Blu-ray-Rezension: „To All a Goodnight“

Während der Weihnachtszeit fällt ein junges Mädchen in der abgelegenen Calvin Finishing School For Girls einem aus dem Ruder gelaufenen Scherz zum Opfer und stürzt vom Balkon in den Tod. Zwei Jahre später leert sich die Schule zur Weihnachtszeit. Fünf Schülerinnen, die Haushälterin Mrs. Jensen und ihr Faktotum Ralph bleiben zurück. Die Mädchen planen das Wochenende heimlich ihre Freunde zu treffen, die mit einem Privatflugzeug einfliegen. Das funktioniert soweit ganz gut – bis das erste Pärchen einem Killer mit seltsamer Maske und Weihnachtsmannkostüm zum Opfer fallen…

Es klingt so gut. David Hess, der Mann, der so unglaublich intensive Psychopathen wie Krug in „Last House on the Left“, Adam Konitz in „Wenn Du krepierst, lebe ich“ oder Alex in „Der Schlitzer“ sein Gesicht gegeben hat, dreht den ersten Killer-Weihnachtsmann-Film nach einem Drehbuch von Alex Rebar, der in „Planet Saturn lässt schön grüßen“ den „Schmelzmann“ gespielt hat. Leider beweist „Too All A Goodnight“ aber vor allen Dingen, dass charismatische Schauspieler nicht zwangsläufig auch gute Regisseure sein müssen.

David Hess hatte neben der Schauspielerei auch eine recht erfolgreiche Musiker-Karriere, und damit hätte er es vielleicht bewenden lassen sollen. Zum Regisseur ist er nicht geboren, und das merkt man „To All A Goodnight“ leider auch an. Auch das Drehbuch ist nicht besonders originell und kaut vor allem wieder, was einige Monate bevor der Film im November 1980 – runter gekurbelt in 10 Tagen für ein geringes Budget von 75.000 USD – vor die Kamera kam, in „Freitag, der 13.“ erfolgreich etabliert wurde. Sogar der finale Twist mit der Identität und Motivation des Killers wurde einfach übernommen. Hinzu kommt die übliche Gruppe hier wirklich extrem unsympathischer Teenies, denen man vom ersten Moment an jenes Schicksal gönnt, welches das Drehbuch natürlich bereits vorgeschrieben hat. Und diese „Teens“ sehen hier noch einmal deutlich älter aus, als die auch nicht wirklich jungen Gegenstücke aus der „Freitag, der 13.“-Reihe. Über William Laurer, der hier das erste und einzige Mal in einem Film mitspielt, lässt sich im Netz nichts finden. Aber er sieht definitiv eher wie 35 und weniger wie um die 20 aus.

Überhaupt sind alle „Teenie“- Darsteller hier das erste (und fast immer auch das letzte) Mal vor der Kamera zu sehen. Und das merkt man leider auch. Während sich Debütantin Jennifer Runyon noch recht achtsam aus der Affäre zieht und dann noch in weiteren Filmen größere Rollen haben sollte, agieren alle anderen leider so, wie man es von Nicht-Schauspielern erwartet. Entweder überziehen sie ihre Rolle oder sagen ihren Text hölzern und ohne große Emotion auf. Darüber hinaus ist dies auch einer jener Filme, in denen die „Todesopfer“ vor dem Ableben noch die Zunge herausstrecken.

Sicherlich ist ein Teil der schlechten schauspielerischen Leistungen auch dem Instinkt-Schauspieler David Hess anzulasten, der hinter der Kamera möglicherweise überfordert war und seinen Darstellern keine wirkliche Führung angedeihen ließ. Dies ist natürlich Spekulation, würde sich aber damit decken, dass er scheinbar auch außerstande war, Spannungsszenen zu inszenieren. „Too All a Goodnight“, mag vielleicht kein ausgeklügeltes oder gar sonderlich originelles Drehbuch besitzen. Aber unter den Händen eines erfahrenen und versierten Regisseurs hätte auch mit dem geringen Budget, der knappen Drehzeit und den scheinbar von der Straße gecasteten Darstellern und Darstellerinnen ein kleines Schmuckstück entstehen können. So aber muss man leider sagen, dümpelt der Film vollkommen spannungsfrei vor sich hin. Die Mordszenen – normalerweise die kleinen Höhepunkte innerhalb der traditionellen Slasher-Formel -werden ohne jedwede Suspense oder Dramatik runter gefilmt. Hess‘ mise-en-scene hier ist völlig ohne Dynamik, visuelle Kniffe und mehr als einmal dazu angetan, sich am Kopf zu kratzen, da durch eigenwillige Schnitte nicht klar wird, was eigentlich passiert. Zusammen mit der Unfähigkeit der Beteiligten hier darstellerisch zu überzeugen – selbst der Killer-Weihnachtsmann scheint nicht so recht zu wissen, wo er sich positionieren soll – wirkt das alles wie ein schlechtes Filmprojekt einer 7. Klasse, allerdings ohne den „Niedlichkeitsfaktor“, welcher dem geduldigen Zuschauer das eine oder andere Auge zudrücken lässt.

Das ist wie gesagt sehr schade, da man aus der Grundidee „unheimlicher Killer-Weihnachtsmann“ weitaus mehr hätte machen können. Diese wird auch dadurch torpediert, dass der Film so gar nichts hat, was die Weihnachtsthematik rechtfertigen würde. Ja, da steht ein Weihnachtsbaum, da sind bunte Lichter – aber von Schnee oder ähnlichem keine Spur. Die Darsteller tragen Sommerklamotten (der Film wurde zwar im November gedreht, allerdings im warmen Südkalifornien) und die Feiertage werden nur thematisiert, um einen Grund dafür zu finden, weshalb die jungen Frauen in dem riesigen Gebäude – welches eine Privatschule darstellen soll, aber nicht so aussieht – allein sind. Das irritiert, denn man fragt sich ein ums andere Mal, warum sich der Killer also unbedingt als Weihnachtsmann maskieren, bzw. der Film unbedingt in der Weihnachtszeit spielen soll – wenn daraus so gar nichts gemacht wird.

