Das Bloggen der Anderen (21-11-16)

bartonfink_type2– Claudia Siefen entlarvt auf Jugend ohne Film Lars von Triers leider relativ unbekannten Film „The Five Obstructions“ als einen „Liebesreigen zweier hochkomplizierten Intellektueller“. Patrick Holzapfel klärt darüber auf, was „Rückbilder“ sind und wie sie auf den Zuschauer wirken.

– Michael Schleeh schreibt auf Hard Sensations über den neuen Film des philippinischen Wunderkindes und großartigen Bilderstürmers Khavn, einem Favoriten des hiesigen Weird-Xperience-Teams.

– Auf seinem eigenen Blog Schneeland widmet er sich eines fast vergessenen Filmes aus Japan: „The Masseurs and a Woman“ von 1938, der ganz gegen heutige Sehgewohnheiten arbeitet.

– Vitellone hat sich auf Die drei Muscheln in Park Chan-wooks neuen Film „Die Taschendiebin“ (The Handmaiden) verliebt.

– Pflichtlektüre: Manfred Polak hat auf Whoknows presents ein sehr ausführliches und hochspannendes Essay über Jean Epstein, seinen Film CŒUR FIDÈLE und dessen Zensurgeschichte verfasst. Sehr lesenswert!

– Udo Rotenberg führt auf Grün ist die Heide seine Untersuchung des „Das blauen Meers“ als Sehnsuchtsbegriff des Tourismusfilms fort und nimmt sich diesmal „Das blaue Meer und Du“ mit einer blonden (!) Karin Dor vor.

– Dazu passt auch Werner Sudendorfs Text auf new filmkritik über die 1955 entstandenen deutsch-amerikanische Co-Produktion „Mannequins für Rio“ von Kurt Neumann.

– Anna Wollner hat auf B-Roll das große Vergnügen mit Jim Jarmusch in Toronto ein Interview zu führen. Und Joachim Kurz stellt klar, dass die Filmkritik politisch sein darf und sich auch politisch äußern muss.

– Gegenstimme 1: Über den Film „Fritz Lang“ von Gordian Maugg habe ich bisher nur fürchterliches gelesen. Funxton findet ihn hingegen richtig gut und begründet dies auch.

– Gegenstimme 2: Auch bei Joel Schumachers „8mm“ kommt sehr, sehr vielen das kalte Grausen. Heiko Hartmann von Allesglotzer kann dem Film aber durchaus positive Seiten abgewinnen.

– Nicht unbedingt kontrovers, aber doch immer wieder sehr stiefmütterlich wird in der Regel Wes Cravens „Das Haus der Vergessenen“ behandelt. Umso mehr freuen mich, als großen Freund dieses Filmes, Christians Worte auf Schlombies Filmbesprechungen: „Und dass die schrillen Ideen eines „The People Under the Stairs“, trotz aller Extreme die das Horror-Genre in den letzten Jahrzehnten hervorbrachte, noch immer schrill, provokativ und frisch wirken, ist ein weiterer Beweis für die zeitlose Qualität des Streifens.“ Jawohl!

– Oliver Nöding empfiehlt auf Remember It For Later Alfred Soles Horror-Thriller “Alice, Sweet Alice”. Dominik Grafs “Zielfahnder – Flucht in die Karpaten” hat ihn, wenn schon nicht komplett vom Stuhl gehauen, so doch sehr erfreut. Und die Komödie „La moglie in vacanza“ von Sergio Martino mit dem Traum-Duo Edwige Fenech und Barbara Bouchet legt er als gutes Einstiegswerk jenen Menschen ans Herz, „die es mit dieser speziellen Spielart der italienischen Komödie noch einmal versuchen wollen, nachdem ihnen alle zuvor gesehenen Beispiele zu überdreht waren“.

– Bei einem der letzten Deliria-Italiano-Forentreffen war der unfassbare deutsche Trailer zu „Wiege des Teufels“ der absolute Hit. Mauritia Mayer hat auf Schattenlichter auch den ganzen, dazugehörigen Film gesehen. h

– Harald Mühlbeyer hatte das Vergnügen sich im Cinema Quadrat in Mannheim die Filme „Fluchtweg St. Pauli – Großalarm für die Davidswache“ von Wolfgang Staudte und „The Toy Box“ (aka „Sexualrausch) von Ronald Víctor García ansehen zu können. Auf screenshot findet man seinen Bericht.

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Blu-ray-Rezension: „Scherzo Diabolico“

scherzo-diabolicoDer Angestellte Aram (Francisco Barreiro) ist wirklich nicht zu beneiden. Sein Vorgesetzter (Jorge Molina) lässt ihn ständig Überstunden machen, doch ohne, dass Aram dafür irgendeine Anerkennung in Form einer Beförderung oder mehr Lohn bekäme. Dafür darf er sich dann Zuhause regelmäßig von seiner unzufriedenen Ehefrau runter putzen lassen. Eines Tages entführt Aram scheinbar ohne weiteren Grund ein junges Mädchen (Daniela Soto Vell) und hält es in einer abgelegenen Lagerhalle gefangen. Während das psychisch labile Mädchen dabei durch die Hölle geht, scheint sich Arams Leben tatsächlich zum Besseren zu wenden…

Aus Mexiko kommen derzeit viele spannende Genrefilme. Gerade erst sorgt „We Are the Flesh“ für Kontroversen zwischen Jubel und Abscheu. Einer der neuen Wilden aus Mexiko ist Adrián García Bogliano, dessen hochinteressanter „Here Comes the Devil“ erst kürzlich auch eine Deutschland-Veröffentlichung erfuhr. Ein an die paranoiden Terrorstreifen der 70er Jahre gemahnender Horrorfilm, der auch als intensive Allegorie auf das Erwachsenwerden der eigenen Kinder funktioniert. Auch sein neuer Film „Scherzo Diabolico“ hat nun den Sprung über den großen Teich geschafft. Hierzulande wird er von seinem Label Donau Film allerdings ziemlich aggressiv als Rape ’n Revenge mit Schulmädchen vermarktet. So darf sich die Darstellerin des entführten Mädchens, Daniela Soto Vell, auf dem Backcover der DVD im Lolita-Look und lasziv mit einem Lollypop im Mund, an der Kette winden. Ob das ein potentielles SM-Klientel anlocken soll? Auf jeden Fall ist diese Bewerbung natürlich mal wieder ziemlicher Quatsch.

