Blu-ray-Rezension: „Graf Zaroff – Genie des Bösen“

Der junge amerikanische Großwildjäger Rainsford (Joel McCrae) findet sich nach einem Schiffsbruch auf einer geheimnisvollen Insel wieder. Zuflucht findet er in einer alten Festung, in welcher der russische Graf Zaroff (Leslie Banks) sein Refugium hat. Überrascht muss Rainsford feststellen, dass er nicht Zaroffs einziger Gast ist. Die schöne Eve (Fay Wray) und ihr alkoholkranker Bruder Martin (Robert Amstrong) sind ebenfalls nach einem Schiffbruch hier gestrandet. Zaroff selber entpuppt sich als fanatischer Jäger, der – wie er selbst sagt – sich auf das gefährlichste Tier der Welt spezialisiert hat. Bald schon dämmert Rainsford, was oder vielmehr wer damit gemeint ist…

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

Es ist schon eine etwas undankbare Aufgabe, wenn man über einen Film schreibt, den jeder Filmliebhaber kennt (oder zumindest kennen sollte). Was soll man schreiben, was nicht schon bekannt ist? Dass „Graf Zaroff – Genie des Bösen“ aka „The Most Dangerous Game“ quasi ein “Abfallprodukt” der weitaus größeren Produktion “King Kong” ist, mit der er sich nicht nur die Dschungel-Kulissen, sondern auch Darsteller, Produzenten und Hauptregisseur teilt. Dass die Dreharbeiten zeitgleich – sozusagen nach Feierabend – zu “King Kong” stattfanden? Oder dass der Film unzählige andere Filme inspirierte, die ihn mehr oder weniger offen kopierten, In beinahe jedem Jahrzehnt gab es „Menschenjagd-Filme“, in denen dekadente Jäger ihr menschliches Wild jagten. In den 90ern waren Van Damme in John Woos „Harte Ziele“ oder Ice-T in „Surviving the Game“ die bedauernswerten, aber ziemlich wehrhaften Opfer einer solchen Treibjagd. In den 80ern gab es den australischen „Turkey Shot“. In den 70ern „Open Season“ In den 2000ern wurden in Japan Schüler aufeinander losgelassen, die sich gegenseitig jagen mussten („Battle Royale“) und wahrscheinlich ließ sich auch Robert Sheckly von „The Most Dangerous Game“ zu seinen Kurzgeschichten „The Seventh Victim“ und „The Prize of Peril“ inspirieren, auf denen wiederum die Filme „Das 10te Opfer“, „Kopfjagd – Preis der Angst“ oder das legendäre „Das Millionenspiel“ entstanden. Selbst Jess Franco verfilmte 1974 mit „La Comtesse perverse“ seine Version der Geschichte und nannte die Antagonistin dann auch „Gräfin Zaroff“. Diese Liste könnte noch lange fortgeführt werden. „The Most Dangerous Game“ war die Blaupause und hält sich auch heute noch besser oder zumindest genauso gut, wie seine Nachfolger.

Dass „The Most Dangerous Game“ auch 2019 noch so frisch wirkt, liegt einerseits an seiner angenehmen Kürze, die sich gar nicht erst die Zeit nimmt, um sich mit irgendetwas anderem als der schlanken Handlung auseinanderzusetzen. Dementsprechend ist auch das Tempo, welches „The Most Dangerous Game“ an den Tag legt. Eine kurze Exposition, dann das Zusammentreffen aller wichtigen Figuren in Zaroffs unheimlichen Schloss – und schon geht die Treibjagd los, die dann auch flott und mit viel Gespür für Timing umgesetzt wird. Es folgt ein schnelle Finale und ehe der Zuschauer Zeit zum Luftholen hat, ist der Film schon vorbei. Mit einer Länge von gerade mal 63 Minuten ist „The Most Dangerous Game“ ein typischer B-Film. Ursprünglich lief er mal 10 Minuten länger, doch allzu grausame Szenen in Zaroffs Trophäenraum ließen der Legende nach die Testzuschauer reihenweise den Kinosaal verlassen, was zu Kürzungen führte. Trotzdem ist der Film für seine Entstehungszeit recht gewagt, da der berüchtigte Hays-Code damals noch nicht verpflichtend war. Mit dem „großen Bruder“ “King Kong“ hat er neben den oben aufgeführten Überschneidungen vor allem auch die einzigartige Atmosphäre gemeinsam, welche die Dschungelszenen in diesem wie jenem Film auszeichnet und unvergesslich macht. Eine permanent düster-bedrohliche Stimmung, die aus dem Dschungel ein gefährliches Albtraumland macht, in dem alles passieren kann. Und welche beide Filme ziemlich klar im Horrorgenre verankert.

Der noch sehr junge Joel McCrae ist die ideale Verkörperung des aufrechten Amerikaners. Auch wenn er durchaus ein Seelenverwandter Zaroffs ist und sich diesem sicherlich ohne mit der Wimper zu zucken angeschlossen hätte, ginge es darum das letzte lebende Exemplar einer aussterbenden Spezies jagen. Nur die Jagd nach Menschen geht ihm ein wenig zu weit und übersteigt seinen moralischen Horizont. Davon abgesehen brüstet er sich ebenso arrogant mit seinen „Abschüssen“ und Fähigkeiten zum kaltblütigen Töten, wie es auch Zaroff tut. Zaroff erkennt in ihm also zurecht eine verwandte Seele. Der britische Bühnenschauspieler Leslie Banks personifiziert diesen Zaroff perfekt als Mann zwischen Wahnsinn und maßloser Eitelkeit. Zwar ist seine deutsche Synchronstimme sehr gut, doch nur in der Originalfassung kann Banks vollkommen glänzen. Sein arroganter, selbstverliebter und dabei auch leicht tuckiger Ton, der im Original mit einem weit weniger dicken russischen Akzent gesprochen wird, gibt perfekt auch die homoerotische Spannung zwischen ihm und McCrae wieder. Da bedarf es gar nicht der berühmten Szene in der McCrae in eine Art Lederkorsett gesperrt, um zu verstehen, dass Zaroff in ihm mehr als nur einen Kollegen sieht. Banks überaus interessantes Gesicht, welches durch eine halbseitige Lähmung einen unverwechselbaren, bedrohlichen Eindruck bekommt, ist da nur noch die zusätzliche Sahne auf der Torte. Demgegenüber verkommt die schöne Fay Wray fast zur nett anzuschauen Beigabe. Aber nur fast. Gekrönt wird dieses kleine Meisterwerk durch die kongeniale Musik Max Steiners, die wie der Film selber, großen Einfluss auf das Genrekino hatte.

Ein unverzichtbares Meisterwerk, dessen Glanz bis in unsere heutige Zeit strahlt und unzählige Nachfolger inspiriert hat. Die Handlung beschränkt sich auf das Nötigste und rauscht in schlanken 62 Minuten durch, lässt aber trotzdem Freiräume für Interpretation und baut gerade in den beeindruckenden Dschungel-Sets eine unheimlich-morbide Atmosphäre auf.

Die Blu-ray von Wicked Vision präsentiert den Film in der bestmöglichen Qualität. Zwar kommt es hier und dort zu altersbedingten Schäden und kurzen Laufstreifen, aber besser wird man diesen fast 90jährigen Film vermutlich nicht zu sehen bekommen. Zudem machen diese „Mängel“ auch gar nichts aus, denn das Bild ist größtenteils recht scharf. Auch der Ton weiß zu überzeugen. Die deutsche Synchro aus den 70ern ist gut mit vertrauten Sprechern, wobei ich allein aufgrund von Leslie Banks einmaliger Diktion immer die Originaltonspur (welche selbstverständlich mit an Bord ist) vorziehen würde. Bei den Extras bin ich etwas zwiegespalten: Rolf Giesen spricht das Intro, ist bei beiden Audiokommentaren dabei (einmal solo und einmal mit Kai Naumann), darf ein fünfminütiges Videoessay über die Remakes (bei dem er vieles auslässt) und schlussendlich noch ein sechsminütiges über den Film selber einsprechen. Das ist ziemlich viel Rolf Giesen, und ich glaube unterschiedliche Blickwinkel wären hier nicht nur abwechslungsreicher, sondern auch spannender gewesen. Wobei ich nicht verhehlen möchte, dass ich bei vielen seiner Einschätzungen und Kommentaren auch nicht einer Meinung mit ihm bin. Vor allem liegt mir noch immer sein berüchtigter Cronenberg/Himmler-Vergleich im Magen, den er in einem schrecklichen Pamphlet gegen den modernen Horrorfilm 1990 in seinem ansonsten empfehlenswerten Buch „Sagenhafte Welten. Der phantastische Film“ vom Stapel ließ. Dies hat aber nichts mit „The Most Dangerous Game“ zu tun, den er gewohnt kenntnisreich kommentiert, auch wenn sich hier und dort kleine Fehler einschleichen (nein, Steiners Score war nicht der erste durchgängige). Dass es dabei immer wieder zu Wiederholungen kommt, liegt auch in der Natur der Sache. Dass Giesen seine altväterlichen Vorurteile leider bis heute nicht abgelegt hat, merkt man spätestens, wenn er augenzwinkernd (?) feststellt, dass die Jugend von Heute durch die ganzen Killerspiele am PC irgendwann selbst zu kleinen Zaroffs werden. Da schüttelt es einen dann doch wieder – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen „Gamer-Debatte“ im Zuge des Verbrechens von Halle. Ein absoluter Lichtblick ist dahingegen das wundervolle Booklet von Clemens G. Williges (sein Text liegt dabei sowohl auf Deutsch als auch in einer englischsprachigen Übersetzung vor). Hier mag ich voreingenommen sein, da ich Clemens als Chefredakteur (und quasi meinem Chef) der 35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin kenne. Doch ich muss gestehen, dass mich das Booklet trotzdem sehr angenehm überrascht hat. Meiner Meinung nach, ist das Beste, was Clemens bisher geschrieben hat. Hut ab! Sehr informativ, gut verständlich und gegliedert, und vor allem sehr kurzweilig ohne dabei irgendwelche müde Witzchen zu bemühen, wie man es gerade bei Booklets oftmals vorfindet. Große Klasse. Wie überhaupt die ganze liebevolle Veröffentlichung.

