Rückblick: Mondo Bizarr Weekender X in Düsseldorf (14.-16.2.25)

Zum nunmehr 10. Mal fand die wie immer wunderbare Reise im Bahnhofskino um die Welt im schönen Black Box Kino im Filmmuseum Düsseldorf statt. Eigentlich wäre es bereits die 11. Ausgabe gewesen, aber 2021 machte Corona der Sause einen dicken Strich durch die Rechnung.

Ich bin seit 2018 dabei. Immer mit der gleichen Reisegruppe, die mal mehr, mal weniger groß ist. Diesmal gab es aus gesundheitlichen und privaten Gründen zwei Ausfälle, was die Anreise diesmal etwas kniffelig machte. Aber am Ende war alles gut und drei tollen Tagen im Kino stand nichts weiter im Wege.

Da in NRW eine Grippewelle grassierte, war das Kino diesmal etwas weniger, aber immer noch sehr gut gefüllt. Zudem musst leider eine große Filmplakate-Auktion ausfallen. Man fühlt sich sofort wieder heimisch und gut umsorgt. Hier ein dickes Kompliment an Mitorganisator Christian, der uns in Empfang nahm und ständig am Herumwirbeln war, um die Dinge am Laufen zu halten. Und auch mal das Foyer mit Capri Sonne und kleinen Schnäpschen ausstattete. Oder per KI und etwas Tuning einige täuschend echt nach den 60ern und 70ern klingende „Mondo Bizarr“-Hymnen gezaubert hatte. Der Gute ist halt auch ein toller Musiker, dessen Projekte „Sospetto“ und „Pan/Scan“ hier nicht genug gelobt werden können.

Und der auch wieder die legendäre „Kiste“ organisiert hat, wo man für 2 Euro DVDs und Blu-rays rausziehen konnte. Das eingenommene Geld kommt dann dem Kauf von neuen Trailern zugute. Tolle Aktion – auch wenn es eine recht unangenehme Figur gab, die es extrem übertrieb und anderen kaum eine Chance lies, dort in Ruhe zu stöbern. Als die Gestalt dann einmal für seine Beute einen ganzen großen Pappkarton (!) brauchte, um alles unterzubekommen, kam man aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.

Aber solche kleinen Misstöne können den positiven Eindruck in keinster Weise schmälern. Das sonstige Publikum war supernett, die Stimmung toll und man merkte nicht nur bei den Organisatoren das Herzblut und die Liebe, die in dem Event steckt. So gab es eine Gruppe, die immer aus ganzen Bundesgebiet – plus benachbarten Ausland! – anreist und sich zum Jubiläum die passenden T-Shirts hat machen lassen. Die sie dann auch den Organisatoren schenkten. Tolle Aktion!

Zu sehen gab es wieder acht Filme in drei Tagen. Von 35mm und mit unterhaltsamen Einführungen durch Marc und Oliver, die wieder wunderbar auf das Folgende einstimmten. Dazu jeweils ein tolles Vorprogramm aus passender Vintage-Kinowerbung und Film-Trailern. Nur am letzten Tag, musste dieses Vorprogramm aus technischen Gründen ausfallen. Schade, aber so kamen wir zumindest früher zurück nach Bremen.

Aber lange wird die Abwesenheit aus Düsseldorf nicht dauern, denn vom 3. bis 4. Oktober findet am selben Ort das nächste Forentreffen meines geliebten Internet-Forums Deliria-Italiano.de statt! Worauf ich mich jetzt schon wahnsinnig freue. Wie auch auf den Mondo Bizarr Weekender XI! Man sieht sich!

Während des Wochenendes war ich auch Schallplatten kaufen. Meinen Bericht dazu findet man auf meinem Zweit-Blog KLANG UND VISION.

Zu den Filmen:

Bis die Gänsehaut erstarrt – Die Idee, den Film in Split Screen zu drehen ist erst einmal sehr ehrenwert. Das macht auch durchaus Sinn, um die Spannung zu erhöhen oder ein besonderes Seherlebnis zu kreieren. Ein Gimmickfilm eben. Von Richard L. Bare, der fast ausschließlich für TV-Serien tätig war. Das muss ja nicht schlecht sein. Ich fand allerdings, dass man hier sehr gut sehen konnte, wie und wo Split Screen gerade nicht funktioniert. Das Ganze lebt ja zumeist davon, dass man zwei Handlungen sieht, die unweigerlich zusammen kommen. Der Mörder der sein Opfer jagt, welches sich zu verstecken versucht. Der Detektiv der in der Wohnung des Täters nach beweisen sucht, während der auf dem weg zurück ist. Usw. usf. Was meiner Meinung nach nicht funktioniert ist, auf der einen hälfte Handlung weiterlaufen zu lassen, während auf der anderen jemand einfach nur herumsitzt. Oder plötzlich auf einer Hälfte Rückblenden zu zeigen, die mit der Handlung auf der der andere Hälfte gerade nichts zu tun haben. Split Screen funktioniert eben am Besten, wenn etwas dort gleichzeitig passiert. Das war hier eben sehr häufig nicht der Fall. Mir war auch nicht klar, ob man jetzt versucht hat den Täter anonym zu halten oder nicht. Auf jeden Fall, weiß man von der ersten Sekunde wer es ist – auch wenn der Film so tut, als wäre das noch ein Geheimnis. So halte ich den Film für ein interessant gescheitertes Experiment, welches gerade aufgrund dieses Scheiterns viel darüber aussagt, wie Spannung erzeugt wird und wie Split Screen funktioniert. Apropos Scheitern: Die vermutlich humorvoll gemeinten Intermezzi einer seltsamen Orgelspielerin, die den kompletten Film mit dem Score von Lon Chaneys Phantom der Oper untermalt fand ich auch eher unglücklich. Trotz oder gerade auch wegen all dieser Schwächen bin ich aber trotzdem froh, den Film einmal gesehen zu haben.

Die Todeskralle des Karatetöters – Heidewitzka! Ein wirklich unterhaltsamer und teilweise weit over the top spielender Film aus Südkorea, bei dessen wahnsinnigsten Szenen -die allesamt dem Oberfiesling gehörten – schon die Kinnlade runter klappte. Regie führte der mir ansonsten unbekannte Lee Doo-yong, der noch bis in die 2010er aktiv war. Die Kämpfe waren okay bis gut und nahmen nicht so sehr überhand, wie im Vorfeld befürchtet. Die Macher wollten wohl tatsächlich etwas mehr auf Handlung setzen. Die Synchro war spaßig, aber nicht albern. Ständig passiert etwas, der Darsteller des „Karatetöters“ hat mir gefallen und generell waren die Figuren ganz gut besetzt. Letztendlich ein sehr unterhaltsamer Film, der mich auch zur späten Stunde wach und bei Laune hielt.

 

Der Schlächter Idi Amin – Ein seltsamer Hybrid aus England und die einzige Regiearbeit des indischen Produzenten Sharad Patel. Man merkt schon, dass die Filmemacher durchaus ein Anliegen hatten, und die grausame Geschichte um den wahnsinnigen Diktator möglichst authentisch erzählen wollten. Das sah zumindest nach dem Plan aus. Natürlich wurde dann viel verkürzt, man schien immer wieder den Faden zu verlieren (ein Arzt wird mal zur Hauptfigur gemacht, anhand derer die Geschichte erzählt werden soll – dann verschwindet der gute Doc aber ständig komplett aus der Handlung – was auch nicht stört) und sich dann doch auf die pure Expoitation zurückzuziehen. So riesig kann auch das Budget nicht gewesen sein. Immerhin spielt sich mindestens ein authentischer Akteur selber. So ist immer was los, vieles wird verkürzt und am Ende wurde doch immerhin soviel Neugier geweckt, dass man sich mit der wahren Geschichte einmal beschäftigen möchte. Interessant.

Barbarella – Ein schönes Wiedersehen auf großer Leinwand und auf 35mm. Ich hatte Roger Vadims Film erst kürzlich (okay, auch schon wieder ein paar Jahre her) gesehen, als ich einen Artikel darüber in der 70MM schrieb. Von daher hatte ich ihn gut in Erinnerung, auch wenn so viel passiert, dass man dann doch einiges vergessen hat. Spaß macht er immer noch. Musik, Ausstattung und Kostüme sind ein Traum. Die Handlung wunderbar typischer franko-belgischer Comic-SF. Die Darsteller haben alle Spaß, gerade David Hemmings als Clouseau-mäßiger Rebellenführer. Das Ende finde ich immer noch recht weird, aber passt schon. TOLL!

Muttertag – Großartiger Film von Charles Kaufman, der aus dem Troma-Umfeld stammt und sonst leider nicht viel gemacht hat. Der Film ist zynisch und bitterböse ohne Ende. Teilweise auch sehr schmerzhaft, selbst wenn er nicht so blutrünstig ist, wie der Ruf vermuten lässt. Dafür unangenehm fies. Mich wundert es, dass die Darsteller keine Genrestars geworden sind. Ich glaube, die habe ich sonst nirgendwo anders gesehen. Vieles fällt einem auch erst nach mehrmaligen Sehen auf und gerade in der Kinosituation. Kleine Details zwischen schwarzem Humor und purem Terror. Gefällt mir auch von Mal zu Mal immer besser.