Tatsächlich beginnt „Scherzo Diabolico“ zunächst als eher ruhiger Thriller. Aram, vermutlich ein Angestellter in einer großen Kanzlei, hat – aus welchen Gründen auch immer – ein Mädchen entführt. „Rape“ kommt aber Gottseidank nicht vor. Allerdings merkt man schon, dass Aram sich daran aufgeilt, die Arme zu erniedrigen. Auch wenn er sich nach erledigter Aufgabe erst einmal kräftig übergeben muss. Boglianos Stärke zeigt sich darin, dass er nicht alles ausformulieren muss. So bleibt beispielsweise die Frage, was er da eigentlich genau beruflich macht, unbeantwortet. Obwohl man den Eindruck gewinnt, dass er in einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitet, könnte es auch eine mafiöse Organisation sein. Oder vielleicht eine staatliche Stelle. Der Interpretation sind Tor und Tür geöffnet, ohne dass dieses Vage die Handlung stören würde. Es sorgt aber dafür, dass der Zuschauer in eine permanente Spannung versetzt wird. Auch wird zunächst jede Information dazu verweigert, was Arams Beweggründe sind, das Mädchen zu entführen und gefangenzuhalten. So kann man sich dann auch bei jeder Begegnung zwischen dem im Grunde sympathischen Aram und dem zunehmend aggressiver und panischer reagierenden Mädchen nicht wirklich sicher sein, was passieren – und wer der Leidtragende sein wird.

Zunächst beschränkt sich Bogliano darauf, das Leben seiner Hautfigur zu zeigen. Dieses spielt sich zwischen seinem immer fordernder auftretenden Chef, seiner keifenden Ehefrau, den routinemäßigen Treffen mit einer Prostituierten und dem Beginn einer Affäre mit der Sekretärin ab. Das alles wird ganz unaufgeregt, in seinem Ton beinahe schon ganz nah an einer schwarzen Komödie dran, gezeigt. Allerdings versäumt es Bogliano bei aller Zurückhaltung nicht, stets auch beunruhigenden Untertönen mitschwingen zu lassen. Was durch den effizienten und tief ins Ohr dringenden Soundtrack von Sealtiel Alatriste noch verstärkt wird. Aber auch die vielen wundervollen Stücke mit klassischer Musik, die mit einem rasiermesserscharfen Gespür für den richtigen Ton ausgesucht wurden, tragen zu dieser dispersiven Wahrnehmung bei.

Im letzten Drittel seines Filmes wartet Bogliano dann mit einem recht gelungenen Plot-Twist auf, den man sich als erfahrener Vielgucker sicherlich schon hat kommen sehen, der aber nicht aufgesetzt und in seinen Konsequenzen durchaus logisch daherkommt. Von hier aus hätte es Bogliano dann viele interessante Wege gegeben, die Handlung fortzuführen. Er entscheidet sich aber für die Blutwurst und bricht damit den Ton des Filmes zugunsten eines recht drastischen Gematsches, welches Gorehounds sicherlich zufrieden und zu Jubelschreien hinreißen wird. Im Gesamtkontext wirkt das große Finale allerdings wie ein Fremdkörper. Ein ähnliches Problem bestand schon bei „Here Comes the Devil“, als Bogliano bei einer Mordszene kurzzeitig alle Gäule durchgingen, die Szene sich dadurch aber nicht schockierend, sondern sich unangenehm selbstzweckhaft anfühlte. In „Scherzo Diabolico“ lässt er nun eine der Hauptfiguren plötzlich – oder zumindest unter einem sehr dünnen Vorwand – in einen mörderischen Racheengel mit fast schon übernatürlichen Fähigkeiten mutiert. Das wirkt dann alles recht erzwungen und will nicht so recht zum restlichen Film passen. Das ist dann halt nur banaler Splatter. Schade. Dafür ist das Ende dann aber hübsch konsequent geworden.

Während sich Adrián García Bogliano sich zunächst die Zeit nimmt, seinen Film und die Figur des Aram ruhig und unaufgeregt aufzubauen, haut er im letzten Dritten vielleicht etwas zu kräftig auf den Putz. Da kippt dann sein cleverer und von einer gewissen Leichtigkeit geprägter Thriller in eine deftige Schlachtplatte, welche vielleicht die einen jubeln und die anderen sich die Hand vor die Stirn schlagen lassen.

Die Blu-ray besitzt ein sehr ordentliches Bild. Nur am Anfang stört ein leichtes Ruckeln, was aber auch am Ausgangsmaterial (einen Drohnenflug) liegen kann. Ansonsten beseht kein Grund zum Meckern. Der Ton ist sehr effektiv eingesetzt und nutzt alle Lautsprecher. Besonders schön ist dies bei den klassischen Klavierstücken, welche sehr voll und voluminös klingen. Die deutsche Synchro ist eher „na ja“, hier ist der O-Ton definitiv zu bevorzugen. Auf einer weiteren Tonspur befindet sich der (englische) Audiokommentar, allerdings ohne Untertitel. Neben einem Musikvideo, gibt es noch drei Featurettes. In „A Diabolical Joke“(25 Minuten) erzählt der Kameramann sehr interessant und detailreich von seiner Arbeit. In „Behind Every Weak Man“ stellen die weiblichen Darstellerinnen den Film und ihre Rollen vor und in „The Mephisto Waltz“ berichtet Sealtiel Alatriste davon, wie es dazu kam, dass er den Soundtrack komponieren durfte.