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Das Bloggen der Anderen (11-11-19)

– Und voraussichtlich zum letzten Mal Berichte vom DOK Leipzig. Kurzkritiken von Studierenden der Uni Hildesheim zu Dokumentarfilmen aus dem Iran, Venezuala, Österreich und dem Havelland gibt es auf critic.de. Und Anne Küper teilt Beobachtungen zum Symposium „Wem gehört die Wahrheit?“ mit.

– Und auch auf kino-zeit.de ist die DOK weiterhin Thema. Kais Harrabi schreibt über die Retrospektive beim Dokumentarfilmfestival DOK Leipzig, in der es darum ging wie BRD und DDR sich auch im Dokumentarfilm immer wieder aneinander abgearbeitet haben. Ein wenig Klatsch zwischendurch: Katrin Doerksen über Michael Ende vs Bernd Eichinger bei „Die unendliche Geschichte“. Und noch einmal Katrin Doerksen, diesmal mit einer Klick-Strecke über die einflussreichsten Filmkritiker und -kritikerinnen aller Zeiten.

– Oliver Armknecht hat auf film-rezensionen.de Roland Emmerich zu seinem neusten Film und den Bayrischen Filmpreis für sein Lebenswerk befragt.

– Schöne Idee: Die Top 5 des Kinojahres 1979 mit Kommentar durch Filmlichtung.

– Die verborgene Komödie nach 2000: In der Reihe „Hidden Smiles“ spüren Jugend ohne Film dem utopischen Potenzial des Lachens in diesem Jahrtausend nach. Rainer Kienböck stellt die Filme der Reihe vor.

– Guido Rohm probiert auf Hard Sensations eine Annäherung an „Mandy“ (auch wenn ich mit seiner Beschreibung vom Schauspieler Cage nicht konform gehe).

– Sven Safarow schreibt auf Eskalierende Träume über die große Nutzlosigkeit und die Natur der Dinge in „The Mechanic“ von 1972.

– Mehr Mel Gibson in Action-Altersrollen fordert Oliver Nöding nach der Sichtung von „Get the Gringo“ und „Blood Father“ auf Remember It For Later. Außerdem habe ich mir jetzt „A Walk Among Tombstones“ ins Notizbüchlein geschrieben, den ich immer für einen formelhaften Actioner hielt. Scheinbar weit gefehlt.

„Tanz der Dämonen“ lachte mich immer in der Videothek an. Aber dabei ist es auch geblieben. Kein großer Verlust, wenn ich Heiko von Allesglotzer Glauben schenken kann.

Die seltsamen Filme des Herrn Nolte nimmt sich Bertrand Mandicos „The Wild Boys“ vor, über den ich hier demnächst auch einige Zeilen verlieren werde.

– Nach dem grandiosen Meisterwerk „Parasite“ kann man ruhig noch einmal an Bong Joon-hos große internationale Produktion „Snowpiercer“ erinneren. So, wie es totalschaden auf Splattertrash tut.

– Viele Filme mit Kurzkritik gibt es bei Kozure Okami.

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Blu-ray-Rezension: „Dark Waters“

Die junge Engländerin Elizabeth (Louise Salter) reist in die Ukraine, um ein auf einer entlegenen Insel befindliches Nonnenkloster zu besuchen. Nach dem Tod ihres Vaters hatte sie nämlich herausgefunden, dass er dieses Kloster jahrelang mit größeren Geldsummen bedacht hat. Elizabeth will nun herausfinden, was hinter dieser Sache steckt. Im Kloster angekommen, muss sie erfahren, dass ihre bereits vorgefahrene Freundin Theresa (Anna Rose Phipps) verschwunden ist. Von Visionen und Erinnerungen geplagt, freundet sich Elizabeth mit der jungen Nonne Sarah (Venera Simmons) an, die ebenfalls versucht der Rätseln des Klosters auf den Grund zu gehen, Dabei scheint es, dass die anderen Nonnen unter der Führung ihrer blinden Mutter Oberin (Mariya Kapnist) einem geheimnisvollen Kult angehören…

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

Als ich Mariano Bainos „Dark Waters“ irgendwann Mitte der 90er das erste Mal sah, ging ich fest davon aus, dass er Teil einer neuen Generation von Genre-Regisseuren werden würde, die das Genre in den nächsten Jahren prägen sollten. So, wie es 20 Jahre zuvor Carpenter, Romero, Craven, Hooper und Cronenberg taten. Den kurz zuvor hatte mich damals auch Anthony Wallers zwei Jahre später entstandener „Mute Witness“ begeistert, Soavi hatte zwei Jahre zuvor „The Sect“ gedreht und sollte ein Jahr später den wundervollen „Dellamorte Dellamore“ folgen lassen. Mit „Thesis“ startete 1996 eine Welle spanischer Genrefilmen in deren Fahrwasser man sich auch gut Produktionen der obenen genannten Regisseure hätte vorstellen können. Leider wurde daraus nichts. Wallner drehte noch eine mit Computereffekten überladene „American Werewolf“-Fortsetzung, danach folgten im Abstand von 9 Jahren noch zwei Filme und seit 2009 kam dann aber nichts mehr, Soavi wechselte zum italienischen Fernsehen, Baino drehte nach „Dark Waters“ keinen einzigen Film mehr. Lediglich die Spanier sorgen bis heute dafür, dass immer wieder außerordentlich von der iberischen Halbinsel zu uns schwappt, auch wenn dies eher ein permanenter, mal mehr mal weniger Starker Strom und keine Welle ist.

Schade, denn „Dark Waters“ offenbart auch heute noch alle Qualitäten, die ausreichen sollten, um Kultstatus zu erlangen. Auch erweist sich Baino als talentierter Handwerker, der seine großen Vorbilder (ganz klar Argento) gut studiert und verstanden hat. Doch vielleicht kam „Dark Waters“ damals einfach zur falschen Zeit. Das Horrorgenre war nach seinem letzten Höhepunkt Mitte der 80er tot. Gefragt waren Thriller im „Schweigen der Lämmer“-Fahrwasser. Die italienische Genre-Produktion lag in den letzten Zügen, die Großmeister konnten nicht mehr an ihre früheren taten anknüpfen, was Argento im selben Jahr als „Dark Waters“ entstand in die USA trieb, wo ihm allerdings auch kein Erfolg gegönnt war. Der große, klassische Horrorfilm – ihn gab es kaum noch irgendwo und war auch nicht mehr sonderlich gefragt. Und in diesen Zeitgeist hinein, produzierte Baino diese Mischung aus Okkult-Schocker, Nunploitation und Lovecraftschen Schreckens. Die dann ohne kommerziellen Erfolg blieb und in der Versenkung verschwand. Eine deutsche Veröffentlichung gab es bisher nicht, und ich selber sah den Film damals auf einer Import-VHS aus England. Bis auf ein paar Genre-Spezis erinnerte sich keiner mehr an diesen Film. Doch langsam und stetig gewann er über die Jahre an Reputation und Fans. Trotzdem blieb er ein Geheimtipp. Laut OFDb gab es bisher aber nur in den USA eine DVD-Veröffentlichung.

Baino gelingt es die Schwächen, die der Film offenkundig hat, in Stärken umzuwandeln. Da kein Geld zur Verfügung stand, wurde irgendwo in der Ukraine gedreht, wo man einige Einheimische als Nebendarsteller verpflichtete. Dies trägt aber zu der seltsamen, unwirklichen Stimmung bei, die in „Dark Waters“ vorherrscht. Alles wirkt fremd, aber echt. Wenn sich Elizabeth auf ihre Reise macht, hat man tatsächlich das Gefühl, sie würde nicht nur zu einem einsamen Ort am Ende der Welt, sondern auch in der Zeit reisen. Die zerknitterten Gesichter der Nebendarsteller erzählen Geschichten, über die eigentliche Geschichte hinaus. Auch dass das Drehbuch an einigen Stellen nicht viel Sinn macht, trägt zu einer traumgleichen Atmosphäre bei. Katapultiert den Film in eine unheimliche „Nicht-Welt“, jenseits unserer Rationalität.Die Britin Louise Salter spielt in ihrer Rolle als Elizabeth eine wenig gegen ihre Mitspieler an. Sie wirkt wie jemand, der frisch von der Schauspielschule kommt und sich jetzt beweisen will. Was durchaus auch möglich ist, war „Dark Water“ doch Salters erster Film, dem allerdings nicht mehr sehr viel folgen sollte. Immerhin scheint sie ab und zu in unregelmäßigen Abständen kleine Rollen in TV-Serien zu übernehmen. Dass sich Louise Salters Spiel nicht wirklich in das Ensemble – welches scheinbar aus Laien besteht, haben doch einige Akteure nur diesen einzigen IMDb-Eintrag, passt aber sehr gut zu ihrer Rolle als Eindringling von außen, der nicht in diese Welt gehört und eine Fremde bleibt.

