Blu-ray-Rezension: „From Beyond“

FromBeyond

Dr. Edward Pretorius (Ted Sorel) und sein Mitarbeiter Crawford Tillinghast (Jeffrey Combs) haben eine Maschine, den Resonator, entwickelt, mit dessen Hilfe die Zirbeldrüse im Gehirn anregt werden soll, in der sie verborgene geistige Kräfte vermuten. Allerdings hat der Resonator noch eine Nebenwirkung: Er macht nicht nur eine Paralleldimension sichtbar, sondern lässt auch die fremden Wesen aus dieser in unsere Realität eindringen. Dr. Pretorius verliert bei der Begegnung seinen Kopf, Tillinghast wird unter Mordverdacht in die Psychiatrie eingewiesen. Die junge und erfolgreiche Ärztin Dr. Katherine McMichaels (Barbara Crampton) interessiert sich für seinen Fall und kehrt mit Tillinghast, sowie dem Polizisten Buford „Bubba“ Brownlee (Ken Foree) in Dr. Pretorius‘ Haus zurück.

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der DVD, nicht der Blu-ray.

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Howard Philip Lovecraft (1890-1937) gehört zu den bedeutendsten amerikanischen Autoren der phantastischen Literatur. Seine Einflüsse erstrecken sich nicht nur auf moderne Autoren wie Stephen King oder Clive Barker, sondern auch auf Filmemacher wie John Carpenter und Guillermo del Toro. In Deutschland war Lovecraft allerdings lange Zeit ein großer Unbekannter. Dies liegt möglicherweise einerseits daran, dass sein Werk erst relativ spät, nämlich erst Ende der 60er/Anfang der 70er hierzulande veröffentlicht wurde. Zunächst in der „Bibliothek des Hauses Usher“ im Insel-Verlag, später dann als Taschenbuchausgabe im renommierten Suhrkamp-Verlag. Andererseits gab es auch relativ wenige Lovecraft-Verfilmungen. Erst 1963 wurde erstmals eine Lovecraft-Geschichte verfilmt, wenn auch unter falscher Flagge, denn dem „Der seltsame Fall des Charles Dexter Ward“ wurde kurzerhand ein Gedicht des ungleich populäreren Edgar Allan Poe vorangestellt und unter dem Titel „The Haunted Place“ (dt. „Die Folterkammer des Hexenjägers“) als Bestandteil von Roger Cormans legendärer Serie mit Poe-Verfilmungen vermarktet. Die erste Adaption, die sich tatsächlich auf Lovecraft beruft, war dann zwei Jahre später „Das Grauen auf Schloss Witley“, der „The Colour from Outer Space“ zugrunde lag. Es folgten noch einige wenig Verfilmungen seiner Werke und einige Filme, die zumindest „Lovecraft-beeinflußt“ sind, wie Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder Fulcis „Das Haus an der Friedhofsmauer“.

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Dies alles sollte sich 1985 mit „Re-Animator“, basierend auf Lovecrafts früher Story „Herbert West: Re-Animator“, dramatisch ändern. Der von Stuart Gordon in Szene gesetzte und von Brian Yuzna mit Jeffery Combs und Barbara Crampton in den Hauptrollen produzierte Film, war ein überraschender Erfolg, der alle Beteiligten bei den Horrorfans augenblicklich in den Fokus des Interesses rückte. Der extrem blutige und schwarzhumorige Film zog noch ein sehr erfolgreiches Sequel, „Bride of Re-Animator“ und einen billigeren Nachklapp “Beyond Re-Animator“ nach sich. Auch Gordon sollte zunächst einmal den Ruf des Lovecraft-Experten nicht loswerden und kehrte immer wieder zu diesem Autor zurück. Da über „Re-Animator“ groß „H.P. Lovecraft’s“ prangte, ließen auch die Nachahmer nicht auf sich warten, und mit „The Resurrected“ und „The Unnamable“ folgten schnell weiter Lovecraft-Adaptionen, so dass der Name Lovecraft nun auch in weltweit an Berühmtheit gewann.

