Als im Jahre 1995 mit „Toy Story“, der erste voll computeranimierte Film der Produktionsfirma Pixar, in die Kinos kam, verweigerte ich mich diesem mit dem Argument „Da kann ich ja gleich ein Computerspiel angucken“. Als ich dann später überredet wurde, mir den Film auf Video anzusehen, war ich mehr als erstaunt. Entgegen meiner Befürchtungen war das kein abgefilmtes Computerspiel, sondern eine wirklich witzige Geschichte, deren Charaktere so liebevoll und tiefgründig gezeichnet waren, dass man schnell vergaß, dass sie nur aus Bits und Bytes bestanden. Seitdem kann ich es kaum erwarten bis der nächste Pixar-Film heraus kommt. Einer der Köpfe hinter „Toy Story“ war Andrew Stanton, welcher nicht nur die Drehbücher zu fast allen Pixar-Filmen mitschrieb, sondern auch bei den großen Erfolgen „Das große Krabbeln“, „Findet Nemo“ und vor allem dem in der ersten Hälfte schlichtweg grandiosen „Wall-E“ das Regie-Zepter schwang. 2012 sitze ich in „John Carter“, seiner ersten „Realfilm“- Regiearbeit, und sehe mich in allen Vorurteilen bestätigt, die ich „Toy Story“ gegenüber hatte. Keine echten Charaktere, nur Schauwerte, keine Tiefe, keine Emotionen. Alles glatt, klinisch, tot. Was ist nur mit Andrew Stanton passiert? Wo sind seine Fähigkeiten geblieben, spannende und lebhafte Geschichten zu erzählen? Davon findet sich in „John Carter“ nichts mehr. Es reiht sich ein Klischee an das andere. Jede Szene glaubt man schon mal irgendwo nicht viel anders, aber sehr viel besser gesehen zu haben. Die Darsteller agieren tatsächlich wie seelenlos animierte Figuren aus einem Computerspiel und sind dazu verdammt, Sätze aus dem großen Buch der hohlen Phrasen rezitieren. Ich wunderte mich, dass die Darsteller ihre Sprüchlein mit so großem Ernst aufsagen. Ich hätte bei diesen vor Pathos triefenden Plattitüden wahrscheinlich laut losgeprustet. Gerade hier liegt auch eins der Hauptprobleme des Filmes: Er ist komplett ironiefrei. Dabei hätte die mittlerweile fast 100 Jahre alte Geschichte ein wenig Humor ganz gut vertragen können. Aber so bleibt alles Ganze altbacken und gnadenlos ernsthaft, auch wenn die Dialoge beinahe wie Parodien wirken.
Der ehemalige Kavalleriesoldat John Carter (gespielt von Taylor Kitsch, der hier versucht auf den Spuren von Eastwood oder Nero zu wandeln, dabei aber leider aussieht wie ein blasser „Twilight“-Schönling mit aufgeklebten Bart) hat im Bürgerkrieg seine Frau und sein Kind verloren. Das hat ihn zu einem ziemlich grantigen Goldsucher mit Problemen gegen Autoritäten werden lassen. Daher landet er bald in einem Militärknast. Von dort kann er schnell wieder fliehen, gerät bei der Flucht allerdings in eine geheimnisvolle Höhle, wo er nicht nur mit einem geheimnisvollen fremden zusammenstößt, sondern mit Hilfe eines Amuletts auf den Mars gebeamt wird. Dort wird er von echsenhaften (Verwandte von Jar Jar Binks?) Kriegern gefunden und quasi adoptiert. Aber das ist nur der Anfang seiner Abenteuer, die ihn bald in einen Krieg zwischen zwei menschlichen Lebensformen (die beiden ein Faible für altrömische Uniformen haben) verwickelt. Die Guten haben eine schöne Prinzessin (Lynn Collins), die Bösen nur Dominic West. Natürlich verliebt sich Carter in die Prinzessin und bekämpft mit ihr zusammen den von Dominic West gespielten Sab Than (ausgesprochen wie Sa-Tan). Andersherum hätte ich das weitaus innovativer gefunden… Wie dem auch sei, der Ausgang der Story ist so vorhersehbar, wie langweilig.
Natürlich sind die computergenierten Special Effects auf dem allerneusten Stand der Technik und wirken perfekt. Was aber auch ein wenig an Charme kostet. Aber das mag Geschmackssache sein. Es ist allerdings ärgerlich, dass der Film kaum etwas aus seinen 3D-Effekten macht. Die meiste Zeit besteht der dreidimensionale Effekt darin, dass in Dialogszenen die eine Person im Vordergrund und die andere im Hintergrund steht. Die Kampf- und Schlachtszenen sind seltsam unspektakulär und relativ schnell vorbei. Hier will weder Dramatik, noch eine gewisse Wucht aufkommen. Zudem wird auch hier die dritte Dimension kaum genutzt. Letztendlich hätte der Film in normalen 2D auch nicht anders gewirkt. Dies ist insbesondere Schade, wenn man z.B. bei „Hugo Cabret“ gesehen hat, welch eine großartige Wirkung ein imaginativer Umgang mit 3D haben kann. Auch der vor dem Film gezeigte Trailer zu „Warth of the Titans“ hatte eindrucksvoll gezeigt, wie man es besser macht. Mir ist leider nicht bekannt, ob der Film in 2D gedreht und erst nachträglich umgewandelt wurde. Es erscheint mir fast so. Über die Projektion im Bremer „IMAX“ lässt sich nichts Schlechtes sagen. Die Bilder sind kristallklar und trotz 3D ausreichend hell. Auch der Ton ist vorbildlich, wenn der Film auch nicht besonders viel Gebrauch von Surround-Effekten macht und der Ton eher frontal von vorne kommt. Um noch einmal den schon zuvor angesprochen „Wrath of the Titans“-Trailer anzusprechen, dort pfefferte einen der Sound von überall um die Ohren, dass es fast schon etwas zu viel des Guten war. Zudem in einer Lautstärke, der einem eindrucksvoll zeigte, was es heißt „aus dem Sitz geblasen zu werden“. Davon eine Priese hätte dem lahmen „John Carter“ gut getan.