5.1968

 

 

 

 

 

 

 

 

In den frühen 70ern und in dem Jahr, als der Aushangkasten aufgehangen wurde, sah das Programm so aus:

20.7.1970 (von der Veranstaltungsseite des Weser Kuriers)

29.1.1971

23.7.1971

 

 

 

 

 

 

 

 

Mitte der 70er Jahre verschwinden die Anzeigen plötzlich und tauchen erst zum Ende des Jahrzehnts wieder auf.

19.8.1977

 

 

 

 

 

 

Hier die Inserate aus den den letzten drei Lebensjahren des Bali (fast auf den Tag genau 43, 42 und 41 Jahre alt), bevor es 1984 die Pforten schloss.

29.1.1982

28.1.1983

27.1.1984

Wenn man so in die Zeit zurück reist, finde ich es spannend, dass gerade in den frühen Jahren auch Kinderprogramme und sogenannte „Kunstfilme“, wie Bunuels „Belle de Jour“, oder Blockbuster wie „Love Story“ dort liefen – und nicht die billigen Genreproduktionen, für die man das Bahnhofskino heute vor allem kennt. Auch, dass das Genre „Horror“ hier (zumindest in Bremen und in den Stichproben, die ich mir angesehen habe) keine oder nur eine kleine Rolle spielte, finde ich bemerkenswert. Da das Programm täglich wechselte, fanden sich die anzeigen nicht nur Freitags auf der Kinoseite des Weser Kuriers, sondern in der Woche dann auch unter „Veranstaltungen“.

Mich faszinieren auch, dass das Kino – laut Zeitungsartikel – 368 Plätze gehabt haben soll. Zum Vergleich: Der große Saal der Schauburg hat 258 Plätze, die Gondel gar nur 180. Ich kann mir dort, wo früher das Kino gewesen sein muss, beim besten Willen nicht vorstellen, wie das ausgesehen hat und wo dort so ein riesiges Ding hingepasst hat.

Hier einige aktuelle Fotos des Ortes, wo früher das Bali war.

 

Ich muss mal gucken, wo man noch Spuren alter Kinos findet. Ich erinnere mich, dass in Findorff beim ehemaligen Admiralkino noch Aushangkästen hingen. Ich glaube aber, die sind mittlerweile weg.

Wer Erinnerungen an das Bali hat oder gar noch Fotos – Ich wäre sehr daran interessiert, um das Puzzle weiter zusammenzusetzen. Wie gesagt, das Thema verfolgt mich schon seit Jahren.

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„My House is on Fire“ – Ausstellung Lithographien von David Lynch in Oldenburg

An dieser Stelle möchte ich auf die höchst empfehlenswerten David-Lynch-Ausstellung im Horst-Janssen-Museum in Oldenburg hinweisen, in der Lithographien des Meisters thematisch zusammengefasst Werken von Horst Janssen gegenübergestellt wurden. Dabei faszinierend es sehr, wie ähnlich die Werk der Beiden, gerade in der direkten Gegenüberstellung, teilweise sind. Und dies obwohl sich beide Künstler nicht kannten. Ich gebe zu, dass ich mich in der Ausstellung aber vor allem mit dem Werk Lynchs beschäftigt habe. Und dies war schon beeindruckend. Wie seine Filme, sind auch die Bilder vielseitig interpretierbar und enthalten Details, die einem erst beim dritten oder vierten Blick auffallen. Spannend war auch zu sehen, wie hier schon Dinge vorweggenommen werden, die Lynch dann gerade in der dritten Staffel von „Twin Peaks“ weiterverarbeitete. Gerade die Werke, die sich um Elektrizität drehten.

Neben den Bildern, gab es auch eine kleine Installation (Ant Head) und den Kurzfilm „Fire (PoZar)“ von 2015 (die IMDb gibt 2020 an, da er dort erstmals veröffentlicht wurde), der von Marek Zebrowski vertont wurde, mit dem Lynch 2007 auch die CD „Polish Night Music“ aufnahm, die ebenfalls 2015 wieder veröffentlicht wurde.