Baino hat seine Vorbilder gut studiert. Im typischen 90er-Jahre-sepia-goldenen Ton zitiert er Filme wie „Hexensabbat“, diverse Nonnen-Gruseler ala „The Other Hell“, die geheimnisvollen, prophetischen Malereien, wie sie bei Argento und Fulci vorkommen, Surreale Kreuzungsszenen wie in den italienischen „Exorzist“-Rip-Offs. Vermischt wird dies mit vielen Lovecraft-Einflüssen. Am Ende gibt es dann auch ein kosmisches Grauen, welches vielleicht etwas enttäuschend ausfällt (möglicherweise hätte es Baino besser bei einer bloßen Andeutung gelassen). Wie oben bereits geschrieben ist „Dark Waters“ kein Film, der sich durch eine besonders clevere und logische Handlung auszeichnet, sondern einer, der sich ganz auf die von ihm kreierte Atmosphäre verlässt. Dem unheimliche, kraftvolle Bilder wichtiger sind, als der ausgefeilte Dialog. Und hier spielt Baino seine ganze Stärke aus. Unvergessen zum Beispiel die kreuzunheimliche (und für den Film eigentlich komplett irrelevante) Szene, in der Elizabeth aus dem Bus heraus einige Kapuzenmänner mit brennenden Fackeln neben dem Fahrzeug und in einem Feld laufen sieht. Man mag sich gar nicht ausmalen, was da von Baino vielleicht noch gekommen wäre, hätte er die Chance erhalten weitere Langfilme zu drehen. So bleibt einem nur, den entgangene Chancen nachzutrauern und sich an seinem einzigen Spielfilm „Dark Waters“ zu erfreuen.

Vielleicht nicht der ganz große vergessene Klassiker, aber ein starker Beitrag aus der Spätzeit des italienischen Genre-Kinos, der unter anderen Umständen vielleicht eine Renaissance hätte einläuten können. Eine lohnende Wiederentdeckung.

Wicked Vision Media hat „Dark Waters“ eine Rundum-glücklich-Edition spendiert, die sich sehen lassen kann. Die Blu-ray glänzt mit einem nahezu perfekten Bild, welches sehr scharf, detailreich und mit sattem Schwarz daherkommt – und gleichzeitig dem Werk seinen „Film-look“ lässt. Also überhaupt nicht aufpoliert und seelenlos wirkt. Besser geht es eigentlich nicht. Auch der Ton ist sowohl im englischen Original (welches ich aufgrund der verschiedenen, authentischen Akzente der Akteure bevorzuge) und der neu erstellten deutschen Synchronisation ebenfalls sehr voll und stimmig. Was die Extras angeht, so hat Wicked Vision hier den ganz großen Sack aufgemacht und den Käufer – offensichtlich in enger Zusammenarbeit mit Regisseur Mariano Baino mit einem wahren Füllhorn an Boni beschenkt. Die Blu-ray beginnt dann auch gleich mit einer kurzen Einführung des Regisseurs. Dann befindet sich auf der Scheibe noch fünf spannende Featurettes. In vier davon beleuchtet Baino sein Leben, seine Einflüsse und die schwierigen Dreharbeiten. Dies zusammen läuft ganze 45 Minuten. Zusätzlich gibt es noch ein recht interessantes Video-Essay mit Pelle Felsch, der den Film filmhistorisch einordnet und analysiert. In vier weiteren Promo-Features spricht dann wieder Baino über seinen Film. Trailer und Bildgalerien runden das Bild ab. Nicht zu vergessen, der Audiokommentar, den Baino mit dem italienischen Filmproduzenten Michele De Angelis eingesprochen hat und bei dem man deutsche Untertitel zuschalten kann. Derartig erschlagen hätte ich fast die zweite DVD in diesem Mediabook übersehen, da ich glaubte, man hätte den Inhalt der Blu-ray auf zwei DVDs aufgeteilt. Doch die Extras der Blu-ray befinden sich auch komplett auf der ersten DVD, während die zweite weiteres Bonusmaterial enthält. Hier findet man ein weiteres, langes Making-Of namens „Deep Into the Dark Waters“, welches stolze 48 Minuten dauert, sowie zwei weitere, kürzere Einblicke in die Entstehung des Filmes, Blooper und Deleted Scenes. Damit aber noch immer nicht genug! Weiterhin gibt es drei (!) Kurzfilme Bainos zu bewundern, die zwischen 13 und 20 Minuten laufen. Zum längsten, „Caruncula“, gibt es ein Intro des Regisseurs, zum Kürzesten „Never Ever After“ ein Making-Of (!!), welches einen Tick länger als der Film selber ist (!!!). Und wer dann immer noch nicht genug bekommen kann, der kann sich dann noch ein von Baino gedrehtes Musikvideo ansehen. Bildgalerien zu zwei der Kurzfilme gibt es auch, sowie ein zweiminütiges Vorwort von Baino. Ufff… soviel Dienst am Kunden ist selten und daher ein dickes Dankeschön an Wicked Vision und Mariano Baino, dass dieses fette Paket so liebevoll geschnürt wurde. Habe ich noch etwas vergessen? Ja, das 48-seitige deutsch-englische Booklet. Hier schreibt zunächst David Renske in dem für ihn typischen, blumig-hippen Stil, der nicht wirklich so meine Sache ist, über den Film. Dann folgt eine Kurzgeschichte, die quasi das Prequel zum Film darstellt. Der Autor wird nicht explizit genannt, ich vermute mal es war auch Renske. Kann man mal machen, ich persönlich fand es etwas überflüssig. Schön dann die Einordnung des Filmes in die Zeit der Entstehung, die Michele de Angelis (siehe Audiokommentar) vornimmt. Und zu guter letzte gibt es noch Nachdrucke der Storyboards und Konzeptzeichnungen. Wer da noch meckert, dem ist nicht mehr zu helfen, Eine perfekte Veröffentlichung, die von der hohen Qualität her sogar den Jungs von Bildstörung die Stirn bietet.

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Das Bloggen der Anderen (04-11-19)

– Auf Schattenlichter gibt es einen umfänglichen Rückblick auf „Terrore a Norimberga“, dem Festival des italienischen Horrorfilms im KommKino Nürnberg. Leider ist mir die Reise nach Nürnberg etwas zu weit, insbesondere in den eh schon Festivalintensiven Tagen, aber mein Weird-Xperience-Kollege Stefan war da und kann die positiven Eindrücke bestätigen.

– Zwei weitere Festivals werden auf critic.de behandelt. Lukas Foerster berichtet vom Antalya Film Festival 2019 und diverse critic.de-Autoren vom DOK Leipzig.

– Andreas Köhnemann erinnert sich auf kino-zeit.de an seine „beautiful traumas“.

– Rouven Linnarz führt auf film-rezensionen.de ein Interview mit dem britischen Dokumentarfilm-Regisseur Nick Broomfield. Und Oliver Armknecht fühlt André Øvredal auf den Zahn, dem Regisseur von Horrorfilm „Scary Stories to Tell in the Dark“ und „The Autopsy of Jane Doe“.

Was wäre wenn, fragt sich Lukas Foerster auf Dirty Laundry angesichts einer unbekannten Statistin in „Nachts, wenn der Schleier fällt“ von 1958.

– Leena M. Peters hat den deutschen Kinderfilm „Invisible Sue“ gesehen und beleuchtet diesen auf Filmlöwin vom feministischen Standpunkt aus.

Ein neuer Film von Quentin Dupieux ist für mich immer ein Grund aufzuhorchen und mich gespannt zu freuen. Bisher wurde ich nur einmal, von „The Wrong Cops“, leicht enttäuscht, fand ihn aber immer noch „geht so“. Den Rest liebe ich (wobei ich sein – nun scheinbar vorletzten – Film noch nicht gesehen habe). Die Besprechung von „Die Wache“ durch Peter Gutting auf Cinestastic lässt das Herz schon mal schneller klopfen.

– Manchmal wunderte ich mich, wie viel Hass und Beleidigungen im Netz zwischen Leuten ausgetauscht werden, die eigentlich auf der selben Seite stehen sollten – nur weil der eine einen Film runter macht, den der nächste gerne mochte. Warum ticken die Leute da so aus? Haben die sonst kein Leben? Natürlich tut es weh, wenn jemand dessen Meinung man respektiert, einen Film scharf kritisiert, der einem selber tief berührt hat… aber hey. Ein Beispiel: Oliver Nöding schreibt auf Remember It For Later über „Arrival“: „ARRIVAL ist halt irgendwie auch ziemlich öde und leblos, er erstickt fast vor Ergriffenheit vor der eigenen angenommenen Bedeutung (so wie seine Figuren vor den Aliens) und verlässt sich viel zu sehr darauf, dass das Herzschmerz-Ende für die vorangegangene Tristesse und Freudlosigkeit entschädigen werde. Zugegeben, der Zirkelschluss ist als Konstrukt wunderschön, aber so wie Villeneuve ihn in Szene setzt, als großen, in Gedanken an all die schluchzend in sich zusammensackenden Zuschauer geradezu triumphal intonierten Tusch, ruft er in mir leider nur Ablehnung hervor.“ Als jemand der zu diesen schluchzend in sich zusammensackenden Zuschauer gehörte und den der Film tatsächlich emotional sehr gepackt hat, schneiden diese Worte natürlich erst einmal ins Herz. Aber andere Menschen, andere Meinungen, und diese hier ist sehr gut begründet und eben KEIN dahingerotztes „Scheissfilm“, wie man es im Netz oftmals liest. Darauf sollte, nein, muss man sich auch einlassen können. Deshalb hier erst recht der Link zur Review. Zudem empfiehlt Oliver zwei Filme, die ich noch nicht gesehen habe. Was im Falle von „Hexen hexen“ natürlich eine Sünde ist, von „Joe“ hab eich schon öfter gehört, dass es sich hier um einen kleinen Geheimtipp handelt.

