Blu-ray-Rezension: „The Friendly Beast“

Im Restaurant La Barca möchte man langsam schließen. Doch noch sitzt ein letzter Gast über seinem Essen und zum Verdruss des Personals kommt noch das angeschickerte, aber zahlungskräftige Pärchen Bruno (Jiddu Pinheiro) und Verônica (Camila Morgado) durch die Tür und verlangen bedient zu werden. Restaurantbesitzer Inhaber Inácio (Murilo Benício) setzt sein freundlichstes Gesicht auf, befiehlt seinem maulenden Personal zu bleiben, was zu Spannungen zwischen ihm und dem ohnehin schon genervten Koch Djair (Irandhir Santos) führt. In dieses explosive Gemisch platzen plötzlich zwei maskierte Räuber mit Pistolen. Sie verlangen die Tageseinnahmen und beginnen Verônica und die Inácio treu ergebene Kellnerin Sara (Luciana Paes) sexuell zu attackieren. Doch dann nimmt das Szenario plötzlich eine unerwartete Wendung…

Wer schon einmal im Dienstleistungsgewerbe oder Verkauf gearbeitet hat, der kennt das. Der ersehnte Feierabend rückt näher, man ist gedanklich schon im Bett oder zumindest raus aus dem Hamsterrad, da schneit in letzter Sekunde noch ein Gast/Kunde rein und macht die schöne Aussicht auf ein baldiges Arbeitsende zunichte. Minuten dehnen sich unendlich und die Ungeduld wächst, trotzdem muss man eine gute Mine zum nervigen Spiel machen.

Dies ist auch die Ausgangssituation in Gabriela Amarals „The Friendly Beast“. Alle wollen nach Hause, doch das eklige Yuppie-Pärchen benimmt sich als gehöre ihm der Laden und alle darin. Doch man bleibt freundlich. Aber hinter der lächelnden Fassade regt sich das Biest. So wie der Titel es verspricht. Die brüchige Zivilisation hält alles noch zusammen, aber wehe, wenn die Maske fällt. Dann bricht sich das Biest seine Bahn. Wer es nicht glaubt, der kann ja mal die Kommentarspalten bei Spiegel Online oder der einer beliebigen Tageszeitung lesen. Der nackte Mensch, der sich ganz seinen niedrigsten Empfindungen, seinem aufgestauten Hass und seinem egozentrischen Weltbild hingibt ist das pure Grauen. Wenn sich Inácio in „The Friendly Beast“ seiner freundlichen Maske entledigt und alle zivilisatorischen Schranken niederreißt, dann ist es da: Das Biest, welches nur noch sich selbst kennt und alle anderen seiner eigenen Person unterordnet. Mit allen Konsequenzen.

Regisseurin Gabriela Amaral exerziert den Zerfall von Zivilisation und Macht desjenigen der die (Waffen)Gewalt sein eigen nennt, auf kleinstem Raume durch. Niemals verlässt die Kamera das kleine Restaurant, alles eskaliert in der Enge des Gastraums, der Küche, ein paar Gängen, der Toiletten. Ein eigener Kosmos in dem die Gäste zunächst wie Fremdkörper, wie Eindringlinge wirken, die das sowieso schon fragile Gebilde der Angestellten noch mehr ins Wanken bringen. Da ist auf der einen Seite der Besitzer der Bar. Inácio (dessen Aussehen mich entfernt an Glenn Danzig erinnert) spielt ihn als ruhig lächelnden Vulkan vor dem Ausbruch. Einmal telefoniert er mit seiner Frau, deren Beschimpfungen (man hört sie nicht, sondern ist ganz auf Inácios Reaktionen angewiesen) er mit sanften Beschwichtigungen pariert. Nur um dann nach dem Auflegen in einem Akt plötzlicher Gewalt den Seifenspender von der Wand zu schlagen. Danach informiert er seine Kellnerin auf dieselbe unaufgeregte Weise mit der er vorher sein Telefonat geführt hat, dass jemand den Seifenspender beschädigt habe. So möge sich doch bitte darum kümmern. Inácio ist manisch auf sein Restaurant fixiert und definiert sich als Person ganz über dessen Erfolg, Entsprechend traumatisiert ist er von einem früheren Überfall, der für ihn offensichtlich eine gewaltsames Eindringen in sein Innerstes, seine Seele war – ein Art der Vergewaltigung war. Als sich dies nun wiederholt, die Täter nicht nur Geld wollen, sondern auch seine Gäste (von denen er annimmt, sie könnten seinem Restaurant nutzen) sexuell drangsalieren, reicht dies aus, um Bestie aus ihrem Versteck zu befreien.

Inácios Schutzpanzer fällt. Er will sich rächen, es allen zeigen: Den Tätern, die seinen Traum von einem erfolgreichen Restaurant zerstören und in seinen Rückzugsort eindringen. Den Gästen mit ihren unverschämten Forderungen, die auf ihn hinab blicken und deren Launen er hilflos ausgeliefert ist – so denn er eine gute Bewertung bekommen möchte. Und dem Koch, den er schon lange verdächtigt einen geheimen Krieg gegen ihn und sein Restaurant zu führen. Ihn allen zeigt er es. Er, der immer nur sein freundlichen Gesicht zeigen darf und der sich doch von allen angegriffen und bedroht fühlt: Seiner Frau, dem Koch, den Gästen, den kriminellen Eindringlingen.

Ihm zur Seite wird die interessanteste Figur des Filmes gestellt: Die Kellnerin Sara, kongenial gespielt von Luciana Paes. Von der ersten Sekunde liest man in ihrem Gesicht ihre ganze Geschichte. Unzufrieden mit sich und ihrer Umwelt. Feststeckend in einem Job, den sie hasst. Indem sie sich jeden Tag verbiegen muss und ebenfalls eine Maske aufziehen. Auch sie ist ein „friendly beast“ hinter dessen Fassade Abgründe lauern. Als die Situation eskaliert muss sie sich entscheiden :Solidarität mit den Opfern oder ein Pakt mit der Macht. Mit demjenigen, der diese aufgrund der Waffe in seiner Hand ausüben kann. Derjenige, der sie ebenfalls ermächtigen kann. Sie entscheidet sich für letzteres, wird aber nicht selber mächtig, sondern weiterhin unterdrückt von dem Mann mit der Waffe. Doch die Ausnahmesituation im Restaurant lässt sie wachsen, ihre innere Stärke finden, Entscheidungen treffen. Am Ende wird sie mächtiger sein als der Typ, der die Befehle gibt. Sie wird sich mit allen Konsequenzen nehmen, was sie will. In einer der bizarrsten Sexszenen der letzten Jahren wird sie neu geboren, übernimmt die Kontrolle, arbeitet ihren Frust ab. Ermächtigt sich selber. Und dafür braucht sie keine Waffe. Man muss hier an Eckhart Schmidts „Der Fan“ denken, der eine ganz ähnliche Geschichte erzählt. Ein direkter Vergleich wäre interessant,

Neben Murilo Benício und Luciana Paes ist es vor allem der wunderbare Irandhir Santos, welcher den Film trägt. Als offen homosexueller Koch Djair scheint er für den betont maskulinen Inácio von Grund auf eine Gefahr darzustellen. Immer wieder verdächtigt …ihn, hinter dem Überfall zu stecken. Oder sein Restaurant sabotieren zu wollen. Und in einer der prägnantesten Szenen kommt es noch zu einer symbolischen Kastration, mit der Inácio Djair seiner sexuellen Macht berauben will. Diese Angst Inácios dass seine Männlichkeit in Frage gestellt wird von diesen „weibischen“ Wesen ist eine weitere Ebene, auf der „The Friendly Beast“ operiert.