Apropos Musik: Diese konnte man auch immer wieder auf Kopfhörern zu einigen Bildern hören. Hier hatte man sich für das Free-Jazz-Album „Thought Gang“, welches Lynch 2018 mit seinem Stammfilmmusikkomponisten Angelo Badalamenti als eben Thought Gang aufnahm. Keine leichte Musik, aber sehr spannend. Das Album hatte ich mir bereits auf CD bestellt, es hat aber eine längere Lieferzeit.

Wie ich erlauschen konnte, war Lynch auch stark in die Konzeption involviert und hat z.B. das Logo der Ausstellung entworfen.

Eine Info: Das Horst-Janssen-Museum wird gerade umgebaut, weshalb es derzeit nur über Umwege und durch die Hintertür zu erreichen ist. Zudem steht nicht die volle Fläche zur Verfügung – deshalb ist der Eintritt aber momentan auch frei! Auch für die Sonderausstellung und an allen Tagen (Di-So, 10:00-18:00 Uhr). Führungen gibt es aber auch. Die sind dann nicht kostenlos, aber laut Homepage kostet das 3 Euro pro Person für 60 Minuten, bzw. 4,50 für 90 Minuten. Hätte ich auch gerne mit gemacht, aber ich wurde leider an der Kasse nicht drauf aufmerksam gemacht, und bemerkte dies erst nachdem ich rein bin, und eine geführte Gruppe von drei Personen kurz nach mir durch die Ausstellung geführt wurde. Ich habe mich dann aber in Hörweite aufgehalten (was eh kaum zu umgehen war) und alles wichtige mitbekommen.

Schade war auch, dass der Katalog nicht zu erwerben war, da er gerade erst gekommen und bereits ausverkauft war. Ich solle es aber über die Homepage versuchen (wo ich bislang dazu noch keine Möglichkeit gefunden habe). Zudem ist aufgrund des Umbaus der Museumsshop geschlossen, sodass man das einzige angebotene Buch von Lynch (die deutsche Ausgabe von „Catching the Big Fish“) nur als Ansichtsexemplar anschauen konnte.

Die Ausstellung geht noch bis zum 16. Februar. Interessierte sollten sich als besser beeilen.

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Nachruf: David Lynch (1946-2025)

Es gibt immer wieder dies Todesfälle, die einen kurz aus dem täglichen Leben reißen. Die einen erschüttern, obwohl man die Person gar nicht persönlich gekannt hat. Doch da sie einen so lange mit ihrer Kunst begleite hat, hatte man das Gefühl, sie zu kennen. Sie bedeutete einem etwas. Vielleicht nur als Ideal, welches wenig mit dem realen Menschen zu tun hat. Doch dieses leitet einen durchs Leben, lässt einen Erfahrungen machen, die einen bereichern, zum Nachdenken bringen, den Horizont erweitern. Die starke Emotionen in einem auslösen und einen etwas über sich selber und die Welt an sich erzählt. 2016 waren es die Tode von drei für mich sehr wichtigen Künstlern die mich auf diese Art und Weise berührt und kurzzeitig den Boden unter den Füssen weggerissen haben: David Bowie, Prince und Andrzej Zulawski. Bei allen kam der Tod für mich aus heiterem Himmel. Bei allen dachte ich gerade, sie würden in eine neue Phase ihrer unerschöpflichen Kreativität eintauchen – und dann waren sie plötzlich nicht mehr da.

Gestern ist David Lynch verstorben, und ich fühlte mich wieder wie 2016. Auch hier hatte ich nicht mitbekommen, wie krank er war. Ja, ich hatte da was gelesen, aber so ernst klang das jetzt für mein Laien-Ohr nicht. Zumal er kämpferisch ankündigte, nicht kürzer treten zu wollen. Jetzt ist er nicht mehr da. Die Frage „What year is this?“ wird nie beantwortet werden. Wäre sie aber vielleicht sowieso nicht, denn Lynch erklärte nicht. Entkleidete seine Geheimnisse nicht. Er pflanzte sie in den Kopf seiner Zuschauer, in denen die Fragen gärten und zu ganz individuellen Ergebnissen führten. Was ist die Black Lodge? Wohin führt der Lost Highway? Was passiert im Mullholand Dr.? Wo ist Nikki? Wer Lynchs Filme gesehen hat, der kehrt immer wieder zu ihnen zurück. Vielleicht nicht tatsächlich auf dem Bildschirm, aber im Kopf wo Lynchs Geschichten und Bilder immer wieder wie diebisch lächelnde Dämonen auftauchen und das Denken besetzen.