Zu diesem Film hatten die Organisatoren sich auch wieder etwas besonders einfallen lassen. Der gute Christian verteilte großzügig Kopien des damaligen Kinoprogramms. Etwas, was auch schon zu einer schönen Tradition geworden ist.

Melody in Love – Für mich ein Satz mit X, der mich schnell genervt hat. Das kann man sich auch schön schreiben, z.B. dass Regisseur Hubert Frank bewusst Erwartungen unterläuft. Da werden nämlich ständig Spannungsbögen aufgebaut, die dann in der Mitte komplett in sich zusammenfallen. Man geht tauchen, es erscheint ein Hai. Man zückt das Tauchermesser. Passiert aber nix. Irgendwann taucht man auf und ruft entzückt „Das war aber ein Großer!“. Man taucht nach einer Schatzkiste, da ist aber nichts drin. Man bzw frau gerät in einer Seitengasse in einen Hinterhalt und wird von einem Kung Fu kundigen Einheimischen gerettet- das wird aber so weggewischt und spielt keine Rolle mehr. Später taucht der Retter in der Not einmal ultrakurz auf, wird erkannt, und ist schon wieder weg. Das geht ständig so: Es werden spannenden Momente aufgebaut, die dann einfach nicht passieren. Das nervte mich irgendwann kolossal. Genauso wie dieses eklige „Sie ist erst 17, aber will ständig Sex mit mir. Harr harr harr“. Nein, das war alles gar nichts. Da können auch spektakuläre Vulkanausbrüche (die auch Null Konsequenzen haben), eine gute Kamera, ohrwurmige Musik, schöne nackte Frauen und ein doch sehr hübsch anzusehender Sascha Hehn nichts dran ändern.

Jagdgeschwader Kamikaze – Patriotischer Kriegsfilm aus Taiwan, der die heroischen Taten eines Jagdgeschwaders im Kampf gegen die überlegenen Japaner preist. Dieses wird von sehr gelungenen Modellen gedoubelt, was seinen Charme hat. Andererseits dann auch mal etwas statisch wirkt. Besonders, wenn man die Piloten sieht, die ganz offensichtlich vor einer himmelblauen Leinwand agieren. Dem Film fehlten in den deutschen Kinos auch 25 Minuten. Aber, ob die den Kohl fett gemacht hätten? Im Grunde verläuft Tseng-Chai Changs Film so. Reden, alle in die Maschinen, kämpfen, landen, wieder reden, alle in die Maschinen usw. usf. Das ermüdetet dann schon arg. Besonders, wenn „reden“ oftmals patriotische Reden und Durchhalteparolen meint. Mich übermannte an immer öfter der Schlaf und so musste ich meinen Nebenmann am Ende fragen, was eigentlich mit dem Helden der Geschichte passiert ist. Das hatte ich nämlich tatsächlich verpennt.

Die Frau mit der 45er Magnum – Tatsächlich eine Erstsichtung, auch wenn die Blu-ray hier schon seit ein paar Jahren liegt. Ich bin aber froh, Abel Ferraras Film beim ersten Mal im Kino erleben zu dürfen. Ein fieser, sehr böser Rape & Revenge-Film, der – wie ich fand – den Zuschauer uns seinen „male gaze“ hinterfragt. Gleichzeit auch sehr tragisch, manchmal ein wenig dick aufgetragen – aber das fügt sich trotzdem sehr gut ein. Denn in diesem ganze Dreck von New York ist die Geschichte zwar vorstellbar, aber auch sehr, sehr auf die Spitze getrieben. Da ist Ms. 45 dann auch ein lauter film mit Wut im Bauch. Auf die ekligen typen, die Frau als Freiwild und minderwertige Wesen sehen. Die von ihrer eigenen Egos förmlich besoffen sind. Ein Männercliquen-Welt, in der sich Frauen Gehör zu schweigen haben. Wie unsere stumme Heldin. Zoë Tamerlis spielt diese aber auch fantastisch. Ein Jammer, dass es mit ihr im realen Leben so schlecht enden sollte. Das große Finale ist dann auch der Hammer, was Choreographie und Musik angeht. Ein kleiner, dreckiger Film, der ebenso fasziniert, wie unter die Haut geht. Ich muss mal wieder mehr Ferrara schauen.

 

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