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Das Bloggen der Anderen (14-11-16)

bartonfink_type2– Schwanenmeister informiert auf Negative Space über das Radio-Hörspiel „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“, welches mit Bela B. und Oliver Rohrbeck (unter anderem) zugkräftig besetzt wird, und bei dem neben dem legendären Rainer Brandt auch der wunderbare Christian Keßler seine Feder im Spiel hatte.

– Einer der für mich besten und interessantesten deutschen Regisseure ist Roland Klick, der es leider nur auf eine Handvoll Filme brachte, die allerdings alle sehenswert (oder mehr) sind. „Supermarkt“ ist und bleibt einer meiner Lieblingsfilme. Gregor Torinus stellt auf Hard Sensations den Mann und sein Werk vor.

– Lukas Foerster widmet sich auf Dirty Laundry nicht nur Hubert Franks Film „Vanessa“, sondern auch dem ganzen Phänomen deutscher Erotikfilm der ausgehenden 70er Jahre.

– Michael Brandtner beschäftigt sich auf Freude am Film mit G.W. Pabsts „Westfront 1918“ und klopft ihn auf die These ab, dass Pabsts Film gelungener als „Im Westen nichts Neues“ sei.

– Udo Rotenberg untersucht auf Grün ist die Heide den deutschen Tourismusfilm und nimmt sich als einen der ersten Prototypen Hans Deppes „Unter Palmen am blauen Meer“ vor.

– Oliver Armknecht interviewt auf film-rezensionen.de den Regisseur Sebastian Hilger, dessen Sci-Fi-Mystery-Film „Wir sind die Flut“ derzeit überall sehr positiv besprochen wird. Außerdem stellt er den indischen Thriller „Psycho Raman“ vor, der eindrucksvoll zeigt, dass Bollywood nicht nur Drama und Musik ist, sondern auch finstere Themen kann.

– Thomas Ressel schreibt auf Daumenkino über Chan-Wook Parks neuen Film „The Handmaiden“.

– Lucas Barwenczik stellt auf B-Roll die Filme des irischstämmigen Regisseurs und Drehbuchautors John Michael McDonagh vor. Patrick Holzapfel mit einem kurzen Nachruf auf den großen Leonard Cohen.

– Auf dem Blog des frischgebacken Gewinner des Siegfried-Kracauer-Stipendiums Patrick Holzapfel, Jugend ohne Film, schreibt sein Kollege Rainer Kienböck über den neuen Film von Woody Allen und das DOK Leipzig Festival.

– Von der DOK Leipzig 2016 berichtet auch Lukas Stern auf critic.de

– Romano Scavolini ist (leider) immer noch ein Regisseur, der hierzulande – wo man in der Regel nur seinen „Nightmare in a Damaged Brain“ kennt – entdeckt werden muss. L’amore in città leistet dazu einen beitrag und stellt seinen avantgardistischen Mafiafilm „Servo suo“ von 1973 vor.

– Christian entdeckt auf Schlombies Filmbesprechungen das Werk Mario Bavas. Darunter auch unbekanntere Werke wie „Vampire gegen Herakles“ und „Eine Handvoll blanke Messer“.

– Heiko Hartmann schreibt auf Allesglotzer über Duccio Tessaris eher ungewöhnlichen Giallo „Das Messer“, besser bekannt als „Blutspur im Park“, der ihm ausgesprochen gut gefallen hat.

– Ich liebe es einfach. Mauritia Meyer von Schattenlichter war mal wieder unterwegs. Bei ihren Ausflügen zu diversen Filmfestival hat sie immer mal wieder hier und dort einen Zwischenstopp eingelegt und kurzerhand alle Drehorte des Grusel-Giallos „Die rote Dame“ mit Barbara Bouchet aufgesucht. Die wundervolle Bildgalerie findet man hier.

– Sean S. Cunnighams „Freitag, der 13.“-Nachfolger „A Stranger is Watching“ war mir bisher gänzlich unbekannt. Dank Oliver Nöding und seinem Blog Remember It For Later habe ich jetzt zumindest mal etwas darüber gelesen. Vom Alice-Cooper-Vehikel „Monster Dog“ des berüchtigten Claudio Fragasso kannte ich zumindest das Cover. Werde ich mir als alter Alice-Fan auch irgendwann mal anschauen. Vielleicht gefällt er mir ja sogar besser als Oliver. Immerhin mag ich ja auch das stumpfe „Raise Your Fist and Yell“-Album.   Zudem sei hier auch auf das Buch „Sauft Benzin, ihr Himmelhunde“ hingewiesen, bei dem Oliver Co-Autor ist.

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DVD-Rezension: „Ausgeburt der Hölle“

ausgeburtEine außerirdische Intelligenz will im Alleingang die Erde erobern. Dazu will es zunächst die Gedanken der Tiere und der nicht ganz so klugen Menschen kontrollieren. Sein Raumschiff geht in der Ödnis der kalifornischen Wüste nieder. Dort hält sich die Familie Kelley gerade so mit ihrer Dattelplantage über Wasser. Besonders die Frau des Hauses, Carol (Lorna Thayer) leidet unter der schlechten Lage und der Einsamkeit so weit draußen. Ihr Frust entlädt dabei sich immer wieder an der Tochter Sandra (Dona Cole). Und dann gibt es noch „Er“, ein stummer Farmarbeiter (Leonard Tarver) der in einem Schuppen lebt. Bald schon kommt es zu unerklärlichen Vorfällen: Die Tieren greifen die Menschen an! Als der Nachbar der Kelleys seiner Kuh zum Opfer fällt, versucht Familienvater Allan Kelley (Paul Birch) Hilfe zu holen…

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Ausgeburt der Hölle“ ist eine jener 50er-Jahre-Billig(st)-Produktionen, die Roger Cormans Ruf als einfallsreicher und effizienter Produzent festigten. Der Film macht große Versprechungen – laut Originaltitel soll er von einer „Bestie mit einer Million Augen“ handeln – die natürlich nie eingehalten werden. Die titelgebende „Ausgeburt der Hölle“ stellt sich als niedliche Puppe heraus, die keine 50cm groß ist. Die „Millionen Augen“ als telepathische Fähigkeiten, die sich aber nur auf Tiere und geistesschwache Menschen anwenden lässt. So fällt „Ausgeburt der Hölle“ dann prinzipiell mehr in die Rubrik Tierhorror, auch wenn hier nur Vögel (fast immer offscreen), eine Kuh, ein Hund und der merkwürdige Typ im Schuppen unter den Einfluss einer teuflischen, außerirdischen Intelligenz fallen. Dabei kann man dann erleben, dass Kühe sich wahrlich nicht besonderes für Grusel und Schrecken eignen. Ebenso wenig wie Hunde, die freudig mit dem Schwanz wedeln, wenn sie angeblich Menschen bedrohen.

