DVD-Rezension: “Frankensteins Höllenbrut“

hoellenbrutDer Comic-Zeichner Gengo (Hiroshi Ishikawa) kommt einem gewaltigen Komplott auf die Spur. Bei seinen zukünftigen Arbeitgeber vom Weltkinderland ist er zufällig an ein geheimes Tonband gekommen, welches die schöne Machiko (Tomoko Umeda) auf der Flucht vor seinem Chef in spé verloren hat. Mit Hilfe des Tonbandes findet er heraus, dass das Kinderland als Basis für außerirdischen Invasoren dient. Diese wollen die Menschheit mithilfe der beiden Monster King Ghidorah und Gigan vernichten, und sich die Welt für ihrer Rasse von Insekten-Wesen untertan machen. Höchste Zeit für Godzilla und seinen Kumpel Angilas einzuschreiten und die bösen Mächte aufzuhalten.

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Nachdem der 11. Filme der Godzilla-Reihe, „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ an der Kinokasse durchgefallen und Regisseur Yoshimitsu Banno in die Wüste gejagt worden war, wandte man sich wieder einmal an Jun Fukuda der Ende der 60er den Staffelstab von Ishirō Honda übernommen hatte und schon einige preisgünstige, aber erfolgreiche Godzilla-Filme abgeliefert hatte. Eins war klar: Experimente wie bei den „Teufelsmonstern“ würde es nicht wieder geben. Was bedauerlich war, denn der psychedelisch-surreale „Teufelsmonster“ zählt für mich zu den interessantesten und liebsten Filmen der Reihe. Immerhin ließ man es sich nicht nehmen, auch noch einmal das Thema Umweltverschmutzung in seine Werk mit aufzunehmen, was mit zahlreichen Einstellungen aus dem Vorgängerfilm illustriert wurde. Überhaupt hatte man sich bei „Frankensteins Höllenbrut“ dazu entschlossen, kräftig am Budget zu sparen und zahlreiche Szenen aus älteren Filmen zu recyceln. Was aber zugegeben dem Laien nicht unbedingt gleich auffallen würde – nur wenn man genau hinschaut, bemerkt man, dass sich die Helligkeit der Szenen und Godzillas Aussehen hier und dort verändert.

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Da es ja in der Vergangenheit immer gut geklappt hat, wurde für „Frankensteins Höllenbrut“ das gute, alte Alien-Invasoren-Motiv reaktiviert. Wir ihre Vorgänger in „Befehl aus dem Dunkel“ geben sich die bösen Außerirdischen als Wohltäter der Menschheit aus, um dann die Filmmonster gegeneinander antreten zu lassen, die dabei quasi im Vorbeigehen Tokio zerstören. Dieser Plan gelingt ihnen auch recht gut und beschert dem Film einige schöne Monster-Fights (wenn auch aufgrund des oben erwähnten Recyclings mit einigem Wiedererkennungsfaktor) und auch ein neues Monster. Gigan sieht zwar aus wie ein überdimensionales Huhn, konnte aber eine solche Popularität erreichen, dass er im nächsten Film, „King Kong – Dämonen aus dem Weltall“ gleich wieder mit dabei ist. Da gerade in der zweiten Hälfte das immer weiter ausufernde Finale die eigentliche Handlung verdrängt, kommen die Freunde des zünftigen old-school Kaiju-Gekloppes voll auf ihre Kosten.

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Obwohl sich „Frankensteins Höllenbrut“ in erster Linie an ein kindliches Publikum wendet, ist er gleichzeitig der brutalste Godzilla-Film bis dahin. War in „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ schon ein Tabu gebrochen worden und die Opfer der Monsterattacken gezeigt worden, so spritzt hier erstmals bei den Monster-Kämpfen das Blut. Gigan schlägt Godzilla seine scharfen Klauen in den Schädel und der Monster-Igel Anguirus macht Bekanntschaft mit der Kreissäge, die in aus Gigans Bauch wächst. Gleichzeitig aber gefällt sich der Film auch in kindlichen Albereien. So unterhalten sich Godzilla und Anguirus in der Originalversion wortreich. Dies wird dadurch verdeutlicht, dass große Sprechblasen mit japanischen Schriftzeichen eingeblendet werden, die den Dialog – in dem Godzilla ziemlich autoritär auftritt – wiedergeben. In der deutschen Fassung fehlen die Sprechblasen zwar, aber Godzillas Gesten und Töne sind auch hier recht eindeutig als Kommandos an Anguirus zu verstehen. Ob man diese lustige Vermenschlichung der Monster gut findet oder nicht, ist wohl auch eine Frage des Alters.

