DVD-Rezension: „Die Stewardessen“

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Der Film folgt vier Stewardessen bei ihren Abenteuern in den Hauptstädten Europas. Stewardess Jenny (Margit Siegel) lässt sich erst von einem älteren Herren in dessen Hotelzimmer locken. Als dieser aber vor einem möglichen Abenteuer einschläft, sucht sie sich einen hübschen, jungen Mann und zieht mit diesem durch Zürich. Frances (Ursula Marty) verführt in Rom ihren Chefpiloten. Evelyn (Evelyne Traeger) lernt in Kopenhagen einen Bodybuilder und seine WG kennen. Und eine weitere Stewardess (Kathrin Heberle) verlebt einen aufregenden Tag mit einem Hippie-Studenten in München.

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Nachdem der Film „Die Stewardessen“ bereits in der „Ingrid Steeger Collection“ erschienen ist, bringt Ascot Elite nun eine „New Ingrid Steeger Collection“ auf den Markt. Remastered und mit Bonusmaterial versehen. Nun, dies macht den Film selber zwar nicht besser, mag für Ingrid Steeger- und Erwin-C.-Dietrich-Fans einen weiteren Kaufanreiz bieten. Wobei man nicht unbedingt von einem „Ingrid-Steeger-Film“ sprechen sollte, da die sympathische Blondie hier nur eine winzige Rolle hat, erst nach 42 Minuten auftaucht und recht bald wieder verschwindet. Immerhin kehrt sie für eine charmante Schlusspointe zurück, von der später noch die Rede sein soll.

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Trotz seiner nur 81 Minuten Laufzeit, fühlt sich „Die Stewardessen“ sehr viel länger an. Was daran liegt, dass beinah die Hälfte der relativ kurzen Spielzeit aus Sightseeing-Aufnahmen besteht, in denen diverse Stewardessen in den Hauptstädten Europas lustwandeln. Vorab gibt es noch den Hinweis, dass es sich bei „Die Stewardessen“ um keinen Reportfilm (ein bewusster Seitenhieb auf Dietrichs Konkurrenten Wolf C. Hartwig und seine „Schulmädchen“?) handeln würde, und Stewardessen sich im wahren Leben natürlich niemals so verhalten würden. Dann geht der Film schon in medias res und eine Stewardess beglückt den Flugkapitän. Weiter geht’s in Zürich, wo ein Passagier vorgibt ein reicher Industrieller zu sein, um so die Stewardess Jenny, gespielt von Margit Siegel, auf ein Schäferstündchen in sein Hotel zu locken. In einer der wenigen wirklich gelungen Szenen des Filmes, stellt er sich vor, wie sich der Akt mit der rothaarigen Schönheit gestalten möge – und schläft dabei selig ein. Jenny versucht daraufhin den Zimmerservice zu verführen, was misslingt, da dieser als Gastarbeiter kein Risiko eingehen will (Hauch einer Kritik an dem Schweizer Umgang mit Fremden? Da Dietrich selber Schweizer ist, möchte man es ihm gerne zugute halten), woraufhin sie am Pool einen jungen Mann aufreißt. Mit diesem bummelt sie durch Zürich, was dem Film die Gelegenheit gibt die touristischen Attraktionen zu zeigen, und landet schließlich mit ihm im Bett. Ende der ersten Geschichte.

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Die zweite Episode gestaltet sich noch langweiliger. Frances wandert mit einem Piloten durch Rom. Und da Rom mehr Attraktionen vorzuweisen hat als Zürich, dauert es auch sehr viel länger, bis Frances mit ihrem Piloten zur Sache kommt. Bemerkenswert ist hier nur, dass besagter Pilot von Arne Elsholz gesprochen wird, der zu einem der bekanntesten Synchrosprecher (Tom Hanks, Bill Murray) und wichtigsten Synchronregisseure Deutschlands wurde. Überhaupt haben die Synchronsprecher hier mal wieder mehr zu sagen als die Darsteller. Bei Dietrich wurde immer ohne Ton gedreht und die Dialoge erst im Nachhinein hinzu gefügt. So wird die Tonspur fleißig mit inneren Monologen vollgequatscht, und wenn man den Mund der Darsteller nicht sieht, munter drauflos palavert. Leider ist das Synchonskript nicht besonders originell und bald schon nerven die teilweise recht unzusammenhängenden, sprunghaften, immer – ha ha – hübsch doppeltdeutigen Bandwurmsätze. Auch Jenny taucht wieder auf und dreht eine „Schwuchtel“ um. Dies ist ebenso verklemmt konservativ (frei nach dem dämlichen Motto: „Bei den Schwulen muss nur die Richtige kommen und dann werden die wieder normal“), wie das Ende der Episode, die mit Hochzeitsglocken endet.