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Das fehlende Budget merkt man an allen Ecken und Enden. Dass der sinistere Außerirdische als Ausgangspunkt für seine Invasion keine Großstadt, sondern ein gottvergessenes Fleckchen Erde irgendwo im Niemandsland wählt, ermöglicht es Corman und seinen „Einmal und nie wieder“-Regisseur David Kramarsky – von Haus aus eigentlich Produzent – das Ganze als Kammerspiel mit sehr reduziertem Personal zu drehen. Die Darsteller bemühen sich dann auch redlich, die dünne Geschichte und die teilweise haarsträubenden Dialoge mit einem souveränen Ernst zu füllen. Allerdings lässt sie dabei das von Tom Filer verfasste Drehbuch ein ums andere Mal im Stich. So wird die Mutter zunächst als frustrierte Ehefrau mit eifersüchtigem Hass auf die Tochter eingeführt, nur um diesen potentiell spannenden Konflikt schnell wieder zu vergessen. Der Vater darf das Hohelied auf die amerikanischen Familienwerte anstimmen und dass er seine Frau und Tochter allein mit einem unheimlichen Kerl, der der Tochter heimlich nachstellt und in seinem Schuppen unzählige Pin-Up-Poster anstarrt, zurücklässt, ist auch weniger glaubhaft.

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Doch um Glaubhaftigkeit geht es hier auch gar nicht, sondern um Ökonomie. Und wie hier mit den nicht vorhandenen Mitteln umgegangen wird, nötigt einem doch einigen Respekt ab. Auch wenn das Resultat eher komisch als gruselig geraten ist. Die schönste Innovation ist es da sicherlich, dass das unheimliche Funkeln in den Augen der unter Einfluss stehenden Tiere, durch einfaches Zerkratzen des Filmmaterials entstand. Und dass der Höhepunkt der außerirdischen Bedrohungsszenarien – ein Angriff tausender Vögel auf einen Pick-Up-Truck – einfach nur erzählt, aber nicht gezeigt wird. Das muss man sich auch erst einmal trauen. Trotz seiner kurzen Spielzeit von nur 75 Minuten muss man „Ausgeburt der Hölle“ allerdings auch einige Längen attestieren, die daraus resultieren, dass man die Zeit mit Elementen des Familiendramas strecken wollte, was leider gar nicht funktioniert.

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Mehr ein faszinierendes Stück Filmgeschichte als ein wirklich guter Film. „Ausgeburt des Bösen“ ist ein Paradebeispiel für die Ultra-Low-Budget Filme der 50er, für das Schüren von falschen Erwartungen durch Titel und Werbung, sowie der Kunst ohne Geld doch irgendwie einen Film auf die Beine zu stellen. Für den geneigten Filmfreund daher durchaus interessant.

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Der Film ist als Nummer 4 in der Anolis-Reihe „Die Rache der Galerie des Grauens“ erschienen. Die Bildqualität ist erstaunlich gut. Viel besser, als es der Film eigentlich verdient. Was die Extras angeht, so hat Anolis dem Film gleich zwei Audiokommentare spendiert. Einen mit Wicked-Vision-Chef Daniel Peree und Ingo Strecker. Und der zweite mit Dr. Rolf Giesen. Neben der deutschen Kinofassung ist noch die amerikanische Kinofassung enthalten, die sich beide minimal voneinander unterscheiden. Der „Bonus“ der deutschen Fassung ist es vor allem, dass sich hier die leuchtenden Augen der besessenen Tiere finden, welche durch ein zerkratztes Negativ entstanden. Ferner gehören zu den Extras noch eine animierte Bildergalerie mit seltenem Fotomaterial, sowie der deutsche und der amerikanische Trailer zum Film. Ein 16-seitiges Booklet von Ingo Strecker mit vielen Abbildungen und interessanten Hintergrundinformationen runden die Veröffentlichung ab.

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„35 Millimeter“-Magazin: Ausgabe 17 erhältlich

35mm-17Das neue „35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin“ ist nun käuflich zu erwerben. Titelthema ist das britische Kino. Hierzu habe ich diesmal einen längeren Artikel über die sogenannte „Sadean Trilogy“ (das sind die Filme „Das schwarze Museum“, „Der rote Schatten“ und „Augen der Angst“) und die damalige Zensur-Situation, in der sie entstehen konnten, verfasst.

Übrigens, wer sich es sich zutraut und einmal selber einen Artikel für das „35 Millimeter Retro-Filmmagazin“ schreiben möchte, kann sich gerne an mich (als stellvertretenden Chefredakteur) oder direkt ans Magazin unter info@35mm-retrofilmmagazin.de wenden.

TITELSTORY: BRITISH CINEMA

– Eine kurze Geschichte der Filmförderung in Großbritannien.
– Alexander Korda – Ein Ungar mischt die britische Filmindustrie auf.
– Augen der Angst – Britanniens Psycho.
– THE PRODUCT OF A DISEASED MIND – Die „Sadean Trilogy“ der Anglo-Amalgamated und die britische Filmzensur.
– The Archers Rundgang durch das Werk.
– GAINSBOROUGH PICTURES – Wo Frauenherzen höher schlugen und Alfred Hitchcock deutsch lernte.
– British New Wave und Tony Richardson Von Spülbecken-Realismus und zornigen, jungen Männern.
– Margaret Rutherford – Die Grande Dame des britischen Kinos.