Bildstörung hat mit „The Friendly Beast“ endlich die Nummer 033 seiner Drop-Out-Reihe veröffentlicht. Und dies in gewohnt hoher Qualität und mit viel Liebe. Das Bild ist gewohnt gut, der Ton räumlich und lebhaft. Eine Synchronisation gibt es nicht, der Film liegt auf Portugiesisch mit deutschen Untertiteln vor. An Extras wurde nicht gegeizt. Auf der Blu-ray enthalten sind zwei Kurzfilme von Gabriela Amarala Almeida. In „Die helfende Hand“ (19 Minuten), einem seltsamen Albtraum von einem Kindergeburtstag, gibt es ein Wiedersehen mit der Luciana Paes, der Darstellerin der Sara. In dem mit 25 Minuten etwas längeren „Keine Bewegung!“, übt Almeida das Spiel mit unterschwelliger Bedrohung und subtilen Andeutungen, wenn ein schwangeres Kindermädchen an ein seltsames, kleines Mädchen gerät. Ferner gibt es noch einen Audiokommentar der Regisseurin (auf Portugiesisch mit dt. Untertiteln) und ein hochinteressantes, 20-seitiges Booklet mit Texten von Kat Ellinger und Shelagh Rowan-Legg.

Der nur über den Bildstörung-Shop erhältlichen Limited Edition liegen neben Blu-ray und DVD auch eine Soundtrack-CD bei, auf der man Rafael Cavalcantis wunderbar dichte und bedrohliche Synthie-Musik noch einmal auf der heimischen Stereo-Anlage genießen kann.

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Das Bloggen der Anderen (22-07-19)

– Die Produzenten-Legende Artur Brauner starb im stolzen Alter von 100 Jahren. Katrin Doerksen blickt auf kino-zeit.de auf seine Karriere zurück (Achtung: Klick-Strecke).

– Noch einmal das wunderbare Festival Il Cinema Ritrovato. Diesmal aus der Sicht von Thomas Ressel von Daumenkino, der sich die Reihe „We Are the Natives of Trizonia’: Inventing West Germany Cinema, 1945-49” angesehen hat.

– Sophie Charlotte Rieger interviewt auf Filmlöwin Anna de Paoli und Joya Thome über deren Projekt „Film macht Schule“.

– Thomas Groh weist auf seinem Logbuch auf zwei spannende Radio-Features mit und über Klaus Lemke hin.

– Gewohnt ausführlich und höchst informativ hat sich Manfred Polak auf Whoknows presents den ausgesprochen merkwürdigen und mir schon von mehreren Seiten empfohlenen „Born of Fire“ von Jamil Dehlavi vorgenommen.

Filmlichtung verweist auf einen spannenden Artikel über „Etruskischen Horror“ auf der Seite Fantastische Antike, die sich auf Antikenrezeption in Science-Fiction, Fantasy und Horror spezialisiert hat und hiermit empfohlen ist. Der Gastbeitrag der französischen Doktoranwärterin in Kunstgeschichte Julie Labregère (auf Deutsch übersetzt vom Blog-Betreiber) ist gerade vor dem Hintergrund des im September anstehenden Deliria-Italiano-Treffens in Hamburg und dem 35mm-Screening von „Das Geheimnis des Gelben Grabes“ sehr interessant.

– Ebenfalls sehr detailliert und nachdenklich nähert sich Artjom Tom Klester auf Das Tagebuch der EuleAmbivalenz und Rassismus – Das moralische Labyrinth von Dragged Across Concrete (2019)“.

– André Malberg mit einer weiteren Solo-Show auf Eskalierende Träume. Zunächst schreibt er über „Un couteau dans le cœur“, der gerade im Kino angelaufen ist und überall sehr wohlwollende Kritiken bekommt. Auch André spricht eine Empfehlung aus. Zum im Thema zu bleiben: Pornoindustrie der 70er: Roberta Findlays „Fantasex“. Viel Text (auf Englisch) und reich (aber nicht explizit) bebildert. Und zuletzt ebenfalls sehr vorbildlich besprochen: „La morte ha sorriso all’assassino“ von 1973. Der einzige Film, den „Onkel“ Joe D’Amato mit seinem richtigen Namen Aristide Massaccesi unterzeichnete.

– Bleiben wir in Italien: Nischenkino stellt die neuen Veröffentlichungen „Blutspur im Park“ und „Magnum 45“ vor.

– „Magnum 45“ konnte auch funxton begeistern, der ihn „Obskur, bizarr, schön!“ nennt. Ebenfalls für absolut empfehlenswert hält er auch „Fango Bollente“ mit Joe Dallsandro und – überraschenderweise – „The Man Who Killed Hitler And Then The Bigfoot“, der scheinbar gar kein „Trash-Fest“ ist, wie der Titel vermuten lässt, sondern ein weher leiser, melancholischer Film.

– Heiko von Allesglotzer schaut angesichts eines Werkes wie dem amerikanisch-philippinischen „Raw Force“ in die eigenen (Film)-Biographie, stellt aber am Ende fest, dass solch ein Film ihn noch immer amüsieren kann.

– Christian von Schlombies Filmbesprechungen ist wieder im Retrospektiven-Modus und nimmt sich die „Dirty Harry“-Reihe vor.

– Zum Abschluss noch einmal zeitgenössisches deutsches Kino: Filmlichter zeigt sich fasziniert von Jakob Lass‘ „Tiger Girl“. Nur den scheinbar obligatorischen Hinweis auf „Schweiger RomComs und Nazi-Betroffenheit“ fand ich mal wieder unnötig. Warum muss in jedem Review eines gelungen deutschen Filmes (und davon gibt es viele) darauf hingewiesen und (unterschwellig) angedeutet werden, dass das natürlich eine Ausnahme ist?