– Halloween ist zwar vorbei, ich möchte aber trotzdem auf drei Besprechungen auf Die Nacht der lebenden Texte hinweisen, da ich Romeros „Zombie 2“ sehr mag, Lucio Fulcis „Geisterstadt der Zombies“ liebe, und mich „Island of Lost Souls“ kürzlich aus den Socken gehauen hat.

– Bluntwolf schreibt auf Nischenkino über die, in meinen Augen, gelungenste Ed-Gain-Verfilmung ( „Psycho“ klammere ich hier mal ausdrücklich aus): „Deranged“.

– Und zum Abschluss noch etwas deutsches aus den 50er Jahren: „Heute heiratet man Mann“ von Kurt Hoffmann. Vorgestellt von Werner Sudendorf auf new filmkritik.

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Blu-ray-Rezension: „Bewaffnet & Gefährlich“

Mario, genannt Blondie (Stefano Patrizi), Giovanni genannt Joe (Benjamin Lev) und Luigi (Max Delys) stammen aus den gehobeneren Kreisen Mailands. Als sie eines Tages die Idee haben, eine Tankstelle zu überfallen, geht Luigis Freundin Lea (Eleonora Giorgi) zur Polizei, um ihren Luigi vor Dummheiten zu retten. Der diensthabende Kommissar (Tomas Milian) geht von einem Routinefall aus, da Lea ihm verrät, dass die Jungs nur Spielzeugpistolen dabei hätten. Wie sicher herausstellt, ein tödlicher Irrtum. Vor der Tankstelle kommt es zu einem Blutbad. Ohne große Gewissensbisse machen sich die drei Freunde auf die Flucht und legen alle noch vorhandenen Skrupel ab. Eine Spur nackter Gewalt zieht sich durch Mailand…

Eine Unterart des italienischen Polizeifilms ist jene, in der Kriminelle Amok laufen. Man denke nur an Tomas Milian im unfassbaren „Der Berserker“, Helmut Berger als „Der Tollwütige“ oder Joe Dallesandro in „Die grausamen Drei“. Aber auch Jugendliche ohne Liebe und Perspektive sind immer wieder die Antagonisten in diesen Filmen. Im meisterhaften „San Babila, 20 Uhr: Ein sinnloses Verbrechen“ von Carlo Lizzani oder diesem spannenden Thriller hier.

Bewaffnet & Gefährlich“ trifft auf die drei jugendlichen Männer zu, die hier – scheinbar aus Langeweile – zunächst eine Tankstelle überfallen. Und eigentlich ist schon alles geregelt, um den drei Tunichtgut die Leviten zu lesen. Die Polizei ist alarmiert und drückt sich undercover vor dem Zielobjekt herum. Der Tankwart ist instruiert – da können die drei Flegel ruhig kommen. Leider fehlt der Polizei eine wichtige Information: Statt der durch die Informantin angekündigten Spielzeugpistolen, haben die drei echte Schießeisen am Start und machen davon auch Gebrauch. Die Folge ist ein Blutbad, wie es unnötiger nicht sein kann.

Was sind die Motive der drei Jungs? Darauf gibt der Film keine Antwort. Alle drei kommen aus gutem Hause. Geld oder das Milieu kann es also nicht sein. Sind es die Eltern, die ihre Kinder eher als lästig-notwendige Anhängsel sehen, sie alleine lassen und nicht die richtige Liebe angedeihen lassen können? Der (namenlose) Kommissar scheint dies zu glauben und zieht in einer eindringlichen diese zur Rechenschaft. Dies ist aber das einzige Mal, dass der Film offensiv irgendwelche Erklärungsansätze bietet. Der Rest läuft eher subtil ab. Wenn bei einem Überfall ein Bekannter der Drei aus einer befreundeten Gang dem schönen Mario gegenüber andeutet, dieser könne sich mehr für Jungs als für Mädchen interessieren, beantwortet dieser dessen anzügliche Geste mit einer Salve Blei in den Bauch, woraufhin endgültig alles aus dem Ruder läuft. Steckt also Marios verdrängte und von ihm selber als Makel empfundene Sexualität hinter seinen zunehmende skrupelloseren und eiskalten Gewaltausbrüchen? Das kann durchaus sein, doch warum machen Luigi und Giovanni da mit?

Zwischen Mario und Luigi scheint eine sexuell konnotierte Spannung zu herrschen. Mario ist sicherlich an Luigi interessiert. Luigi bewundert Mario sucht dessen Zuneigung und lässt sich und seine Freundin von Mario widerstandslos erniedrigen, Hauptsache er verliert nicht Marios Gunst. Luigi ist einerseits der scheinbar einzige Charakter hier, der so etwas wie ein Gewissen hat, aber auch so schwach, dass er Mario hinterher hechelt und bis auf einige halbherzige Einwürfe nichts dagegen unternimmt, seine beiden Freunde von ihrem skrupellosen Tun abzuhalten. Er schwankt zwischen Angst und dem geilen Gefühl, am Drücker zu sein und mit den Verfolgern Katz und Maus zu spielen. Er weiß, dass das alles falsch ist, aber man fragt sich unwillkürlich, ob es sich für ihn auch falsch anfühlt. Zwischen Mario und Luigi steht Lea. Mario hat ein Auge auf sie geworfen, wahrscheinlich aber, um über sie quasi als Proxy mit dem eigentlich begehrten Luigi Sex zu haben. Lea wiederum scheint von dem gut aussehenden und willensstarken Mario fasziniert, obwohl sie weiß, dass das nicht richtig ist.

Neben dieser Dreiecksbeziehung gibt es noch Giovnni. Ein nervtötender Charakter, der alles lustig findet und mit hysterischem Gelächter und dummen Sprüchen Frauen vergewaltigt und Leute erschießt. Während man bei Mario und Luigi noch der Hauch einer Motivation für ihr Handeln erahnen kann, ist Giovanni ein kaputter Soziopath. Sein permanentes Gegacker soll für ihn vielleicht eine Distanz zu zwischen ihm und seine Opfer schaffen, welche er dann gar nicht mehr als Menschen wahr nimmt. Für Mario ist er eine leicht zu manipulierende Waffe, die allerdings auch mal so losgehen kann. Benjamin Lev spielt diesen Giovanni beängstigend gut. Möglicherweise konnte sich Lev besonders gut mit einem Charakter wie Giovanno identifizieren. Wie in Extras zum Film erzählt wird, geriet er mit dem Gesetz in Konflikt, verschwand noch während der Dreharbeiten kurzerhand im Gefängnis und tauchte danach scheinbar nicht wieder auf. Zumindest findet man in der IMDb nach seiner Mitwirkung bei „Bewaffnet & Gefährlich“ keinerlei Einträge mehr, obwohl er vorher mit Nebenrollen ganz gut im Geschäft war und sogar mit Fassbinder drehte.

Auch dem schönen, aber milchgesichtigen Stefano Patrizi war leider keine große Karriere vergönnt, auch wenn er Anfang der 80er noch einige Hauptrollen in kleineren Produktionen inne hatte. Schade, denn Mario spielt er bravourös mit einer kühlen Distanziertheit, undurchschaubar und mit der richtigen Nuance Wahnsinn, die hinter der nett anzuschauenden Fassade immer kurz vor dem Ausbruch steht. Demgegenüber hat Max Delys als willensschwacher Luigi natürlich die undankbarste Rolle im Ensemble, bringt diese aber ebenfalls überzeugend rüber. Eleonora Giorgi als ist weit mehr als nur ein hübscher Blickfang, sondern verlieht ihrer eigentlich rein funktionalen Rolle Tiefe und eine Seele.

Tomas Milian agiert als namenloser Kommissar ungewohnt zurückhaltend und zeigt, dass er ein weitaus vielseitigerer Schauspieler war, als seine sonstigen Krawallrollen auf den ersten Blick vermuten lassen. Man spürt das Gewicht, welches auf den schultern des Kommissars lastet. Wie er immer wieder die falschen Entscheidungen trifft und letztendlich auch für die erste blutige Tat die Verantwortung trägt, weil er die Situation gnadenlos unterschätzt hat. Dadurch mutiert er aber nicht – wie es wohl bei Kollege Merli der Fall wäre und es eines der Cover dieses Mediabooks andeutet – zum schießwütigen „Kommissar Eisen“, sondern versucht verzweifelt das Schlimmste zu verhindern und irgendwie die Jugendlichen vor sich selbst zu schützen. Als er merkt, dass er hier schon lange versagt hat, spürt man die Trauer und den Weltschmerz hinter seiner coolen Sonnenbrille.

