1999 musste das damals schönste Kino Bremens dran glauben. Das wunderbare Europa mit seinem ausladenden Balkon und großem Saal.
Der Balkon war allerdings auch ein Problem. Wer in der ersten Reihe saß, der hatte einen wunderbaren Blick auf die Leinwand. In der zweiten Reihe wurde es schon kritischer. Die dritte Reihe war schon nicht mehr zu empfehlen und in der letzten Reihe half nur eins: Wenn man was vom Film sehen wollte, musste man den Sessel hochklappen und sich dann auf der nun senkrechten Sitzfläche oben auf die Kante setzen. Da es keine Platzkarten gab, gab es vor jeder Vorstellung natürlich immer ein ganz furchtbares Gerangel und Gekämpfe um die Plätze in der ersten Reihe.
Ferner empfahl es sich auch, nicht direkt unter der Balustrade zu sitzen, da das Publikum oben gerne seine Getränke dort abstellte oder Schabernack mit diversen Knabbereien trieb.
Trotzdem denke ich noch heute, wenn ich an dem Rossmann in der Bahnhofsstr. vorbeigehe, wehmütig an den großen, irgendwie feierlichen Kinosaal.
Allerdings erinnere ich mich auch an ein weniger schönes Erlebnis dort. Und zwar sahen wir dort einst mit einer größeren Gruppe „The Abyss“, der als „erster Film des neuen Jahrtausends“ und sensationellem 6-Kanal-Stereo angekündigt worden war. Die sechs Kanäle gab es auch, allerdings wurden sie hintereinander abgespielt, wodurch die Dialoge oftmals nicht zu verstehen war. Zudem wurde uns das Ende vorenthalten, denn in dem Moment als das Raumschiff aus den dem Meer auftaucht, hörte der Film abrupt auf und das Licht ging an. Der Film war aus. Als wir uns an der Kasse beschweren wollten, hieß es: „Der endet halt so“. Mittlerweile hatte sich aber immer mehr Menschen eingefunden, die ihrem Unmut Luft machen wollten. Kurzhand wurden alle auf den nächsten Vormittag vertröstet, da wäre der Geschäftsführer da und der könne als Einziger eine Entscheidung über eine mögliche Entschädigung treffen. Klar, dass da das Kalkül hinter steckte, dass sich niemand am nächsten Tag (ein Sonntag) so früh aus dem Bett quälen würde. Falsch gedacht. Pünktlich um 10:00 war die Rasselbande wieder da, nur ein Geschäftsführer war weit und breit nicht zu sehen. Dafür kam es zu einer nahezu surrealen Szene, als ein schwitzender und völlig überforderter Angestellter des „Europas“ händeringend versuchte, die aufgebrachte Schar zu bändigen und gleichzeitig die alte Frau, welche immer die Süßigkeiten im Foyer verkaufte, enthusiastisch in die Hände schlug und ekstatisch „Raus klatschen! Raus klatschen!“ rief. Was sie damit sagen wollte, ist mir bis heute ein Rätsel. Nach über einer Stunde lebhafter Diskussion und gegenseitiger Schämungen bekamen wir dann doch noch ein Gutschein für eine Kinovorstellung. Gültig bis Ende des Jahres. Mangels besserer Alternative vorher, sind wir dann in der letzten Dezemberwoche in „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ gegangen. Man kann halt nicht immer gewinnen… 😉
Teil 1: „Regina“, „Söge“, „Stern“
Teil 3: Das „Ufa“ und „U.T.“