DVD-Rezension: “The Void“

Während seiner nächtlichen Streife entdeckt Deputy Carter (Aaron Poole) ein schwerverletzten Mann (Evan Stern) am Straßenrand. Carter bringt diesen umgehend zum nächstgelegenen Krankenhaus, obwohl dort zur Zeit nur eine Notbesetzung ihren Dienst tut. Dort angekommen entwickelt sich die Nacht zu einem einzigen Albtraum: Vor dem Gebäude versammelt sich eine unheimliche Gruppe vermummter Gestalten, und im Krankenhaus verwandeln sich die Eingeschlossenen in rasende Killer und schleimige Monster…

Würde man eine Liste anfertigen, von welchen Genrefilmen sich die Macher des kanadischen „The Void“ inspiriert haben lassen, so wäre rasch der erste Absatz dieser Besprechung und vielleicht auch noch der zweite gut gefüllt. John Carpenters „Die Fürsten der Dunkelheit“ (mit Abstrichen auch „Assault on Precint 13“), „Hellraiser“ und „Re-Animator“ sind da nur die Beispiele, die als erstes ins Auge springen. Lucio Fulcis „Das Haus an der Friedhofmauer“ und „Die Geisterstadt der Zombies“ sind etwas weniger plakative Inspirationsquellen. Tatsächlich fühlt man sich angenehm an das Horrorkino der 80er Jahre erinnert. Was auch daran liegt, dass man erfreulicherweise auf seelenlose CGI-Effekte weitgehend verzichtet hat und ein beeindruckender Teil des Aufwands in wunderschöne, handgemachte Effekte geflossen ist. Da laufen dem Freund von Latexmasken und Kunstblut angenehme Schauer den Rücken herunter und man fragt sich unwillkürlich, warum die hohe Kunst der „echten“ Special Effects heutzutage fast schon vergessen ist, und selbst das Blut aus dem Computer stammt muss. Eine recht preisgünstige Produktion wie „The Void“ – die mit Crowdfunding-Mitteln realisiert wurde – schafft es doch auch, kreative Masken und handgemachte Effekte auf den Bildschirm zu zaubern.

Dass das alles dann auf Kosten einer originellen Geschichte geht, nimmt man mal so hin. Auch, dass die Charaktere nicht gerade mit dem feinen Pinsel, sondern eher mit der groben Bürste gezeichnet wurden. Überraschungen bleiben also aus, sofern man die „Originale“ kennt. Und ein Subplot, wie der um den Verlust eines Kindes durch das Protagonisten-Paar, wirkt zu dick aufgetragen, um wirken zu können. Auch aus dem Schurken hinter der apokalyptischen Geschichte hätte man mehr machen können. Hinter seiner freundlichen Maske bleibt er anfangs so blass und egal, dass man nach seiner Verwandlung in ein dämonisches Überwesen mit Gottkomplex Mühe hat, sich an seine vorherige Inkarnation überhaupt zu erinnern. Zu beliebig wird diese Figur aus dem Hut gezaubert. Immerhin schafft es Aaron Poole in der Hauptrolle, seinen Deputy Carter sehr sympathisch und lebendig zu gestalten. Ebenfalls relativ gut gelungen ist das Duo, welches zunächst als unheimliche und skrupellose Killer eingeführt wird, sich dann aber als wertvolle Helfer im Kampf gegen Sektenmitglieder und untote Kreaturen entpuppen. Allerdings merkt man dem Drehbuch zu sehr die Absicht an, diese beiden Charaktere als heimliche Helden zu etablieren. Das wirkt dann eher krampfhaft bemüht als cool, zumal die Figur des Sohnes vom Drehbuch vollkommen im Stich gelassen wird.

Doch davon abgesehen, weiß „The Void“ durchaus zu gefallen, was nicht nur an den einfallsreichen, bodenständigen „Creature Designs“ und der für eine FSK16 recht ungewöhnliche Härte liegt. Das Regie-Duo, welches bei einigen großen Blockbustern schon in der Special Effects Abteilung zusammengearbeitet hat, zieht seine Geschichte flott und angenehm humorlos durch. Keine ironisches Augenzwinkern in Richtung der Vorbilder, keine coolen Sprüche. Diese Ernsthaftigkeit tut dem Film sehr gut. Zudem machen Jeremy Gillespie und Steven Kostanski das Beste aus ihrem schmalen Budget und lassen das verlassene Krankenhaus tatsächlich zum „Tor zur Hölle“ werden. Die dichte, stimmungsvolle Inszenierung lässt einen trotz aller Vorhersehbarkeit ab und zu an den Nägeln kauen. Handwerklich kann man Gillespie und Kostanski also keine Vorwürfe machen. Kameraarbeit, Ausstattung, Lichtsetzung – alles vom Feinsten. Es wird spannend sein, den weiteren Weg der Beiden zu beobachten und zu sehen was passiert, wenn sie die Möglichkeit haben ein etwas eigenständiges, besser ausgearbeitetes Drehbuch zu realisieren. Bis dahin ist „The Void“ aber schon einmal eine erstklassige Visitenkarte mit der Empfehlung für höhere Weihen,

„The Void“ ist eine sympathische, blutig-schleimiger Eintopf aus Motiven der großen Horrorklassiker der 80er Jahre von Carpenter über Baker bis Fulci. Dabei bleibt die Eigenständigkeit etwas auf der Strecke und die Figuren sind mitunter recht grob geschnitzt. In Sachen Creature Design, blutige Effekte, Ausstattung und stimmungsvoller Kameraarbeit können die beiden Regisseure aber bereits eine eine Empfehlung in eigener Sache abgeben.

Das Bild der DVD ist recht gut, auch wenn es an einigen Stellen noch optimaler hätte ausfallen können. Da lässt dann die Schärfe etwas nach. Der Ton ist klar und deutlich, wobei kaum die Möglichkeit zu Surround-Effekten genutzt wird. Trotz einer sehr liberalen FSK 16 ist der recht blutige und harte Filme ungeschnitten. Echtes Bonusmaterial sucht man vergeblich. Lediglich mit Trailern wird man abgespeist.