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Ferner wird weiter an einem neuen Monster-Mythos gestrickt. Alle Monster leben – wie schon in „Frankenstein und die Monster aus dem All„– gemeinsam friedlich auf der Monsterinsel. Diese verlassen sie nur, wenn Not an Mann bzw. Monster ist und die Menschheit vor bösen Monstern geschützt werden muss. Godzilla & Co. sind also nicht mehr die furchterregenden Feinde, sondern so etwas wie eine Super-Eingreiftruppe, wenn der Menschheit Gefahr droht. Da ist es dann auch ganz selbstverständlich, wenn sich die Monster wie Superhelden agieren und sich mit einem fröhlich-energischen „Komm mit, es gibt etwas zu tun“ in die Fluten stürzen, um nach Tokio zu schwimmen. Sie sind also keine Naturgewalten mehr, die über Japan herfallen, sondern so etwas wie Naturgötter. Wobei dieser Ansatz erst in dem sehr viel später entstandenen „Godzilla, Mothra and King Ghidorah“ voll ausgespielt wurde. Die Menschen scheinen sich dessen bewusst und leben in friedlichen Co-Existenz mit den Monstern, was man daran erkennt, dass die Hauptattraktion eines Kinderfreizeitparks ausgerechnet ein „Godzilla-Turm“ ist.

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Den erwachsenen Zuschauer wird es freuen, dass diesmal auf einen nervigen Kinderdarsteller verzichtet wurde und auch die Hauptdarsteller sich nicht von der üblichen Hysterie anstecken lassen, sondern sympathisch und verhältnismäßig kompetent zu Werke gehen. Wer sich die deutsche Tonspur gönnt wird zudem mit einem Best-Of-Synchronsprecher bedient. Alles was in den 70ern hier Rang und Namen hatte, leiht hier den japanischen Schauspielern seine Stimme. Brückner, Danneberg, Martienzen, Chevalier – alle sind sie dabei. Da stört es dann auch nicht, dass Godzilla eines seiner schlimmsten Kostüme tragen muss, die ihn oftmals wie einen überdimensionierten Frosch aussehen lässt. In den vielen Schnippseln aus älteren Filmen sieht er dann ja auch deutlich besser aus. Ein optisches Highlight ist wieder einmal der goldene, dreiköpfige Drache King Ghidorah – überhaupt eines der bestaussehenden Monster des Toho’er kaijun-Universums. Schön auch die Idee, für die Darstellung der insektenförmigen Invasoren echte Kakerlaken in Großaufnahme zu verwenden. Auch dieses dürfte ein Novum in der langjährigen Kaiju-Geschichte sein.

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„Frankensteins Höllenbrut“ mag nicht zu den absoluten Highlights der Serie gehört und durch kostensparendes Recycling alter Filmschnipsel negativ auffallen. Dennoch kann der munterer Monster-Spaß all jenen ans Herz gelegt werden, die sich eine kindliche Freude an den japanischen „Männer in Monsterkostümen“ und ihren endlosen Keilereien bewahrt haben. Dass dabei auf allzu infantilen Humor und Kinder verzichtet wurde, weiß ebenfalls zu gefallen.

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Die in der Reihe „Kaiju Classics“ herausgekommene DVD reiht sich nahtlos in die wunderbaren Veröffentlichungen ein, mit der Anolis in den letzten Jahren die Monster-Fans erfreut hat. Wieder sind zwei Versionen auf zwei DVDs mit dabei. Die ungekürzte, japanische Fassung und die um viel Handlung und blutige Details im Finalkampf verzichtende deutsche Kinofassung. Und selbstverständlich haben wieder viele Experten mitgeholfen und wieder gleich drei Autokommentare eingesprochen. Das Trio Jörg Buttgereit, Alexander Iffländer und Bodo Traber übernehmen, ebenso wie Florian Bahr, die Kommentierung der japanischen Fassung auf Disc 1. Auf der zweiten Scheibe mit der deutschen Kinofassung kommt Torsten Rosemann zu Wort. Ferner im dem sich über beide Discs erstreckendem Bonusmaterial: Der japanische und der deutsche Trailer, eine Super-8-Fassung, Bildergalerien mit japanischen, internationalen und deutschem Material. Nicht zu vergessen, das informative 20-seitige Booklet von Ingo Strecker. Von der Bildqualität her, weiß die Veröffentlichung erwartungsgemäß auch wieder zu überzeugen. Sowohl die deutsche als auch die japanische Fassung erfreuen mit einem klaren Bild und guten Schwarzwerten, wobei die Japan-Fassung leicht die Nase vorne hat. Auch der Ton ist sauber und deutlich, wobei man der deutschen Synchro ihr Alter etwas anhört, wenn man nur genau genug die Ohren spitzt.

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