Mein erster Lynch-Film war „Der Elefantenmensch“, den ich im Fernsehen sah und der mir emotional stark zusetzte. „Ich bin kein Tier! Ich bin ein menschliches Wesen!“. Sehr viel später erst sah ich sein Debüt „Eraserhead“. Große Fragezeichen, große Faszination, große Liebe für das Dunkle, das Wahnsinnige, das „Sich-nicht-fassen-lassen-wollende“. „Dune“ verstörte mich, der ich einen Film ala „Krieg der Sterne“ erwartet hatte, mit seiner seltsamen Finsternis. „Blue Velvet“ war eine Offenbarung. Ein Albtraum in dem ich selber als Jeffrey gefangen war. „Wild at Heart“ eine wahnsinnige Achterbahnfahrt, die mein Gehirn komplett auseinander purzeln ließ. „Meine Schlangenlederjacke ist ein Ausdruck meiner Individualität“. Da bekam man, was man von einem Roadmovie erwartete – und eben genau dies nicht. Da kippte eine klassische B-Film-Geschichte in einen merkwürdigen Traum und führte einen in ein Labyrinth, aus dem man nicht wieder herausfand. Ebenso wie bei „Lost Highway“, den ich lange vor mich herschob, da ich nicht wusste, ob mich das, was ich im Vorfeld hörte, mir gefiel. Tat es natürlich dann. Der Film war ein Strudel an Bildern und vor allem Emotionen, Gefühlen, merkwürdigem Kribbeln im Rückgrat, welcher mich einfach unter die Oberfläche zog. „Mullholand Dr.“ schaffte es, mich – wie viele andere – zunächst auf eine falsche Fährte zu locken, um dann den Brägen kräftig durchzuficken. Lange Zeit war es mein Lieblingsfilm von Lynch. Wenn es so etwas gibt. „Straight Story“ war dann so anders. Eine echte „straight story“. Voller Liebe, Melancholie und wieder viel, viel Gefühl. Diesmal nicht beängstigende, sondern beruhigende. Ein so schöner Film mit einer ebenso wunderschönen Musik. „Inland Empire“ dann. Ein verdammter Monolith. Drei Stunden lang. Und noch einmal zwei Stunden, wenn man den begleitenden, aus verworfenen Szenen bestehenden „Something Happend on the Way“ dazu zählt. Ein Fiebertraum, der mich stärker faszinierte als alles andere. Der mich in einen förmlichen Rausch versetzte. So stelle ich mir die Einnahme von Drogen vor. In meinem Kopf verschwammen Wachsein und Traum. Nach dem Film wusste ich nicht, was ich gesehen und was eventuell nur imaginiert habe. Ein wahnsinniges Erlebnis.

Ich glaube auf den Extras meiner „Inland Empire“-DVD ist eine kurze Szene in der Lynch mit polnischen Filmstudenten im einer stinknormalen, leeren Halle steht und einfach nur dort fragend einen Namen dort hineinruft. Und mit dieser Allerweltshandlung eine solch dichte, bedrohliche Stimmung schafft, dass mich diese kurze Szene noch heute verfolgt. Das hat ihn für mich definiert. Das Bild hinter dem Bild finden und dies dann in die scheinbare Realität hineinkriechen lassen.

