DVD-Rezension: “Rush”

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„Eine große Katastrophe hat die Erde verwüstet, der Tod hielt reiche Ernte. Die Überlebenden vegetieren dahin und kämpfen verzweifelt um ihre Existenz. Die neue “Weltregierung” besteht aus einer Clique skrupelloser Banditen, die schwer bewaffnet Jagd auf Männer und Frauen machen und sie in Arbeitslager stecken. Dort wird Rauschgift angebaut, das zweimal wöchentlich an alle verteilt wird. Apathisch dämmern die Menschen dahin – an Flucht ist nicht zu denken. Die Felder sind verwüstet, die Städte zerstört, die Wälder verbrannt, die Hölle kann nicht schlimmer sein. An wenigen Stellen auf der Erde hat die “Weltregierung” den Boden reaktiviert und Bäume gepflanzt, aber zu diesen Wäldern haben nur ein paar Bonzen Zutritt.

Doch die Herrschenden haben ihre Rechnung ohne Rush gemacht, eine schier unbändige Kampfmaschine. Er kämpft den Kampf seines Lebens – Rush ist nicht zu stoppen!“ (Covertext)

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Rush“ wurde in der aktuellen „Splatting Image“ besprochen. Und zwar in der sogenannten „Baddie-Ecke“, in der ausgesucht schlechte Filme ihre Heimat finden. Nun, ein Meisterwerk ist „Rush“ wirklich nicht. Ja, noch nicht einmal ein halbwegs anständiger Film. Ganz im Gegenteil. Aber er ist auf seine Art sehr unterhaltsam und Trash der feinsten Sorte. Gleich zu Beginn, wenn ein Erzähler dazu anhebt, bedeutungsschwer über die Zukunft zu schwadronieren, in der ein „paar hundert Soldaten“ die verbliebenen „zwei Millionen Menschen“ mit Hilfe einer Droge kontrollieren, ahnt man, wohin die Reise geht. Ist man nach diesem epischen Auftakt dann in einer Kiesgrube angekommen und hat die Bekanntschaft mit Rush gemacht, der seine mühevoll aufgezogene Pflanze bis aufs Blut (das ist wörtlich zu verstehen) verteidigt, ist man sich aber ganz sicher, wie das Reiseziel heißt: C-Film-Hölle.

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Hier passt erst einmal nichts zusammen: Weder Rushs Gefährt – ein umgebauter Golfwagen, der sich bestenfalls mit „niedlich“ beschreiben lässt -, noch der Schnitt, der Rush eben noch in seiner Sandgrube zeigt, während sich sein Blick schon mitten in den von einer üppigen Vegetation überwucherten (aha?) Ruinen einer Stadt befindet. Die Schergen der Bösen benutzen irgendwelche Detektoren, um die Überlebenden aufzuspüren. Dabei ist nicht ganz klar, wer hier die lustigen Geräusche macht, die an Lippenfürze erinnern: Die Detektoren oder doch die Schergen. Klar ist das alles schrecklich billig und doof, aber auch auf angenehme Weise lustig und unterhaltsam.

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Regisseur Tonino Ricci ist nun wahrlich nicht sonderlich talentiert, aber er scheint das Herz auf dem rechten Fleck zu haben und sich seiner Unzulänglichkeiten bewusst zu sein. Er versucht diese gar nicht erst zu kaschieren. Ähnliches gilt für seinen Hauptdarsteller Bruno Minniti, der zwar muskulös und drahtig ist, aber dessen Muskeln natürlich nicht die Ausmaße annehmen, welche das Cover zu suggerieren versucht. Auch seine Kampfposen erinnern eher an Parodien auf das Genre, und so drängt sich der Verdacht auf, dass „Rush“ sowieso nie ernst gemeint war, sondern von allem als Persiflage auf das bereits untergehende „Endzeit-Genre“ zu verstehen ist. Warum sonst würde der Oberbösewicht aussehen, wie Professor Honigtau-Bunsenbrenner aus der „Muppet Show“. Weshalb sonst schmiert Gordon Mitchell zum Stein erweichen und werden seine Kampfszenen von einem Double übernommen, ohne dass irgendjemand auch nur den halbherzigen Versuch unternimmt, dies irgendwie zu kaschieren? Ob die Dialoge schon in der O-Fassung derartig grenzdebil waren, wie sie den Figuren von den (übrigens durchaus professionellen und bekannten) Sprechern in den Mund gelegt wurden, kann ich nicht nachvollziehen. Die deutsche Synchro ist auf jeden Fall ein Quell der Unfassbarkeiten.

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Leider hat das Drehbuch bereits nach 45 Minuten der Handlung nichts mehr hinzuzufügen, darum wird Rush erst einmal in den Wald geschickt (Wald! Okay, das muss der in der Einführung genannte „Bonzenwald“ sein, denn eigentlich soll es doch gar keine Vegetation mehr geben), wo er Rambo-mäßig („Rambo“ war gerade ins Kino gekommen und an dessen Erfolg kann man sich ja ruhig auch mal dranhängen) seine Feinde mit selbstgebauten Fallen erledigt und am Ende mit einem Traktor (!) eliminiert. Danach dreht er noch mit einem geklauten Jeep ein paar Ehrenrunden durch das Gefangenenlager (Ricci zeigt wirklich alle Arten, wie man einen Jeep filmen kann), prügelt sich mit Mitchell bzw. dessen Double und dann ist der Film nach 75 Minuten auch aus. Danach heißt es für den Zuschauer Hirn auslüften und „Rush 2“ einwerfen, der ebenfalls gerade eben bei CMV erschien.

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„Rush“ ist Trash reinsten Wassers. Als „richtiger“ Film jenseits all dessen, was man als „gut“ bezeichnen würde, aber als spaßiger Endzeit-Müll ohne Anspruch eine unterhaltsame Angelegenheit, wenn einem denn der Sinn nach solch einem ultrabilligen Kasperletheater steht. Ich habe mich mit dieser Bombe aus Italien jedenfalls recht gut amüsiert.

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Als Extra wurde in sehr schlechter Qualität eine erweiterte Szene (auf Englisch mit japanischen (?) Untertiteln) mit draufgepackt, die etwas mehr über die fehlende Vegetation und Rushs Gegner aus der Kiesgrube am Anfang erklärt. Das Schönste extra ist aber Christian Keßlers Audiokommentar, der oftmals launig abschweift, aber neben guter Laune auch viele interessante Infos und Anekdoten verbreitet. Die Bildqualität ist natürlich nicht gestochen scharf, sondern einem italienischen Action-Klopper aus den frühen 80ern absolut angemessen. Außer dem deutschen Ton ist noch die englische Tonspur enthalten.

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