Die Regie von Regie-Veteran Romolo Guerrieri (Bruder von Marino Girolami und Onkel von Enzo G. Castellari und Ennio Girolami.) ist routiniert und frei von überflüssigen Kabinettstückchen. Auf den Punkt inszeniert und mit keinerlei Längen. Andere hätten aus dem Stoff sicherlich eine spektakuläre Nummernrevue gemacht. Bei Guerrieri bleibt die Handlung aber kompakt und aus einem Guss. Seine down-to-earth Inszenierung tut dem Film gut und lässt die sich zunehmend steigernden Gewaltexzesse wirklich unangenehm und schockierend erscheinen.

Der Film ist jetzt ungeschnitten (in der alten deutschen VHS-Fassung fehlten einige Handlungsszenen) bei Cineploit erschienen und das hübsche Mediabook ist wieder eine feine Veröffentlichung geworden. Das Bild ist sehr gut und der deutsche Ton geht in Ordnung. Man merkt ihm zwar an, dass er wahrscheinlich aus einer VHS-Quelle stammt, aber er ist viel besser als bei „E Tanta Paura – Magnum 45“. Der italienische und englische Ton klingt etwas klarer und heller. Auch auf der Seite der Extras kann man sich freuen. Neben einem höchst informativen und reich bebilderten 26-seitiger Bookelt mit Texten von Michael Cholewa und Eugenio Ercolani, befindet sich auf der Scheibe noch das viertelstündige Featurette „Young, Violent, Dangerous“ in dem Akteure und der Regisseur zu Worte kommen. Nicht zu vergessen, der komplette Soundtrack von Enrico Pieranunzi und Gianfranco Plenizio, der allerdings nicht separat beiliegt, sondern von der Blu-ray aus abgespielt werden kann. Selbstlaufende Galerien mit Werbematerial und Setfotos runden das positive Bild ab.

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Das Bloggen der Anderen (28-10-19)

– Lukas Foerster berichtet auf critic.de vom International Antalya Film Festival 2019.

– Noch zwei Nachzügler vom Il Cinema Ritrovato 2019 gibt es auf Daumenkino. Martha Mavrommati schreibt über „Flowers of Shanghai“ von Hou Hsiao-Hsien. Ein Filmmelodrama aus dem Jahr 1998. Angesiedelt in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts im Shanghai der Quing-Dynastie. Lynn Luise Zuber hat sich Ki-young Kim berühmten und oft verfilmten Meisterwerk „The Housemaid“von 1960 angenommen, der zu den bekanntesten und erfolgreichsten südkoreanischen Filmen zählt.

– Bald ist Halloween. Demensprechend widmenen sich sehr viele Blogs dem Thema Horror. Angefangen bei Das Tagebuch der Eule, der „Noroi“ von Kôji Shiraishi empfiehlt., Ein „Found-Footage“-Horrorfilm, der in der Vergangenheit auch schon öfters von Christian Keßler lobend erwähnt wurde, zuletzt in seinem Buch über den Horrorfilm. Ferner bespricht er einen der – wie ich finde – schönsten Horrorfilme der 90er: „Dellamorte Dellamore“, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch, wie ich es würde. Vor allem findet er die Besetzung mit Rupert Everett misslungen, was ich gar nicht verstehen kann: War er doch die Wunschbesetzung von Autor und Regisseur und zudem das Vorbild für „Dylan Dog“, aus dessen Kosmos der Film stammt.

– Noch so ein Lieblingsfilm von mir: „Shivers“ aka „Parasitenmöder“. David Cronenbergs Spielfilmdebüt, den ich schon auf der großen Leinwand mitzeigen durfte und mich dort nachhaltig begeistert hat. Volker Schönenberger schreibt drüber auf Die Nacht der lebenden Texte.

Filmlichtung gibt in der Vor-Halloweenzeit einige Film-Tipps zum Einstimmen, denen ich mich durchaus anschließen kann.

– Und für die Kleineren hat der Kinderfilmblog etwas parat: „Caspar“.

– Nicht unbedingt Halloween-spezifisch, aber für mich ganz interessant, da ich mit dem Film liebäugle, seitdem wir den Vorspann zu den Klängen von Fabio Frizzi live in der Markthalle in Hamburg erleben durften: „Puppet Master – Das tödlichste Reich“. Heiko Hartmanns Review auf Allesglotzer macht mich etwas zwiespältig, allerdings wusste ich vorher tatsächlich nicht, dass S. Craig Zahler das (scheinbar ultra-herbe) Drehbuch geschrieben hat.

– Derzeit wird mir auf Facebook mit ungeheurer Penetranz immer wieder Werbung für „Charlie Says“ in die Timeline gespült. Funxton hat den Film gesehen und findet ihn eher mittelprächtig.

– Endlich mal wieder Lebenzeichen von Hard Sensations. Guido Rohm steuert zwei kurze Beiträge bei. Eine Kurzbesprechung zu „The Wild Boys“ und eine interessante Notiz zu „Joker“.

– Schön viel Bild, schön viel Text. Diese Mischung begeistert mich besonders auf Eskalierende Träume bei André Malbergs Besprechung zu „L’arciere di fuoco“, einem Robin-Hood-Film des Altmeisters Giorgio Ferroni aus dem Jahre 1971.

– Oliver Nöding hat auf Remember It For Later sein Herz für Wakaliwood und “Who Killed Captain Alex?” entdeckt, verteidigt Brian dePalmas neusten Film „Domino“ gegen die zahlreichen Verrisse, erklärt Paul Thomas Andersons „Phantom Thread“ zum Meisterwerk und macht mich sehr neugierig auf „The Lost City of Z“, der hier auch noch ungeöffnet seit dem letzten großen Amazon-Sale herumliegt.

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Blu-ray Rezension: „Uninvited“

Aus einem geheimen Laboratorium entkommt eine Katze, die ein tödliches Geheimnis in sich birgt. Sie wird von der jungen Suzanne (Shari Shattuck) gefunden, die mit ihrer Freundin Bobbie (Clare Carey) und eine Gruppe partyfreudiger junger Männer auf der Jacht des zwielichtigen Geschäftsmanns Walter Graham (Alex Cord) eine Kreuzfahrt unternehmen will. Was sie sie nicht wissen, Graham und seine Helfershelfer Mike Harvey (George Kennedy) und Albert (Clu Gulager) sind skrupellose Kriminelle auf der Flucht vor der Steuerbehörde, welche sie nur als Tarnung nutzen wollen. Als es zu Spannungen an Bord kommt, zeigt auch die Katze ihre wahres Gesicht und bald sind schon ihre ersten Opfer zu beklagen…

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

Nein, ein guter Film ist Greydon Clarks „Uninvited“ nicht. Eher einer von der Sorte, bei dem man sich fragt: Was haben sich alle daran Beteiligten nur gedacht? Als ernstzunehmender Horrorfilm funktioniert „Univited“ genau Null. Zu haarsträubend die Geschichte, zu unfassbar die – um es mal positiv auszudrücken – „eigenwilligen“ Effekte. Allein die Prämisse, dass ein kaltblütig morden lassender Finanzjongleur zwei junge Damen und deren männlichen Anhang mit auf sein Schiff nimmt, damit dies unauffälliger wirkt und nicht von den Behörden durchsucht wird, ist schon recht na ja. Dass eine der in einem Hauch von Nichts (bzw. einem Kleid, welches aussieht, als wäre es einer Riesenkatze in die Klauen gekommen) bekleideten Damen dann noch kurz vor dem Betreten der Luxusjacht ein süßes Kätzchen findet, welches aber in Wirklichkeit eine aus einem viele Kilometer weit entfernten Labor entkommen ist, dazu gehört schon viel Fantasie. Aber gut, irgendwie muss die Geschichte ja ins Rollen gebracht werden.

An Bord angekommen, ändert sich der Intelligenzquoten aller Beteiligten nicht wesentlich. Aber man merkt ihren Darstellern durchaus an, dass sie Spaß haben. Die Veteranen Alex Cord (den ich erst vor zwei Wochen in einer ähnlich wilden Darstellung im kruden Giallo „Das Geheimnis des gelben Grabes“ sehen konnte), George Kennedy (professionell bis zum Autopiloten – der Mann hat solche Rollen eben schon 100x gespielt und muss dafür nicht mal die Augen aufmachen) und Clu Galagher (der seinen Part offensichtlich so ernst nimmt, dass er ihn mit voller Hingabe und Sinn für kleine Ticks gibt) geben ordentlich Gas, ohne ihre Figuren dabei der Lächerlichkeit preiszugeben. Besonders Cord balanciert gekonnt auf der feinen grenze zwischen hemmungslosem Overacting und einem freudigen austesten der Grenzen. Das macht den Film sympathisch, den er unterscheidet sich hier eindeutig von einer „trash pour le trash“ Produktion wie z.B. „Sharknado“. Denn Clark ist ein solider Handwerker und als Drehbuchautor ein Mann mit Sinn für das Absurde. Seine Killerkatze-Mär inszeniert er mit Schwung, aber völlig ohne ironisches Augenzwinkern. Auch wenn der Film vor haarsträubenden Szenen nur so wimmelt.

