DVD-Rezension: „Masks“

Stella (Susen Ermich) ist eine nicht gerade mit reichlich Talent, aber großem Ehrgeiz ausgestattete, angehende Schauspielschülerin. Nachdem sie mal wieder bei einer Aufnahmeprüfung nicht genommen wurde, weißt sse einer der Prüfer auf die private Schauspielschule „Matteusz Gdula“ hin. Diese ist benannt nach ihrem geheimnisvollen Gründer, dessen extreme Methoden in den 70er Jahren einigen Schülern das Leben kostete. In der Schule angekommen, muss sich Stella erst einmal gegen ihre Mitschüler zur Wehr setzen. Aber sie findet in der schüchternen Cecilie (Julita Witt) schnell eine gute Freundin. Aber als Stella versucht, mehr über die Methoden des Matteusz Gdula herauszufinden, gerät sie in tödliche Gefahr…

Es ist ja kein großes Geheimnis, dass es um den deutschen Horrorfilm eher schlecht bestellt ist. Wagt sich mal einer am fantastischen Genre, dann verschwindet das Ergebnis ungeachtet der Qualität zumeist sang und klanglos in der Versenkung (wie z.B. „Der letzte Angestellte“). Allein die Semi-Professionelle Szene um Olaf Ittenbach und Konsorten  konnte sich  mit derben Splatter-Epen eine treue Fan-Basis – sogar im Ausland –  erobern. Was hier allerdings fehlt, sind neben überzeugenden Schauspielern, vernünftige Drehbücher, die um die – zugegeben technisch perfekten – Splattereffekte eine ansprechende Geschichte bauen.

Vor acht Jahren betrat Andreas Marschall mit seinem ersten Langfilm „The Tears of Kali“ die Szene. Jetzt liegt sein zweiter Spielfilm, die Argento-Verbeugung „Masks“ vor. Dass Marschall ein gutes Auge für eine gelungene Optik besitzt, merkt man recht schnell. Kein Wunder, bekannt geworden ist er als Zeichner von Comics und vor allem Plattencovern für Metal-Bands wie „Blind Guardian“ und „Running Wild“. Wer diese detailreichen Gemälde schon mal bewundernd betrachtet hat, wird keinen Zweifel daran hegen, dass Marschall auch seine Spielfilme ansprechend gestalten kann. Dass er nun für seinen zweiten Spielfilm sich am Genre des Giallo (dieser speziell italienischen Art des Thrillers, die ab Ende der 60er bis Anfang der 80er seine Blütezeit erlebte) ausgesucht hat, ist somit verständlich. Steht doch das Genre des Giallo wie kaum ein anderes für stylische Morde und anspruchsvolle Optik.

Und tatsächlich gelingt ihm eine hübsche, an die großen Vorbilder Argento, Martino und Bava erinnernde Bildgestaltung, die es einerseits schafft, einen gewissen Filmlook zu kreieren und andererseits, eine ansprechende Stimmung zu erzeugen. Ein Lob hier an Marschalls Kameramann Sven Jakob, der „Masks“ kinoreif gestaltet hat. Auch auf Seiten der Schauspieler finden sich keine Knallchargen, sondern echte Profis, die ihre Rollen unaufgeregt und ohne die ansonsten in solch preisgünstigen Produktionen üblichen Übertreibungen spielen. Viele stammen direkt von der Schauspielschule, die Marschall auch als Kulisse für seinen Film diente. Allein der Freund der Hauptdarstellerin wirkt als Einziger so, als sei er ein guter Kumpel, den man aus alter Verbundenheit seine Sätze ungelenk aufsagen lässt. Ansonsten hat Marschall großen Wert auf überzeugende Schauspieler gelegt, von denen man vielleicht in der Zukunft noch etwas hören wird. Vor allem Susen Ermich und Julita Witt wissen zu gefallen. Dazu kommen noch einige Veteranen aus der dritten und vierten Reihe wie Maximilian Rüthlein  und Norbert Losch.