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Das Bloggen der Anderen (15-07-19)

– Die halbe Belegschaft von critic.de war auf einem jener großartigen Filmfestivals, welches mich ausgesprochen reizen würde. Vergesst Berlin oder Cannes, mich würde es gerne mal nach Bologna zum Il Cinema Ritrovato ziehen. Was da alles Großartiges gezeigt wird, verraten u.a. Andrey Arnold, Michael Kienzl und Silvia Szymanski.

– Dass mich allerdings auch Neuchâtel International Fantastic Film begeistern könnte, habe ich ja schon letzte Woche verlauten lassen. Sennhausers Filmblog berichtet diesmal über die dort gezeigten Filme „Daniel Isn’t Real“ (mit Schwarzenegger-Sohn Patrick in der Titelrolle), dem sehr interessant klingenden „Les Particules“ von Blaise Harrison und dem No-Budgetfilm „Das Höllentor von Zürich“ von Cyrill Oberholzer (inklusive Link zum kompletten Film).

– Mit einiger Verzögerung setzt Elmar Podlasly auf Retrospect Magazine seinen sehr lesenswerten Bericht von den internationalen Stummfilmtagen in Bonn 2017 (!) mit den Teilen 5 bis 9 fort.

– Rüdiger Suchsland schreibt auf out takes über das Filmfest München und fordert: „Wir brauchen eine Revolution im deutschen Film! Eine Revolution der Filme gegen die Funktionäre, der Filmemacher gegen die Amigo-Klüngel, der Filmproduzenten gegen die Allianzen der Verhinderung und des Weiter So, des Kinos gegen die Streaming-Dienste, der neuen Ideen gegen die Krise.“

– Noch einmal Filmfest München. Patrick Holzapfel auf Jugend ohne Film über den dort gelaufenen „A Vida Invisível de Eurídice Gusmão“ von Karim Aïnouz.

– Und Filmfest München zum Dritten: Die Redakteure von kino-zeit.de stellen ihre Favoriten vor (Achtung: Klick-Strecke). Elisabeth Hergt erinnert in einem schönen Portrait an Dennis Hopper. Und Katrin Doerksen nimmt Shelley Duvalls 70. Geburtstag zum Anlass, um sich über Machtmissbrauch am Filmset Gedanken zu machen.

– André Malberg schreibt auf Eskalierende Träume in der Kolumne „100 deutsche Lieblingsfilme“ über Frank Wisbars letzten Film: „Marschier oder krepier“ von 1962.

– Beim Konzert von Fabio Frizzi in Hamburg vor einigen Monaten, spielte der Meister auch seine Titelmusik aus „Puppetmaster: The Littlest Reich“. Die im Hintergrund laufenden Bilder machten uns kollektiv Neugierig. Funxton hat den Film jetzt gesehen. Außerdem stellt er den gerade bei Cinema Obscura rausgekommenen „Una Farfalla Con Le Ali Insanguinate“ von Duccio Tessari vor.

Schattenlichter ist diesmal nicht im Italo-Gefilde unterwegs, sondern verbindet Kindheitserinnerungen mit einer Besprechung von „Link, der Butler“.

– Oliver Nöding hat auf Remember It For Later noch immer die 80er Teenie-Filme am Wickel und hat sich diesmal „Risky Business“ mit Tom Cruise und „Revenge of the Nerds“ vorgenommen. Außerdem hat er eine sehr interessante und lesenswerte Kritik zu Panos Cosmatos‘ „Mandy“ geschrieben.

– Interessanter Zufall. Anlässlich meiner Ausführungen zur neuseeländische Filmgeschichte, die ich anlässlich meiner Einführung beim Weird-Xperience-Screening von „Mega Time Squad“ hielt, stolperte ich über den in Neuseeland tierisch erfolgreichen, hierzulande aber ziemlich unbekannten „Wo die wilden Menschen jagen“. Bullion von moviescape hat ihn gesehen.

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DVD-Rezension: „Godzilla und die Urweltraupen“


Nach einem gewaltigen Storm treibt ein gigantisches Ei vor der Küste Japans. Während Militär und Wissenschaftler noch nicht genau wissen, was sie damit anfangen sollen, haben die geschäftstüchtigen Küstenbewohner es bereits an den Geschäftsmann Kumayama (Yoshifumi Tajima) verkauft. Dieser handelt im Auftrag des finsteren Jiro Torahata (Kenji Sahara), der aus dem Ei eine große Show-Attraktion machen will. Der Reporter Ichiro Sakai (Akira Takarada), seine Fotografin Junko Nakanishi (Yuriko Hoshi) und der Professor Miura (Hiroshi Koizumi) treffen unterdessen auf zwei Mini-Feen (The Peanuts), die sie darüber aufklären, dass das Ei den Nachwuchs der Riesenmotte Mothra in sich trägt und dieses umgehend an Mothra zurückgeben werden muss. Doch alle Versuche das Ei von Torahata zurückzubekommen schlagen fehl. Die Sache kompliziert sich noch als plötzlich Godzilla auftaucht und eine gewaltige Zerstörung anrichtet. Das Helden-Trio macht sich auf zu Mothras Insel, um Mothras Unterstützung gegen den König der Monster zu erbitten…

Nachdem die Riesenmotte Mothra mit ihrem Debüt 1961 gut angekommen war, folgte drei Jahre später ein weiterer Mothra-Film, in dem sie mit dem ebenfalls immens populären Godzilla zusammengesteckt wurde. Weshalb „Godzilla und die Urweltraupen“ heute auch eher als Godzilla-, denn als Mothra-Film rezipiert wird. Tatsächlich aber hat Godzilla hier eher einen erweiterten Gastauftritt. Im Mittelpunkt stehen wieder Mothra und die beiden Feen-Zwillinge, sowie ein geheimnisvolles Riesenei, welches sich später als Motten-Nachwuchs (die Urweltraupen des deutschen Titels) entpuppt. Diese beiden Raupen sehen zwar aus wie zwei große Kackwürste, wissen sich aber bereits gut zur Wehr zu setzen. Dies ist meines Wissens nach dann auch die letzte Gelegenheit, Mothra im Larvenstadium zu sehen. In den folgenden Filmen bekommt der Zuschauer nur noch eine ausgewachsene Mothra vorgesetzt und da diese zu den schönsten Kaiju überhaupt gehört, ist das auch ganz gut so.

