Nachbetrachtung zum 9. Bremer Filmfest

Das Filmfest Bremen war bislang nie so recht auf meinem Schirm. Dies hatte mehrere Gründe. Als es noch im Cinemaxx stattfand, ging die erste Ausgabe nur 24 Stunden, in der darauf folgenden waren es dann immerhin zwei Tage. Mit der dritten Ausgabe wechselte man in die Schauburg – bis heute das Herz des Festivals – und war dann schon bei drei Tagen. Inhaltlich sah es ähnlich, aber doch auch anders aus. In den ersten Ausgaben wurden nur Filme von oder mit Bremer Filmschaffenden, Filme mit Bremen als Drehort oder inhaltlichem Bremen-Bezug gezeigt. Darunter waren Spielfilme, Kurzfilme, Dokumentationen, Experimentelles und neue filmische Formate. Nach ein, zwei und drei Tagen, war man beim vierten Filmfest logischerweise bei vier Tagen angekommen. Das war 2018 und die Spielstätten beschränkten sich jetzt nicht mehr auf die Schauburg, sondern beinhalteten auch auf das Atlantis und das Theater am Goetheplatz. Vom ursprünglichen Konzept, nur Filme zu zeigen, die aus Bremen stammen, in Bremen oder von Bremern/mit Bremer Beteiligung gedreht wurden, wurde im Kern nicht abgerückt – aber es wurde deutlich erweitert. Ab jetzt gab es nämlich auch eine international ausgeschriebene Wettbewerbssparte zum Thema Humor und Satire. Was logisch ist, denn bei vier Tagen wird man das Programm nicht mehr mit rein bremischen Produktionen füllen können. Und Humor kommt ja immer gut an.

Cinema Ostertor

In dem Jahr war ich dann auch tatsächlich das erste Mal selber auf dem Filmfest. Nur einen Tag, aber immerhin. Wenn ich heute meinen Bericht von damals lese, dann wurde an einigen Punkten, die ich damals kritisierte, in den folgenden Jahren stark gearbeitet. Allerdings verlor ich das Filmfest zu dem Zeitpunkt aus den Augen. Was auch daran lag, dass die fünfte Ausgabe 2019, wie die vorherigen auch, im September stattfand. Ein Monat, der bei mir schon mit dem Oldenburger Pendant belegt ist. 2020 wurde das Filmfest aufgrund der Pandemie auf das Frühjahr (wo das Filmfest seitdem immer stattfindet) 2021 geschoben. 2022 und 2023 habe ich es leider – trotz des für mich sehr viel günstigeren Termin – komplett versäumt. Vielleicht saß da der Schock noch tief, was 2021 mit dem renommierten Bremer Filmpreis angestellt wurde.

Dies hat sich dieses Jahr komplett geändert. Denn in diesem Jahr waren Stefan und ich mit unserer Reihe Weird Xperience ein Teil des Filmfests. Das hat nicht nur eine Menge Spaß gemacht, sondern uns auch ein paar Einblicke gegeben, die mein Bild vom Filmfest Bremen ausgesprochen positiv geändert haben. Das fing schon bei den Vorgesprächen an, die sehr angenehm und freundschaftlich waren, sodass man sich gleich willkommen gefühlt hat. Auch die Organisation und Kommunikation war klasse. Wir haben uns zu keiner Sekunde irgendwo alleingelassen gefühlt, sondern immer sehr gut aufgehoben.

Atlantis

Wenn man sich näher mit dem Filmfest beschäftigt, dann entdeckt man schnell, dass hinter allem durchaus ein Konzept steckt, welches Sinn macht. Es gibt mehrere Sparten: „Retrospektive (für den jeweiligen Träger des Bremer Filmpreises)“, „Humor/Satire“, „Innovation“, „Deutschland Premiere“ und „Bremen und Umzu“. Letzteres quasi der Nukleus, aus dem einst das Filmfest entstand. Bis auf die Sparte „Deutschland Premiere“ gibt es in allen Sparten auch mehrere Kurzfilmblöcke (5 für Humor/Satire, 4 für Innovation und 3 für Bremen & Umzu), die jeweils thematisch zusammengefasst wurden. Überhaupt Kurzfilme: Schaut man auf das Programm, so nehmen sie den Großteil des Filmfests ein. Neben den Blöcken in den genannten Reihen gab es dieses Jahr nämlich auch noch drei Kurzfilmwettbewerbe: „Der Werder-Kurzfilmwettbewerb“, den „WFB-Kurzfilmpreis“ und „klappe! 48h Kurzfilm-Wettbewerb“. In Anbetracht dessen, dass Kurzfilme sonst keine allzu große Lobby haben und im Grunde genommen nur auf Festivals laufen, ist dies nichts schlechtes.

