Als der Privatdetektiv Nelson Ryan (Heinz Drache) eines Abends nach Hause kommt, wartet dort eine unangenehme Überraschung in Form einer attraktiven, aber toten asiatischen Frau auf ihn. Schon bald taucht der Schwiegervater der Dame mitsamt Sekretärin auf und bittet Ryan, die mysteriösen Umstände des Todes seines Sohnes zu untersuchen. Ryan sagt zu und macht sich mit seinem Kumpel Bob Tooly (Ralf Wolter) auf den Weg nach Hongkong, wo der Verstorbene zuletzt gelebt hat. Dort geraten beide prompt in tödliche Gefahr…
„Ein Sarg aus Hongkong“ ist eine Co-Produktion zwischen Erwin C. Dietrich und Wolf C. Hartwig. Dies ist von daher bemerkenswert, als die beiden nur wenige Jahre später die größten Konkurrenten auf dem sich explosionsartig entwickelnden Sexfilm-Markt werden sollten. Erwin C. Dietrich mit Filmen wie „Mädchen, die am Wege liegen“ oder „Blutjunge Verführerinnen“, Hartwig mit seinen Report-Filmen, die 1970 mit dem „Schulmädchen-Report“ begannen. In „Die Stewardessen“ hat Dietrich auch einen schönen Seitenhieb auf den Kollegen eingebaut (siehe in der Besprechung des Filmes hier). Ursprünglich sollte Dietrich den Film für die Constantin allein produzieren, kam aber vor Ort in Hongkong mit der Crew des Filmes gar nicht zurecht und wurde dann gegen Hartwig ausgetauscht, der bereits vorher mit dem Regisseur Manfred R. Köhler zusammengearbeitet hatte. Allerdings war Köhler zuvor nur als Syncho-Regisseur und Drehbuchautor aufgefallen. Und sieht man sein Regiedebüt „Ein Sarg aus Hongkong“, merkt man leider deutlich, dass der Regiestuhl nicht unbedingt das passenden Mobiliar für ihn war.
Mit „Ein Sarg aus Hongkong“ versuchten die Macher gleich zwei populäre Wellen des deutschen Unterhaltungskinos der frühen 60er abzugreifen. Einmal natürlich die zu diesem Zeitpunkt immens erfolgreichen Edgar-Wallace-Filme und andererseits die Abenteuer- und Spionagefilme, die im exotischen Asien – gerne auch in Hongkong – spielten. Gerade Wolf C. Hartwig hatte bereits eine ganze Reihe dieser „Asien-Reißer“ erstellt, wie „Heißer Hafen Hongkong“, „Weiße Fracht für Hongkong“ oder „Die Diamantenhölle am Mekong“. Wie bei den Wallace-Filmen wurde auch bei „Ein Sarg aus Hongkong“ ein populärer Autor prominent auf dem Filmplakat erwähnt. In diesem Falle James Hadley Chase, ein britischer Autor, der es auf fast 100 Romane brachte. Hauptdarsteller Heinz Drache ist der offensichtlichste Bezug zur Wallace-Reihe. Hatte er doch dort bereits die Hauptrolle in „Das indische Tuch“ und „Der Hexer“ gespielt. In „Ein Sarg als Hongkong“ ist er allerdings ein Schwachpunkt. Vielleicht liegt es nur an einer unvorteilhaften Ausleuchtung, aber er wirkt hier wächsern und aufgequollen. So gar nicht der smarte und fesche Hans Dampf, wie ihn das Drehbuch vorgibt. Hinzu kommt, dass Drache als Nelson Ryan nicht gerade sympathisch wirkt. Eher arrogant und ein Tick zu selbstverliebt.
Erstaunlich – oder in Hinblick auf die beiden Produzenten vielleicht auch gerade nicht – ist der für 1964 recht offene Umgang mit Sex und Prostitution. Während in den Wallace-Filmen die Prostituierten erst einmal als Bar-Damen bezeichnet werden, ist hier völlig klar, dass sie Sex gegen Geld anbieten. Höhepunkt dürfte eine Speisekarte sein, aus der die Herren die passende Dame auswählen können. Aber der Film spielt ja auch in Hongkong und nicht in London, und dort ist alles etwas exotischer, bedrohlicher und „unzivilisierter“. Denn wie so oft, werden auch hier wieder alle rassistischen Klischees vom verschlagenen Asiaten und seinen „merkwürdigen“ Gebräuchen hervorgeholt, denen die überlegenen und „zivilisierten“ Westeuropäer gegenüberstehen. So stellte man sich in Deutschland eben den unbekannten – und damit auch ein wenig bedrohlichen – asiatischen Raum vor und dies wurde dann auch – illustriert von bunten Urlaubsbildern – bedient. Mit dem netten Nebeneffekt, dass man auch die sittlichen Grenzen etwas verschieben konnte.