Ihr Gegner Godzilla darf in „Godzilla und die Urweltraupen“ noch einmal der böse Vernichter sein. Allerdings ist hier schon die Vermenschlichung und „Verniedlichung“ der Figur zu erahnen, die bereits im nächsten Film voll ausgeprägt daher kommen sollte. In „Frankensteins Monster im Kampf gegen Ghidorah“ benimmt sich Godzilla dann wie ein jugendlicher Rowdie, spielt Rhodan Streiche und bekommt von diesem dafür einen Energiestrahl auf den Hintern gebrannt. Was dann nichts mehr mit der bedrohlichen Naturgewalt zu tun hat, die 1954 Tokio platt machte. Dafür aber das Bild von Godzilla in den nächsten Jahrzehnten prägen sollte. Hier ist Godzilla zwar der Zerstörer, den es gilt aufzuhalten. Doch wirklich böse ist er nicht mehr. Vielmehr ist er ein – wie man hier in Norddeutschland sagt – echter „Töffel“. Dass er mal wieder eine ganze Stadt den Erdboden gleich macht, resultiert nicht aus unbedingten Zerstörungswillen, sondern draus, dass er über Erdkanten stolpert, sich sein Schwanz in einem riesigen Sendemast verfängt und er einfach gerade ausrutscht. Der erster Schritt zur Vermenschlichung der Riesenechse ist getan, Dass der mächtige Godzilla sich dann am Ende recht hilflos zeigt, wenn er von den „Urweltraupen“ eingesponnen wird und diesen generell nicht viel entgegenzusetzen hat, passt dann ins Bild eines eher tolpatschigen Monsters.

Dafür ist das Design Godzillas eines der schönsten der ganzen Showa-Staffel. Schlank und mit einem bösartigen Blick kommt er daher. Auch Mothra steht in voller Pracht. Leider ist die Kampfszene zwischen den Beiden etwas hektisch geschnitten und statt der Totalen wird hier (zu) viel mit Nahaufnahmen eines der beiden Kontrahenten gearbeitet, was der Übersichtlichkeit schadet und die tolle Motte nicht richtig zur Geltung kommen lässt. Andererseits war es damals sicherlich auch nicht ohne weiteres möglich einen Mann im Gummianzug überzeugend gegen riesige Mottenpuppe kämpfen zu lassen. Das hätte dann wahrscheinlich ausgesehen, wie der Schlusskampf Godzillas gegen die Urweltraupen, der auch eher lustig anzuschauen ist, weshalb sich die Regie dann vermutlich entschlossen hat, mehr Zeit auf das Einspinnen Godzillas zu verwenden. Nichtsdestotrotz sind alle Kämpfe und Zerstörungsorgien des Filmes natürlich ausgesprochen unterhaltsam und lassen dem geneigten Kaiju-Fan das Herz aufgehen. Vor allem, da sie sich logisch entwickeln und nicht – wie in späteren Filmen – zu Nummernrevue werden.

Auf der Seite der menschliche Darsteller gibt es wieder einmal einen vor Selbstbewusstsein strotzenden Reporter und einen anpackenden Wissenschaftler. Die Rolle der jungen Foto-Journalistin könnte man heutzutage so aber nicht mehr bringen. Als eher lästiges Anhängsel, welches bei jeder unpassenden Gelegenheit das Falsche tut und sich dem Macho-Journalisten um den Hals wirft, verkörpert sie genau jenes Frauenbild, welches heute Gottseidank nur noch sehr selten in Filmen anzutreffen ist und einem dann eher als peinliches Relikt aus anderen Zeiten aufstößt. Auch die Bösewichte sind wieder klischeemäßig mit dem finsteren, kühlen Intriganten (der allerdings nicht die abstoßenden Qualitäten eines Jerry Itô in „Mothra bedroht die Welt“ einbringen kann) und seinem überschwänglich jovial agierenden, schleimigen Helfer besetzt. Wobei eine Szene erstaunlich ist, in der sich beide eine Schlägerei liefern und tatsächlich deutlich Blut fließt. Eine Seltenheit in den Godzilla-Filmen, wo in der Regel auf roten Lebenssaft verzichtet wird. Ein Wort noch zur Musik, die hier – nachdem in „Mothra bedroht die Welt“ Yûji Koseki übernommen hatte – wieder von Godzilla-Stammkomponist Akira Ifukube stammt und zu dem Besten gehört, was innerhalb der Reihe ertönte.

Mit Godzilla als Gast und Rangel-Partner geht es in den zweiten und letzten Teil der Mothra-Saga. Während Mothras Mythologie noch etwas ausgebaut wird und sich der Film letztendlich u ihre Nachkommen dreht, werden an Godzilla erste „Vermenschlichungs“-Tendenzen festgemacht. Getrieben von der großartigen Musik Akira Ifukubes bleibt „Godzilla und die Urweltraupen“ vielleicht etwas hinter dem ersten Mothra-Film zurück, bietet aber immer noch eine Menge bunten Spaß für die ganze Familie.

Diesmal ohne HD-Bild reiht sich „Godzilla und die Urweltraupen“ ganz in die vorangegangenen, sehr gelungen Veröffentlichungen der „Kaiju Classics“-Reihe von Anolis ein. Wie gehabt ist auf DVD 1 die längere japanische Fassung (mit dem japanischen Vorspann und einer etwas längerer Laufzeit), bei der die einst geschnittenen Szenen im Original mit deutschen Untertiteln belassen wurden und auf DVD 2 die etwas kürzere deutschen Kinofassung mit dem deutschen Vorspann. Das Bild ist bei beiden Fassungen für eine DVD sehr gut und auch beim Ton muss man keine Abstriche machen. Neben dem gewohnt unterhaltsamen Audiokommentar der bestens aufgelegten Jörg Buttgereit, Bodo Traber und Alexander Iffländer, ist auch wieder eine Tonspur mit einem Kommentar von Florian Bahr dabei. Ein Schatz ist das halbstündige Interview, welches mit Akira Takarada, dem star nicht nur des Original-“Godzilla“ und eben „Godzilla und die Urweltraupen“, sondern auch noch drei weiterer Godzilla-Filme. Eine Super-8-Fassung, Trailer und Werberatschläge runden die Extras ab, wobei es laut ofdb.de auf der zweiten DVD noch ein 19-minütiges Easter Egg geben soll, welches ich allerdings nicht entdeckt habe. Das informative Booklet von Ingo Strecker sollte mit seinen 20 Seiten auch nicht unerwähnt bleiben.

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Das Bloggen der Anderen (08-07-19)

– Das Morbid Movies Festival in Nürnberg ging in die vierte Runde und Oliver Nöding schreibt auf Remember It For Later über die gezeigten Filme, welche von Zulawskis wunderbaren „Nachtblende“ über Slasher-Klassiker wie „The Burning“ und Video Nasties wie „Don’t Go in the House“ reichen.

– Das Neuchâtel International Fantastic Film Festival finde ich jedes Jahr höchst spannend und würde sehr gerne selber einmal in die Schweiz fahren, um dran teilzunehmen. Denn hier werden phantastische Filme gezeigt, die weit weg sind von unserem teutonischen Fantasy Filmfest-Einerlei. Z.B. der neue Film von Veronika Franz und Severin Fiala: „The Lodge“ und der aktuelle Streich von Quentin Dupieux: „Le Daim“. Dies und mehr nachzulesen auf Sennhausers Filmblog.