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Das Bloggen der Anderen (12-06-17)

bartonfink_type2Nach über einem Monat Blog-Abstinenz (die auch mal wieder ganz gut getan hat) aufgrund von Urlaub, Workshops, Feiertagen, „35 Millimeter“-Artikeln und genereller Bocklosigkeit geht es jetzt wieder weiter.

– Ein Thema, welches mich seit langer, langer Zeit auch immer wieder umtreibt ist eines, ob eine „Eventisierung“ des Kinos diese als Abspielstätten für Filme retten kann und ob nicht dieses „Mehr“ an Drumherum nicht fast schon eine Verpflichtung ist, um sich als Kino heute noch Gehör zu verschaffen. Mit unserer Filmreihe „Weird Xperience“ versuchen wir ja genau das. Den Leuten eine Einführung  bieten und die Möglichkeit, nach dem Film noch zu diskutieren. Ursprünglich hatten wir noch ein musikalisches Rahmenprogramm, um so eine Art „After-Movie-Lounge“ zum Klönen und Schnacken,  aber dies wurde bisher nicht so angenommen, wie gehofft. Urs Spörri beschäftigt sich auf B-Roll eingehend mit diesem Thema und zeigt viele Arten auf, wie solch eine „Eventierung“ mit einem Mehrwert versehen kann. Toller, sehr erhellender Artikel. Für Patrick Holzapfel wäre unser Weird-Xperience-Ansatz wohl nichts, denn er plädiert für das Schweigen nach dem Film. Lucas Barwenczik beschäftigt sich auf sehr interessante Weise mit „The Immigrant“, der vor 100 Jahren uraufgeführt wurde.

– Auf seinem Blog Jugend ohne Film hat Patrick Holzapfel zusammen mit Valerie Dirk ein sehr langes, ausführliches Interview mit Alexander Horwath, dem scheidenden Direktor des Österreichischen Filmmuseums geführt.

– In Frankfurt fand mal wieder das Filmfestival Nippon Connection statt. Michael Schleeh von Schneeland war da und berichtet über Kohei Taniguchis Independent-Wrestling-Komödie „Dynamite Wolf“. Und auch Morgen Luft von Cinematographic Tides war anwesend und schreibt über „Her Love Boils Bathwater“ von Ryōta Nakano, der ihr ausgesprochen gut gefallen hat.

– Oliver Nöding war auf dem 1. Morbid Movies und hat da allerlei Merkwürdiges und Bizarres gesehen, wie die tolle und ebenso traurige, wie lebensbejahende Doku „Sick: The Life and Death of Bob Flanagan, Supermasochist“ oder den berüchtigten Einlauf-Porno „Water Power“. Mehr auf Remember It For Later.

– Auf dem Zürcher Kasernenareal hat sich ein einzigartiges Experimentalfilm- und Video-Festival eingenistet, über das Lukas Foerster auf critic.de berichtet.

– Sascha Schmidt weist auf Okaeri auf die Veranstaltung „Anime Berlin: Pop, Poesie und Propaganda“ hin.

– film-rezensionen.de stellt das Filmfest Emden-Norderney vor, welches noch bis Mittwoch läuft. Ein kleiner „Seitenfüller“, aber nichtsdestotrotz ganz interessant: „Kinocharts Deutschland – Die erfolgreichsten Filme aller Zeiten“ nach Besucherzahlen und nicht nach Umsatz. Nach Christian Anders „Brut des Bösen“ gibt es endlich wieder Martial Arts aus Deutschland: „Plan B – Scheiss auf Pan A“.

– Carolin Werthmann schreibt auf blickabtausch über „Manifesto“ von Julian Rosefeldt. Nach der Premiere des Films auf dem Sundance Festival zu Beginn des Jahres war er nun als Installation im Museum Villa Stuck in München zu sehen.

– Manfred Polak beschäftigt sich auf Whoknows presents mit einem Film, den ich – seit ich ihn irgendwann mal in einem dritten Programm aufgeschnappt hatte – sehr mag. Nicht nur, weil der Verlobte meiner Cousine so perfekt den Opale nachmachen kann. Der Film heißt „Das Testament des Dr. Cordelier“ und ist eine französische  Jekyll/Hyde-Verfilmung von Jean Renoir.

– Sascha Nolte von Die seltsamen Filme des Herrn Nolte hat Paul Bartels Kultfilm „Eating Roul“ gesehen.

– Noch nicht gesehen, aber das muss irgendwann mal nachgeholt werden: Neil Marshalls „The Descent“. Insbesondere nachdem Mauritia Mayer ihn auf Schattenlichter so lobt.

– Ebenfalls ganz nach oben auf der „Muss-ich-gucken“-Liste gerutscht: „Brutale Schatten“ von Jacques Deray, den funxton nachdrücklich empfiehlt.

– Eine Empfehlung spricht auch Volker Schöneberger auf Die Nacht der lebenden Texte aus: Für „Suburra“ von Sergios Sohn Stefano Sollima.

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Am Freitag: WEIRD XPERIENCE ist zurück und hat etwas GROSSES mit dabei

Zusammen mit meinem Kollegen Stefan organisiere ich seit 2011 die Filmreihe WEIRD XPERIENCE. Nachdem wir am Anfang des Jahres einige Schwierigkeiten mit unserem Veranstaltungsort hatten, geht es nun endlich weiter und wir werden einmalig in der Schwankhalle zu Gast sein. Hier der Text dazu, den ich auch auf unserem Weird-Xperience-Blog gepostet habe.

