Blu-ray-Rezension: „Dracula jagt Frankenstein“

Eine außerirdischen Macht versucht mithilfe des Wissenschaftlers Dr. Warnoff (Michael Rennie), die Erde zu erobern und die Menschheit auszulöschen. Der geniale Plan: Dr. Warnoff erweckt mehrere Monstern zum Leben: Die Mumie, den Vampir, einen Werwolf (Paul Naschy! Wer sonst?) und ein künstlich erschaffenes Monster (das zwar offiziell nicht Frankensteins Monster ist, aber genau so aussieht). Irgendwie soll das dann dazu führen, dass die Menschen durch ihren eigenen Aberglauben ausgerottet werden. Und eigentlich will Dr. Warnoffs auch noch tausende weitere Monster zu erschaffen, um den Außerirdischen eine menschenfreien Planeten bieten zu können. Oder so ähnlich. Es geht zumindest hoch her, und am Ende kloppen sich der Werwolf und Frankensteins Monster.

Was für ein hanebüchener Unsinn. Das dürfte sich wahrscheinlich jeder denken, der „Dracula jagt Frankenstein“ gesehen hat. Und wer möchte diesem Urteil widersprechen? Die Frage ist, ob dieses Statement mit Zornesfalten auf der Stirn oder einem Lächeln im Gesicht getätigt wird. Dieser Rezensent trug eindeutig letzteres zur Schau. Nein, ein guter Film ist „Dracula jagt Frankenstein“ nicht geworden. Die Geschichte ist haarsträubend, irgendeine Form von Logik kann man mit der Lupe suchen und wird dennoch nicht fündig. Handlungsfäden werden aufgenommen, doch schon nach wenigen Zentimetern verheddert sich das Drehbuch darin und produziert einen Gordischen Knoten, den nur die Sonne im Herzen und die Liebe zu solch einem Blödsinn zerschlagen kann. Da hilft es dann, wenn man als Kind Fan der berühmten Gruselserie-Hörspielreihe des großen H.G. Francis war. Auch dort hatte man das Gefühl, dass aus Platzgründen (die Hörspiele waren nie länger als 40 Minuten) die eine oder andere Info oder wichtige Szene unter den Tisch fiel. Trotzdem hat man die Dinger geliebt. Ähnlich ist es hier, nur das in diesem Falle wohl das Budget und die chaotischen Dreharbeiten der Grund dafür waren, dass am Ende ein Spektakel rauskam, welches einen permanent den Kopf schütteln lässt.

Nun wäre es billig, diese Rezension damit zu füllen, was an dem Film alles nicht stimmt. Wo Chancen vergeben wurden. Weshalb man ob der vorne und hinten kaum Sinn machenden Handlung und Handlungssprüngen immer wieder daran zweifelt, ob man nicht zwischendrin mehrfach eingenickt ist und deshalb wichtige Informationen verpasst hat. Man könnte sich lang und breit über die „Witzische“ Synchronisation im milden „Brandisch“ erregen, die das Ganze noch einmal nachdrücklich ad absurdum führt. Es gäbe so viel, auf das man verbal (sicher zu Recht) eindreschen könnte. Aber was soll das? Einem Film wie „Dracula jagt Frankenstein“ sollte man vielleicht nicht mit den heiligen Ernst und Anspruch entgegentreten, hier einen legitimen Nachfolger der legendären Universal-Horrorfilme der 30er Jahre vor sich zu haben. Eher einem Traum, in dem die klassischen Universal-Monster nach einer durchzechten Nacht plötzlich auftauchen, kurz bevor das Bett sich anfängt zu drehen. Selbstverständlich könnte man jetzt noch den Möglichkeiten nachweinen, die diese wilde Konstellation eigentlich geboten hätte. Wahrscheinlich war vom Drehbuchautor Paul Naschy ursprünglich eine viel größere Produktion mit noch mehr Monster-Geprügel und einer eher epischen Hommage an die goldene Zeit des Horrorfilms geplant. Allein: Die Umstände waren nicht danach und so muss (und kann) man heute mit dem leben, was da 1969 unter abenteuerlichen Umständen gedreht wurde.