Das fängt schon bei der Katze an, die so überhaupt keine Gefährlichkeit ausstrahlt und immer wieder gefilmt wird, wie sie sich scheinbar gelangweilt fragt, was die komischen Dosenöffner um sie herum da wohl aufführen. Selbst ihre Inkarnation als Killermietz wirkt nicht besonders unheimlich. Vielleicht auch, weil sie sich dann auf magische Weise in etwas verwandelt, was wie ein vergammelter Putzlappen aussieht. Auch die Monsterkatze, die sie scheinbar erst erbricht, und die dann nach getaner Arbeit in den Katzenkörper zurück schleicht, ist nicht wirklich der Stoff, aus dem Albträume sind. Sondern sieht so aus, wie ein verunglückter Muppets-Show-Statist. Das Drehbuch kann sich jetzt nicht entscheiden, ob und auf welche Weise die Katze kontaminiert, mutiert oder ansteckend ist. Die einen sagen so, die anderen so. Scheinbar lässt ein Biss der „Bestie“ die Adern der armen Opfer anschwellen und platzen. Das passiert aber auch, wenn man einen Snack isst, der in der Nähe der Katze lag. Nicht darüber nachdenken. Wenn die Katze in ihrer bösen Inkarnation am Ende die letzten Überlebenden in einem Rettungsboot wieder und wieder angreift, ist sowieso schon der Ofen aus.

Aber man kann auch positives vermelden. So hat der Film einen sehr schönen Score, der ganz typisch ist für einen Horrorfilm aus den 80ern. Ein repetitives, aber eingängiges Thema mit viel Synthesizer. Die schauspielerischen Leistungen sind, wie die Regie, allesamt solide. Auch wenn die drei Stars natürlich hervorstechen. Mit den beiden Damen (insbesondere Shari Shattuck hat mir gut gefallen) hat man auch zwei Hingucker dabei, die sich zwar etwas prüde geben (keine Nacktheit), aber wie oben beschrieben, unfassbare Klamotten zur Schau tragen. Auch die männlichen Darsteller machen ihre Sache recht gut. Die Kameraarbeit könnte etwas innovativer sein, fällt jetzt aber auch nicht unangenehm auf.

Auch wenn er nicht wirklich gelungen ist: Angesichts der vielen himmelschreiend unlogischen Stellen hat man hier viel zum Schmunzeln und in der richtigen Umgebung mit den richtigen Leuten, kann man mit „Uninvited“ sicherlich gemeinsam viel Spaß haben. „Uninvited“ erschien ursprünglich in CMVs „Trash Collection“ und da passt er auch gut hin.

Die Bildqualität der Blu-ray ist so la-la. Wobei die Direct-to-video-Filme aus den späten 80ern ja immer diesen ausgebleichten, leicht verschwommenen Look hatten. Von daher wird es hier wahrscheinlich auch keine bessere Version geben. Passt auch irgendwie zum schraddeligen Film. Die deutsche Synchro wertet den Film auf, in der Originalfassung kommt es häufiger zu Tonschwankungen, welche aber deutlich an der Aufnahme liegen (sie schwankt bei Schuss und Gegenschuss). Bei den Extras hat man sich mehr Mühe gegeben, als der Film wahrscheinlich verdient hätte. Zwar gibt es kein Featurette, aber dafür einen Audiokommentar von Tom Burgas und Christoph N. Kellerbach, Alternativer Anfang und Ende, sowie fast 8 Minuten Erweiterte / Entfernte Szenen. Das 16-seitige Booklet von Christoph N. Kellerbach ist auch recht gut geworden.

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Blu-ray-Rezension: „Luz“

Seltsame Dingen gehen vor sich. Ein junge Taxifahrerin (Luana Velis) kommt verletzt in ein Polizeirevier. Sie leidet unter Gedächtnisverlust. In einer Bar begegnet der Polizeipsychologe Dr. Rossini (Jan Bluthardt) in einer Bar der geheimnisvollen Nora (Julia Riedler), die ihm seltsame Geschichten über ihre alten Freundin Luz erzählt, die vor Jahren auf einer chilenischen Klosterschule in Teufelsbeschwörungen verwickelt war. Dann wird Dr. Rossinis von der Polizei um Hilfe im Fall der mysteriösen Taxifahrerin gerufen. Wie sich herausstellt, hört diese ebenfalls auf den Namen Luz.

Mittlerweile habe ich den deutsche Hochschulabschlussfilm „Luz“ von Tilman Singer bereits drei Mal innerhalb eines Jahres gesehen. Anlässlich des ersten Males bei der Aufführung beim 25. Internationalen Filmfest in Oldenburg schrieb ich noch, dass „Luz“ ein zweischneidiges Schwert sei. Seine wunderbare Optik und sein grandioses Tondesign nahm mich bereits damals für „Luz“ ein. Ebenso einige wunderschöne Ideen und eine sehr einfallsreich mit den arg limitierten Ressourcen umgehende Regie. Ich bemängelte allerdings, dass das Drehbuch stark herum schlingern würde und man merkt, dass hier noch kein routinierter Profi am Werk war. Gerade die Dialoge fand ich doch größtenteils ausbaufähig. Und besonders stieß mit auf, dass die Figurenzeichnung oftmals auf übertriebene Klischees zurückgreift. Besonders schlimm erschien mit dies bei der Figur der Kommissarin, die im schwarzen Abendkleid und Schulterhalfter herum rennt und ihre Befehle brüllt. Da kippt der Film für meinen Geschmack dann bedenklich in Richtung Schmierentheater. Sehr hart ging ich mit der schauspielerischen Leistung von Julia Riedler ins Gericht. Ich schrieb: „Dies mag in diesem Falle vielleicht sogar gewollt sein (sie ist immerhin von einem Dämon besessenen und kann sich darum „anders“ verhalten), wirkt aber wie Amateurtheater auf niedrigstem Niveau („Bisssu Narzt?“).“

Trotz allem überzeugten mich die Stärken des Filmes mehr, als die Schwächen. Er überzeugte meinen Kollegen Stefan und mich sogar so sehr, dass wir ihn im April innerhalb unserer Kinoreihe „Weird Xperience“ zeigten. Und beim zweiten Sehen waren die Stärken des Filmes noch weitaus intensiver (was sicherlich auch daran lag, dass das Soundsystem im Cinema Ostertor und die Projektion weitaus besser waren, als im provisorisch zum Kino umgestellten Theaterhof mit seinem schwachen Beamer, der immer alle Schwarztöne verschluckt und grünlich abbildet und über einen miserablen Ton verfügt). Auch empfand ich die oben angemerkten Schwächen, als weitaus weniger störend. Ja, mit Julia Riedels, nennen es wir mal eigenwilligen, Darstellung habe ich noch immer meine Probleme. Akzeptiere aber – im Wissen um die weitere Handlung – dass sie sich dabei etwas gedacht hat und das dann konsequent durchzieht. Allein die Figur der Kommissarin liegt mir weiterhin schwer im Magen. Aber das verzeihe ich dem sympathischen – und ebenfalls sehr eigenwilligen – Film gerne.

Auch was das Drehbuch herum schlingern würde muss ich nach der wiederholten Sichtung zurücknehmen. Tatsächlich ist die Geschichte an sich recht gradlinig und nachvollziehbar, wenn auch Ansätze zur Interpretation bleiben. Die ganze Hintergrundgeschichte setzt sich erst nach und nach zusammen, wobei der Zuschauer die einzelnen Hinweise nicht chronologisch serviert bekommt, sondern erst nach Ende des Filmes im Kopf zu einem vollständigen Bild puzzeln kann. Das irritiert zunächst und sorgt für so manches Aha-Erlebnis, wenn man den Film ein zweites Mal sieht. Irritiert ist man wahrscheinlich auch, weil die Figur der Luz überhaupt nicht dem entspricht, was man erwartet. So geht man bei der Erstsichtung noch davon aus, dass Luz ein (wenn auch recht wehrhaftes) Opfer ist. So wird sie auch inszeniert. Tatsächlich verbindet sie aber weitaus mehr mit dem Dämon, als auf den ersten Blick ersichtlich. Was manche zunächst als „schräg“ oder schlimmstenfalls als „unlogisch“ empfundene Sprünge erklärt. Auch hier hilft es sehr, sich entweder im Vorfeld von jeglichen Erwartungen frei zumachen – oder sich mit dem Wissen der Erstsichtung offen einer Zweitsichtung zu nähern. Ein sehr lohnendes Erlebnis, in dem man den Film nicht nur mit anderen Augen sieht, sondern auch viele Details und Hinweise entdeckt, die einem beim ersten Mal entgangen sind.

Während im Vorfeld der Film immer in die „70er“ und „Neo-Giallo“-Ecke gesteckt wurde (und sogar Mario Bava als Reverenz herhalten musste), ist er doch meilenweit davon entfernt und erinnert mit seinem körnigen Bild und der grau-beige-blauen Farbgebung stattdessen sehr angenehm an die rauen, unbehauenen 80er Jahre Horrorfilme mit Underground-Wurzeln. Insbesondere punktet „Luz“ auch mit der sehr guten Hauptdarstellerin Luana Velis, der wirklich atemberaubend tollen Ausstattung, sehr gelungenen Soundtrack und einem Sounddesign, welches auf dem Punkt den Puls schneller schlagen lässt. Gedreht wurde auf 16mm-Film, was noch einmal Sympathiepunkte bringt.