Und dann ist da „Twin Peaks“. Meine erste wirklich intensive Begegnung mit ihm. Sehen konnte ich die Serie damals nicht, da sie auf RTL lief. Damals wurde RTL bei uns im Wechsel mit SAT1 gesendet. Und ich meine zu „Twin Peaks“-Zeiten war gerade SAT1 dran. Aber ein Freund konnte RTL empfangen und hatte die Serie auf Video mitgeschnitten. Auch die zweite Staffel, die dann auf Tele5 lief, die ich ebenfalls nicht empfangen konnte. Aber ich wurde ja gut versorgt. Nach der Schule wurde ein Tape eingeworfen und dann ging es nach Twin Peaks. Was habe ich die Serie geliebt. Was war sie in dieser Zeit für ein zentrales Element in meinem Leben. Irgendwie habe ich es dann geschafft an dem Nachmittag an dem die letzte Folge lief, alle Tapes durchgeschaut zu haben. Die legendäre letzte Folge sah ich dann live bei meinem Freund. Und als während dieser Folge immer mehr neue Fäden aufgemacht wurden, statt dass die vorhandenen zum Abschluss gebracht wurden, wunderten wir uns immer mehr, wie Lynch das jetzt zu einem Ende bringen wollte. Und als die Folge dann durch war, sahen wir uns hilflos und verwirrt an – und wussten in dem Moment nichts mehr zu sagen. Später waren wir gemeinsam in „Fire Walk With Me“ aka „Twin Peaks – der Film“. Eigentlich dachten wir, dass die unzähligen Fragen beantwortet würden. Was aber natürlich nicht der Fall war. Während des Filmes verließen immer mehr Zuschauer*innen den Saal (Schauburg, kleines Haus – vergesse ich auch nie). Wir blieben sitzen. Waren beglückt. Und nach dem Film standen wir noch stundenlang vor dem Kino und diskutierten, erzählten uns von den vielen kleinen Entdeckungen und Verbindungen zur Serie. Spannen den Film im Kopf weiter. Ein ungemein bereicherndes Erlebnis.

Die dritte Staffel ist nun David Lynchs Vermächtnis. Für mich das Beste und intensivste, was ich jemals im Fernsehen gesehen habe. Wobei – Fernsehen. Die Serie lief auf Wow. Wie damals mein Freund, der mir die Videokassetten geliehen hat, bekam ich die Folgen diesmal von einem Arbeitskollegen und ich sah sie größtenteils auf dem Laptop. Trotzdem war ich komplett „in der Serie“ drin. Lechzte nach der nächsten Folge. Wurde vollkommen durchgerüttelt, schockiert, verwundert, fasziniert. Die ersten beiden Folgen sah ich während einer Teamauszeit im verdunkelten Hotelzimmer, während sich die Kolleg*innen noch amüsierten. Später stellte ich fest, dass mein Kollege einige Folge vergessen, bzw. falsch benannt hatte. Weshalb ich mir dann doch widerwillig Wow besorgte. Einige Episoden verfolgten mich tagelang, ließen sich nicht mehr abschütteln (die mit Harry Dean Stanton habe ich bis heute nicht verdaut). Und natürlich endet alles kryptisch mit der Frage „What year is this?“. Ein mehr als würdiger Abschluss für Lynchs Filmkarriere. Mehr als würdig. Ein Meisterwerk. Ein Geniestreich.

Aber Lynch war nicht nur Film, sondern auch Malerei (womit ich mich jetzt mehr beschäftigen werde und endlich die Ausstellung in Oldenburg besuchen), Bildhauerei und Musik. Lynch war selber Musiker. Er nahm großen Einfluss auf die kongeniale Musik seines Hauskomponisten Angelo Badalamenti. Einen Film von David Lynch kann man nicht nur sehen, sondern auch „erhören“. Es gibt diesen typischen Lynch-Sound, den er auch bei seinen eigenen Ausflügen in die Musik pflegte und der dieselbe unter die Haut kriechende Atmosphäre kreiert. Seien es seine Solo-Stücke, die mit John Neff als BlueBOB oder als Co-Komponist und Produzent von Julie Cruise oder Chrysta Bell. Sogar auf dem Sampler mit Musik aus der dritten Staffel von „Twin Peaks“ spürt man seine Hand. Und selbstverständlich lies er es sich nicht nehmen, die Videos für seine Musik zu drehen, wie das verstörende Musikvideo zu „Crazy Clown Time“. Überhaupt gibt es hier noch viele Schätze zu heben, denn Lynch war in der kurzen Form sehr produktiv. Er schuf nicht nur die verstörende „Rabbits“-Serie, sondern noch viel mehr. Da wurde selbst der Wetterbericht zu einem Ruf aus einer parallelen Welt. David Lynch ist tot. Sein Werk und sein Einfluss leben weiter. Und sie werden weiterhin eine große Rolle in meinem Leben spielen. Danke für den Donut, David! Ich versuche nicht nur auf das Loch zu schauen.