DAS WERK EINES MEISTERS IST ZU ENTDECKEN Friedrich Wilhelm Murnau – Teil 3: Ein Dichter, der einem Schatten nachjagt.

RUBRIK: ORIGINAL & REMAKE – Ben Hur

RACHE IST SÜSS Der frühe Rape-Revenge-Film

OPFERGANG UND IMMENSEEZeugen einer gefährlichen Zeit

DIE RACHE DER GALERIE DES GRAUENS Schrei wenn der Tingler kommt & Ausgeburt der Hölle

KOLUMNE: CINEMAZZURRO – Der Kampf um Troja (1961)

OLIVE THOMAS – Eine Moritat aus den frühen Tagen Hollywoods  – Teil 3: Skandal in Paris

Heft #17 kann man HIER für € 4,00 zzgl. Versand beziehen.

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Das Bloggen der Anderen (07-11-16)

bartonfink_type2– So, Stifte fallen lassen, zurücklehnen und lesen. Heiko Hanel hat für Hard Sensations ein langes und sehr interessantes Interview mit Dominik Graf geführt, bei dem auch ausführlich auf die neusten Filme „Am Abend aller Tage“ und „Zielfahnder: Flucht in die Karpaten“ eingegangen wird.

– Passend darauf weist schwanenmeister auf negative space darauf hin, dass die neuste Ausgabe des Magazins „Revolver“ aus einem sehr, sehr langen Gespräch besteht, an dem auch viele Autoren aus dem Hard Sensations-Umfeld teilnahmen.

– Normalerweise verlinke ich auf nichts, was nicht im weitesten Sinne „Blog“ ist . Daher behelfe ich mir hier mal mit einer Krücke und erwähne, dass Christoph Hochhäusler auf seinem Blog Parallel Film auf ein Interview verlinkt hat, welches er mit dem Musikexpress zum Thema Genrekino in Deutschland führte.

– Nochmal Dominik Graf: Simon Kyprianou bespricht auf Die Nacht der lebenden Texte dessen Polizeiruf-Folge „Some on the Water“.

– Christian Witte hat ja letzte Woche schon auf den „Heimatfilme“-YouTube-Kanal hingewiesen. Lukas Foerster stellt nun auf Dirty Laundry den dort zu findenden Film „Höllische Liebe“ von Geza von Cziffra vor.

– Ebenfalls weiter mit dem Output des „Heimatfilm“-Kanals beschäftigt sich auch wieder Christian Witte selber in seinen Wöchentlichen Tipps.

– Harald Mühlbeyer berichtet für B-Roll von den Hofer Filmtagen. Während ihn Thomas Stillers „Die Haut der Anderen“ trotz interessanter Prämisse enttäuscht hat, gefiel ihm der neue Film von Chris Kraus, „Die Blumen von Gestern“, sehr gut. Sehenswert ist wohl auch die Doku „Frank Zappa: Eat That Question!“ von Thorsten Schütte. Rochus Wolff schreibt über die Magie imaginärer Freunde in Kinderfilmen.

– Auf seinem eigenen Kinderfilmblog stellt Rochus Wolff drei seiner Meinung nach besonders sehenswerte Kinderfilme vor. Da spitze ich schon mal die Feder und schreibe mit…

– Lukas Stern war für critic.de auf dem DOK Leipzig.

– Bedingt filmrelevant, doch da der Musiker vor allem als beliebter und einflussreicher Regisseur bekannt ist, möchte ich hier auf einen Konzert-Bericht von Christian Genzel auf seinem Blog Wilsons Dachboden hinweisen. Denn bei dem Musikus handelt es sich um niemand geringeren als John Carpenter.

– Klingt gut. „Wir sind die Flut“ ist ein SciFi-Mystery-Drama aus deutschen Landen und hat Oliver Armknecht von film-rezensionen.de sehr gemundet.

– Interessant, aber auch herausfordernd klingt auch der japanische Film „Forma“ von Ayumi Sakamoto, über den Yavuz Say auf Schneeland schreibt.

– Nach China verschlägt es diesmal david von Whoknows presents. Er hat sich den Film „Frühling in einem kleinen Haus“ von 1948 vorgenommen und sich sehr ausführlich mit diesem spannenden Kleinod beschäftigt.

– Den muss ich auch mal wieder gucken: Sergio Martinos Okkult-Giallo „Die Farben der Nacht“ (irgendwie vergesse ich bei dem ständig die Handlung – macht nix, kann ich den halt öfter mal gucken). Funxton fand den jedenfalls prima.  Ebenfalls bei funxton zu finden: Eine spannende und wie ich finde überraschende Interpretation des tollen Austro-Thrillers „Ich seh, ich seh“. Sehr lohnenswert.

„Harte Ziele“ im Doppelpack gibt es bei JackoXL auf Die drei Muscheln.

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Blu-ray-Rezension: “Der Pirat von Shantung”

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Ma Yung Cheng (Cheng Kuan-Tai) ist ein armer Bauernsohn aus der Provinz Shantung, der mit seinem Freund Hsiao Chiang-pei (Cheng Kang-Yeh) nach Shanghai kommt, um hier sein Glück zu machen. Hier geraten sie schnell zwischen die Fronten, denn die Stadt ist zwischen den beiden Gangsterbossen Yang (Nan Chiang) und Tan Sze (David Chiang) aufgeteilt. Der böse Yang nutzt die „vier Meister“, um seinen Teil der Stadt unter der Knute zu halten. Als Ma Yung Cheng einen der Meister besiegt, ist der Konflikt vorprogrammiert. Tan Si hingegen ist ein ehrenvoller Gangster und wird schnell zum Vorbild für Ma. Nachdem Ma ihn mit seinen Kampfkünsten und seiner unerschütterlichen Ehre beeindruckt hat, überlässt ihm Tan Si ein kleinen Teil seines Gebiets. Ma klettert die Gangsterkarriere-Leiter schnell herauf und ist sehr beliebt. Doch Yang schmiedet bereits einen teuflischen Plan, um Ma Yung Cheng und Tan Si für immer loszuwerden.