Noch ein letztes Wort zum Casting. Die einzige überzeugende Darstellerin ist Kiva Lawrence (hier unter dem Pseudonym Katherine Herrington), die immerhin Theatererfahrung mitbrachte. Der ermittelnde Kommissar wird von Sam Shamshak gegeben, der hier auch debütiert, darauf allerdings eine lange Filmkarriere aufbauen konnte. An seiner Darstellung hier wird es nicht liegen. Nicht nur trägt er ein grässliches schreiend-buntes und zu großes Sakko spazieren – trotz seines polnischen Namens legt er seinen Polansky (zumindest in der Originalfassung) als heißblütigen Italiener ala Joe Pesci an. Seine beiden Assistenten überzeugen auch nicht gerade mit Authentizität. Jay Rasumny als „Dan“ hat sein buntes Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknüpft und zeigt sein wallendes Brusthaar. Dabei wirkt er mehr wie der schmierige Zuhälter von nebenan, als wie ein Polizeibeamter. Besonders wenn er mit Leia flirtet und schließlich schmierig grinsend im Bett landet. Wobei dies nun alles weitaus unterhaltsamer klingt als es im Endeffekt ist. Dazu düddelt die immer gleiche Synthie-Musik, die Spannung erzeugen soll – aber nur aufdringlich ankündigt, dass der Killer gleich wieder zuschlagen wird. Was er dann auch immer tut („false scares“ gibt es hier genau Null). Und das ist dann nicht allzu blutig und meist sehr, sehr billig getrickst.

Ich würde sehr gerne ein gutes Haar an „Too All a Goodnight“ lassen, aber es gibt leider nur wenig, was man positiv hervorheben kann. Vielleicht Jennifer Runyon als Heldin (wobei sie als Anfängerin spürbar von der Regie im Stich gelassen wird), den einen oder anderen Effekt (auch wenn die eher zum Schmunzeln anregen) und dann noch Harry Reems. Die Porno-Legende hat zwar nur einen sehr kleinen Auftritt (unter dem Namen Dan Stryker), bringt dort aber mehr Charisma und eine natürliche Lebendigkeit ein, als der ganze restliche Cast zusammen. Mehr Harry hätte dem Film definitiv gut getan.

Das Mediabook aus dem Hause Cinestrange Extreme ist in Watte gehalten. Da muss jeder selber wissen, was er davon hält. Meinen Geschmack trifft so etwas nicht, ebenso wie das Labelintro, welches beim Start der Blu-ray auf dem Bildschirm abläuft. Aber wie gesagt – Geschmackssache. Wichtiger ist die technische Umsetzung. Das Bild ist absolut in Ordnung. Bei früheren Veröffentlichungen auf VHS gab es scheinbar Probleme, da das Bild dort teilweise extrem abgedunkelt war. Das ist hier nicht der Fall. Alles ist gut zu erkennen. Das Bild ist körniger als gewohnt und sieht in etwa aus, wie 16mm-Film, der auf 35mm aufgeblasen wurde. Was ich aber nicht als Kritikpunkt sehen würde, da dies höchstwahrscheinlich an der Originalbildquelle lag, und ich dankbar bin, dass hier nicht mit einer Filterorgie eine künstliche Glattheit hergestellt wurde. Der Ton ist sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch gut zu verstehen, besonders loben möchte ich, dass englische Untertitel vorhanden sind. Die Extras wurden von der 2016er US-Veröffentlichung von Kino Lorber übernommen. Sie bestehen aus drei Interviews. Einmal ein älteres mit Drehbuchautor und Produzenten Alex Rebar (welches ursprünglich auf 4:3 aufgenommen wurde und jetzt hier leider nur auf 16:9 – statt mit schwarzen Balken rechts und links – auf die Scheibe gestaucht wurde) und zwei aktuellere mit den Darstellerinnen Jennifer Runyon und Kiva Lawrence (kurz vor deren Tod 2016). Wobei Letztere scheinbar einige Schönheits-OPs hinter sich hatte und sehr creepy aussieht. Alle drei loben den Film, erinnern sich gerne an die Dreharbeiten und erzählen noch ein wenig über ihre weitere Karriere. Das Booklet stammt von Christoph N. Kellerbach. Auch wenn ich seiner These vom „verlorenen Klassiker“ widersprechen würde und allgemein eine deutlich andere Meinung zum Film habe, begründet er diese mit Quellennachweis und schreibt nicht einfach von Wikipedia ab, wie man es in letzter Zeit bei anderen Veröffentlichungen (leider) häufig sieht. Daher hier auch ein Extrapunkt. Wobei er seine These auch damit untermauert, dass der Film 1979 – also vor „Freitag, der 13.“ – gedreht sein soll. Andere Quellen, die ich für meine Rezi genutzt habe, verorten die Dreharbeiten genau ein Jahr später und damit nach dem Kinostart von „Freitag, der 13.“. Da möchte ich hier gar keinen Kampf ausfechten, wer da recht hat. Es wäre nur interessant zu wissen, da ich in der Tat auch finde, dass das einen (kleinen) Unterschied in der Rezeption machen würden.

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