Aber zurück zu den Sparten. Diese sind im sehr umfangreichen Programmheft farblich voneinander abgetrennt, was – wenn man einmal das Prinzip verstanden hat – die Übersichtlichkeit erleichtert. Da Kurzfilm und Langfilme allerdings gleichbehandelt werden, also den selben Raum einnehmen, kann das auf den ersten Blick in seiner überbordenden Fülle auch überfordern. Ein Bekannter sagte mir, er habe einen Blick in das Programmheft geworfen und aus eben jenem Grunde auch schnell wieder zugeklappt. Beklagte ich noch 2018, die mehr als spärlichen Informationen im Programmheft, so ist es nun fast anders herum. Aber wie gesagt – hat man sich erst einmal eingelesen und das Prinzip hinter der Gestaltung verstanden, dann macht das alles sehr viel Sinn.

Schauburg

Was mir noch aufgefallen ist: Die Bewerbung. Im Gegensatz zu anderen „kleineren“ Filmfestivals wie Oldenburg, Nordische Filmtage Lübeck oder Filmfest Emden-Norderney scheinen hierbei nicht wirklich die Filme im Vordergrund zu stehen. In diesem Jahr, wie auch in den vergangenen Jahren, habe ich im Vorfeld und in der Presseberichterstattung wenig bis nichts vom Filmfest Bremen mitbekommen. Bis auf den Träger des Filmpreises und die Eröffnungsgala. Man hat fast das Gefühl, das Filmfest selber ist der Star, nicht die Filme, welche das Filmfest ausmachen. Und wenn der prominente Gast dann abgereist ist, dann gäbe es auch nichts mehr zu berichten. Dazu passt, dass in diesem Jahr im Weser Kurier (und bis auf Branchenblättern auch sonst, soweit ich das nach einer kurzen Internet-Recherche beurteilen kann) kein Nachbericht stattfand, in dem die Namen der Gewinner*innen der Wettbewerbe bekannt gemacht wurden. Diese wurden von den Medien scheinbar als nicht so wichtig erachtet, wie eine umfassende und erschöpfende Berichterstattung darüber, dass John Malkovich für zwei Tage in der Stadt war. Das ist aus mehreren Gründen bedauernswert. Einmal für die Filmemacher*innen selber, und dann natürlich wären es natürlich schön, wenn neben dem Spektakel auch die Filme noch einmal in den Fokus rückten. Die Gewinner*innen findet man übrigens auf dem Instagram- oder Facebook-Account des Filmfests, und ich werde sie im Nachgang auch noch einmal in einem anderen Posting auch noch einmal erwähnen.

Denn dies ist gerade deshalb so schade, weil die Filmauswahl wirklich superb war. An dieser Stelle ein ganz dickes Kompliment an die Programmleitung des Filmfestes und die Sichtungskommissionen. Alle Filme, die ich sah, waren mindestens gut, oftmals auch mehr als das. Von Bekannten, die dieses Jahr ebenfalls erstmals so richtig auf dem Filmfest waren, wurde mir ähnliches berichtet. Auch dort war man mit der Qualität der gezeigten Filme mehr als zufrieden und wird auch im nächsten Jahr definitiv wieder dabei sein. Zu den Filmen werde ich auch noch einen separaten Post machen. Es ist irgendwie wie immer in Bremen: Es gibt viele tolle und auch großartige Dinge – aber sie werden Dir nicht auf dem Silbertablett gereicht. Man muss sie schon selber finden. Aber die Suche lohnt sich immer. Wie eben auch beim Filmfest Bremen. Welches nebenbei auch eine wichtige Netzwerk-Funktion erfüllt. Schaut man einmal über den Tellerrand – in meinem Fall den „Publikumsteil“-, so entdeckt man in Hülle und Fülle Veranstaltungen für Filmemacher*innen und generell Menschen aus der Branche, bei denen sie sich informieren und fleißig Netzwerken können.

Alles in allem freue ich mich nun wirklich schon sehr auf das nächste Filmfest im März 2025. Dann Gottseidank auch nicht parallel zur Jazzahead. Was nicht nur mir das Leben leichter macht. Dieses Jahr hat man meiner Ansicht nach sehr stark gemerkt, dass sich zwei durchaus ähnliche Groß-Veranstaltungen mit internationalem Anspruch doch arg Konkurrenz machen. Einerseits bei der Berichterstattung (da hatte die Jazzahead die Nase vorne) und damit der öffentlichen Wahrnehmung, als auch beim Publikum – von dem ich aus eigener Beobachtung sagen kann, dass es mindestens bei der Jazzahead-Clubnight starke Überschneidungen in der Zielgruppe gibt. Aber da hat man wohl gelernt, und ich blicke ausgesprochen positiv auf das dann 10. (!) Filmfest Bremen, welches vom 19. bis 23. März 2025 stattfinden wird.

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