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Ein Jahr nach „Re-Animator“ versuchte das Erfolgsteam mit „From Beyond“  ihren Hit zu wiederholen. Wieder wurde Stuart Gordon mit der Regie beauftragt, Brian Yuzna produzierte und Richard Band lieferte den eingängigen Soundtrack. Aus „Re-Animator“ konnten ferner die Hauptdarsteller Jeffery Combs der mittlerweile zum Genre-Star aufgestiegen war) und die neue „Scream-Queen“ Barbara Crampton (die kurz zuvor durch ein „Playboy“-Shooting von sich reden gemacht hatte) übernommen werden. Des Weiteren wurde mit Ken Foree, dem Helden aus George A. Romeros „Zombie“, ein weiterer, in Fankreisen beliebter, Name verpflichtet. Statt fässerweise Blut und Eingeweiden, setzten die Macher bei „From Beyond“ ganz auf Schleim und ein kreatives Creature Design. Trotzdem konnte der Film den riesigen Erfolg des Vorgängers nicht wiederholen. War er den Horrorfans zu wenig „splatterig“ oder das Tempo zu langsam? Wie dem auch sei, es bildete sich trotzdem recht schnell eine kleine Gruppe von Horror- und Science-Fiction-Liebhabern, die den Film in ihr Herz schlossen. Nicht nur wegen der berühmtesten Szene, in der Barbara Crampton einen Leder-Fetisch entwickelt.

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Die nur wenige Seiten umfassende Vorlage handelt Stuart Gordon gleich im Prolog ab, danach hat er dann frei Hand, um die Geschichte ganz nach seinem Willen zu gestalten. Auffällig ist dabei, wie sexualisiert „From Beyond“ ist. Die vergrößerte Zirbeldrüse hat Ähnlichkeit mit einem Fortpflanzungsorgan und auch das Obermonster in „From Beyond“ sieht aus, wie ein Penis auf einem laufenden Hodensack. Was gut dazu passt, dass die Schwingungen des Resonators nicht nur die Tür zu einer anderen Dimension öffnet, sondern gleichzeitig den Sexualtrieb erhöht. Was Gordon dann auch freundlicherweise ausnutzt, um aus der zunächst sehr zugeknöpften Barbara Crampton einen Straps- und Leder-Vamp zu machen. Wer von den männlichen Zuschauern damals die Szene gesehen hat, in der die Crampton sich in Dr. Pretorius S&M-Zimmer die Leder-Dessous und Nylonstrümpfe anzog, um sich dann über den komatösen Jeffery Combs (der zu diesem Zeitpunkt bereits selber Ähnlichkeit mit einem Penis hat) herzumachen, der dürfte einige schlaflose Nächte durchlitten haben und heute bei dem Gedanken, „From Beyond“ in gestochen scharfen HD-Bildern zu besitzen, blind zugreifen.

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Diese Fokussierung auf Sex und die starke Erotisierung verwundert zunächst, wenn man weiß, dass Lovecraft ein sehr asexueller Mensch war und Sex oder selbst Frauen in seinen Geschichten überhaupt keine Rolle spielten. Andererseits hat dieses Verneinen von allem Sexuellen bei Lovecraft nicht auch etwas von Verdrängung? Und beschreibt er seine Monstern nicht häufig als schleimig und feucht? Spricht aus seinen Erzählungen nicht irgendwo auch eine unterdrückte Angst vor der Sexualität und ist es dann nicht konsequent, in „From Beyond“, ausgelöst durch den Resonator, diese verdrängten Ängste wieder an die Oberfläche zu holen? Immerhin bleibt Stuart Gordon den Gedanken Lovecrafts treu, wenn am Ende jemand aufgrund des Erlebten, der Konfrontation mit den inneren Ängsten, den Verstand verliert.

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Vielleicht hat auch die Bundesprüfstelle diesen Zusammenhang gesehen und fand ihn zu gefährlich für das „normale“ Publikum, denn obwohl der Film relativ harmlos ist (die alte deutsche Videofassung beruhte auf dem R-Rated-Cut), landetet er 1989 auf dem Index, wo er sich auch heute noch befindet. Umso dankbarer muss man OFDb filmworks sein, dass sie ihn trotzdem veröffentlichen. Immerhin versperren sie sich so den Weg in die großen Elektrokaufhäuser und verlieren hierdurch sicherlich potentielle Kunden. Zu diesem Thema möchte an dieser Stelle auf das Interview hinweise, welches ich vor einigen Wochen mit OFDb-Chef Sascha Imme geführt habe und wo dies auch thematisiert wurde. Dort gibt es auch noch einmal ein erhellendes Statement zur Doppelstrategie, diese Veröffentlichung nur als Blu-ray/DVD-Kombi anzubieten und der Preisgestaltung.

