DVD-Rezension: “Europa Report“

Europa-ReportEin Raumschiff mit einer internationalen Besatzung macht sich 2061 auf, um auf dem Jupitermond Europa nach Spuren außerirdischen Lebens zu suchen. Doch etwas geht schief. Es kommt zu einem tragischen Unfall und der Funkkontakt zur Erde bricht ab. Aus dem Material, welches die Bordkameras während des langen Fluges aufgenommen haben, wurde eine Dokumentation erstellt. Diese  beantwortetdie Frage, was mit der Crew geschah.

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Obwohl das schöne Cover andere Erwartungen weckt, handelt es sich beim „Europa Report“ um eine Mockumentary, die mit dem Stilmittel des noch immer recht populären „Found-Footage“-Genres arbeitet. Wobei der Film dankenswerterweise nichts mit den berüchtigten Wackelkameras zu tun hat, die das Genre oftmals zur Geduldsprobe machen. „Europa Report“ gibt vor, aus dem Material der Kameras zusammengeschnitten zu sein, die am Bord des Raumschiffs aufgestellt sind. Nur selten nimmt einer der Darsteller selber eine Kamera in die Hand (z.B. um einen Gruß an die Lieben aufzunehmen) oder das Geschehen wird mit an Helmen befestigten Mini-Kameras gefilmt. Dementsprechend wechselt die Bildästhetik auch von Einstellung zu Einstellung, was dem Film aber auch eine gewisse Dynamik gibt. Denn ständig unveränderte Einstellungen hätten das eh schon recht geringe Tempo des Filmes noch weiter verlangsamt. Andererseits wäre der Realismus, der vor allem die ersten zwei Drittel von „Europa Report“ prägt, dadurch sicherlich noch verstärkt worden.

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Immer wieder werden die strengen Regeln, was und wie zu sehen ist/sein kann, dezent gebrochen. So ist die Kamera immer so eingerichtet (oder die Schauspieler in ihrem Blickfeld positioniert), dass filmische Schnitte möglich sind. Außerdem schleicht sich hier und da ein unauffälliger Zoom ein, was bei den statischen Bordkameras eigentlich nicht möglich sein sollte. Da dies alles aber nicht als „unbearbeitetes Material“, sondern als Fake-Dokumentation der Ereignisse ausgeben wird, kann man diese kleinen Inkonsequenzen durchaus verzeihen. Ebenso die Musikuntermahlung. Der Score von Bear McCreary ist zwar ganz hervorragend ausgefallen, passt aber eher zu einem konventionellen Spielfilm und weniger zu den vorgeblich „echten“ Bildern von „Europa Report“. Andererseits ist das ganze Science Fiction und somit von vornherein nicht – wie z.B. in „Blair Witch Project“ – darauf ausgelegt, dem Zuschauer Glauben zu machen, man sähe etwas „reales“. Dies verhindert schon die Auswahl der Schauspieler, die zwar alle keine großen Stars sind – zumindest in Hollywood – aber doch durchaus vertraute Gesichter.

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Unter den Darstellern ist Michael Nyqvist sicherlich der Bekannteste. Hier spielt er den Russen Andrei Blok. Berühmt geworden ist er außerhalb seiner Heimat Schweden neben Noomi Rapace in der Rolle des Mikael Blomkvis in der „Millennium„-Reihe. Auch die Rumänin Anamaria Marinca hat schon in einigen Filmen mitgespielt, seit sie die Hauptrolle in dem 2007 in  Cannes gleich dreimal (u.a. mit der Goldene Palme) ausgezeichneten Abtreibungs-Drama „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“ die Hauptrolle spielte. Die wunderschöne Polin Karolina Wydra sorgt für ein wenig Sex-Appeal. Sie spielte zuvor „Dr. House„s Ehefrau Dominika und die Violet in „True Blood„. Daniel Wu hat in unzähligen Hongkong-Filmen mitgewirkt, und ist regelmäßig in Jackie-Chan-Filmen zu sehen. Alle Darsteller spielen zurückgenommen und natürlich. Niemand drängt sich in den Vordergrund. Generell gibt es zunächst keine Hauptfigur, alle tragen gleich viel zur Handlung bei und sorgen dafür, dass diese „echt“ wirkt.