– Noch ein Filmfest. Diesmal München. Sophie Charlotte Rieger berichtet auf Filmlöwin aus feministischer Sicht über die Filme „Late Night – Die Show ihres Lebens“ von Nisha Ganatra und „Judy and Punch“ von Mirrah Foulkes.

– Ein noch immer viel zu unbekannte Legende des Deutschen Films wird 80. Thomas Groh ehrt Roland Klick auf seinem Logbuch.

Filmlichtung berichtet über die Karl-Struss-Technik mit der der Namensgeber in den 30er, 40er und 50er Jahren für erstaunliche Make-Up-Effekte sorgte.

– Andreas Köhnemann stellt auf kino-zeit.de die leider recht unbekannte Regisseurin Kristine Peterson und vor allem ihr Debüt „Träume des Wahnsinns“ von 1988 vor, sowie ihr weiteres Werk im Genrefilm. Spannend und die Dame und ihre Filme sind es sicherlich wert, der Vergessenheit entrissen zu werden. Katrin Doerksen scheibt über weibliche Film-Noir-Pionierinnen. Dies anlässlich einer aktuellen Retrospektive im Berliner Kino Arsenal.

– Und noch einmal dasselbe Thema: Auch Lukas Foerster stellt die Retrospektive der Pionierinnen des Film Noir vor und gibt auf critic.de ergänzende Hinweise.  Zwei Genrefilme (oder so) aus Deutschland: Silvia Szymanski hat einen wunderbaren Text über Fatih Akins tollen „Der goldene Handschuh“ geschrieben und Robert Wagner lobt noch einmal „Luz“.

– Und noch ein neuer deutscher Film, wenn auch für das ZDF produziert. Klaus Lemke hat wieder zugeschlagen. Oliver Armknecht von film-rezensionen.de findet „Neue Götter in der Maxvorstadt“ im Gegensatz zu vielen anderen allerdings recht fürchterlich. Dafür ist Rouven Linnarz hingerissen von „Das weiße Rentier“, einem finnischen Klassiker des phantastischen Films, den ich letztes Jahr auf dem Filmfest in Braunschweig kennen und lieben lernen durfte.

– Flo Lieb auf symparanekronemoi über Tarkovskis ebenso erschütternde, wie traurige Debüt „Ivans Kindheit“.

– Auf new filmkritik findet sich ein schöner Text von Werner Sudendorf über Josef von Bakys „Das doppelte Lottchen“-Verfilmung von 1950.

– Christian beschließt auf Schlombies Filmbesprechungen seine kleine Stallone-Retro mit „Assassins“ und „Copland“ und fragt sich am Ende: „Gerade nach seiner überraschend guten, aber auch unterschätzten 90er Jahre-Phase hätte ich ihm gegönnt, dass ihm aufgrund des Erfolges von „Copland“ reizvolle Projekte angeboten worden wären. Wie stattdessen mit ihm umgegangen wurde, macht die traurige Entstehungsgeschichte des Filmes „Driven“ deutlich.

– Oha, dass „Our Hospitality“ hierzulande auf DVD erschienen ist, habe ich als Verehrer des großen Meisters Buster Keaton gar nicht mitbekommen. Wie Volker auf Die Nacht der lebenden Texte schreibt, gab es aber bei dieser Veröffentlichung leider auch kein Grund zum Jubeln.

– Schwanenmeister weist auf Negative Space auf einen 3-Stunden-Podcast von Quentin Tarantino himself hin.

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Blu-ray-Rezension: „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“


Kommissar Giacomo Bonavia (Martin Balsam) setzt alles daran, dass der Kleinkriminelle Michele Li Puma (Adolfo Lastretti) aus einer Heilanstalt für Geistesgestörte Kriminelle entlassen wird. Li Pumas Weg führt geradewegs zum Büro des Bauunternehmers Ferdinando Lomunno (Luciano Catenacci), wo er ein Massaker anrichtet, bei dem er selber ums Leben kommt. Lomunno selber ist aber an diesem Tag nicht im Büro. Die Bluttat ruft Staatsanwalt Traini (Franco Nero) auf den Plan. Dieser vermutet bald, dass Bonavia in die Sache involviert ist. Während Bonavia dem jungen Staatsanwalt die Welt der Mafia und die Ohnmacht der Polizei zu erklären versucht, glaubt Traini unerschütterlich an die Macht des Rechtsstaats und versucht Lomunno mit legalen Mitteln beizukommen. Eine Schlüsselfigur komm dabei Li Pumas Schwester Serena (Marilù Tolo) zu, der Ex-Geliebte Lummons.

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

Wenn man Damiano Damiani als König des italienischen Mafia-Films bezeichnet, werden einige vielleicht noch mit Francesco Rosi kontern, doch es dürfte ein Konsens darüber bestehen, dass es Damiani wie kaum einem anderen gelang, politische Anklage und hervorragende Unterhaltung auf das Beste miteinander zu vereinen. Unvergessen seine TV-Serie „Allein gegen die Mafia“, welche 1984 auch in deutschen Haushalten ein echtes Ereignis und Tagesgespräch war. „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“ war der Auftakt einer kleinen Reihe von Filmen, die ihn hierzulande bekannt gemacht haben. Sein ebenfalls 1971 entstandener Film „Das Verfahren ist eingestellt – vergessen sie’s!“ in dem auch Franco Nero die Hauptrolle spielt, wurde erst kürzlich von Koch Media auf Blu-ray veröffentlicht, sein „Warum musste Staatsanwalt Traini sterben“ (!!!) ist schon länger auf DVD erhältlich. Bereits vor „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“ hatte sich Damiani mit politischem Kino (wie in seinem außerordentlichen Italo-Western „Töte Amigo“) und der Mafia („Der Tag der Eule“, seiner ersten Zusammenarbeit mit Franco Nero) beschäftigt. Doch „Der Clan, der seine Feine lebendig einmauert“ ist der erste Film, an den man sich erinnert, wenn das Gespräch auf Damiani kommt.