Darauf haben wir alle sehr lange gewartet: WEIRD XPERIENCE ist zurück. Weiter geht es am 12. Mai um 21:30 Uhr. Dann sind wir erstmals in der Schwankhalle zu Gast. Hintergrund ist das Projekt A.r.G.da.Na.ni (Aus rechtlichen Gründen darf Name nicht genannt werden) des Bremer Künstlers Jan van Hasselt, welches am 18. und 19.5. in der Schwankhalle läuft. Ein Ton-Bild-Vortrag über „eine Art Dino mit Stacheln auf dem Rücken, der eine Kulisse aus Miniaturhäusern zertrampelt und einen Schrei ausstößt, der klingt, als wäre ein Grammophon kaputt. Er darf nicht gezeigt werden, und sein Name nicht genannt. Denn die japanische Produktionsfirma Toho achtet peinlich genau auf den Schutz der Trademark. Was fasziniert so an Argdanani? Wer ist er? Und was will er eigentlich hier? Antworten sucht der Filmemacher Jan van Hasselt auf der Bühne und im Video-Interview mit Experten wie Jörg Buttgereit, Sebastian Krehl, Dietrich Kuhlbrodt, Jürgen Palmtag und Christoph Spehr.“ Im Vorfeld hatte uns Jan gefragt, ob wir von WEIRD XPERIENCE nicht einen Film mit diesem ominösen Dino zeigen könnten. Und dieser Bitte sind wir nur zu gerne nachgekommen. Und wir haben sogar dafür gesorgt, dass wir den Namen des Untieres nennen dürfen!

Laut einer alten Legende aus Okinawa, soll wenn ein schwarzer Berg in den Bergen hoch über die Wolken hinaus ragt, ein Monster auftauchen und versuchen, die Welt zu zerstören. Als diese Prophezeiung eintrifft ist es zum allgemeinen Erstaunen Godzilla, der dort als Weltenzerstörer agiert. Erst zertrümmert Godzilla einige Häuser, dann bringt er fast seinen alten Kumpel, den Igel-ähnlichen Anguirus, um. Doch schnell ist das Geheimnis gelüftet. Dieser Godzilla ist gar nicht der echte Godzilla, sondern ein riesiger Roboter namens „King Kong“ (zumindest in der deutschen Fassung), der von Außerirdischen hergestellt wurde, um ihnen zu helfen, die Erde zu unterjochen. Da hat die Menschheit Glück, dass bald schon der echte Godzilla auftaucht und sich schließlich zusammen mit Okinawas Schutz-Gottheit King Caesar dem stählernen Unhold stellt…

Der Ruf der in den 70er Jahren unter der Regie von Jun Fukuda entstanden Godzilla-Streifen mag nicht der beste sein. Tatsächlich sind sie sehr viel bunter, kindischer und lustiger als jene Filme aus den 50er und 60er, für die noch Godzilla-Schöpfer Ishirô Honda verantwortlich war. Wer darüber hinwegsehen kann und sich ein junges Gemüt bewahrt hat, wird aber besonders mit „King Kong gegen Godzilla“ seine Freude haben. Insbesondere, da hier auf nervige Kinderdarsteller verzichtet wurde und mit Mech-Godzilla einer der coolsten Gegner Godzillas seinen ersten Auftritt hat. GoMecha-Godzilla hört in der deutschen Fassung – wie vor ihm schon der Roboter Jet Jaguar – auf den Namen „King Kong“. Ob man in Deutschland – wo der Film am 20. Dezember 1974 anlief – darauf spekulierte, dass er von dem damals erwarteten Erfolg des amerikanischen „King Kong“-Remakes, partizipieren könne oder einfach eine Kontinuität zum Vorgänger herstellen sollte (die 60er Filme waren ja in Deutschland durch einen imaginären „Frankenstein“ im Titel miteinander verbunden) sei dahingestellt.

Trailer für A.r.G.da.Na.ni [vimeo]https://vimeo.com/203988565[/vimeo]

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Das Bloggen der Anderen (08-05-17)

bartonfink_type2– Sehr viel Arbeit hat Filmlichter in seinen umfangreichen Text über den Horrorfilm gesteckt. In einem ausführlichen ersten Teil zeichnet er noch einmal die Geschichte des Genres nach, um im sehr interessanten zweiten Teil seine eigenen Filmerfahrungen mit dem Horrorfilm zu beleuchten und der Frage nachzugehen, warum ihn Horrorfilme so faszinieren.

– Danny Gronmaier und Hannes Wesselkämper entdecken auf critic.de im zweiten Teil des Sehtagebuches über das Sehsüchte-Festival Spannendes über Kampfsport, Drohnen, den Islam und eine brandenburgische Fliesenlegerin. Und Michael Kienzl stellt den Art Director für Louis Malle, Maler, Grafiker, Filmregisseur und Meister der Straßenfotografie, William Klein, vor. Diesem ist in Berlin gerade eine Ausstellung gewidmet.

– Rochus Wolff hat sich auf B-Roll mit „Hanni und Nanni“ und „Burg Schreckenstein“ zwei neuere deutsche Kinder-Kinoserien vorgenommen und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Patrick Holzapfel schreibt über die Vorzüge – und das Verschwinden – kritischer Biographien und darüber, was seiner Meinung nach die Schwächen einer Buchreihe wie „Film Konzepte“ sind.

– Auf seinem eigenen Blog Jugend ohne Film schreibt Patrick über „Secret défense“ von Jacques Rivette, und Rainer Kienböck unter dem Titel „Film und Baukunst“ über einige Filme von Manoel de Oliveira.

– Ein schönes Thema, dem ich in den Filmblogs bisher so nicht begegnet bin: Filmtechnik. Kinogucker erklärt ausführlich das Interlock-Projektionssystem.

– Eine lange Liste. JLM hat auf film-rezensionen.de einmal seinen Lieblingsfilm eines jeden Jahres aufgeschrieben. Beginnend mit dem Jahr 1878!

– gabelingeber hat mal wieder das Konzept seines Blogs Hauptsache (Stumm)Film geändert. Zukünftig steht der Film an prominenter Stelle, der ihm in der laufenden Woche am besten gefallen hat – und nicht mehr eine Entdeckung aus der Vergangenheit (oder seine schöne Rubrik „Gedankensplitter“). Was ich persönlich sehr schade finde. In dieser Woche steht dementsprechend „Hidden – Die Angst holt Dich ein“ im Fokus.

– Auf Parallel Film hat Christoph Hochhäusler einen älteren Text von 2005 online gestellt, der seine ersten Erfahrungen bei den Filmfestspielen in Cannes wiedergibt.

– Werner Sudendorf hat auf new filmkritik einige interessante Eindrücke formuliert, die der Film „Dunja“ von 1955 bei ihm hinterlassen hat.