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

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Mit „Der Pirat von Shantung“ startete Cheng Kuan-Tai seine langlebige Karriere bei den Shaw Brothers. Zuvor auf kleine Neben- und Statistenrollen beschränkt, konnte der hochtalentierte Kämpfer nun in seiner ersten Hauptrolle zeigen, dass er locker einen ganzen Film allein tragen kann. Wobei er hier noch prominente Hilfe in Gestalt von David Chiang bekommt. Dieser spielt die kleine, aber sehr prägnante Nebenrolle eines Gangsterbosses, der dem von Cheng Kuan-Tai gespielten Ma Yung Cheng als Idol und Vorbild dient. Gegenüber dem sehr physischen, bodenständigen Cheng Kuan-Tai, der einen stoischen, rauen Schauspielstil mitbringt, hebt sich David Chiang nicht nur durch seine extrem geschmackvolle Kleidung und ein gewinnbringendes Lächeln hervor. Wenn es daran geht, Füße und Fäuste zu schwingen, so ist es eine Freude beiden zuschauen. Wobei Cheng Kuan-Tais Stil kraftvoller und athletischer wirkt, während Chiang mehr geschmeidig und tänzerisch daherkommt. Für die Rolle des Ma Yung Cheng kann man sich kaum einen besseren als Cheng Kuan-Tai vorstellen, der mit stoischer Wucht und einer gewissen bäuerlichen Naivität durch Shanghai pflügt. Die damals ausgesprochen populären Darsteller David Chiang und Ti Lung wären hier vollkommen fehl am Platze gewesen, Allenfalls Alexander Fu-Sheng könnte man sich noch als „Pirat von Shantung“ vorstellen, aber dessen Zeit war noch nicht gekommen.

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„Der Pirat von Shantung“ war eine der erfolgreichsten Produktionen der Shaw Brothers und legte den Grundstein zu einer ganzen Flut von Filmen, die sich mit Aufstieg und Fall eines Gangsterbosses beschäftigten. Cheng Kuan-Tai selber sollte noch im selben Jahr wieder auf die Straßen von Shanghai zurückkehren, um im Sequel „Der Mann mit der Tigerpranke“ nochmals einen aufstrebenden Gangsterboss zu spielen. Trotz der epischen Dauer von 130 Minuten schafft es der Film, durch ein durchgehend hohes Tempo keine große Längen aufkommen zu lassen. Positiv fällt dabei auf, dass die Story nicht primär dazu dient, einzelne Kampfszenen miteinander zu verbinden, sondern sich diese organisch aus der Handlung ergeben. Was aber nicht heißen soll, dass die Kämpfe nicht spektakulär wären. Besonders in Erinnerung bleibt der exotische Kampf zwischen Cheng Kuan-Tai und dem riesigen Italiener Mario Milano, der schon ein wenig den legendären Fight zwischen Bruce Lee und Kareem Abdula Jaba in „Bruce Lee – Mein letzter Kampf“ vorweg nimmt. Herzstück ist aber das 15-minütge Finale, welches zu den blutigsten, brutalsten und spektakulärsten Schlachtszenen gehört, die je in den Shaw Brothers Studios entstanden sind. Hier spritzt der rote Lebenssaft als ob damit das ganze Studio undekoriert werden sollte. Und Cheng Kuan-Tais Ma Yung Cheng beweist Nehmerqualitäten und Steh-Auf-Mentalität, die ihres Gleichen sucht.

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Regisseur Chang Cheh teilte sich bei diesem Film den Regiestuhl mit Choreograph Hsueh Li Pao (wobei auch der spätere Regiesuperstar John Woo hier als Regieassistent beteiligt war, ebenso wie der später berüchtigte Viel- und Billigfilmer Godfrey Ho). Angeblich schoss Chang Cheh aufgrund seines engen Terminkalenders nur die Nachtszenen, während er die Tagszenen seinem, in den Titeln unerwähnten, Co-Regisseur überließ. Auch wenn dem so sein sollte, „Der Pirat von Shantung“ ist ein echter Chang Cheh geworden. Nicht nur, was das blutige Todesballett und die routiniert-stilsichere Inszenierung angeht. Auch liegt Chang Chehs Fokus wieder mehr auf den Männerfreundschaften, als auf der hastig eingeflochtenden Liebesgeschichte, die sich nie wirklich entwickelt. Was sehr schade ist, denn mit Li Ching hatte man eine gute und charismatische Darstellerin zur Hand. Hier wird sie aber auf den Status eines dekorativen Ausstattungsstückes reduziert. Lediglich in einer Szene, wenn unser Held in einem Bordell zu sehr dem Alkohol frönt und seine Geliebte in eine der dortigen Damen hinein imaginiert, wird überhaupt darauf Bezug genommen, dass sich dort zarte Bande bilden. Sehr viel sorgfältiger wird da die gegenseitige Faszination zwischen Ma Yung Cheng und dem „guten“ Gangster Tan Sze thematisiert, ja romantisiert. Ebenso wie die brüderliche Liebe zwischen Ma Yung Cheng und seinem besten Freund Hsiao Chiang-pei, der von dem auf diese Art von Rollen spezialisierten Kang-Yeh Cheng gespielt wird.

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„Der Pirat von Santung“ gehört nicht nur zu den erfolgreichsten Filmen des fleißigen Shaw Brothers Studios, sondern katapultierte den bis dahin unbekannten Cheng Kuan-Tai in die erste Liga der Kung-Fu-Stars. Zurecht, denn der Film liefert nicht nur die Blaupause für unzählige Nachahmer, sondern steuert zielsicher und trotz seiner Länge ausgesprochen kurzweilig einem extrem blutigen Finale zu, welches zu den spektakulärsten seiner Gattung gehört.