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Mein ganz persönlicher Jahresrückblick 2024

Wie? Das Jahr ist schon wieder vorbei? Die Zeit vergeht im Sauseschritt, wir laufen mit. Tatsächlich kommt es mir so vor, als hätte 2024 gerade erst begonnen, da lugt 2025 schon um die Ecke. Und noch immer gilt: Die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts bekleckern sich nicht Ruhm. Und ich schaue mittlerweile eher ängstlich, denn optimistisch in die Zukunft. Gerade auch aufgrund der politischen Ereignisse in diesem Jahr. Da hilft manchmal die offensive Flucht in die Hobbies.

2024 gab es bei mir einen kleine Verschiebung in den Interessen. Von Film hin zu Musik. So wanderten 358 Tonträger in die Sammlung, was teilweise auch an zwei größeren CD-Sammlungen lag, die ich bereits 2023 geschenkt bekam. Und an den Plattenbörsen und – geschäften, die ich 2024 aufsuchte. Zudem habe ich – trommelwirbel – im August auch einen neuen Blog gestartet, der sich „Klang & Vision“ (https://klangundvision.de) nennt, und wo ich über Vinyl und Konzerte (gerne auch mit Bremer Schwerpunkt) schreibe. Den habe ich noch nicht groß promotet und so schreibe ich dort mehr oder weniger noch für mich selber. Daneben war ich auch selber als wieder Konzert(mit)veranstalter für die Helga tätig. Dort waren es sage und schreibe 9 Konzerte und ein kleines Festival mit sechs Bands, was ich alles im Hintergrund mit betreut habe. Und mit „Interna“ und „Billy Zach“ auch zwei Bands dabei, die ich schon vor dem Konzert kannte und ganz großartig fand.

Was aber nicht heißt, dass ich meine Leidenschaft Film aufgegeben hätte. Höchstens ab und zu etwas vernachlässigt. Allerdings habe ich hier was Bilddatenträger betrifft dann etwas weniger exzessiv zugeschlagen. Trotzdem sind es 163 geworden. Vieles wurde mir geschenkt (Danke dafür!), habe ich ersteigert, sind Grabbelkistenfunde, oder ich habe es mir verdient. Und wenn ich mir etwas gekauft habe, waren es vor allem Klassiker, aktuelle Filme wurden tatsächlich eher gestreamt.

Und trotz allem war es für mich wieder war mein Hobby Film angeht, ein spannendes Jahr. So war ich dieses Jahr das erste Mal seit fünf Jahren wieder beim Filmfest Bremen dabei. Und dies nicht nur als Besucher, sondern auch aktiv. Denn mein Kollege Stefan und ich waren mit Weird Xperience Gastgeber eines dort gezeigten Films: GUNFIGHTER PARADISE. Wir führten 2x in den Film ein, hielten eine Q&A (auf Englisch!) mit den Filmemachern, suchten einen passenden Vorfilm aus und moderierten einmal die „Kurz&blutig“-Sektion. Und dabei blieb es nicht. Stefan und ich wurden auch in die Sichtungskommission für das Filmfest Bremen 2025 geholt, wo wir in der Gruppe „Innovation & Experimentelles“ unzählige (sehr häufig) tolle Kurz- und Langfilme sichteten. Einen Ritterschlag erhielt ich im August, als ich gefragt wurde, ob ich beim Kurzfilmwettbewerb Short Film Collection des Filmbüros Bremen Teil der Jury sein möchte. Das war auch ein ganz wunderbarer Abend!