– Mauritia Mayer hat sich auf Schattenlichter einen meiner liebsten Italo-Filme vorgenommen: Den wundervollen „Femina Ridens“ mit der noch wundervolleren Dagmar Lassander und dem allerwundervollsten Stelvio-Cipriani-Soundtrack.

– Oliver Nöding hat sich auf Remember It For Later an den legendären „The Room“ gewagt. Sein Erfahrungsbericht findet man hier.

– Gangsterzeit bei funxton. Bei ihm geben sich „Al Capone“, „Lepke“ und „Lucky Luciano“ die Klinke in die Hand.

– „Visaranai“ ist nicht nur der erste tamilische Film, der bei den Filmfestspielen von Venedig gezeigt wurde, sondern laut Michael Schleeh von Schneeland auch „ein Film, der bisweilen kaum auszuhalten ist: wegen den enormen psychischen Grausamkeiten“. Mehr darüber: Hier.

– Der Horrorfilm „Get Out“ läuft nicht nur gerade in unseren Kinos, sondern wird von der Kritik auch einhellig gelobt. Auf filmgazette gibt es gleich zwei Besprechungen. Marit Hofmann vergibt gute 7 von 10 Punkten, Nicolai Bühnmann lässt sich sogar zu 9 von 10 hinreißen.

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Blu-ray-Rezension: „Angriff der Riesenkralle“

Während er mit seinem Flugzeug einen Radartest durchführt, glaubt der der Elektronikingenieur Mitch MacAfee (Jeff Morrow) ein riesiges UFO zu sehen. Wieder am Boden, glaubt ihm niemand die Geschichte. Weder die augenblicklich gestarteten Militärflugzeuge, noch die Radarstationen haben etwas ungewöhnliches feststellen können. Doch kurze Zeit später häufen sich die Sichtungen eines gigantischen, vogelähnlichen Gebildes – ohne dass dieses von den Radars erfasst wird. Da die Maschinen der Piloten, die mit dem unheimlichen Phänomen in Berührung gekommen sind, abstürzen und von den Piloten keine Spur zu finden ist, bleibt MacAfee der einzige Augenzeuge. Zusammen mit der Mathematikerin Sally Caldwell (Mara Corday) wird er nach New York beordert. Auf dem Weg dorthin wird ihr Flugzeug allerdings von einem gewaltigen Vogel attackiert…

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

Ich muss es zugeben. Mir hat „Angriff der Riesenkralle“ sehr gut gefallen. Trotz oder wegen des Marionetten-Truthahns? Sowohl als auch. „Angriff der Riesenkralle“ ist ein ganz wunderbares Beispiel für einen B-Film, dessen Drehbuch viel größere Ambitionen hat, als es das lausige Budget hergibt. Ein riesiger Greifvogel, der Düsenjets angreift und Fallschirmspringer als kleine Häppchen zwischendurch verspeist. Der dazu noch eine Welttournee hinlegt und neben Washington, noch London und Paris in Schutt und Asche legt. Massenpanik! Maximale Zerstörung! Heute ein klarer Fall für Emmerich und Co.! 1957 ein Stoff für den Produzenten Sam Katzman und seinen zuverlässigen Routinier Fred F. Sears hinter der Kamera. Der Name Sam Katzman ist mir noch aus Zeiten ein Begriff, als ich mich intensiv mit dem Filmschaffen des Kings, Elvis Presley, beschäftigt habe. Dort wurde hinter dem Namen Katzman immer der Titel „King of the Quickies“ gehängt. Und das war nicht schmeichelhaft gemeint. Schließlich war er als Produzent für den angeblich schlechtesten Elvis-Film „Verschollen im Harem“ verantwortlich. Wie „Angriff der Riesenkralle“ auch so ein Fall, in dem die Ansprüche des Drehbuch (Elvis sah sich nach dessen Durchsicht in einer Rolle, die eines Rudolfo Valentino würdig gewesen wäre) und die gering budgetierte Wirklichkeit zwar weit auseinanderklafften, der Dreh aber ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen wurde.

Dabei war Katzman in den 50er für so schöne wie legendäre B-Filme wie „Fliegende Untertassen greifen an“ und „Das Grauen aus der Tiefe“ verantwortlich. Beide wurden mit Hilfe des Stop-Motion-Gurus Ray Harryhausen realisiert. Harryhausen sollte auch die Effekte für „Der Angriff der Riesenkralle“ anfertigen, was dann aber aus Kostengründen scheiterte. Wäre Harryhausen mit an Bord gewesen, würde „Der Angriff der Riesenkralle“ heute sicherlich in einer Liga mit den vorgenannten Filmen spielen und einen anders gelagerten Kultstatus genießen, als es nun der Fall ist. Denn statt Geld in die Riesenkreatur, die hier einen Ein-Vogel-Krieg gegen die Menschheit führt, zu stecken, wurde nach kostengünstigeren Möglichkeiten gesucht und diese in Mexiko gefunden. Was dort aber fabriziert wurde, hat der wunderbare Filmgelehrte Christian Keßler in seinem empfehlenswerten Buch „Wurmparade auf dem Zombiehof“ Schorsch Schnabel genannt. Eine hässliche Marionette, die aussieht wie eine verunglückte Mischung aus Lämmergier und Truthahn, wobei sie von beiden nicht das Beste mitbekommen hat. An deutlich sichtbaren Fäden wird sie mal von links, dann von rechts durch das Bild gezogen und erinnert in den Momenten, in denen sie auf ihrem Nest oder dem Empire State Building (für ein Riesenmonster natürlich Standesgerecht) in der Tat verdächtig an Urmel aus dem Eis. Aber, trotz des putzigen, ja in der Tat hochgradig Lächerlichen (was hat man sich bloß bei diesem Federschmuck auf dem Kopf gedacht, der aussieht wie ein Staubwedel in der Mauser?) Aussehens hat dieses Vogelmonster Charme und Charakter. Und dies hundertfach mehr, als die seelenlosen CGI-Hai, die „Trash“-Schmieden im Dutzend jeden Monat auf den Markt werfen. Wenn es am Ende sein unvermeidliches Schicksal trifft, dann hat man wirklich Mitleid mit ihm.

