Die Statistiken der FFA für das Kinojahr 2013 – und wie man sie nicht lesen sollte.

ffaGestern veröffentlichte die Filmförderungsanstalt (FFA) die aktuellen Statistiken zum Kinojahr 2013. Darunter auch die durchschnittlichen Ticketpreise pro Bundesland und die Anzahl der Kinobesuche. Grund genug für den „Weser-Kurier“ auf seiner Facebook-Seite zu fragen: „Als wüssten wir es nicht schon länger: In #Bremen ist der Kinobesuch bundesweit am teuersten. Die Konsequenz: Weniger Besucher. Ist das bei euch auch so?“

Mal abgesehen davon, dass die Gleichung „In Bremen sind die Ticketpreise so hoch – darum gehen hier weniger Menschen ins Kino“ etwas gewagt und populistisch konstruiert ist, muss man das doch etwas differenzierter sehen. Mit einem Durchschnitt von 2,90 Kinobesuchen pro Einwohner liegt das Bundesland Bremen weiterhin noch vor dem vergleichbaren Stadtstaaten Berlin (2,77) und Hamburg (2,39) und deutlich vor dem viertplatzierten Bayern (1,82). Allerdings gingen im Land Bremen die Besucherzahlen gegenüber dem Vorjahr um -6,8% zurück. Was aber nicht an einer exorbitanten Erhöhung der Ticketpreise gegenüber 2012 liegen kann. Denn diese stiegen mit +3,3% auf dem gleichen Niveau, wie der Bundesdurchschnitt (+3,1%). Ich denke eher, dass es in der Tat, wie es auch die Filmförderungsanstalt angibt, an den mangelnden „Must see“s in 2013 lag. Das Jahr 2012 hatte den Film „Ziemlich beste Freunde“ (8,9 Millionen Besucher), welcher aufgrund von Mundpropaganda so einige Zuschauer ins Kino gezogen hat, die in der Regel nicht oder nicht mehr ins Kino gehen. Allein in meinem Verwandten-, Bekannten- und Kollegenkreis waren einige Personen im mittleren bis gesetzteren Alter dabei, die für diesen Film das erste Mal seit vielen Jahren wieder den Weg ins Kino gefunden hatten. 2013 gab es keinen Film, der einen ähnlichen Effekt ausgelöst hätte. Auch die filme, die 2012 auf Platz 2 („Skyfall“, 7,45 Mio. Besucher) und 3 („Ice Age 4“, 6,7 Mio.) lagen, hatten deutlich mehr Besucher als der Spitzenreiter 2013 („Fack Ju Göhte“, 5,6 Mio.). Bei aller Euphorie bei der FFA darüber, dass erstmals seit 2008 wieder ein deutscher Film die Charts anführt, kann man dies doch eher auf das schwache Wettbewerbsumfeld schieben. (Quelle: http://www.ffa.de)

Schaut man einmal weg von den Bundesländern auf die größten Städte Deutschlands, ergibt sich ein etwas anderes Bild. Dort liegt Bremen (von der FFA wird immer nur Bremen und Bremerhaven gesamt ausgewiesen) mit seinen 2,9 Kinobesuchen/Einwohner auf Platz 7, gemeinsam mit den Städten Berlin (!) und Kiel, aber noch vor Hamburg (2,7). So schlecht ist das nicht. Spitzenreiter ist hier Karlsruhe (4,7) vor Nürnberg (4,1). In Nürnberg zahlt man übrigens auch das meiste Geld für ein Kinoticket (€ 8,94). Das ist eine Verteuerung gegenüber 2012 von +6,3% (gegenüber den +3,3% in Bremen), trotzdem bleibt der Kinobesuch pro Einwohner hier gleich (2012: ebenfalls 4,1). Somit beist sich das mit dem vom „Weser Kurier“ angeführten Argument, die hohen Ticketpreisen wären allein schuld daran, dass die Leute nicht mehr ins Kino gehen.