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Wie immer ist „Der Pirat von Shantung“ in der empfehlenswerten „Shaw Brothers Collector’s Edition“-Reihe als Blu-ray/DVD-Kombo erschienen. Das Bild der Blu-ray lässt keine Wünsche offen. Neben der alten deutschen Kinosynchronisation, ist noch eine 2. deutsche Synchronisation von 2005 mit dabei. Die alte deutsche Kinofassung war damals um satte 40 Minuten Handlung erleichtert worden. Wie das dann aussah, kann man man sich hier ebenfalls anschauen, denn die Kinofassung wurde auf Basis des neuen HD-Masters rekonstruiert und ist auf der Scheibe ebenfalls enthalten. Die Stellen, die damals für die deutsche Kinofassung nicht synchronisiert wurden, werden auf der „Kinofassung-Tonspur“ mit der Zweisynchronisation von 2005 aufgefüllt, was recht irritierend wirkt, da die Unterschiede echt deutlich zu hören sind. Bis auf ein Booklet mit Aushangfotos und Trailern gibt es keine weiteren Extras.

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Das Bloggen der Anderen (31-10-16)

bartonfink_type2– Das wichtigste Thema der Woche ist bevorstehende Vernichtung des deutschen Filmerbes. Vielleicht ist das etwas hart ausgedrückt, denn immerhin soll das Material ja vorher noch digitalisiert werden. Doch alle Experten sind einig: Analoge Filme müssen analog bewahrt werden. Frédéric Jaeger schreibt auf critic.de über die deprimierenden Hintergründe. Sonja M. Schultz berichtet von den Hofer Filmtagen und verreisst nebenbei Werner Herzogs neuen Spielfilm.

– Alex Matzkeit stellt auf real virtuality das Langfilmdebüt seines Freundes Sebastian Mattukat vor.

– Patrick Holzapfel berichtet auf Jugend ohne Film weiterhin von der Viennale, die eins seiner liebsten Filmfestivals ist. Allerdings gibt es auch „Störungen“.

– Manfred Krug ist tot. Einen kurzen, aber schönen und persönlichen Text hat Christoph Hochhäusler auf Parallel Film geschrieben.

– Lucas Barwenczik schreibt auf B-Roll darüber, wie problematisch Technologiekritik im Kino und in Serien ist.

– Es ist immer wieder faszinierend, wie viele interessante Filme das vielgescholtene deutsche Nachkriegskino hervorgebracht hat, die heute fast vollständig aus dem Gedächtnis verschwunden sind. Gut, dass es Udo Rotenberg und seinen Blog Grün ist die Heide gibt, der sich dieses Missstandes annimmt und diesmal Wolf Rillas Film „Die zornigen jungen Männer“ von 1960 vorstellt.

SDB-Film erinnert daran, dass es auch immer wieder gute Genrefilme aus Deutschland gibt. Und das nicht erst seit gestern. 2010 kam z.B. „Rammbock“ in die Kinos und ins Fernsehen. Sidney Scheringist von „dem kleinen Fernsehspiel“ des ZDF noch immer sehr angetan.

– Vom Filmemacher Axel Ranisch habe ich bisher noch keinen Film sehen können, er steht aber mit seinem deutschen Mumblecore hoch im Kurs. Abspannsitzenbleiber konnte er mit seinem vierten Spielfilm „Alki Alki“ begeistern.

Etwas vorhersehbar, aber trotzdem recht gelungen finden Morgen Luft von Cinematographic Tides das Langfilmdebüt „Schrotten!“ von Max Zähle, der bereits für seinen Kurzfilm „Raju“ oscar-nominiert war.

– Aktuell sorgen zwei deutsche Genre-Filme für Furore: „Der Nachtmahr“ und „Wild“. Völlig zurecht findet auch Oliver Armknecht von film-rezensionen.de

– Mauritia Meyer stellt auf Schattenlichter einen der besten italienischen Thriller der 70er Jahre vor: „Der Tod trägt schwarzes Leder“.

– Überraschung! Mel Gibson hat wieder einen neuen Film gedreht und laut funxton ist „Blood Father“ auch so richtig gut geworden.

– Matthias Holm macht sich auf Die Nacht der lebenden Texte viele Gedanken über den Meta-Horror „Cabin in the Woods“. Und Volker Schönenberger entdeckt „Dracula in Pakistan“.

– Candyman, Candyman, Candyman, Candyman, Candym..! Oliver Nöding auf Remember It For Later mit einigen klugen Gedanken zu Bernhard Roses Horrorfilm-Klassiker.

– Er hat seit seiner Premiere vor 28 Jahren kaum etwas an Aktualität eingebüßt: John Carpenters „Sie leben!“, den totalschaden auf Splattertrash noch einmal bespricht.

– Christian Witte weist auf Witte’s wöchentliche Tipps auf den sehr interessanten Youtube-Kanal „Heimatfilme“ hin, welcher der Kineos GmbH gehört, „die offiziell aus dem KirchMedia-Bestand lizensierte Versionen von Filmen wie „Komm mit zur blauen Adria“, „Holiday in St. Tropez“, „Sterne über Colombo“, „Die Gefangene des Maharadscha“, „Klassenkeile“ oder „Zwanzig Mädchen und die Pauker“ in recht fixer VÖ-Rate hochladen. Außerdem ist die Qualität MAZ-tauglich bis ausgezeichnet, was dem hiesigen Leser einige Freudentränen abringen dürfte.“