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Überhaupt wurde bei der Produktion des Filmes viel Wert auf Authentizität gelegt. Dies beginnt bereits bei dem hervorragenden Set-Design. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, an einem Set zu sein. Jedes Teil wirkt so, als ob es wirklich eine Funktion hätte. Würde man es nicht besser wissen, könnte man glauben, der Film sei tatsächlich in einem echten Raumschiff gedreht worden. Demgegenüber stehen einige offensichtliche digitale Kreationen, wenn es die Umgebung außerhalb des Raumschiffes gezeigt wird. Aber dies fällt nicht weiter ins Gewicht. Spielt doch der überwiegende Teil des Filmes sowieso im Inneren des Schiffes. Dort wird zunächst die Routine und die Langeweile der Besatzungsmitglieder in den Vordergrund gerückt. Durch einen dramaturgischen Kniff versucht der ecuadorianischen Regisseur Sebastián Cordero (dessen „Rabia“ ich einst auf dem Internationalen Filmfest in Warschau sah – siehe hier) trotzdem Spannung zu erzeugen, indem er früh zu erkennen gibt, dass es auf der langen Reise zum Jupiter ein tragisches Ereignis gab. Leider geht dies zu Lasten der Kontinuität und das plötzliche Springen in den Zeitebenen verwirrt weitaus mehr, als es dem Film nutzt. Da helfen auch die eingeblendeten Timecodes nichts, die auf den ersten Blick schwer zu entziffern sind.

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Am Ende wird es dann doch noch richtig dramatsich und auch so etwas wie Action kommt auf. Vielleicht wäre aber ein ruhigeres Finale angemessener gewesen. Dass der Film dann in letzter Sekunde noch sein „Monster“ zeigt, und dies weitaus konventioneller ist, als man zunächst gedacht hatte, wäre ebenfalls nicht unbedingt nötig gewesen. Wären die seltsamen Vorkommnisse auf dem Jupiter Mond Europa mehr in der Schwebe gelassen worden, und hätte man die Fantasie des Zuchauers mehr gefordert, hätte das Finale noch effektiver und nachhaltiger sein können. Hier aber entschloss man sich, wie einst in „Der Fluch des Dämons„, den einfachen Weg zu gehen und den Mainstream der Zuschauer zu befriedigen. Doch dies ist nur eine leise Kritik an einem Film, der den Mut hat, es sich über weite Strecken eben nicht einfach zu machen, und sich eher auf seine Geschichte und seine tollen Schauspieler zu verlassen, als auf allzu viele Effekte und plakative Action.

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„Europa Report“ legt viel Wert auf Authentizität, wodurch auch die Langweile und die Routine der Protagonisten transportiert wird. Dies führt, gemeinsam mit den überzeugenden Darstellern, dazu, dass die Handelnden als Personen und nicht nur als reine Figuren wahrgenommen werden. Der mittlerweile ziemlich ausgelutschte „Found-Footage“-Kniff wird in diesem Film endlich einmal optimal eingesetzt. Durch das Gewand der Dokumentation kann man auch einige Ungereimtheiten durchaus verzeihen. Nur die zum Teil verwirrende Vor- und Rückblenden, sowie eine etwas konventionelle Auflösung, schmälern die Begeisterung für diesen ansonsten sehr guten Science-Fiction-Film ein wenig.

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Da der Film vorgibt, aus unterschiedlichen Bildquellen zusammengeschnitten worden zu sein, kann man die Bildqualität nicht wirklich beurteilen. Die Mehrheit des Filmes hat aber ein ganz hervorragendes Bild. Auch der Ton gibt kein Anlass zur Klage. Man kann höchstens sagen, dass er für die Handlung des Filmes fast schon zu perfekt ist. Abstriche muss man höchstens bei den Extras machen, die aus einem kleinen Filmchen über die Special Effects (knapp 7 Minuten) und mehreren Texttafeln über die Schauspieler und die Jupiter Monde, sowie alternative Plakatentwürfe, einer Bildergalerie und dem Trailer besteht. Der Film ist auch auf BluRay und auf einer 3D BluRay erschienen. Wobei man sich fragt, ob 3D bei Found Footage wirklich Sinn macht.

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