Der Grund für den Besucherrückgang in Bremen ist meiner Meinung nach weniger – wie vom „Weser Kurier“ suggeriert – in den Ticketpreisen zu sehen. Deren Erhöhung durch dem höheren Anteil von 3D und Überlängenfilme zu tun haben dürfte (und möglicherweise auch dran, dass die hochpreiseigen „Nicht-Film“-Veranstaltungen wie Opern-, Konzert- und Theaterübertragungen zugenommen haben. Ich weiß nicht, in wie weit diese in die Berechnung der durchschnittlichen Eintrittspreise hineinspielen). Vielmehr fehlten 2013 die „Zugpferde“. Möglicherweise – das ist zumindest meine Theorie – liegt es aber auch daran, dass in den jüngeren Bevölkerungsgruppen – getrieben durch immer besseres Home Entertainment Equipment oder Verfügbarkeit der Filme im Internet – eine gewisse Kinomüdigkeit eingesetzt hat. Auch, weil die jüngere Generation es gar nicht mehr gelernt hat, für einen Film ins Kino zu gehen. Dies wird noch durch die mittlere bis ältere Generation ausgeglichen, die in den Programmkinos ihre Heimat gefunden hat (in Tat kann man auch mehr von einer Mulitiplex-Krise, als von einer allgemeinen Kinokrise sprechen. Deren Besucherzahlen gingen deutschlandweit 2013 um -5,4% zurück, während die Programmkinos „nur“ -2,7%*  verloren). Allerdings – speziell auf Bremen bezogen – ist die Programmvielfalt hier merklich geschrumpft. Schauburg und Gondel zeigen oftmals zeitversetzt das selbe Programm, und das Cinema hat seinen „künstlerischen Anspruch“ nach dem Verkauf an die Bremer Filmkunsttheater-Gruppe etwas eingebüßt. Was sehr gut läuft sind Spezialveranstaltungen, wie die Sneak-Preview in der Schauburg, die schon „Kult“ ist, oder die Stummfilme mit Live-Musik im Kommunalkino. Meiner Meinung nach ist dies auch der Weg, wieder mehr jüngere Menschen ans Erlebnis Kino heranzuführen: Das muss als etwas besonderes, als „Event“ inszeniert werden. Einfaches Abspielen reicht nicht (immer).

* eigene Berechnung

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3 Antworten zu Die Statistiken der FFA für das Kinojahr 2013 – und wie man sie nicht lesen sollte.

  1. hugo sagt:

    Also die Preise in der Schauburg sind ja noch ok. Aber z.B. 11,50 € für die englische Version von Wolf of Wall Street im Cinemaxx finde ich nicht gerechtfertigt. Mag sein, dass das für den Betreiber betriebswirtschaftlich nötig ist – ich zahle das aus Prinzip nicht für einen Film, der mich zwar interessiert, den ich aber nicht sehen muss.

  2. Michael sagt:

    Habe früher fast _alles_ im Kino geschaut. Mitlerweile sehe ich das nicht mehr ein. Aus Batman 3 und M:I 4 (jeweils in einem anderen großen Multiplex geschaut) bin ich „fast mit einem Hörsturz“ rausgekommen, weil es so dermaßen laut war, dass es einfach keinen Spaß gemacht hat. Dazu kommt, dass ich die Filme Grundsätzlich lieber in der Orginalfassung schaue.

    Und ja: der Preis spielt eine Rolle. Man bekommt doch mitlerweile nach ein paar Monaten die Blu-Ray für 9,99 nachgeschmissen, kann sie in jeder Sprache so oft gucken wie man möchte.

  3. Marco Koch sagt:

    Dass die Ticketpreise in den Multiplexen übertrieben hoch sind, darüber braucht man nicht zu streiten (ob das jetzt Schuld der Industrie oder der Kinoketten ist, sei einmal dahingestellt). Wenn man im Maximalfall €14,00 (Samstag, Überlänge, 3D) für einen Film (zur Zeit wäre das “Hobbit 2″ im Cinemaxx), zahlen muss, dann fragt man sich in der Tat zweimal, ob man sich das leisten kann. Ich denke auch, es würden mehr Leute ins Kino gehen, wenn die Preise niedriger wären. Der Punkt ist aber, dass die Zuschauerzahlen nicht eingebrochen sind, weil die Tickets teurer wurden und es auch nicht stimmt, dass in Bremen weniger Leute ins Kino gehen, weil hier der Durchschnittspreis für ein Kinoticket höher ist, als in anderen Bundesländern. Von dem Rückgang 2012 auf 2013 sind am Meisten die Multiplexe betroffen sind (zumindest bundesweit. Zu Bremen separat gibt es ja leider keine Statistik, ich gehe aber mal davon aus, hier ist das ähnlich). Und dort ist der Preis natürlich höher als z.B. im Programmkino, weil hier mit den 3D- und Überlängenzuschlägen noch ordentlich etwas oben drauf gepackt wird. Dies ist in den Programmkinos nur bedingt der Fall (Überlänge ja, aber es gibt dort eben kein 3D). Auch haben sich die Preise über das Jahr nicht erhöht, wohl aber der Anteil der 3D- und Überlängenfilme. Interessanterweise ist der “offiziell” teuerste Ticketpreis im Cinemaxx € 8,50 (Wochenende und an/vor Feiertagen), also auf dem Niveau der Programmkinos. Aber durch die Zuschläge, die vor allem bei Hollywood-Blockbustern fast schon Usus sind, wird der Preis künstlich in die Höhe getrieben. Das betrifft aber das Programmkino-Publikum nicht. Von daher ist die Gleichung, die der “Weser Kurier” aufgestellt hat, meiner Meinung nach Quatsch oder nur auf Cine-maxx/star/space anzuwenden.

    @Michael: Das Problem mit dem „Hörsturz“ bei Batman 3 hatte ich leider auch.

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