Rezension: „Der seltsame Fall des Benjamin Button“

Nur ein Jahr nach seinem letzten Film „Zodiac“ legt David Fincher nun sein neustes Werk „The Curious Case of Benjamin Button“ vor. Dabei arbeitet er zum dritten Mal nach „Se7en“ und „Fight Club“ mit Brad Pitt zusammen. „Benjamin Button“ hat ein lange Produktionsgeschichte hinter sich. Der Stoff zirkuliert seit 60 Jahren in Hollywood, Spielberg war kurz damit beschäftigt, ebenso Ron Howard. Bis jetzt scheiterte das Projekt aber in an den technischen Vorrausetzung. Wie sollte man glaubhaft einen Schauspieler vom Baby im Greisenkörper zum Greis im Körper eines smarten Jüngling umgekehrt altern lassen ohne das es zu sehr nach Gummimaske aussieht? Mittlerweile ist die Computertechnik so weit ausgereift, dass Brad Pitt und Cate Blanchett tatsächlich ohne Probleme sowohl 17 als 70-jährige spielen können.

 Hat sich das lange Warten gelohnt? Leider muss die Frage mit einem „Na ja, nicht wirklich“ beantwortet werden, denn der der Film verschwendet sein Potential in rauen Mengen. Zur Story: Benjamin Button kommt im New Orleans der 20er Jahre zur Welt. Seine Mutter stirbt bei der Geburt, der Vater lässt das Baby, welches als ca. 80-jähriger Greis auf die Welt gekommen ist, im Altersheim verschwinden. Hier wächst Benjamin auf. Während die alten Menschen um ihn herum sterben, wird er immer jünger. Als er im Teenager-Alter ist und sein Körper der eines 60-jährigen, verlässt er das Altersheim, erlebt einige Abenteuer in Moskau und kehrt dann mit Ende 20 (körperlich Ende 40) nach New Orleans zurück und bemüht sich um seine Jugendliebe Daisy, die mittlerweile zum Teenager herangewachsen ist.

Um es klar zu sagen: Der Film dauert zwar 3 Stunden, aber er nutzt diese Zeit nicht, um seine Geschichte zu erzählen. Stattdessen verstrickt er sich in Nichtigkeiten, die zwar beeindruckend aussehen, aber sich eher der Beerbungsmappe der beteiligten Computer-Grafik-Spezialisten gut machen als in diesem Film. Zwar beginnt der Film noch recht verheißungsvoll, wenn die Welt gezeigt wird in der Benjamin aufwächst. Er, das neugierige Kind im Greisenkörper, der in den anderen Besuchern des Altersheimes so etwas wie Spielkameraden sieht und dann immer häufiger mit dem Tod konfrontiert wird. Das ist interessant, aber von Fincher recht lustlos umgesetzt. Er hechelt schon zur nächsten Episode. Benjamin heuert auf einem Schleppkahn an und freundet sich mit dem Kapitän an. Mit ihm erlebt er Abenteuer in Russland und im 2. Weltkrieg. Das Ganze ist aber langweilig und klischeehaft inszeniert. Vor allem trägt es rein gar nichts zur Handlung bei. Benjamin darf sich z.B. in die Ehefrau eines englischen Spions verlieben. Diese wird zwar von Tilda Swinton ausgezeichnet gespielt und die Episode ist auch recht stimmungsvoll eingefangen, aber sie wirkt einerseits wie ein Fremdkörper und bringt andererseits die Handlung auch nicht voran. Vor allem aber lenkt sie von der angeblich so großartigen Liebesgeschichte zwischen Benjamin und Daisy ab und nimmt dieser die Kraft. Benjamin kommt also wie man sieht sehr gut ohne seine Daisy zurecht (Daisy geht es übrigens auch nicht anders). Dass beide dann doch wieder zueinander finden, wirkt gezwungen und mehr wie eine plötzliche Laune. Auf jeden Fall überhaupt nicht wie das große Schicksal, welches dann im Off-Kommentar immer wieder beschworen wird.

Am Ende wird es dann zwar wieder spannend, wenn der Film die große Weltgeschichte verlässt und sich ganz auf Benjamin und Daisy konzentriert und die Frage, ob er – der ja irgendwann körperlich viel jünger als seine Tochter sein wird – Vater sein kann oder nicht. Allerdings hat der Film dann bereits zwei Stunden verplempert und muss dies nun mal eben dann mal eben auf die Schnelle abhaken. Hätte sich Fincher ganz auf diesen letzten Abschnitt konzentriert, statt krampfhaft ein Epos kreieren zu wollen – hätte es ein guter Film werden können. So enttäuscht er auf ganzer Linie. Da helfen auch die anständigen schauspielerischen Leistungen von Pitt und Blanchett nichts und erst recht nicht diese ganze Computer-Leistungsshow. Der Film verrät seine Seele.

Ganz schlimm auch: Der Kapitän des Schleppers, der bis zur Persiflage überzeichnet ist und irgendwie ganz stark an den alten Seebären aus den „Simpsons“ erinnert. Bezeichnend für den Film ist die Rahmenhandlung: Da liegt die greise Daisy im Krankenhaus, während sich draußen der Hurrikan „Katarina“ anschickt New Orleans den Erdboden gleich zu machen. „Katarina“ hat aber überhaupt gar nichts mit der Handlung zu tun und dient lediglich als exotischer Background. Hätte man also auch weglassen können und keiner hät’s gemerkt. Wie ungefähr 70 % des Filmes.

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