Das mag auch an dem ausgesprochen markigen deutschen Titel liegen, der weder etwas mit dem Originaltitel (dessen Übersetzung „Geständnis eines Polizeikommissars vor dem Anwalt der Republik“ heißen müsste) zu tun hat, noch der Wahrheit entspricht. Zwar wird wirklich jemand eingemauert, ist aber zu diesem Zeitpunkt bereits mausetot. Wobei angedeutet wird, dass sich in den Stützpfeilern so mancher Neubauten Italiens die Opfer der Mafia befinden. Dass diese bei der Versenkung in Beton noch lebten wird aber nicht erwähnt – wobei es bei der Brutalität mit der die „ehrenwerte Gesellschaft“ zuwege geht, durchaus im Rahmen des Möglichen liegt. Damiano erliegt nicht eine Sekunde der Versuchung seine Mafia zu glorifizieren. Es sind ungehobelte, unflätige Menschen, die auch nicht davor zurückschrecken Kinder zu ermorden, wenn es ihrer Sache dient. Die erst einen Menschen brutal abstechen, um sich dann wie Kinder an einer Komödie zu ergötzen. Auch zeigt er auf, wie sich die Korruption gleich einem Geschwür in der italienischen Gesellschaft ausbreitet. Wie alles miteinander zusammenhängt und letztendlich nur der unersättlichen Gier einiger weniger Männer dient.

Dass Damiani auf Seite seines Kommissars steht, ist jede Sekunde klar. Er versteht dessen Frustration und Wut. Aber im Gegensatz zu einem Maurizio Merli weiß Bonavia, dass er mit den Konsequenzen seines Handelns leben muss. Dass er sich auf das Niveau derer herabbegibt, die er verachtet. Dass er sich mit seinen Taten selbst ein Todesurteil ausstellt. Dazu braucht es keinen Staatsanwalt. Sein von Franco Nero verkörperter junger, idealistischer Gegenpart Traini wird dabei nicht lächerlich gemacht, wie das so gerne mal der Fall ist, wenn man im Film den pragmatischen harten Hund mit dem idealistischen, regelstrengen Neuling zusammensteckt. Beide Seiten haben gute Argumente für ihr vorgehen. Während Franco Neros Traini noch die Kraft und den Glauben an die Gerechtigkeit besitzt, so ist Martin Balsams Bonavia von seinem langen, erfolglosen Kampf ausgebrannt und hat seinen Glauben schon lange verloren. Obwohl Martin Balsam nicht die erste Wahl für die Rolle des Bonavia war (favorisiert wurden Anthony Quinn oder John Cassavettes), kann man sich heute keine besser Besetzung als ihn vorstellen. Die gedrungene Gestalt, der so gar nichts heroisches anhaftet, die dunklen, irgendwie melancholischen Augen Balsams und diese kompromisslose Härte, die Balsam trotz alledem ausstrahlt. Auf der anderen Seite der schöne Franco Nero. Immer kerzengerade, gut angezogen, athletisch. Leicht hätte Staatsanwalt Traini zu einer Klischeefigur werden können. Doch Neros Schauspielkunst verhindert dies. Wie Balsam strahlt er einen unbarmherzigen Willen aus. Und unterschwellig erste Zweifel an seinem bedingungslosen, optimistischen Glauben an den Rechtsstaat. So unterschiedlich beide äußerlich sind – der Weg Trainis zu einem Bonavia ist bereits vorgezeichnet.

Damiani inszeniert seinen Film wie unerbittliches Uhrwerk oder eine sich langsam zuziehende Schlinge. Dabei legt er kaum Wert auf Action. Diese wird gleich zu Beginn des Filmes abgehandelt, ansonsten beschränkt sie sich auf kurze, wenn auch heftige Ausbrüche. Damianis Film treibt die Handlung immer vorwärts, unaufhaltsam auf ihr pessimistisches Ende zu. Die Spannung entsteht vor allem an der Reibung der Paarung Franco-Balsam und der Frage, welche „Glaubensrichtung“ sich durchsetzen wird. Ob Bonavia etwas vom jungen, idealistischen Traini annehmen wird oder Traini ins frustrierte Innere von Bonavias Seele gezogen wird. Da verzeiht man auch kleinere Holprigkeit, wenn z.B. für die Rückblenden den beiden haarlosen Balsam und Luciano Catenacci einfach Perücken aufgesetzt wurden und die Augen mit Kajal umrandet werden, und beide dabei noch immer wie Männer fortgeschrittenen Alters aussehen, die man mehr schlecht als recht auf jung getrimmt hat.

„Der Clan, der seine Feine lebendig einmauert“ ist ein Klassiker des italienischen Mafia-Films. Er lebt von seinen ausgezeichneten Darstellern und der ruhigen, aber zielstrebigen Inszenierung Damiano Damiani, die von der Korruption und Gewalt in der italienischen Gesellschaft erzählt und den tiefen Verletzungen, die diese in den Seelen von Männern hinterlässt, die kein legales Mittel gegen sie finden.

Endlich wieder Nachschub in der Polizieschi-Reihe von filmArt. Nachdem „Der Clan, der seine Feine lebendig einmauert“ bereits 2005 und 2009 bei Koch Media als DVD erschienen ist, kommt jetzt eine Blu-ray-/DVD-Kombi von filmArt. Dabei muss man die Blu-ray ein wenig suchen, denn zunächst sieht man lediglich die DVD. Die Blu-ray befindet sich in einem Papp-Schuber, der über dem Booklet liegend auf der linken Seite eingeklemmt wurde. Bild- und Tontechnisch macht der Film einen guten Eindruck. Die Blu-ray ist wie die alte Koch-DVD gegenüber der Kinofassung ungeschnitten, weshalb damals nicht synchronisierte Stellen im italienischen Original mit Untertiteln verbleiben. Neben der ungekürzten Version wurde noch die deutsche Kinofassung mit dazu gepackt, welche dann auch den deutschen Vorspann aufweist. Als neue Extras kommt noch ein 4-minütiges Interview mit Franco Nero dazu. Das 20-minütige Featurette „Franco Nero in His Own Words“ der Koch-Media-Version fehlt leider. Das 12-seitige und sehr lesenswerte Booklet stammt von Udo Rothenberg, dessen fantastischen Blog „L’Amore in città“ ich hier schon desöfteren verlinkt habe.

Kleiner Bildvergleich zwischen der alten Koch-DVD und der neuen filmArt-DVD

Koch (2005)

filmArt (2019)

Koch (2005)

filmArt (2019)

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Das Bloggen der Anderen (01-07-19)

– Es ist schon interessant, wenn ein Thema kurz hintereinander in zwei völlig unterschiedlichen Blogs abgehandelt wird. Rajko Burchardt macht sich auf kino-zeit.de über das neue „Sub-Genre“ des „elevated horror“ Gedanken. Ein Genre, welches sich, wie die Überschrift sagt, „selbst verachtet“. Horrorfilme von Menschen, denen es peinlich ist, Horrorfilme zu drehen. Ein neues Prädikat für Zuschauer, die „ja eigentlich keine Horrorfilme gucken“. Zufälligerweise haut Filmlichtung einen Tag später (fairerweise muss man sagen, dass der Autor betont, dass sein eigener Text schon vor mehreren Wochen geschrieben, jetzt aber erst veröffentlicht wurde) mit dem Artikel „Elevated Horror – Marketingbuzz oder Scham vor dem eigenen Genre?“ in dieselbe Kerbe und kommt bei seiner „persönlichen Abrechnung“ zu gleichen Ergebnissen wie Rajko Buchardt.