Ob das Aussehen der Marionette nun ein Unfall oder Kalkül war, lässt sich wohl nicht mehr herausfinden. Aber es passt perfekt zum großen Wurf des Drehbuchs, welcher vom Budget in keinster Weise umgesetzt werden kann. Trotzdem haben die Macher nicht etwa die kostspieligen Szenen zusammengestrichen, sondern Mittel und Wege gefunden, diese epischen Bilder für den Preis eines Butterbrotes nachzustellen. Das erinnert dann an eine Bande aufgeweckter Kinder, die am Weserstrand „Laurence von Arabien“ nachdrehen. Für die große Massenzerstörung wird auf ganz offensichtliches Stock-Footage und Ausschnitten aus anderen Filmen (vor allem Katzmans eigenen „Fliegende Untertassen greifen an“ zurückgegriffen. In Schauspieler deklamieren Dialoge, wie aus einem Shakespeare-Stück und agieren so ernsthaft, als gelte es einen Oscar zu gewinnen. Auch wenn man Jeff Morrows immer reichlich skeptisch dreinblickenden Gesicht ansieht, dass er zumindest ahnt, was am Ende rauskommt. Auch wenn niemand, aber auch wirklich niemand der Darsteller sicherlich eine Vorstellung davon hatte, wie das Riesenmonster, das die alle bedroht, am Ende aussehen wird. Der Legende nach sah Morrow es erstmals bei der Premiere in seiner Heimatstadt und als das Publikum in schallendes Gelächter ausbrach, flüchtete er schnell aus dem dunklen Kinosaal, um nicht erkannt zu werden.

Aber auch jenseits des wirklich unglaublichen Monsters funktioniert der Film als kuscheliger Unterhaltungsfilm. Die Chemie zwischen den Hauptdarstellern stimmt. Zwar nimmt man dem älteren und nicht durch übermäßige Attraktivität glänzenden Jeff Morrow und der überaus sympathischen Mara Corday das Liebespaar nicht ab, aber sie agieren hier wie gute Freunde, die sich einfach mögen und auch gerne mal necken. Irgendwie fühlt man sich hier an die frühen Scully & Mulder erinnert. Auch wenn die 50er-Hollywood-Konventionen natürlich vorsehen, dass sich die kühle Wissenschaftlerin in den draufgängerischen Typen verliebt. Generell hat man das Gefühl, dass sich die Darsteller gut verstanden haben und auf dem Set eine angenehme Atmosphäre herrscht. Oft wird freundschaftlich auf den Arm oder den Rücken geklopft. Auch die beiden Generäle spielende Morris Ankrum und Robert Shayne machen den Eindruck alte Kumpels zu sein. Ein weiteres Plus ist das von Paul Gangelin und Samuel Newman verfasste Drehbuch, das in die Vollen geht und sich für nichts zu schade ist. Völlig ungezügelt wird der Riesenvogel dann noch zum außerirdischen Supermonster mit Antimaterieschild gemacht. Da fehlt komplett die Schere im Kopf, was geht und was nicht. Da wird einfach gemacht. Zusammengehalten wird das Ganze von Fred F. Sears routinierter Regie. Der Mann der als vielbeschäftigter Schauspieler in Klein.- und Kleinstrollen in Hollywood begann, drehte in nur fünf Jahren führte er in 29 Spielfilmen Regie. Meistens Western, aber auch Musikfilme wie der Billy-Haley-Film „Außer Rand und Band“ oder den bereits erwähnten „Fliegende Untertassen greifen an“. Leider verstarb er schon 1957 mit nur 44 Jahren an Gehirnblutung. „Angriff der Riesenkralle“ war einer seiner letzten Filme.

„Angriff der Riesenkralle“ ist ein durchweg sympathischer Film, der weitaus mehr vom Kuchen abbeißt, als er kauen kann. Und das sehenden Auges. Legendär ist er durch die unglaubliche Marionette geworden, die so was wie einen außerirdischen Riesen-Truthahn darstellen soll. Aber der Film hat ganz anderere Qualitäten. Figuren, denen man gerne beim manchmal doch absurden Treiben zuschaut, ein hohes Tempo, eine sehr solide Regie und vor allem ein Drehbuch, welches von vornherein Vollgas gibt und einen großen Science-Fiction-Monster-Katastrophenfilm konzipiert, auch wenn der Produktion gar nicht die Mittel zur Verfügung stehen, um das alles adäquat umzusetzen. Aber irgendwie hat man es dann doch versucht – und ein schwer unterhaltsames Stückchen klassischen B-Film geschaffen. Mit einem wahrlich unvergesslichen Filmmonster.

Auch mit der neusten Veröffentlichung seiner „Rückkehr der Galerie des Grauens“ versorgt Anolis Monster- und Horrorfans mit einer kleinen Rarität. Zumindest in Deutschland dürfte „The Giant Claw“ noch relativ unbekannt sein. Erst 1996 – also 39 Jahre nach seiner Herstellung – erlebte der Film unter dem Titel „Angriff der Riesenkralle“ auf RTL seine Deutschland-Premiere. RTL ließ auch die deutsche Synchronfassung herstellen, die wie leider sehr viele TV-Synchronisationen zwar routiniert, aber auch recht leblos und klinisch klingt. Neben dieser deutschen Fassung hat die mal wieder vorbildliche „Anolis“-Scheibe aber auch einen sehr sauberen Originalton mit dabei, der hier vorzuziehen ist. Auch die Bildqualität ist vom Feinsten und eigentlich schon zu gut für diesen Film. Dr. Rolf Giesen spricht in seiner Einführung dann auch von „falscher HD-Aufbereitung“ – womit er allerdings meint, dass durch das kristallklare Bild die Fäden deutlich zu erkennen sind, an der die vogel-Marionette durch das Bild gezogen wird. In den alten 35mm-Versionen wäre das in dieser Deutlichkeit nie zu erkennen gewesen. Anolis stellt diese missverständliche Aussage bezüglich „falscher Aufbereitung“ dann auch noch einmal auf einer Texttafel klar. Wie schon gewohnt, gibt es auch wieder zwei Audiokommentare. Auf dem ersten sind Ingo Strecker (der auch das informative 16-seitige Booklet schrieb) und Thomas Kerpen zu hören. Auf dem zweiten das bewährte Trio Dr. Rolf Giesen, Uwe Sommerlad und Label-Chef Ivo Scheloske. die mexikanische und spanische Titelsequenz, sowie der US-Trailer runden diese wie gewohnt schicke Edition ab.