Einen großen Teil der Wirkung des Filmes macht die Musik von Sebastian Levermann und Nils Weise aus, die sich wunderbar eng an den Melodien der großen Gialli der 70er orientiert, ohne wie ein billiges Plagiat zu wirken. Den beiden Komponisten gelingt ein ohrwurmiger Soundtrack zwischen Goblin und Bruno Nicolai. Eine Soundtrack-CD wäre hier höchst willkommen. Ferner muss man Marschall auch dankbar dafür sein, dass er seine blutigen Mordszenen nicht ist zum Exzess auswalzt. Die Morde geschehen schnell und blutig, aber lassen dem Zuschauer Raum, die Fantasie spielen zu lassen und ergehen sich nicht in repetitiven Grausamkeiten, die den Handlungsfluss unterbrechen würden. „Masks“ ist zwar recht hart, aber eben „nur“ ein Giallo und kein Splatterfilm. Und so macht er dahingehend auch all das richtig, was ähnlich gelagerte Neo-Giallo aus dem semi-profesionellen Bereich von Grund auf falsch machen (wie z.B. solche Machwerke wie „Glam Gore“).

Ein Kritikpunkt ist die allzu große Nähe zum Über-Vorbild „Suspiria“. Bis auf die Tatsache, dass hier die Ballettschule gegen eine Schauspielschule und die Hexen gegen etwas anderes ausgetauscht werden, handelt es sich häufig sogar um eine 1:1-Kopie. Wenn z.B. Stella am Anfang einem aus der Schule flüchtenden Mädchen begegnet, dann kommt einem das doch sehr bekannt vor. Auch muss festgestellt werden, dass es „Masks“ etwas an Spannung fehlt. Hier wären einige Straffungen hier und dort möglicherweise von Vorteil gewesen. Auch die Erotik – immerhin ein Markenzeichen der Gialli –  kommt etwas zu kurz. Zwar gibt es hier mal ein Geschmuse zwischen attraktiven Frauen und dort blitzt mal eine blanke Brust, aber das wirkt doch arg gezwungen und irgendwie prüde.

Mit „Masks“ ist Andreas Marschall ein höchst ansprechender Low-Budget-Film gelungen, der seine Mit-Konkurrenten, nicht nur aus dem semi-professionellen Bereich, weit hinter sich lässt. Optik, Sound und Darsteller sind gut gewählt, lediglich die manchmal sklavische Nähe zu den Vorbildern ist zu bemängeln. Nichtsdestotrotz beweist „Masks“ eindrucksvoll, dass das deutsche Genre-Kino lebt, und man darf sehr gespannt darauf sein, was Andreas Marschall als nächstes in Angriff nimmt. Von dem Mann wird man in Zukunft sicherlich noch eine Menge hören.

Die Extras der Anolis-DVD bestehen zunächst aus 14-minütigen, unkommentierten Impressionen vom Dreh, die für Crew-Mitglieder sicherlich interessant und lustig sind, für den Uneingeweihten eher langweilig. Dazu kommen noch diverse „Deleted Scenes“. Highlight ist ein Audiokommentar von Regisseur Andreas Marschall, Kameramann Sven Jakob und Produzent Heiner Thimm. Trailer und Bildgalerie runden das Bild ab. Die Bildqualität ist sehr gut. Das Bild geht weg vom HD-Video-Look und erscheint ausgesprochen filmisch. Insbesondere im Prolog, der mit kleinem, dezent eingestreutem „Filmschmutz“ fast wie auf klassischem Filmmaterial gedreht aussieht. Der Ton schwankt manchmal etwas, aber das ist zu verschmerzen.

Die DVD und BluRay erscheinen am 25. Oktober.

Dieser Beitrag wurde unter DVD, Film, Filmtagebuch abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu DVD-Rezension: „Masks“

  1. Pingback: Masks |

  2. Pingback: Masks | the treadmill

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.