DVD-Rezension: „Boomer – Überfall auf Hollywood“

Boomer

Gerade hat es sich der Star-Quarterback Boomer Hayes (Ken Wahl) es sich mit seiner neuen Eroberung Laura Sage (Harley Jane Kozak) in seiner Wohnung in Beverly Hills gemütlich gemacht, da kommt es angeblich zu einem Chemieunfall. Dieser macht es scheinbar nötig, ganz Beverly Hills abzuriegeln. Bei der Evakuierung wird Boomer übersehen und bald muss er feststellen, dass hier etwas nicht stimmt. Tatsächlich wurde der Unfall von Ex-Cops inszeniert, damit sie in Ruhe die Wohnungen der Schönen und Reichen ausräumen können. Gemeinsam mit dem reuigen Polizisten Ed Kelvin (Matt Frewer) stellt er sich den Schurken entgegen…

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Als ich „Boomer – Überfall auf Hollywood“ in den Player legte, hatte ich nicht darauf geachtet, wann dieser Film gedreht wurde. Gut die Hälfte der Laufzeit war ich fest davon überzeugt, dass ich einen typischen Mitte-80er-Film vor mir hätte. Nicht nur der ganze Stil erinnerte an die Werke, die damals schon mit Blick auf die Videoauswertung gedreht wurden, auch Ken Wahls unglaublich hässlicher Vokuhila und generell die ganze Besetzung schien aus diesem Jahrzehnt zu stammen. Erst als EMFs „Unbelievable“ im Soundtrack erscholl, horchte ich auf. Ich glaubte kurz, dieser Hit-Song wäre vielleicht sogar ein Cover des „Boomer“-Soundtracks gewesen. Aber als dann auch noch Faith No Mores „Epic“ auf der Tonspur auftauchte, war mir klar, dass der Film in den 90ern entstanden sein musste. Tatsächlich wurde „Boomer“ 1991 gedreht und entwickelte sich damals zu einem gewaltigen Flop, der dann auch gleich Ken Wahls zarte Karriere unter sich begrub.

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Das 80er Feeling beginnt bei „Boomer“ gleich in der Titel-Sequenz, wenn die Kamera zum Sound von Jan Hammer (der mit dem „Miami Vice Theme“ berühmt wurde) einige pastellfarbene Impressionen von Beverly Hills einfängt. Hauptdarsteller Ken Wahl hatte seine erste Rolle in „The Wanderers“ von 1979 gespielt und spielte in den 80ern in Filmen wie „Der Söldner“ oder neben Paul Newman in „The Bronx“ Hauptrollen. Er war damals auf einem sehr guten Wege, ein bekannter Name zu werden. Doch „Boomer“ brach ihm dann das Genick. Ein Spiel- und zwei TV-Filme später, hing er 1996 seine Schauspielkarriere an den Nagel. Sein Co-Star Matt Frewer war, ebenfalls in den 80ern, durch die Kult-Serie „Max Headroom“ berühmt geworden, Schurke Robert Davi veredelte viele 80er Actionfilme und Thriller. 1989 durfte er in „Lizenz zum Töten“ sogar den Gegenspieler von James Bond geben. Des Weiteren wird sein Handlanger von Branscombe Richmond gespielt, der in der TV-Serie „Renegade“ neben Lorenzo Lamas (noch eine 80er Recke) den Sidekick gab.

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Und letztendlich feierte auch Regisseur Sidney J. Furie seine größten Erfolge in diesem Jahrzehnt, z.B. mit der „Stählender Adler“-Reihe. Furie war nie ein besonders feinfühliger Regisseur und so glänzt auch „Boomer“ nicht durch eine intelligente Charakterisierung, sondern durch Explosionen und coole One-Liner. Dabei wird sich kaum Mühe gegeben, zu kaschiert, dass der Großteil des Filmes in den immer gleichen Vorortstrassen spielt, und der tiefschwarze Nachthimmel verstärkt noch das Gefühl, dass die meisten Szenen in einer Kulisse gedreht worden sind. Furie nutzt den Film vor allem, um möglichst viel in die Luft zu jagen. Und da der Film noch vor den Zeiten entstand, in denen Explosionen durch Pixel simuliert werden, befriedigt dies insbesondere den kleinen Pyromanen in uns allen.

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Die Handlung ist natürlich – wie bei unzähligen Actionfilmen dieser Zeit – bei „Stirb langsam“ abgekupfert. Doch hier ist es kein verwundbarer, zynischer und doch zutiefst menschlicher Bruce Willis, der allein gegen Gangsterhorden antreten muss, sondern der schöne und sehr selbstsichere Ken Wahl, was der Geschichte etwas den Charme nimmt. Auch was Gewaltdarstellungen angeht, nimmt sich „Boomer“ gegenüber dem Vorbild stark zurück. Statt auf Waffen, verlässt sich Boomer auf seine beim Football gelernten Fähigkeiten, insbesondere dem Weglaufen und Haken schlagen. Dadurch ist er dann mehr auf der Flucht, statt aktiv gegen die Schurken zu kämpfen.

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Doch immer, wenn die Handlung sich von Boomer und seinem neuen Kumpel Ed entfernt, und stattdessen Robert Davi und Harley Jane Kozak zeigt, droht der dünnen Story die Luft auszugehen. Da werden dann Dinge erklärt, die keiner Erklärung bedürfen, und insbesondere der Subplot, indem Robert Davi liebeskrank der sehr blassen und uncharismatischen Harley Jane Kozak hinterher stellt, wirkt lustlos und Zeit schindend. Insbesondere gilt dies für das seltsam unspektakuläre Finale. Trotzdem unterhält der Film anspruchslos, aber mit Humor. Dafür ist einerseits Matt Frewer zuständig, andererseits gibt es einige wirklich nette Ideen. So wird Boomer von den Schurken vergessen, da sie glauben, jemand der „Boomer“ heißt, müsste ein Hund sein. Ein netter Hinweis auf die TV-Serie „Boomer – der Streuner“ – natürlich aus den 80ern. Oder jemand versucht, sich als Regierungsbeamter auszugeben, indem er auf alle Frage nur wiederholt, statt zu beantworten.

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Ein B-Action-Film mit 80er Feeling, der Freunden von lauten Explosionen und gepflegter Zerstörung Freude bereiten kann. Die Darsteller bleiben leider durch die Bank weg hinter ihren Möglichkeiten zurück, und auch das dünne Drehbuch dient nur dazu, Figuren möglichst spektakulär von Punkt A nach B zu bringen. So geht dem Film auch jedes Mal etwas die Puste aus, wenn er sich auf Handlungselemente konzentriert. Trotzdem ist „Boomer – Überfall auf Hollywood“ sympathische Retro-Videotheken-Ware, die man ebenso schnell konsumiert, wie vergisst.

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Der Film ist in der Reihe „Cinema Treasures“ erschienen, in der Ascot Elite ihre alten Archivschätze auf den Markt wirft. Die Bild- und Tonqualität ist dabei absolut tadellos, das Schwarz wirklich schwarz und die Farben sehr satt und kräftig. Auf Extras muss man bis auf Trailer allerdings verzichten.

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