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Das Bloggen der Anderen (02-05-17)

bartonfink_type2– Daniel Sponsel, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Dokfest München, schreibt auf out-takes darüber, was der Dokumentarfilm leistet und warum er so wichtig ist.

– Einen polnischen Dokumentarfilm stellt Oliver Armknecht auf film-rezensionen.de vor. Es handelt sich um „All These Sleepless Nights“ bei dem Regisseur Michal Marczak zwei Kunststudenten durch das Nachtleben von Warschau folgt und „mit seiner rauschhaften Bild-Musik-Mischung hypnotisiert“. Der Film läuft auf dem polnischen Filmfest FilmPolska (3.5.-10.5. in Berlin), welches hier vorgestellt wird.

– Michael Schleeh hält sich noch immer auf dem Hong Kong International Filmfestival auf, wo er den japanischen Film „Vanitas“ von Takuya Uchiyama gesehen hat. Wie gut er ihm gefallen hat, liest man auf Schneeland.

– Lukas Stern berichtet für critic.de vom Crossing-Europe-Festivals in Linz. Hier findet man Teil 1 und Teil 2. Seine Kollegen Danny Gronmaier und Hannes Wesselkämper berichten vom 46. Internationalen Studierenden Filmfestivals „Sehsüchte“, welches unter der Schirmherrschaft von Andreas Dresen steht.

– Florian Krautkrämer hat auf Daumenkino ein sehr interessantes Essay über den Aufstieg der Streaming-Dienste, der Verdrängung am Markt, ihren Einstieg ins Filmgeschäft und die Rolle der Deutschen Filmförderung geschrieben.

– Andreas Köhnemann schreibt auf B-Roll darüber, wie der zeitgenössische Horrorfilm die Schrecken des Rassismus verarbeitet. Joachim Kurz macht sich Gedanken über das diesjährige Programm in Cannes und Lucas Barwenczik hat beobachtet, wie Hollywood den Nerd als Zielgruppe entdeckt hat und was das eigentlich ist, ein Nerd.

– Am 26. April verstarb der Regisseur Jonathan Demme, dem man neben seinem berühmtesten Filmen „Schweigen der Lämmer“ und „Philadelphia“ auch den Konzertfilm „Stop Making Sense“, sowie einige schöne Roger-Corman-Produktionen verdankt. Der Kinogänger und Die 5 Filmfreunde haben ihm jeweils einen Kurznachruf gewidmet.

– Viktor Sommerfeld hat auf Jugend ohne Film ein Gespräch mit dem Kurator Alejandro Bachmann des Diagonale-Programm “This is not America – Austrian Drifters” über die Entstehung des Programms, das Verhältnis von Film und Begriff und die möglichen Verbindungslinien von Film und Pop geführt.

– LZ schreibt auf screen/read über Terrence Malicks Mammut-Projekt „Song to Song“, welches drei Jahre in Anspruch nahm.

– Wolfgang Nierlin ist begeistert von Angela Schanelecs neuem Film „Der traumhafte Weg“ und vergibt auf Filmgazette 9 von 10 Sternen.

– gabelinger hat auf Hauptsache (Stumm)Film wieder einen bunten Strauss (ganz ohne Stummfilm) zusammengestellt. Besonders gut gefiel mir die Rubrik „Kino anderswo“. Davon würde ich gerne mal mehr lesen.

– Oliver Nöding zog es auf Remember It For Later in den Spessart, wo er mit Liselotte Pulver ins Wirtshaus eingekehrt ist, das Spukschloss besichtigte und schließlich (dann gar nicht mehr so) herrliche Zeiten verlebte.

– Zwei große Empfehlungen aus Italien hat funxton im Gepäck. Damiano Damianis „Ich habe Angst“ und Enzo G. Castellaris „Tote Zeugen singen nicht“. Könnte eines der tollen Labels sich mal dieser Kandidaten annehmen?

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Filmbuch-Rezension: „Der verletzliche Blick – Regie: Dario Argento“

Vor knapp vier Jahren erschien bei Bertz+Fischer das Buch „Dario Argento – Anatomie der Angst“ (Rezension hier), als erstes deutschsprachiges Buch, welches sich auf wissenschaftliche Art und Weise mit dem italienischen Regisseur Dario Argento beschäftigte. Der Ansatz war damals, die Filme für sich sprechen zu lassen. Also dem Regisseur die Deutungshoheit über sein Werk zu nehmen, und sich somit ganz allein auf das zu beziehen, was für alle sichtbar ist. Eine Methode, die von vielen Filmwissenschaftlern immer wieder protegiert wird. Nun ist ein neues, deutschsprachiges Buch über Argento erscheinen. Geschrieben wurde es von Robert Zion, der bereits Bücher über William Castle und Vincent Price veröffentlicht hat. Und Robert Zion geht nun den anderen Weg und gibt Argentos Stimme wieder Gehör. Seine Untersuchungen der Argento’schen Filme unterfüttert er mit zahlreichen Zitaten des Regisseurs und verortet die Filme in dessen Biographie, wie er auch biographische Details aus Argentos Leben für seine Interpretation und Bewertung der Film zu Rate zieht. Dieser konträre Ansatz zu „Anatomie der Angst“ macht „Der verletzliche Blick – Regie: Dario Argento“ damit zu einer spannenden Ergänzung zu jener Veröffentlichung.