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Danach fliegt Stewardess Evelyn nach Kopenhagen, wo sie für Frances einen Koffer abholen soll. Sie kommt dabei in eine WG und lernt einen Bodybuilder kennen, der gerne seine Muskeln zeigt. Und auch Ingrid Steeger tritt endlich auf und darf sich in der ersten Einstellung gleich die prallen Brüste einseifen lassen. Viel zu tun hat sie nicht. Sie sitzt oder steht neben oder auf ihrem Freund und gibt eine hübsche Dekoration ab. Evelyn lernt die Sexshops in Kopenhagen kennen (was immerhin historischen Wert hat und den netten Gag erlaubt, die Verkäuferin dort oben ohne zu zeigen, als wäre es das Normalste von der Welt) und schaut sich mit ihren neuen Freunden einen Pornofilm an, den sie langweilig findet. Schön, wie Dietrich in diese Episode echte Pornographie schmuggelt. Denn weder bei den Magazinen, die Evelyn durchblättert, noch bei besagtem Film schaut die Kamera schamvoll zur Seite, sondern es wird alles eingefangen, was es da zu sehen gibt. Das – zusammen mit den üblichen Urlaubsaufnahmen – war es dann auch schon wieder.

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Die letzte Episode spielt in München, wo sich eine namenlose Stewardess (Kathrin Heberle, die stark an eine junge Barbara Schöneberger erinnert) auf dem Oktoberfest vergnügt. Dort lernt sie einen Westentaschenrevoluzzer kennen, der genau so aussieht, wie sich Klein-Fritzchen das vorstellt. Dieser eher finster und lustfeindlich aussehende Typ, gibt dann ständig kryptische Sätze von sich, die klingen, wie in einem Godard-Film aufgeschnappt und dann falsch wiedergeben. Aber – Überraschung – auch die politisch engagierten Hippies haben eine andere Seite, und so findet sich unsere Stewardess beim Gruppensex und einem nackten Sitar-Spieler wieder. Happy End.

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Nein, noch nicht ganz, denn der Film vollführt noch eine recht gelungene, selbstreflexive Wendung. Denn nun gibt der Film – beinahe wie „Im Augenblick der Angst“ – den Blick auf das Kinopublikum frei. In einem billigen Sexkino sitzen einige Herren, die sich gerade eben „Die Stewardessen“ angesehenen haben. Einen erkennt man als Andreas Mannkopff, der in einigen Dietrich-Produktionen als Schauspieler dabei war (am prominentesten in Francos „Jack, the Ripper“) und ansonsten für seine Synchronarbeiten (u.a. ist er die deutsche Stimme von Benny Hill) bekannt ist. Dieser von ihm gespielte Zuschauer ist noch ganz in dem Film gefangen, den er/wir gerade gesehen haben. Als er sich auf der Straße eine Zigarette anzündet, wird ihm von einer hübschen Frau in Stewardessen-Uniform Feuer gegeben. Perplex hält er sie für einen Traum – was nicht abwegig ist, wird sie doch von Ingrid Steeger gespielt, die man/er ja eben noch auf der Leinwand bewundern durfte. Sie widerspricht dem vehement und er folgt ihr und in ein Treppenhaus, wo sie sich sogleich ihrer Kleidung entledigt und die am Anfang des Filmes (eine schöne Klammer) aufgestellte These, Stewardessen würde so etwas nicht tun, widerlegt. Doch, hach, das habt ihr Euch so gedacht, was? Klar ist das Unsinn, wie alles was im Film geschah. Film ist eben doch nur eine Traumwelt und die Wirklichkeit sieht dann eben doch aus wie ein alter Mann im grauen Anzug, der einen beschimpft.

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„Die Stewardessen“ besteht aus einer dünnen Episodenhandlung und leider viel zu vielen Urlaubsaufnahmen aus Europas Metropolen. Immerhin werden einige nette Ideen und eine selbstreflexive Pointe eingebaut, ansonsten fließt es ziemlich zäh. Obwohl in der „New Ingrid Steeger Collection“ erschienen, hat der Star hier doch nur einen kurzen Auftritt als Nebendarstellerin.

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Die DVD die in der Reihe „The New Ingrid Steeger Collection“ (nach „The Ingrid Steeger Collection“ und „The Ingrid Steeger Gold Collection“ nun schon der dritte Wurf) erschienen. Laut Cover wurde der Film neu von einer 35mm-Negativ in HD abgetastet. Das Bild kann sich auch sehen lassen. Es wirkt zwar etwas blass, aber ist ja bei den Filme aus der Dietrich-Produktion bisher immer so gewesen. Ich vermute einmal, viel besser hat er bei seiner Kinovorführung 1971 auch nicht ausgesehen. Der Ton liegt in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch vor, es gibt aber keine Untertitel. Als Extra beinhaltet die DVD die 25-minütige Doku „Andreas Mannkopff: Von Groupies und Stewardessen“, in der Andreas Mannkopff von seinen Erfahrungen als Schauspieler und vor allem Synchronsprecher in dieser und anderen Erwin C. Dietrich-Produktionen erzählt. Zusätzlich schauen auch Arne Elsholz und Kameramann Karl Baumgartner vorbei. Das Ganze ist sehr unterhaltsam und informativ. Im Gegensatz zu den bisherigen Veröffentlichungen wurde das Original-Filmplakat gegen einen alternativen Entwurf ausgetauscht. Dieser ist in seiner wunderbaren Doppeldeutigkeit sehr schön gelungen. Dafür muss man auf den einmaligen Werbespruch „Sie fliegen durch die Lüfte – Vögeln gleich“ auf dem Cover verzichten, dieser ist nun auf die Rückseite der DVD-Hülle (mit Wendecover) gewandert.

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