Was meine Arbeit an Bonusmaterial für Blu-ray-Veröffentlichungen angeht, so war es ein zwar produktives, aber auch ruhiges Jahr. Von dem, was ich da alles geschrieben habe (diesmal waren es nur Booklet-Aufträge) ist bislang noch nichts erschienen – weshalb ich mich hier mal bedeckt halte. Aber da kommt wohl in 2025 was. Für das Buch „Zeitlos“ über Zeitreisefilme habe ich auch zwei Artikel geschrieben. Das Buch ist mittlerweile erhältlich, aber so geräuschlos auf den Markt gekommen, dass ich es auch erst sehr spät mitbekommen habe und es leider bislang auch nicht in den Händen halten kann. Nun gut.

Natürlich war ich auch wieder in Sachen 35/70-Millimeter gut beschäftigt. Ich verantwortete die Ausgabe 6 und 7 des 70-Millimeter-Retro-Filmmagazins, schrieb für alle vier Ausgabe der 35 Millimeter u.a. über Bela Lugosi und José Bénazéraf. Highlight war das Redaktionstreffen im Mai in „meiner“ Helga Kneipe. Es gab tolle Vorträge für die Öffentlichkeit, es war wunderschön so viele Redaktionsmitglieder zu sehen und einige auch das erste Mal kennenzulernen. Extrem frustrierend war lediglich, dass wir trotz kräftiger Werbung mehr oder weniger unter uns blieben. Das Interesse der Bremer an Filmgeschichte ist wohl eher gering. Was ich sehr schade finde.

Sehr schade fand ich auch, dass es in diesem Jahr kein HyperHorrorHapping gab. Das war in den Vorjahren immer ein echtes Highlight gewesen und einfach toll, mit welchem Elan und welcher Leidenschaft die beiden Köpfe hinter dem HHH (Johanna und Olli) das gegen alle Widerstände auf die Beine gestellt haben. Ich hoffe da auf 2025, möchte aber die Gelegenheit nutzen, auf die ebenfalls sehr empfehlenswerte Reihe mit Musikdokus, welche die Beiden im Kommunalkino kuratieren und moderieren, hinzuweisen: 46rpm ist ein „Muss“! Neben dem Filmfest Bremen, war ich auch wieder in Oldenburg auf dem Internationalen Filmfest, welches mir jedes Jahr im September ein zweiten Wohnzimmer ist. Sehr genossen habe ich auch den alljährlichen Mondo-Bizarr-Weekender in Düsseldorf und das wie immer wundervolle Deliria-Italiano.de-Forentreffen, welches diesmal im wirklich tollen Kommunalkino Hannover (da kann sich Bremen mittlerweile mal mehr als eine Scheibe von abschneiden) stattfand. Dort erfüllt sich ein weiterer Traum, nämlich einmal einen meiner Lieblings-Italo-Western von 35mm auf der großen Leinwand zu sehen: „Keoma“! Zudem durfte ich Sergio Leones Schwanengesang „Es war einmal in Amerika“ dort in einer brillanten 35mm-Kopie sehen. Eine absolute Wiederentdeckung und für mich über alles gesehen mein Film des Jahres!

Mit Weird Xperience hatten wir im Cinema Ostertor eine wirklich gute Zeit. Danke hier für die tolle Unterstützung durch das Kino. So langsam pendeln sich die Besucherzahlen auch auf – wie wir finden – gutem Niveau ein. Mit Ausreißern nach unten (der wirklich gelungene „New Life“ hatte nur 7), wie nach oben (über 60 wollten „Tanz der Teufel 2“ sehen). Und wir haben mittlerweile auch immer wieder Besucher, die dann auch dabei bleiben und öfter kommen. Das freut uns natürlich ungemein und spornt uns an immer wieder ordentlich an.

Auf diesem Blog habe ich immer wieder längere Pausen eingelegt, was aber aufgrund der vielen anderen hier beschrieben Aktivitäten kein großes Wunder ist. Mit diesem hier werden es 2024 gerade mal 16 Artikel gewesen sein. Das versuche ich 2025 dann aber wieder zu übertreffen. Versprochen!