Manfred R. Köhler hat zu „Ein Sarg in Hongkong“ auch das Drehbuch geschrieben. Leider ist dieses ebenso unbefriedigend, wie seine Inszenierung. Für das Drehbuch wurde viele mittlerweile aus den Wallace-Filmen und ihren Epigonen bekannte Situationen variiert. Der maskierte Bösewicht, der lustige Sidekick des coolen Helden, die exotischen Tötungsmethoden. Dazwischen gelingt es Köhler aber nicht, eine halbwegs spannende Handlung zu bauen. Vielmehr springt diese recht unmotiviert von einem Ort zu anderen, und schert sich dabei nur wenig um einen gelungenen Spannungsbogen. Die Londoner Geschichte mit der Leiche in Ryans Wohnung wird nicht wieder aufgegriffen und alle dort auftauchenden Figuren verschwinden auf Nimmerwiedersehen aus der Handlung. Noch schlimmer: Die Auflösung der Londoner Episode wird am Ende recht lustlos und vollkommen unfilmisch erzählt, aber nicht gezeigt. Ähnlich sieht es mit der Lee-Lai-Episode aus. Nachdem Lee Lai – die immerhin als „love interest“ des Helden aufgebaut wird – verschwunden ist, gibt es auf einmal ein riesiges Loch in der Geschichte, welches weder gefüllt und erklärt wird. Plötzlich fährt Ryan mit Stella durch die Gegend, ohne dass darauf Bezug genommen wird, wie sie sich kennengelernt haben. Die Szene, in der sie ihn auf einen Berg lockt, wo zwei Killer auf ihn warten, ist auch ebenso sinnlos und überflüssig. Da sie zwar etwas Action zeigt, aber keinerlei Konsequenzen für die Handlung hat.
Immerhin ist der Film tatsächlich vor Ort gedreht worden, was durch schöne authentische Bilder aus dem Hongkong der frühen 60er Jahre belegt wird, in denen sich die deutschen Hauptdarsteller tummeln dürfen. Neben diesen Schauwerten hat der Film aber leider nicht sonderlich viel zu bieten. Alles wirkt hölzern und wenig enthusiastisch. Als hätten die Beteiligten so gänzlich die Lust an dem Film verloren. Selbst die Musik von Karl Barthel und Fred Strittmatter, die immer wieder mit lauten Fanfaren vermeintliche Höhepunkte unterstreicht, wirkt aufdringlich und wenig einfallsreich. Die Identität des Schurken dürfte der erprobte Krimi-Gucker eh schon erraten haben, bevor die Figur überhaupt das erste Mal auftritt. Da helfen auch Ralf Wolters müde Sprüche nicht mehr weiter. Immerhin bieten die attraktiven Damen – allen voran Elga Andersen – und der fesche Pierre Richard dem männlichen, wie weiblichen Zuschauer etwas für’s Auge. Und die Filmnerds können neben dem deutliche gealterten Willy Birgel, noch den Namen Walter Boos in den Credits entdecken, der hier für den Schnitt verantwortlich war und in den 70ern dann für Wolf C. Hartwig einig Schulmädchen-Episoden, sowie später auch die deutschen „Exzorzist“-Variante „Magdalena, vom Teufel besessen“ inszenierte.
„Ein Sarg aus Hongkong“ ist leider eine Edgar-Wallace-Rip-Off der schnarchigen Art, welches zu gleichen Teilen unter einem formelhaften, wenige aufregenden und vor allem lückenhaftem Drehbuch, wie einer uninspiriert-hölzernen Regie leidet. Schade, besonders wenn man bedenkt, dass die beiden legendären Produzenten des Filmes auch für ganz andere, aufregendere Filme verantwortlich waren.
Das Bild der Ascot-Elite-DVD, die im Rahmen der „Cinema Treasures“-Reihe herausgekommen ist, kann man als guten Durchschnitt bezeichnen. Hier und dort macht sich ein leichter Hauch Rotstich bemerkbar, der aber nicht weiter auffällt. Ansonsten ist das Bild recht klar und farbintensiv. Extras gibt es – bis auf eine Bildergalerie – keine, dafür liegt der DVD ein hübscher Mini-Nachdruck des damaligen Programmheftes bei. Eine wirklich schöne und charmante Idee. Bei „Filmjuwelen“ ist der Film ebenfalls kürzlich erschienen. Angeblich in einer 7 Minuten längeren Fassung. Aber ob diese den Film noch raus reißen oder noch zäher machen, ist mir nicht bekannt.