– André Malberg von Eskalierende Träume zeigt sich positiv überrascht von Robert Zions neuem Buch „Roger Corman – Die Rebellion des Unmittelbaren“.

– In den 70er Jahren wurden aus Hongkong unzählige mal groß, mal mittel, mal klein, mal fast gar nicht budgierte „Kung-Fu-Filme“ in die deutschen Bahnhofskinos gespült. Bluntwolf hat auf Nischenkino einmal eine kleine Geschichte dieser Filme und ihre Folgen für die filmische Gegenwart zusammengetragen.

– Oliver Armknecht von film-rezensionen.de hat auf dem Filmfest München ein Doppelinterview mit Regisseur Riley Stearns und Hauptdarsteller Jesse Eisenberg über den Eröffnungsfilm „The Art of Self-Defense“ geführt.

– Noch einmal München, jetzt aber das Kinderfilmfest, auf das Rochus Wolff auf seinem Kinderfilmblog einen ersten Vorgeschmack gibt.

– Ich freue mich in dieser Woche besonders darüber, mal wieder ein Lebenszeichen zweiter Blogs zu lesen, die diese Kolumne seit ihren anfangstagen begleitet haben. Zunächst Die seltsamen Filme des Herrn Nolte, in denen es um den Spät-80er-Slasher „Blood Rage“ geht.

– Und dann zum zweiten: Das Magazin des Glücks. Dort gibt es zwar nur eine Liste der im ersten Halbjahr gesehenen Filme, dies aber – und das muss man mal loben, weil leider nicht selbstverständlich – mit kurzen Kommentaren.

– Ebenfalls kurz aus der Versenkung wieder aufgetaucht: Der schöne Schattenlichter-Blog. Diesmal mit einem eher unbekannteren Giallo, aber mit der wundervollen Edwige Fenech: „Das Geheimnis der blutigen Lilie“.

– Christian wühlt sich auf Schlombies Filmbesprechungen weiter durch das eher schlechter beleumdet Oeuvre Sylvester Stallones: Das Sly/Sharon-Stone-Vehikel „The Specialist“ findet kaum Gnade bei ihm, „Stop! Oder meine Mami schießt“ schon etwas mehr. Nicht wirklich verstehen kann er dann, dass „Judge Dredd“ so hart floppte, mag er doch dieses „kunterbunte und harte, wie hintergründige Meer an Schauwerten, Tempo und Einfallsreichtum“.

– Okay, bei den Wochenend-Temperaturen MUSS ich diese Besprechung einfach verlinken: „Brennender Tod“ (OT: Night of the Big Heat) von Terence Fisher mit Cushing und Lee! Ich fand den ja eher lahm, aber man kann ja trotzdem mal lesen, was Volker Schönenberger von Die Nacht der lebenden Texte dazu schreibt.

– Zum Abschluss etwas, was mich wirklich freut: totalschaden von Splattertrash nimmt sich dem wohl unbekanntesten (und auch erfolglosesten) Film Charlie Chaplins an: Das Melodram „Die Nächte einer schönen Frau“, in dem der selber keine Rolle übernahm und 1923 auch einmal andere Wege einschlagen wollte. Gedankt wurde es ihm nicht und auf solche Experimente verzichtete er später dann auch. Schön, dass sich aber trotzdem jemand an den Film erinnert und ihn lobpreist.

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Filmbuch-Rezension: „Helmut Käutner – Freiheitsträume und Zeitkritik“

Helmut Käutner ist mir natürlich schon seit meiner Kindheit ein Begriff. Wobei ich ihn damals vor allem als Regisseur von Heinz-Rühmann-Filmen wahrgenommen habe. Was mich heute verwundert, da er mit Rühmann nur zwei Filme gedreht hat: „Der Hauptmann von Köpenick“ und „Das Haus in Montevideo“. Erst später wurde mir Käutner von enthusiastischen Filmfans als einer der großartigsten Regisseure der Nachkriegs-BRD näher gebracht. Grade seine Filme „Unter den Brücken“ und „Große Freiheit Nr. 7“ wurden mir mehr als einmal ans Herz gelegt. Noch später dann aus anderen Mündern „Schwarzer Kies“ und „Die Rote“.

Ich gebe zu meiner Schande zu, dass ich es bis heute nicht geschafft habe, die meisten dieser Filme auch wirklich zu sehen. Zwei Dinge erhöhen nun aber den Druck, sich eingehend mit Käutners Werk zu beschäftigen. Zum einen ein „Erweckungserlebnis“, als ich vor drei Jahren „Große Freiheit Nr. 7“ im Rahmen eines Hamburger VHS-Kurses für Schüler sehen konnte, den mein Freund Elmar abhielt und bei dem ich zu Gast war, um ein wenig über das Bloggen über Filme zu erzählen. Da traf mich die Wucht dieses Meisterwerkes einigermaßen unvorbereitet und gerade Elmars Ausführungen zu einem seiner Lieblingsfilme ließen mich „Große Freiheit Nr. 7“ noch mehr lieben.

Das zweite Erlebnis war meine Lektüre des Buches „Helmut Käutner – Freiheitsträume und Zeitkritik“ von René Ruppert. Ruppert widmet hier jedem der Kinofilme Käutners ein Kapitel, indem er detailliert auf die Umstände der Entstehung des Filmes, die Einordnung in Käunters Gesamtwerk und Zeitkontext (so werden immer wieder zeitgenössische Kritiken und Artikel über die Filmarbeiten zitiert), die wiederkehrenden Motive und Techniken Käutners. Bei den Literaturverfilmungen wird auch auf die Unterschiede zwischen Quelle und Film herausgearbeitet und näher untersucht. Das Privatleben Käutners wird ausgespart (und ist auch für die Analyse seines Werkes unerheblich), seine Wurzeln im Kabarett aber immer wieder betont.

Ruppert belegt auch immer wieder, wie weit Käutner immer wieder seiner Zeit voraus war, seine Lust an Experimenten und der Mut, Anfang der 60er in Deutschland einen ganz eigenen „Film Noir“ etablieren zu wollen – was sich leider als kommerzieller Selbstmord herausstellte. Dass Käutner von den „jungen Wilden“ des deutschen Films dann auch noch ziemlich radikal in die „Opas Kino“-Ecke gestellt und angefeindet wurde, ist ein weiteres trauriges Kapitel.