Robert Zion beschränkt sich auf zehn Filme, die er als Argentos Hauptwerk definiert, oder die er für Argentos künstlerische Entwicklung am Wichtigsten hält. Über die Auswahl kann man natürlich streiten. So steigt Zion erst bei „Vier Fliegen auf grauem Samt“ ein und verbucht die beiden Vorgängerfilme unter „Fingerübungen“. Auch Argentos ungewöhnlichstes Werk „Die Halunken“, welches so vollkommen aus seinem sonstigen Oeuvre herausfällt und daher meiner Meinung nach eine nähere Betrachtung verdient hätte, wird nur in ein paar wenigen Sätzen als misslungen abgewatscht. Auch das umstrittene Spätwerk wird außer acht gelassen. Zions Buch endet mit „Sleepless“. In Anbetracht der Tatsache, dass gerade diese Filme von den Fans regelmäßig in der Luft verrissen und regelrecht mit Hass übergossen werden, hätte ich mir an dieser Stelle einmal eine konträre Meinung gewünscht. Doch da auch Zion Filme wie „The Card Player“ oder „The Mother of Tears“ als größtenteils missraten und damit für den Kern seines Buches als unerheblich ansieht, werden sie allenfalls gestreift. Ein wenig Bauchgrummeln macht mir auch die Herabsetzung anderer Regisseure, insbesondere Lucio Fulcis und hier explizit dessen „New York Ripper“, demgegenüber Robert Zion eine in Abscheu übergehende Aversion hegt.

Was Robert Zion zu den von ihm in den Fokus gestellten Argento-Filmen zu sagen hat, ist aber hochinteressant und dürfte auch für den Kenner der Materie einige neue Einsichten bieten. Dabei ist spannend, wie „Phenomena“ als Wendepunkt in Argentos Filmographie – und seiner Art Filme zu machen – herausgestellt wird. Zuvor waren Argentos Filme laut Zion abstrakt und von jungschen Archetypen geprägt. Mit „Phenomena“, den Zion als ersten – wenn auch nicht ganz gelungenen – autobiographischen Film Argentos ansieht, ändert sich dies. Die Figuren werden psychologisch unterfüttert und statt an Jung, orientiert sich Argento nun an Freud. Auch das Abstrakte seiner Kunst nimmt ab. Argentos Fokus ändert sich dadurch und man kann seine Filme von seiner ganzen Herangehensweise und Intention in ein „Vorher“ und „Nachher“ einteilen. Auch in „Terror in der Oper“ findet Zion zahlreiche autobiographische Details und gleichzeitig eine Psychologisierung der Bilder. „Aura“ ist für ihn schließlich das, was „Phenomena“ sein wollte – ein Schlüsselfilm, der viel über Argento erzählt, und von ihm als versteckte Autobiographie konzipiert wurde. Besonders erfreulich ist die Wertschätzung, die Zion dem oftmals stark unterschätzen „The Stendhal Syndrome“ zukommen lässt. Für ihn ist „The Stendhal Syndrome“ Argentos Meisterwerk. Eine Bewertung, die sicherlich kontrovers diskutiert werden kann, aber von Zion sehr überzeugend hergeleitet wird. Aufschlussreich sind die vielen Verweise dieses Films auf die Welt der Malerei, die Zion hier herausarbeitet. Interessant sind auch seine knappen Ausführungen zu „Das Phantom der Oper“ im „Sleepless“-Kapitel, welche den Film durchaus in einem neuen, positiven Licht erscheinen lassen. „Sleepless“ selber bildet nicht nur den Schlusspunkt des Buches, sondern für Robert Zion auch den perfekten Abschluss für Argentos Karriere als bedeutender Filmemacher. Dementsprechend werden Argentos weitere Filme nur noch im Vorübergehen angerissen. Für Robert Zion ist Argento ein Künstler des 19. Jahrhunderts, der seine Kunst nicht mehr ins 21. Jahrhundert transportieren konnte.

Abgerundet wird das Ganze durch einen 25-seitigen Epilog, der noch einmal sehr schön die vorhergehenden Punkte bezüglich Argentos Stils – wie die Parallelen zur Malerei -, seiner Inhalte und seiner Bedeutung für die Filmgeschichte noch einmal aufgreift und verdichtet.  Eine detaillierte Filmographie seiner Kinofilme (bei der der TV-Film „Do You Like Hitchcock?“ zwar aufgenommen wurde, seine sonstigen TV-Arbeiten aber leider keine Beachtung finden) und ein ausführliches Literatur- und Quellenverzeichnis beschließen das Buch.

Robert Zion hat ein sehr interessantes Buch über Dario Argento geschrieben, welches dem Leser viele spannende, neue Denkansätze nahe bringt, die natürlich auch kontrovers diskutiert werden können. Insbesondere, was die Bewertung einiger Filmen (vor allem außerhalb von Argentos Werk) angeht. Sehr gelungen ist die Erläuterung der Hauptthesen anhand von 14 farbigen Bildtafeln in der Mitte des Buches. Der einzige Kritikpunk wäre das mangelnde Lektorat, welches am Anfang des Buches (und dann nochmal im „Phenomena“-Kapitel) durch unnötige Rechtschreibfehlern und einer Vorliebe für endlose Schachtelsätze auffällt. Dies gibt sich dann aber recht bald im weiteren Verlauf des Buches und soll auch bei einer bald anstehenden zweiten Auflage überarbeitet werden. Von daher steht einer Empfehlung nichts im Wege.

Robert Zion Der verletzliche Blick – Regie: Dario Argento“, Books on Demand, 368 Seiten, € 28,99

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In eigener Sache: Mein erstes Booklet ist da

Endlich ist es auch bei mir angekommen. Die wunderbar aussehende dritte Folge der „Mario Bava Collection“ aus dem Hause Koch Media: Das Mediabook von „Die toten Augen des Dr. Dracula“ mit meinem ersten Booklet! Daran gekommen bin ich durch meinen ehrenamtlichen Nebenjob als stellvertretender Chefredakteur des „35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin“. So ist das Booklet dann auch eine Kooperation zwischen der „35 Millimeter“ und Koch Media.