Nun zu den Filmen. Mit 202 bei der IMDb bewerteten Filmen sind es offiziell weniger als letztes Jahr. Da ich allerdings wie oben geschrieben in einer Sichtungskommission des Bremer Filmfests sitze, habe ich dort auch unzählige Kurzfilme und einige Langfilme gesehen, die ich nicht bewertet/gezählt habe – da sie dort (noch) nicht zu finden sind. Im Kino war ich auch dieses Jahr seltener als gewollt, dafür des Öfteren mal mit dem Sohn (und manchmal auch Tochter) – was ich sehr genossen habe. Aber im Großen und Ganzen wäre ich schon gerne sehr viel öfter im Kino gewesen.

Top 10 aktuelle Filme (Produktionsjahre 2023/2024)

 

  1. Skunk (Koen Mortier, 2023)* – Review HIER
  2. Dune: Part Two (Denis Villeneuve, 2024)*
  3. Luka (Jessica Woodworth, 2023)* – Review HIER
  4. Chiennes de vie (Xavier Seron, 2023)* – Review HIER
  5. Olivia & Las Nubes (Tomás Pichardo-Espaillat, 2024)
  6. Alles steht Kopf 2 (Kelsey Mann, 2024)*
  7. Der wilde Roboter (Chris Sanders, 2024)*
  8. Hakki (Hikmet Kerem Özcan, 2024)* – Review HIER
  9. Orion und das Dunkel (Sean Charmatz, 2024)
  10. Tre regole infallibili (Marco Gianfreda, 2024)* – Review HIER

* im Kino gesehen

Top 10 ältere Filme (nur Erstsichtungen)

 

  1. Die Passion der Jeanne d’Arc (Carl Theodor Dreyer, 1928)*
  2. Mr. Long (Sabu, 2017)
  3. Supernova (Bartosz Kruhlik, 2019)
  4. Ex Drummer (Koen Mortier, 2007)*
  5. The Lobster: Eine unkonventionelle Liebesgeschichte (Yorgos Lanthimos, 2015)
  6. Anchoress (Chris Newby, 1993)
  7. Il demonio (Brunello Rondi, 1963)
  8. Rapiña (Carlos Enrique Taboada, 1975)
  9. Mein Nachbar Totoro (Hayao Miyazaki, 1988)
  10. Celia (Ann Turner, 1989)

* im Kino gesehen

Ich wünsche allen meinen Leser*innen einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bleibt gesund! Wir lesen/sehen uns wieder in 2025!

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Die aktuellen Ausgaben der Retro-Filmmagazine 70MM und 35MM

Mit etwas Verspätung (für die 70MM) und noch gerade rechtzeitig (für die 35MM), möchte ich die aktuellen Ausgaben der beiden Retro-Filmmagazine vorstellen.

Beginnen möchte ich mit der „70 Millimeter“ für de ich diesmal als Chefredakteur außer der Gesamtverantwortung, dem Editorial und einigen Rezensionen keine Texte beigesteuert habe.

Aber das macht ja nichts, wenn man so großartige Autoren an der Hand hat, wie ich es hier hatte. Mir gefällt das Heft. Ich habe es genossen, die tollen Texte zusammenzusammeln. Ein bunter Mix, bei dem sowohl René Clément und Tom Gries, als auch José Ramón Larraz und Joe D’Amato ihren Platz haben.

Die „35 Millimeter“ kommt zu ihrem 10. Jahrestag gleich als extra dicke Ausgabe mit 100 Seiten daher. Die Titelstory dreht sich um das Filmstudio „United Artists“. Hier habe ich vier Seiten über die schicksalsträchtige Symbiose zwischen Buster Keaton und seinem Förderer, später auch Schwager und letztendlich für den tragischen Wechsel zu MGM verantwortlichen Joseph Schenk geschrieben. Schlechte Nachricht: Wie mir ein Vögelchen zwitscherte ist dieses Jubiläumsheft bereits restlos ausverkauft.

Die 70 Millimeter #7 gibt es HIER noch für 4,80 zzgl. Versand.

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