Weiterhin absoluter Höhepunkt ist weiterhin die Szene, in der eine Taxifahrt nur mithilfe von einigen Stühlen und der Tonspur nachgestellt wird, Das ist schlichtweg brillant und zeigt, dass mit Phantasie, Kreativität und dem richtigen Gespür für Film aus ein paar hingeworfenen Requisiten ganz großes Spannungskino gezaubert werden kann. Dabei spielt sicherlich eine Rolle, dass Singer seit langem mit Set Designer Dario Mendez Acosta (der hier schier unfassbares zaubert) , dem hochtalentierten Kameramann Paul Faltz und Komponist Simon Waskow zusammenarbeitet. Dieses eingespielte Team kreativer Köpfe hat gemeinsam einen Film geschaffen, der sich sehr angenehm von dem abhebt, was man häufig als „Neuer Deutscher Genrefilm“ vorgesetzt bekommt: Nämlich ein Nachhecheln von US-amerikanischen Erfolgsmustern oder eine provinzielle Gaudi-Parodie derer. „Luz“ gehört daher eher in das von Tobias Haupts in dem empfehlenswerten Buch „Fantastisches in dunklen Sälen – Science Fiction, Horror und Fantasy im jungen deutschen Film“ neu definierte Gerne des „German New Weird“ und ist zusammen mit „Der Samurai“, „Der Bunker“, „Der Nachtmahr“ und „Wild“ zu den Beweisen, dass es nicht viel großes Geld, sondern Mut, Radikalität und Kreativität braucht, um einen Film zu drehen, der beeindruckt und sich langfristig ins Gehirn eingräbt.

Ich bleibe bei meiner Aussage nach der ersten Sichtung vor einem Jahr: Tilman Singer sollte man unbedingt im Auge behalten. Da kann noch Großes kommen. Ich freue mich jetzt schon drauf!

Bildstörung hat dem Film innerhalb seiner Drop-Out-Reihe eine wahre Deluxe-Behandlung angedeihen lassen. Bild und Ton, die für diesen Film so wichtig sind, liegen ist hervorragender Qualität vor. Man darf dabei nicht vergessen, dass „Luz“ auf 16mm-Filmmaterial gedreht wurde, dementsprechend „dreckig“ aussieht. Dies ist für die Blu-ray-Auswertung dankenswerterweise übernommen worden und auch Materialfehler wurden nicht beseitigt, was den Ganzen ein echtes Filmgefühl gibt und ihn weit vom klinischen HD-Look abhebt. Auch was die Extras angeht, schöpft Bildstörung wieder aus dem Vollen. Das sehr interessante „Making of“ indem alle Phase der Entstehung, Vorbereitung, Dreh, Postproduktion und letztendlich Premiere unter die Lupe genommen werden und alle am Film beteiligten ausführlich zu Wort kommen, ist mit 74 Minuten länger als der Film selber. Wie bei der vorherigen Drop-Out-Veröffentlichung „The Friendly Beast“ sind auch wieder frühere Kurzfilme des Regisseurs mit dabei. „The Events at Mr. Yamamoto’s Alpine Residence“ ist eine bildgewaltige Fingerübung in Sachen Kamera und Stimmung. „‚El Fin Del Mundo“ (17 Minuten) zeigt wiederum eine ganz andere Seite des Regisseurs. Den Audiokommentar bestreitet Tilman Singer zusammen mit seinem kongenialen Production Designer Dario Mendez Acosta. Das dicke Booklet enthält ein Essay des kanadischen Drehbuchautoren und Journalisten Ariel Esteban Cayer, sowie Ausschnitte aus dem Drehbuch. Wer direkt beim hauseigenen Shop bestellt, kann auch die Limited Edition mit der Soundtrack-CD erwerben.

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Das Bloggen der Anderen (14-10-19)

– Karsten Munt berichtet auf critic.de über drei sehr unterschiedliche Filme über Mutterschaft auf dem Filmfest Hamburg. „Blow Up an der Isar – Eckhart Schmidts frühe Filme“ nennt Hans Schifferle sein sehr, sehr langes und gewinnbringendes Essay. Lese-Tipp! Lukas Foerster und Michael Kienzl haben sich die Giallo-Reihe in der Wiener Kinemathek angesehen und interessante zu jedem der Filme dort zu schreiben. Ebenfalls ein Gewinn!

– Alexander van Morgen war im letzten Jahr auf dem Porn Film Festival Berlin und hat nun die Zeit gefunden, sein Filmtagebuch in drei Teilen auf Eskalierende Träume zu veröffentlichen.

– Andreas Köhnemann erinnert auf kino-zeit.de an die Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin und Autorin Janet Leigh, die vor genau 15 Jahren im Alter von 77 verstarb und weit mehr war als das Opfer in „Psycho“.

– Oliver Armknecht hat für film-rezensionen.de bei der Deutschlandpremiere von „Parasite“ beim Filmfest München 2019 Jong-ho Boon zu einem Interview getroffen. Außerdem sprach er mit Tom Sommerlatte über dessen Film „Bruder Schwester Herz“.

Filmlichtung denkt über „Skeptizismus im Horrorfilm“ nach.

– Patrick Holzapfel schreibt auf Jugend ohne Film über Margaret Tait.

– George A. Romeros eher unbekannterer „Knightriders“ liegt bei mir noch im Einkaufskorb. Nach Sebastians Kritik auf Nischenkino drücke ich vielleicht doch mal auf „Bestellen“ und warte nicht länger auf eine Rabatt-Aktion. Bluntwolf lässt sich sehr detailliert (was mir sehr gut gefällt) und kritisch über Mario Gariazzos „Play Motel“ aus.

– Vor langer, langer Zeit im TV gesehen und eine schmerzliche Lücke in meiner Truffaut-Sammlung: „Die amerikanische Nacht“. Hier von Flo Lieb auf symparanekronemoi besprochen.

– Oliver Nöding macht auf Remember It For Later Appetit auf „Nacht der Wölfe“ von Rüdiger Nüchtern.

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Wer erinnert sich noch an Cinemabilia? Interview mit dem damaligen Inhaber Jens Schmidt

Kürzlich stieß ich in einer Bremer Facebook-Gruppe (Bremen Gestern-Heute-Morgen) auf ein Posting von Jens Schmidt, der sich daran erinnerte, dass er vor genau 20 Jahren seinen Laden „Cinemabilia“ schloss. Einen Filmartikel-Laden, der damals in der Martinistrasse beheimatet war. Mit den Reaktionen hat er wohl nicht gerechnet. Schnell füllte sich die Kommentarspalte mit den Erinnerungen zahlreicher Bremer Film- und TV-Serienfans, die dort damals regelmäßig eingekauft haben und den Laden sehr vermissten. Es wurden Erinnerungen geteilt und so manche Insider-Information geteilt.

Ich habe selber noch lebhafte Erinnerungen an Cinemabilia. Dort hatte ich jedes Mal hineingeschaut, wenn ich mal in der Innenstadt unterwegs war. Der Laden war für mich ein Paradies. Man muss bedenken, dass es damals noch kein wirkliches Internet-Shopping gab. Wollte man Filmbücher, Zeitschriften, Filme oder Soundtracks kaufen, dann musste man ganz klassisch in ein Geschäft gehen und hoffen, dass die Sachen da waren. Und Geschäfte, die sich auf Filmartikel spezialisiert hatten, waren rar (ich kannte damals ein, zwei in Hamburg, aber da war der Weg halt lang). Umso größere Augen machte ich, als plötzlich ein Laden in Bremen (!) aufmachte, der genau das verkaufte, was ich immer gesucht habe. Hauptsächlich kaufte ich bei Cinemabilia Bücher und Zeitschriften. Alles andere war mir zu dieser Zeit (ich war damals noch Student) meist zu teuer. Was mich aber nie davon abhielt mit großen Augen zu stöbern und ab und zu auch ein „hochpreisiges“ Schätzchen mitzunehmen.

Eine meine schönsten Erinnerungen ist es, wie ich da immer wieder rein und raus bin und überlegt habe, ob ich wirklich das Buch „Das wilde Auge“ von Christian Keßler mitnehme. Mit 49 DM war das damals nämlich nicht gerade günstig (wobei es heute zu dreistelligen Euro-Beträgen gehandelt wird). Schließlich lief ich Fünfe gerade sein und knallte mein hart erspartes Geld auf den Tisch. Zuhause bemerkte ich, dass jemand bereits in das Buch rein gekritzelt hat. Ein Scherz eines Mitarbeiters oder der Autor selber? Damals wusste ich nicht, dass Christian auch in Bremen wohnte. So blieb der Schriftzug all die Jahre ein Geheimnis für mich, welches sich erst in diesem Februar aufklärte, als wir Christian in unserer Film-Reihe Weird Xperience im Cinema im Ostertor zu Gast hatten, wo er sein neues Buch „Endstation Gänsehaut“ vorgestellt hatte, und da hatte ich „Das wilde Auge“ natürlich im Gepäck und ihn bei den einleitenden Worten direkt danach gefragt. Er konnte sich da zwar nicht mehr wirklich dran erinnern, erkannte aber seine Handschrift.

Da ich diese ganzen Geschichten zu schade fand, um sie in einer Facebook-Gruppe versauern zu lassen, bat ich Jens Schmidt um ein kleines Interview, um seine Sicht auf die Zeit mit Cinemabilia zu schildern. Das Ergebnis finde ich ebenso faszinierend, wie in einigen Dingen schrecklich desillusionierend. Doch lest selbst.

Foto: Jens Schmidt

Filmforum Bremen: Wie bist Du damals auf die Idee gekommen, einen Filmladen in Bremen zu eröffnen?

Jens Schmidt: Die Idee zu einem Cinemabilia Filmladen war zunächst gar nicht meine eigene. Zwei Bekannte von mir betrieben seit Mitte der 80-er Jahre einen Filmladen mit dem Namen Cinemabilia in der Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofs. Von diesem Filmladen erfuhr ich damals durch eine kleine Annonce in der Filmzeitschrift „Cinema“. Als ich den kleinen Laden in Düsseldorf besuchte, war ich sofort Feuer und Flamme. Cinemabilia hatte auch einen eigenen Versandkatalog und als „Star Wars“ Fan der ersten Stunde bestellte ich dort seit 1984 alle meine internationalen Fanartikel.