René Ruppert untersucht sowohl die Filme, die Käutner als Regisseur verantwortet hat, als auch die für die er nur das Drehbuch schrieb oder mitschrieb. D.h. Seine Fernseharbeiten werden nicht erwähnt. Was ich schade finde, da mich hier besonders seine Arbeiten bei „Der Kommissar“ und „Derrick“ interessiert hätten.

Sehr gut gefiel mit der Umgang Rupperts mit den Filmen, die Käutner während der NS-Zeit gedreht hat. Hier wahrt er kritische Distanz ohne zu verurteilen oder zu verdammen und hält die Balance zwischen Käutner, der versuchte ein „unpolitischer“ Regisseur zu bleiben, wie aber auch seine Rolle in einem System, in dem es den „unpolitischen“Regisseur nicht gab. Und in dem auch ein Käutner einen Propaganda-Film gedreht hat. Auch findet Ruppert klare Worte, wenn Käutner bei einem Film mal nicht voll bei der Sache war oder lieblose Stangenware geliefert hat. Dies aber stets respektvoll. Besonders interessant ist Käutners Ausflug nach Hollywood, der mir bisher gänzlich unbekannt war.

Dass es sich bei „Helmut Käutner – Freiheitsträume und Zeitkritik“ um eine Dissertation handelt, merkt man an der scharfen und präzisen Analyse, aber nicht an der Sprache, die gehoben, aber auch erfrischend lesbar ist und nicht mit Fremdwörtern gespickt. So, dass auch der Nicht-Akademiker das Buch mit Gewinn und Genuss lesen kann. Für mich eines der besten Filmemacher-Portraits der letzten Jahre.

René Ruppert Helmut Käutner – Freiheitsträume und Zeitkritik, Bertz+Fischer, 424 Seiten, € 29,00

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Zu Gast beim Podcast „Filme zum Dessert“

Für den recht neuen, aber nichtsdestoweniger sehr empfehlenswerten Podcast „Filme zum Dessert“ des Hamburger Filmemachers Christian Grundey habe ich mal die Tastatur gegen das Mikrofon getauscht und mich mit Christian in Hamburg getroffen, um mit ihm über zwei ungewöhnliche Jekyll&Hyde-Verfilmungen zu sprechen.

Einmal haben wir uns „Dr. Jekyll und Sister Hyde“ aus der Hammer-Schmiede vorgenommen und danach noch „The Strange Case of Dr. Jekyll and Miss Osbourne“ vom großen Walerian Borowczyk. Nachzuhören hier: https://anchor.fm/filmezumdessert/episodes/Filme-zum-Dessert-Episode-6-Dr–Jekyll-und-Schwester-Hyde-1971-und-The-Strange-Case-of-Dr–Jekyll-and-Miss-Osbourne-1981-e4e1kh

Generell aber möchte ich hiermit den Podcast „Filme zum Dessert“ – von dem es mittlerweile bereits sechs Folgen gibt – allen Podcast-Hörern ans Herz bzw. ans Ohr legen. Insbesondere die erste Folge, in der sich Christian mit dem „ABC of Superheroes“-Regisseur und Produzenten Jens Holzheuer über diversen „Insel des Dr. Moreau“-Verfilmungen und die Unterschiede zur literarischen Vorlage unterhält, hat mir ausgesprochen gut gefallen.

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Das Bloggen der Anderen (24-06-19)

– Zurück aus dem Urlaub und draußen brennt die Sonne. Irgendwie passt dazu hervorragend das Thema, welchem sich Oliver Nöding derzeit auf Remember It For Later annimmt: Der US-amerikanischen Teenie-Sex-Komödie der 80er, Dazu mal exemplarisch verlinkt: „Preppies“ vom „Erwachsenen-Film-Regisseur“ Chuck Vincent und „Losin‘ It“ mit einem blutjungen Tom Cruise.

– Vielleicht eher ein TV-Phänomen: True Cime ist wieder en vogue. Sonja Hartl macht sich auf kino-zeit.de dazu Gedanken.

Jugend ohne Film befasst sich derzeit mit einer ganzen Reihe von Artikeln mit unterschiedlichen Begegnungen von Kino und Poesie: Verfilmte Gedichte, Kinosprache, Poetinnen im Film, poetische Ausbrüche und ihre Kontexte, kinoschaffende Poeten oder poetische Annäherungen an das Kino. Ich verlinke mal das „Editorial“. Von dort aus kann man sich dann ja weiterklicken.

– Ich mag ja analytische Bildstrecken. Eine findet man gerade bei Lukas Foerster auf Dirty Laundry, wo er beschreibt, wie die Hauptfigur des Films „Waterloo Bridge“ von 1940, sich dazu entschließt, ihren Lebensunterhalt mit Sex zu verdienen und dies über ihren Blick kommuniziert.

– Was erwartet uns alles im Kinosommer 2019? Der Kinogänger weiß Bescheid.

– Lustig. Ich erinnere mich noch genau als ich vor längerer Zeit den Trailer zu „Mortal Engines“ sah und dachte: Ja, sieht doch eigentlich gar nicht schlecht aus. Geworben wurde mit Produzent Peter Jackson (weshalb ich erst glaubte, es sei wirklich sein neuer Film). Danach hörte ich nichts mehr drüber und habe ihn bis jetzt auch komplett vergessen. Dabei scheint der im Dezember tatsächlich einen Kinostart gehabt zu haben. Dass ich den verpasst habe ist aber scheinbar weniger schlimm, wenn ich mir die Kritik von kitschkultklassisch durchlese.

– An „V/H/S: Viral“ erinnere ich mich noch gut. So gut, dass ich neulich die Blu-ray im Euro-Shop habe liegen lassen. Warum, das fasst Heiko von Allesglotzer gut zusammen.

– Die Finger habe ich bisher auch von „The Expendables 3“ gelassen, und nach der Besprechung von totalschaden auf Splattertrash bleibt es auch dabei.

– Apropos Sly Stallone. Christian von Schlombies Filmbesprechungen hat sich zwei seiner Spät-80er/Früh-90er-Werke angesehen. Und kommt zu dem Schluss: „Demolition Man“ hui und „Tango & Cash“ eher pfui.

– Einer der besten Polizei-Film-Thriller aller Zeiten: William Fridkins „Leben und Sterben in L.A.“. Volker Schönenberger von Die Nacht der lebenden Texte sieht das ähnlich.

– Bodo Traber hat auf critic.de einige interessante Zeilen zu „Die Schreckenskammer des Dr. Thosti“ hinterlassen.

– Die Box „Hammer House of Horrors“ (aka „Gefrierschocker“) liegt schon seit vielen Jahren und noch in ihrer ersten Inkarnation von Koch Media bei mir auf dem „Ungesehen“-Stapel. Vielleicht ändere ich das nach Bluntwolfs Besprechung auf Nischenkino mal bei Zeiten.

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