Denn wie David Renske in seinem Booklet ausführt, stand der Film mehr als einmal vor dem Abbruch und sein Produzent vor dem Bankrott. Insgesamt wurden drei Regisseure verschlissen und Naschys Drehbuch regelmäßig zusammengestrichen, um mit dem immer schmaler werdenden Budget hinzukommen. Tatsächlich hat man bei „Dracula jagt Frankenstein“ ständig das Gefühl, als hätten drei-vier Leute ohne voneinander zu wissen, das Drehbuch verfasst. Und dann wären irgendwann mal alle Seiten runter gefallen und man hat irgendwie versucht, diese dann wieder in eine einigermaßen sinnvolle Reihenfolge zu bekommen. Dass Hauptdarsteller Michael Rennie zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits schwer krank war, macht das Ganze natürlich nicht besser. Bewundernswert aber, mit welcher Professionalität er das Ganze durchzieht. Gleiches gilt für Karin Dor, die ebenfalls eine souverän-seriöse Schauspiel-Leistung einbringt. Das verwundert an diesem Film vielleicht tatsächlich am Meisten. Keiner der Darsteller überzieht seine Rolle so sehr, dass sie zur reinen Persiflage verkommt. Alle sind mit Herzblut (insbesondere Naschy bei seinem dritten Einsatz als Werwolf Waldemar Daninsky) oder zumindest mit einem anständigen Sinn für Professionalität dabei. Dass hier so vieles unfassbar lächerlich und parodistisch erscheint, liegt in der Tat an der flapsigen Berliner Synchronisation. Da wird dann in Bester „Die 2“-Manier noch viel monologisiert, wenn die Münder schon geschlossen sind oder sich die Sprecher im Off befinden. Was aber in gewisser Weise – und wenn man ein Faible dafür hat – auch ein wenig den Reiz des Filmes mit ausmacht.

„Dracula jagt Frankenstein“ kann man sich gut als Party-Kracher in einem vollbesetzten Kino mit dem richtigen Publikum vorstellen. Und man kann ihm auch nicht absprechen, zweitweise schön stimmige Bilder zu finden. Regisseur Tulio Demicheli war schließlich schon ein Routinier mit langer Erfahrung, als er den Film übernahm. Und Hugo Fregonese, der auch am Film beteiligt war und wohl einen Großteil abdreht hatte bevor Demicheli übernahm, kam aus Hollywood und hatte in Deutschland bereits „Die Todestrahlen des Dr. Mabuse“ und „Old Shatterhand“ gedreht. Unterstützung hatten sie durch den tollen Kameramann Godofredo Pacheco, der nicht nur für die sehr stimmungsvollen frühen Horrorfilme und Film Noirs des jungen Jess Franco verantwortlich war, sondern im selben Jahr wie „Dracula jagt Frankenstein“ auch ohne Nennung an dem fantastischen „Das Versteck“ beteiligt war. Dieses geballte Talent hinter (und teilweise vor) der Kamera, sorgt dafür, dass der Film zumindest Ansatzweise vor der – um einmal das schlimme Wort zu benutzen – Trash-Grube gerettet wird, in die ihn die zweifelhafte Produktion, das fehlende Geld und die deutsche Synchro immer wieder hineinstoßen wollen. Nein, ein guter Film wird auch so nicht aus „Dracula jagt Frankenstein“. Aber ein unterhaltsamer Mumpitz, der wahlweise zu guter oder schlechter Laune führt. Das bleibt dann dem Betrachter überlassen.

Die filmArt-Blu-ray überzeugt mit einem knackigen, sehr schön bunten Bild, welches allerdings einige Probleme mit größeren schwarzen Flächen hat, bei denen es leider zu Klötzchen und Stufenbildung kommt. Doch das stört den Filmgenuss weniger und ist wie gesagt, nur bei größeren schwarzen Flächen ein Problem. Sehr charmant ist das Intro von Jörg Buttgereit zum Film, in dem man nicht nur jederzeit die Liebe zu diesem Film spürt, sondern das auch noch durch drei kurze, thematisch perfekt passende alte Super-8-Filme des „Nekromantik“-Regisseurs ergänzt wird. Das macht richtig viel Spaß. Wie ich bereits eingangs schrieb, bin ich sehr positiv von David Renskes Text im 16-seitigen und mit schönen Bildern bestückten Booklet angetan. Ich verhehle nicht, dass ich mit seinen früheren Booklet-Texten manchmal so meine Probleme hatte, aber dieses hier hat mir tatsächlich von vorne bis hinten sehr gut gefallen. Super geschrieben, tolle aufgebaut und strukturiert, viele interessante Infos. So muss das sein. Neben der deutschen Schnitt-Fassung gibt es noch eine spanische. Wobei diese auf die Sekunde gleich lang ist und scheinbar bis auf einen spanischen Vorspann keine Unterschiede aufweist. Zu den weiteren Extras zählen noch weitere – US-amerikanische – Vorspänne in schlechterer Qualität, sowie der deutsche und der französische Trailer und eine Bildgalerie. Bei der Tonspur kann man zwischen Deutsch, Spanisch und Englisch – jeweils in DTS-HD Master Audio 2.0 Mono – wählen.

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1 Antwort zu Blu-ray-Rezension: „Dracula jagt Frankenstein“

  1. Schöner Text, der Lust macht, dass ich den Film auf meinem Ungesehenstapel weiter nach oben befördere und ihm ebenfalls eine Rezension widme.

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