David (Derrel Maury) kommt an eine neue Schule, die Central High. Dort hat er gleich von Anfang an Probleme mit der Gang um Bruce (Ray Underwood). Doch in Bruces Gang befindet sich auch Mark (Andrew Stevens), der David von früher kennt und dem David einst in ihrer alten Schule gegen die Schul-Schläger verteidigt hat. Mark bemüht sich, David in Bruces Gang zu holen, um ihn vor Übergriffen und Terror zu bewahren. Doch David denkt nicht daran und tut sich lieber mit mit dem Außenseitern Spoony, Arthur, Rodney und Oscar zusammen, die alle unter Bruce und seinen Jungs leiden müssen. Als David die Vergewaltigung zweier Mädchen durch Bruce und seine Freunde vereitelt, ist das Tischtuch endgültig zerschnitten. Eines Abends sorgen Bruce & Co. dafür, dass Davids Bein zertrümmert wird und amputiert werden muss. Daraufhin kennt David nur noch ein Ziel: Rache!
„Massaker in Klasse 13“ ist ein merkwürdiger, aber auch höchst interessanter Hybrid. Man spürt das Anliegen des Filmemachers dahinter, und der Film lässt sich ohne Probleme als Metapher auf politische Revolutionen lesen. Mit allen Problemen, die mit diesen einhergehen. Problemlos könnte „Massaker in Klasse 13“ auch zur Zeit der französischen Revolution spielen, die hier ebenso offensichtlich Pate stand, wie sowjetischen Oktoberrevolution. Was passiert, wenn die Unterdrückten sich erhoben und den Unterdrücker beseitigt haben? Hat man dann tatsächlich eine bessere, gerechtere Welt geschaffen? Oder doch nur ein neues Terrorregime installiert? In Frankreich folgte auf die Revolution der Terror der Jakobiner unter Robespierre. In der Sowjetunion kam der grausame Diktator Stalin an die Macht. Dabei sollte doch der Umsturz zu einer besseren Welt führen. Aber wie schon The Who sangen: „Meet the new boss, same as the old boss“.
Der holländische Regisseur Rene Daalder verbindet nun diesen politischen mit einem sozialen Kommentar. Dieser zeigt auf, wie der Mensch, der zuvor Unterdrückung erfahren hat, sich, sobald er selber Macht über andere erlangt, genau in jene Muster verfällt, unter denen er eben noch selber zu leiden hatte. Macht korrumpiert und dadurch ändern sich die Verhältnisse nicht, sondern verschieben sich nur und bekommen ein neues Gesicht. Eben den „new boss“ der doch nur der „old boss“ ist. Kurz scheint sich auch in diesem Film ein positives Utopia zu bewahrheiten, in dem jeder jeden hilft und ihn unterstützt. Doch schnell versucht der/die Eine oder Andere das entstandene Machtvakuum für seine/ihre Zwecke zu nutzten und sich an die Spitze der Pyramide zu stellen. Davids Kampf gegen die Verhältnisse ist demnach nur scheinbar einer gegen Goliath, sondern vielmehr einer gegen Windmühlen, auch wenn er dies offenbar nicht realisiert und immer weiter versucht, ein fiktives Gleichgewicht herzustellen.
Mögen die beiden vorangegangenen Absätze sich eher nach Stoff für Programmkinos anhören, so wählt Daalder für seinen Film jedoch die Form des Bahnhofs- oder Drive-In-Kinos. Er exerziert sein Exempel an der High School. Jenem Ort, der für Jugendliche die Hölle sein kann, zu dem sie aber gezwungen sind zu gehen. Und in dem sich schnell Hierarchien bilden, in denen es Herrscher und Beherrschte gibt. Unzähligen Filme und Serien zeugen davon. Mit all ihren Bullies und den Nerds und Außenseitern, die unter ihnen zu leiden haben. Mit den Jungs- und Mädelsgangs, die das sagen haben und gottgleich bestimmen, wer dazugehören darf und wer eben nicht. Viele haben sicherlich auch eigene Schulerfahrungen, die beweisen, dass solch ein System nicht nur in den USA und nicht nur in der Fiktion existiert. Es gibt auch einige Slasherfilme, die an der High School spielen und wäre „Massaker in Klasse 13“nicht bereits Mitte der 70er gedreht worden, dann würde der Killer wahrscheinlich eine Maske tragen und mit Hieb- und Stichwaffen, statt mit Dynamit und ähnlichem vorgehen.