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Bericht vom 23. Internationalen Filmfest Oldenburg – Teil 2

ol16_bAm zweiten Tag in Oldenburg stieß mein Weird-Xperience-Kollege Stefan zu mir und unser ähnlicher Filmgeschmack sorgte dafür, dass wir größtenteils dieselben Vorstellungen besuchten. Den Anfang machte ein walisischer Film im „Studio“. Ein Kino, welches ich bisher nicht kannte, und das seit diesem Jahr in der Kulturetage, gleich neben dem cineK, zu finden ist. Dafür wurde der Raum, in dem sich vor zwei Jahren noch die VIP-Lounge des Filmfestes befand, umgebaut. Man merkt deutlich, dass der sehr geräumige Raum ursprünglich nicht als Kino gedacht war, denn das Kino macht einen ähnlich „improvisierten“ Eindruck wie die Spielstätte im Theaterhof oder in der Exzerzierhalle. Aber die gerade im Gegensatz zur Exzerzierhalle sehr intelligent angebrachten Sitzreihen erlauben nicht nur einen hervorragenden Blick auf die große Leinwand, sondern sind auch sehr bequem. Etwas, was man durchaus zu schätzen weiß, wenn man im „Studio“ drei Filme hintereinander anschaut.

Regisseur Euros Lyn hat mit The Library Suicides seinen ersten Kinofilm realisiert. Vorher hatte er eine „Sherlock„- und diverse „Dr. Who“- und „Daredevil„-Episoden inszeniert. Das merkt man dann auch, da dem Film eine eigene Handschrift fehlt, und er tatsächlich auch stark an eine Folge einer ambitionierten TV-Serie erinnert. Das ist alles sehr professionell gemacht und schön fotografiert, aber sticht dabei nicht wesentlich aus ähnlich gelagerten, kompetent gefilmten Thrillern hervor. Punkten kann „The Library Suicides“ aber mit seinen wirklich lebendigen und liebenswerten Charakteren. Insbesondere Catrin Stewart spielt die optischen identischen, aber charakterlich sehr unterschiedlichen Zwillinge einfach sensationell gut. Aber auch Dyfan Dwyfor als sympathischer, etwas chaotischer Nachtwächter ist absolut liebenswert und lädt den Zuschauer ein, mit ihm mitzufiebern.

Der Film handelt von Weiterlesen

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Bericht vom 23. Internationalen Filmfest Oldenburg – Teil 1

ol16_aWie jedes Jahr, zog es mich auch in diesem September wieder in das schöne Oldenburg. Das mittlerweile 23. Internationale Filmfest rief, und ich folgte dem Ruf nur allzu gerne. Und der Ruf war in diesem Jahr ungewöhnlich laut. Festivalleiter Torsten Neumann war ein schier sensationeller Coup gelungen. Ließen die bisherigen Stargäste des Festivals vor allem cineastisch interessierte Besuchern das Wasser im Munde zusammenlaufen, hatte er diesmal einen absoluten Megastar an die Ems locken können: Nicolas Cage. Böse Zungen werden nun behaupten, dass Herr Cage seine glanzvolle Zeit schon lange hinter sich hätte und nun mit billigen, direkt für das Heimkino produzierten Filmchen seine Brötchen verdienen muss. Diejenigen vergessen allerdings, dass Nicolas Cage mit dem richtigen Regisseur und einem guten Drehbuch noch immer ein grandioser Schauspieler ist. Und die Filme, in denen er dem Affen ordentlich Zucker gibt, sind gerade auch wegen ihm immer noch unterhaltsam. Dieser sehr schöne Text von Thorsten Bruns bringt es gut auf den Punkt. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

Auf jeden Fall sorgte Cage sowohl für positive, wie auch zumindest diskutierbare Begleiterscheinungen. Positiv sind auf jeden Fall die Schlagzeilen, die das Filmfestival Oldenburg damit auch überregional machte und der daraus resultierende, gewaltige Enthusiasmus in der Stadt. Überall hörte man die Menschen über Cage sprechen, und natürlich machten auch die Filmemacher in den Frage-und-Antwort-Runden immer wieder Bemerkungen über den Superstar. Und vor allem: Die Leute strömten ins Kino! Die Filme mit Nicolas-Cage-Beteiligung waren im Nu ausverkauft. Und das färbte auch auf das restliche Programm ab. Erstmals passierte es mir, dass mein sorgsam zusammengestellter „Guck-Plan“ in sich zusammenbrach, weil die Karten im Vorverkauf alle weg waren. Das war für mich persönlich zwar in diesem Fall negativ, aber für das Filmfest natürlich klasse. Und da ich hier einmal an der Abendkasse noch erfolgreich war und dort auf interessante Alternativen ausweichen konnte, war es am Ende auch gar nicht so schlimm.

Diskutierbar ist die übermächtige Strahlkraft eines Nicolas Cage, die beispielspielweise die nicht minder großartige Amanda Plummer (die eigentlich nirgendwo in der Berichterstattung mehr auftauchte) vollkommen in den Schatten stellte. Und auch der junge französische Filmemacher Christophe Honoré, dem die Retrospektive gewidmet war, bekam dadurch nicht die Plattform, die er verdient hätte. Das ist schade, aber am Ende dürfte die Freude über die gelungene Werbung und die Zuschauerzahlen überwiegen. Wie immer, war ich nur zwei volle Tage anwesend. Freitag und Samstag. Ersteren musste ich noch ganz allein bestreiten, da mein Weird-Xperience-Kompagnon erst am Samstag dazustoßen sollte, und ich am Freitag leider auch sonst kein bekanntes Gesicht erblicken konnte. Also stürzte ich mich zunächst allein ins Getümmel und machte mich auf Richtung Casablanca.

The Noonday Witch von Jiri Sádek ist eine tschechische Psychodrama-Horrorfilm-Melange. Eine alleinstehende Mutter zieht mit ihrer kleinen Tochter in jenes Dorf, aus der ihr Ehemann stammt. Wo sich dieser aufhält, erfährt man zunächst nicht. Die Mutter behauptet ihrer kleinen Tochter gegenüber, er würde zu Ostern zurück kommen. Doch man kann rasch erahnen, dass dies nicht stimmt. Tatsächlich Weiterlesen

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