FFB: Wie waren die Anfänge von Cinemabilia ?

JS: Ich begann 1987 eine Ausbildung zum Bankkaufmann, doch schon während dieser Ausbildung begleitete mich mein Wunsch, mich nach der Ausbildung mit einem Filmladen, der dem von Cinemabilia aus Düsseldorf zumindest ähnlich sein sollte. 1990 waren meine Pläne konkret und ich fragte die Düsseldorfer Ladenbetreibern nach Kontakten zu Lieferanten. Sie boten mir an, die Marke Cinemabilia von ihnen zu übernehmen, da sie den Düsseldorfer Laden wegen neuer Projekte schließen wollten. Dieses Logo in Stil der Schrift des Filmlogos von „Der dunkle Kristall“ war beim Patentamt in München als Marke geschützt. Für 2000 D-Mark kaufte ich damals diese Marke. Mit rund einem Jahr Vorbereitungszeit eröffnete ich den Laden dann am 7. September 1991 hinter der ehemaligen Peek & Cloppenburg Filiale in der Bremer Innenstadt.

Foto: Jens Schmidt

FFB: Wie kam es, dass Cinemabilia in die Martinistr. gezogen ist?

JS: Unsere Ladenfläche von 25 Quadratmeter in der Kahlenstraße wurde bald zu klein. In der Martinistraße hatte das PC-Studio und zuletzt ein Teppichladen geschlossen. Also vergrößerten wir uns Anfang 1993 nach dem Umzug in die Martinistraße 57 auf 150 Quadratmeter.

FFB: Hast Du den Laden allein betrieben und konnte man davon tatsächlich leben?

JS: Ich war immer alleiniger Inhaber und konnte immer von dem Laden leben. In Spitzenzeiten haben bei mir über 20 Leute gearbeitet, davon fast die Hälfte in Vollzeit. Wir hatten damals einen der ersten funktionierenden Onlineshops im Internet und waren lange vor Stern, Spiegel und Amazon.de online. Mit unserem Katalog und dem Onlineshop haben wir neben dem Laden viele Tausend Kunden in ganz Deutschland bedient.

FFB: Ich erinnere mich noch lebhaft an die Soundtrack-Ecke und die Filmbücher. Was habt ihr noch alles verkauft?

JS: Mit Bild- und Tonträgern konnte man kein Geld verdienen. Diese Artikel dienten uns als Frequenzbringer. Lediglich mit den Videoimporten aus England haben wir, aufgrund guter Mischkalkulation, einen akzeptablen Profit gehabt. Mit der Auflösung der Firma 2003 habe ich alle abgestoßen.

FFB: Der Laden war damals ja recht Star-Trek/Star-Wars-Akte-X-lastig, wenn ich mich richtig erinnere. Wie kam das? Waren das damals auch Deine Hauptinteressen?

JS: Wir waren deshalb so X-Files-, Star Wars- und Star Trek-lastig, weil es zu diesen Themen die meisten Fanartikel und auch die größte Nachfrage gab. Die Mystery-Serien-Welle war Mitte der 90-er Jahre auf ihrem Höhepunkt – davon haben wir sehr stark profitiert.

FBB: Habt Ihr damals eigentlich auch irgendwelche Events mit Cinemabilia durchgeführt?

JS: Wir haben Tage der offenen Tür durchgeführt, jährlich den Firmengeburtstag gefeiert und versucht, an diesen Tagen besonders attraktive Preise zu machen. Unterm Strich waren das Kamikaze-Aktionen. Wir haben vieles sehr blauäugig entschieden, aber ich habe in dieser Zeit unglaublich viele Erfahrungen gesammelt, die mir in meinem weiteren beruflichen Schaffen enorm genützt haben – und immer noch nützen. Allerdings habe ich auch eine Menge Lehrgeld bezahlt. Unser zweiter Laden in Oldenburg erwies sich als finanzielles Desaster. Mit diesem Laden habe ich über 200.000 D-Mark Verlust eingefahren und konnte aufgrund langfristiger Verträge erst spät die Notbremse ziehen. Um ein Haar wäre ich damals in die Privatinsolvenz gerutscht. Nur durch harte Arbeit und viele Entbehrungen habe ich es damals geschafft. Auch diese Erfahrungen helfen mir heute.

FFB: Was sind Deine schönsten Erinnerungen an den Laden?

JS: Ich habe so unglaublich viele schöne Erinnerungen an die damalige Zeit gehabt! Wir waren in vielen Bereichen Pioniere. Online, mit dem, was wir gemacht haben, mit einem solchen Laden. Wir haben vielen Menschen Träume erfüllt, stundenlang gefachsimpelt über Filme, Kino und die Welt, ganz tolle Menschen kennengelernt, von denen einige wenige Freunde geworden sind. Insgesamt war es eine tolle Zeit. Ich hätte damals einen erfahrenen Coach gebraucht, einen Unternehmer, bestenfalls doppelt so alt wie ich damals, der mich mit Tipps und Hinweisen vor den größten unternehmerischen Fehlern bewahrt hätte. Den hatte ich nicht, ich musste für alle Fehler immer selbst einstehen, und davon machte ich eine Menge.

FFB: Warum habt ihr aufgehört?

JS: 1999 kündigte sich „Star Wars – Episode 1“ an, und wir waren die ersten, die den Trailer öffentlich in unserem Laden vorführten. Kurze Zeit später schlossen wir den Laden in der Martinistraße. Die Umsätze gingen deutlich zurück, der Markt war gesättigt. Jeder hatte inzwischen seinen Star Trek Communicator und sein Making-of-Star Wars-Buch. Gleichzeitig kamen Amazon und Ebay nach Deutschland. Plötzlich waren wir nicht mehr exklusiv, waren unsere Händlerverbindungen nichts mehr wert, weil plötzlich jeder ins Internet gehen und mit seiner Kreditkarte das einkaufen konnte, was uns als Händler und ein paar wenigen anderen vorbehalten war.

FFB: Ich meine mich zu erinnern, dass Cinemabilia später auch in der Nähe vom Breitenweg war. Oder bringe ich da etwas durcheinander?

JS: Wir zogen 1999 in eine Lagerhalle an den Weserpark, wo wir uns auf das Versandgeschäft konzentrierten. Doch auch hier wurde es immer schwerer – Amazon weitete sein Angebot aus, Ebay wurde immer beliebter. Unsere Kunden brauchten uns nicht mehr, kauften jetzt selbst zu den Preisen ein, zu denen wir bisher einkauften. Den größten Profit versprachen Poster, Starfotos und Postkarten. Also machte ich 2002 alleine weiter, reduzierte die Angebotspalette auf diese Artikel und ein paar auswählte Merchandise-Produkte und eröffnete „Filmplakate & Co.“ in der Hillmannstraße (hinter McDonald’s am Bremer Hauptbahnhof). Das ging eineinhalb Jahre gut, bis ich als Theaterleiter bei Cinemaxx (quasi auf der anderen Straßenseite) anheuerte.

FFB: Gab es damals irgendwann die Idee, den Laden als Shop im Internet weiterzubetreiben?

JS: Den Shop (und die Domain Cinemabilia.de) hat mir ein falscher Freund 2004 abgeluchst. Ich wurde betrogen, hintergangen und habe dann kampflos aufgegeben, weil ich ja eine Anstellung im Kino gefunden und meine Selbständigkeit aufgegeben hatte. Dort wurde der Shop noch einige Zeit weiterbetrieben, allerdings hatte ich damit nichts mehr zu tun.

FFB: Wenn Du zurückblickst: Wie würdest Du die Zeit damals heute beurteilen? Und glaubst Du, ein Laden wie Cinemabilia hätte heute, in den Zeiten unbegrenzter Verfügbarkeit im Internet, noch eine Chance zu existieren?

JS: Cinemabilia hatte seine Zeit, und ich habe gespürt, wie sich so ein Niedergang anfühlt. Am Ende kamen selbst Stammkunden nur noch zum Preisvergleich, oder um einmal vorab in Händen zu halten, was sie sich gestern selbst online bestellt hatten oder woanders bestellen wollten. Nein, Cinemabilia, so wie ich diesen Laden betrieben habe, hätte heute keine Chance mehr. Meine Ex-Freundin hat vor einigen Jahren in der Waterfront mit einem Filmshop versucht, die Grundidee wiederzubeleben – und ist kläglich gescheitert. Elbenwald ist gelungen, was ich sehr bewundere: Ein Filialsystem in zahlreichen deutschen Großstädten zu etablieren, das Film-Merchandise vertreibt. Ich kann mir immer gar nicht vorstellen, wie sich das bei der heutigen Kostenstruktur rechnet, aber es scheint zu gehen. Ich bin damals mit rund 60.000 EUR Schulden aus der Sache gegangen und habe erst vor wenigen Jahren, ich glaube 2013, die letzte Rate für Cinemabilia an die Bank bezahlt.
Meine Erfahrungen und die vielen Erinnerungen, positiv wie negativ, möchte ich allerdings nicht missen. Cinemabilia war eine tolle Erfahrung.

FFB: Vielen Dank, Jens, dass Du das alles hier so offen mit uns geteilt hast. Das war sehr interessant und spannend. Danke!

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