Einmal ein Booklet für eine DVD- oder Blu-ray-Veröffentlichung zu verfassen, ist wahrscheinlich der Traum eines jeden, der gerne über Filme schreibt. Bei mir war es das jedenfalls – was dieses euphorische Poser-Posting hoffentlich rechtfertigt. Vielleicht kann sich der ein oder andere Stamm-Booklet-Autor, für den das Schreiben von Booklets mittlerweile Routine geworden ist, und der über mein Geschreibsel hier nur müde lächeln kann, sich noch daran erinnern, wie es war, als er das erste Mal ein von ihm verfasstes Booklet in der Hand hielt. Vielleicht erging es ihm da ja ebenso wie mir jetzt.

Auf jeden Fall hat es mir sehr viel Freude bereitet, für das Booklet zu recherchieren und es letztendlich zu schreiben. Mein Dank geht hier an Thomas „DrDjangoMD“ Hödl, der da netterweise immer mal wieder drauf geschaut hat, ob man hier und da noch etwas umformulieren oder klarer schreiben kann. Und etwas Romantik ist mir auch genommen worden. In meiner naiven Vorstellung habe ich ja geglaubt, bei so etwas arbeitet man sehr eng mit dem Verlag und einem Lektorat zusammen. Dem war hier nicht so. Nach Abgabe des Textes habe ich bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich das Booklet jetzt in den Händen hielt, nicht gewusst, was mit meinem Text passiert und wie das Ganze am Ende aussieht. Ich muss aber sagen, dass ich hochzufrieden mit dem Resultat bin. Es war eine tolle Erfahrung und das Endprodukt erfüllt mich – wie man sicherlich gerade deutlich merkt – mit einem gewissen Stolz.

Jetzt bin ich der zweite Bremer in der Geschichte, der jemals ein Booklet für einen Mario-Bava-Film verfasst hat. Toll! 🙂

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Vorschau: 3. Filmfest Bremen – 22.-24. September in der Schauburg

Vom 22. bis 24. September wird nun schon zum dritten Male das Filmfest Bremen ausgerichtet.

Nachdem in den Vorjahren das Cinemaxx Veranstaltungsort war, wird diesmal in die Schauburg gewechselt.

Und nach einem, bzw. im letzten Jahr schon zwei Festivaltagen, läuft das Filmfest Bremen in diesem Jahr ganz drei Tage lang.

Gezeigt werden wieder Filme von oder mit Bremer Filmschaffenden, Filme mit Bremen als
Drehort oder inhaltlichem Bremenbezug. Darunter sind Spielfilme, Kurzfilme, Dokumentationen,
Experimentelles und neue filmische Formate.

Über das reine Filmprogramm hinaus versteht sich das Filmfest auch als Plattform zum aktiven Austausch
zwischen Filmschaffenden und Publikum. Neu ist dabei das SYMPOSIUM BREMER FILM.

Wie auch in den letzten beiden Jahren wird wieder der Kurzfilmwettbewerb KLAPPE!
ausgeschrieben. Eine Woche vor Festivalbeginn, am 15. September 2017, wird das diesjährige
Motto bekanntgegeben. Ab diesem Zeitpunkt haben Interessierte 48 Stunden Zeit, ihren
Filmbeitrag einzureichen und die Chance, die gut dotierten Publikums- oder Jurypreise zu
gewinnen. Alle eingereichten Filme werden im Rahmen des Filmfestes zu sehen sein und auch die
Gewinner bei einer Preisverleihung vor Ort bekanntgegeben.

Der Festivalpass für drei Tage kostet 20 Euro und gilt für alle Filmvorführungen, Panels und
Veranstaltungen im Rahmen des 3. Filmfest Bremen. Tageskarten bzw. Einzelveranstaltungen
kosten 8 Euro. Der Kartenvorverkauf startet im Juni 2017 über Nordwest Ticket und die Bremer
Filmkunsttheater.

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„35 Millimeter“-Magazin: Ausgabe 20 erhältlich

Bei unserem „35 Millimeter“-Magazin gab es in den letzten Monaten einen ziemlichen Wechsel bei den Stammautoren. Es ist jede Menge frisches Blut dazu gekommen, was dem Magazin meiner Meinung nach sehr gut getan hat. Ausgabe #20 ist nun das erste Heft dieser „neuen Ära“ und ich bin gespannt, wie es bei unseren Lesern ankommt. In der Titelstory dreht sich diesmal alles um die Universal-Studios und dabei wird nicht nur auf die Horrorfilm eingegangen, was ich sehr erfrischend finde. Ich selber habe diesmal etwas über den mexikanischen Horrorfilm und die „Momia Azteca“-Trilogie geschrieben.

TITELSTORY: UNIVERSAL STUDIOS

TITELSTORY – DIE MUMIE: Karl Freunds Vermächtnis an die Universal Studios
TITELSTORY – Boris Karloff: Gefangen im Käfig des
TITELSTORY – Watson, ich kombiniere – Sherlock Holmes und die UNIVERSAL
TITELSTORY – LON CHANEYS FINSTERE GEHEIMNISSE – DIE INNER SANCTUM-MYSTERIES – Teil 1
TITELSTORY – Motion is Emotion – Douglas Sirks Universal-Melodramen
TITELSTORY – CARL LAEMMLE presents… – Ein jüdischer Schwabe erfindet Hollywood

MUMIE MEXICAN STYLE – Der mexikanische Horrorfilm und die „Momia Azteca“-Trilogie

HITLERS HOLLYWOOD – Interview mit Regisseur Rüdiger Suchsland

DER FREMDE BLICK – Michelangelo Antonioni und seine Filme – Teil 3: Reifeprozesse

WOLFGANG NEUSS UND WOLFGANG MÜLLER – Marx Brothers im Adenauerland

FILM NOIR – The Dark World of Richard Fleischer

FREUD, FEMME FATALE UND FEMINISMUS – Teil 2 – Die Frau im Werk Otto Premingers

LUIS BUNUEL – Teil 2: Wiederkehrende Motive in seiner mexikanischen Schaffensphase

KOLUMNE: CINEMAZZURRO – DIE LETZTEN ZWEI VOM RIO BRAVO

RAJ KAPOOR – Der indische Vagabund

Heft #20 kann man HIER für € 4,00 zzgl. Versand beziehen.

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