Denn nachdem „Massaker in Klasse 13“ zunächst ein typischer High-School-Film-als-Hölle-Film wie „Saat der Gewalt“ oder seine sehr viel später gedrehtes Quasi-Remake „Die Klasse von 1984“ ist, so wandelt er sich im letzten Drittel tatsächlich in so etwas wie einen Protoslasher. Doch Daalder macht mit einem dramaturgischen Kniff klar, dass es ihm nicht darum geht, die Drive-In-Meute mit Sex und Gewalt zu befriedigen. Auch wenn er dies als Mittel wählt. Dadurch, dass in seinem Film keine Erwachsenen vorkommen (einmal abgesehen von einer kurzen Szene am Ende und der Tatsache, dass eigentlich alle Darsteller der Schüler und Schülerinnen die Volljährigkeit schon vor geraumer Zeit erreicht haben), erhält der Film eine unwirkliche Note, die einerseits seinen Parabel-Charakter unterstreichen, andererseits aber auch an William Goldings Roman „Der Herr der Fliegen“ denken lassen, wo Jugendliche/Kinder ohne den Einfluss der Erwachsenen und den von ihnen repräsentierten Normen und Regeln am Ende von ihren primären Instinkt (zum Alpha werden) zurückgeworfen werden.
Die Figur des David ist höchst interessant, da er als Held eingeführt wird, der für das Gute und Gerechte kämpft. Doch dieser Kampf erscheint fast zwanghaft. An einer Stelle betont er, dass er viel Aggression in sich trüge, die er allein durch da Laufen im Zaum halten könne. Als ihm dies genommen wird, hat er diese finstere Seite in sich nicht weiter unter Kontrolle und greift zu immer radikaleren Maßnahmen. War David von Anfang an ein Psychopath? Spannenderweise erinnert seine Entwicklung an Charles Bronsons Paul Kersey in dem nur zwei Jahre zuvor gedrehten „Ein Mann sieht rot“. Ein Vergleich beider Filme lohnt sich auch von daher, dass beide Figuren sich sehr ähnlich sind und man in David auch den Rächer und in Kersey problemlos auch den Psychopathen sehen kann.
Rene Daalder ist mit „Massaker in Klasse 13“ einer der spannendsten und ungewöhnlichsten Filme der 70er Jahre gelungen, den wiederzuentdecken sich sehr lohnt. Umso schöner, dass filmArt den Film nun erstmals ungekürzt auf Blu-ray veröffentlicht hat. Das Bild kann überzeugen und der Ton liegt in Englisch (auch mit englischen Untertiteln, was ich immer sehr begrüße) und einer soliden Synchronisation ohne Albernheiten vor. Gespart wurde leider an den Extras. Hier ist lediglich ein Trailer mit dabei. Die Extras der amerikanischen Ausgabe von Synapse wurden leider nicht übernommen. Dafür gibt es den Film hier auch in der 4:3 Fassung und es ist ein kurzer Clip vom ehemaligen Musikfernsehsender VIVA dabei, der „Vorstellung von VIVA“ betitelt ist, aber im Grunde nur das Intro der Sendung und einen kurzen unkommentierten Ausschnitt zeigt. Immerhin erinnert es einen dran, dass es mal VIVA gab und dort tatsächlich Filmmagazine liefen, die ungewöhnliche Filme vorgestellt haben.