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Vielleicht verhinderte „From Beyond“s Kammerspiel-Charakter, dass er sich wie sein Vorgänger „Re-Animator“ in die Reihe der Klassiker des modernen Horrorfilms stellte. Der Film spielt kostengünstig an nur zwei Orten (dem Haus des Dr. Pretorius und der Klinik) und den größten Teil des Filmes bestreiten Combs, Crampton und Foree allein. An sonstigen Sprechrollen sind lediglich noch Ted Sorel in der Rolle des Schurken Dr. Pretorius und Stuart Gordons Ehefrau Carolyn Purdy-Gordon in der für sie typischen Rolle als bösartige Schlange erwähnenswert. Alle anderen auftretenden Personen kommen über den Status von Statisten nicht unbedingt hinaus. Die Special Effects wirken immer dann, wenn mit Kameratricks gearbeitet wird, ziemlich veraltet und billig (das war schon zur Zeit seiner ersten Veröffentlichung so), dafür aber irgendwo charmant. Der ganze Stolz des Filmes sind seine beiden, wunderbar von Hand gestalteten Monster, sowie die hübschen Make-Up-Effekte, wie die sich aus der Stirn züngelnde Zirbeldrüse. Auch müssen Splatterfans im vorliegenden Director’s Cut nicht auf ihre geliebten, derben Effekte verzichten, auch wenn diese hier zwei Nummern kleiner ausfallen, als im für seine Exzesse berüchtigten „Re-Animator“.

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„From Beyond“ ist ein kleiner, charmanter B-Film, der sich in Fankreisen einiger Beliebtheit erfreut, auch wenn er nicht an den überraschenden Erfolg des unmittelbaren Vorgängers „Re-Animator“ anknüpfen konnte. Hauptaugenmerk liegt hier auf den hübsch anzusehenden Monster-Designs. Aber auch als Lovecraft-Verfilmung funktioniert der kammerspielartige Film sehr gut, da er den Geist der nur wenige Seiten umfassenden Vorlage trotz einer zum allergrößten Teil neu erfundenen Handlung beibehält. Dabei fällt die starke Sexualisierung der Geschichte auf, die auf dem ersten Blick im Widerspruch zu Lovecrafts Werken steht.

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Das neue Label ofdb filmworks hat sich „From Beyond“ als erste Veröffentlichung ausgesucht und damit nicht gekleckert, sondern ordentlich geklotzt, um die bisher umfangreichsten Veröffentlichung dieses Filmes vorzulegen. Neben allen Extras der bisher im Ausland veröffentlichten Editionen, wurde noch ein eigener Audiokommentar produziert. Somit enthält die Blu-ray nun insgesamt drei Audiokommentare. Einmal von Regisseur Stuart Gordon und den Darstellern, dann von Drehbuchautor Denis Paoli und letztendlich der exklusiv produzierte von Marcus Stiglegger und Kai Naumann. Ferner sind in den Extras enthalten: Zwei Interviews mit Stuart Gordon (21 und 9 Min.), Interviews mit Drehbuchautor Denis Paoli (16 Min.), Darsteller Jeffrey Combs (18 Min.), Produzent Charles Band (5 Min.), Komponist Richard Band (4 Min.) und nochmal zwei Interviews mit Barbara Crampton (beide 14 Min.). Zwei Dokus: „Multiple Dimensions“ (23 Min.) und „Monsters & Slime“ (21 Min.). Geschnittene Szenen (5 Min.) und vier Storyboard- /Film-Vergleiche (insgesamt ca. 12 Min.). Und einen englischen Trailer gibt es auch noch. Hinzu kommt ein 12-seitiges Booklet von Kai Naumann. Ich behaupte mal, wenn man alle Extras durchgearbeitet hat, sollte man keinerlei Fragen mehr zu dem Film haben.

Das Bild der Blu-ray ist erwartungsgemäß sehr gut für eine preisgünstige Produktion von 1986. Der Ton liegt in HD-DTS vor. In der englischen Fassung in 4.0 und der deutschen in 2.0. Kauft man die Blu-ray, so erhält man die DVD-Version gleich mit dazu. Zu dieser nicht unumstrittenen Praxis habe ich weiter oben schon auf mein Interview mit Sascha Imme verwiesen. Bei der DVD-Version wurden Film + Audiokommentare und die restlichen Extras auf zwei DVDs gesplittet, wobei die Extras-DVD noch eine zusätzliche Fotogalerie hat. Das Ganze ist auf 3.000 Stück limitiert.

Update 30.01.14: Der Film „From Beyond“ wurde Anfang des Jahres nach 25 Jahren vom Index gestrichen und kann somit nun frei beworben und verkauft werden. Ferner hatte OFDb filmworks den Titel nach der Listenstreichung noch zur Neuprüfung bei der FSK eingereicht und der ungeschnittene Director’s Cut wurde nun ab 16 Jahren freigegeben! Dementsprechend wird es demnächst eine Zweitauflage geben, die allerdings gegenüber der oben besprochen Collector’s Edition abgespeckt wird.

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Eine Antwort zu Blu-ray-Rezension: „From Beyond“

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