Bericht: Verleihung des 12. Bremer Filmpreises

Gestern wurde in der Oberen Rathaushalle der 12. Bremer Filmpreis an den österreichischen Filmemacher Ulrich Seidl verlieren.

Für alle, die neugierig sind, wie des so vonstatten ging, hier – wie schon im letzten Jahr – ein kurzer Bericht von der Verleihung.

Neben Ulrich Seidl, waren noch seine Ehefrau (und teilweise Co-Autorin und Co-Produzentin) Veronika Franz erschienen und als Laudator eine Dame, die sowohl in der Einladung, als auch bei der Verleihung selber, als „Elfriede Gruber, Schauspielerin“ angekündigt wurde. Dazu aber später mehr.

Die Eröffnungsrede hielt unser Bürgermeister und Landesvater Jens Böhrnsen. Dankenswerterweise hielt er sich kurz und lobte, nach der üblichen Nennung der Sponsoren des Bremer Filmpreises, ausdrücklich die Arbeit des Kommunalen Kinos 46, welches nicht nur jedes Jahr den Bremer Filmpreis organisiert, sondern auch in vorbildlicher Weise das Bremer Symposium zum Film abhält, welches und einen hervorragenden Ruf, auch weit über die Landesgrenzen hinaus, besitzt.

Gleich danach kam der Geschäftsführer des Kinos 46, Karl-Heinz Schmid, auf die Bühne und erzählte kurz etwas über den Preisträger und nahm vor allem die Gelegenheit war, sich bezüglich der schwierigen Situation des Kinos 46, direkt an Herrn Böhrnsen zu wenden und ihn daran zu erinnern, dass er auch die Funktion des Kultursenators inne hat und seine Hilfe hier dringend gefordert ist.

Es folgte die üblichen 15 Minuten, in denen ein Zusammenschnitt aus Werken des zu ehrenden Künstlers gezeigt wurden. Obwohl sich diese Ausschnitte auf die fünf Filme konzentrierte, die im Rahmen einer Seidl-Retrospektive in den nächsten Tagen im Kino 46 laufen, muss man die Zusammenstellung sehr loben. Die sorgfältig ausgewählten Auschnitte war in der Tat repräsentativ für das Werk Seidls, zeigten auch deren bitteren Humor und machten vor allem neugierig auf mehr.

Danach folgte der Höhepunkt des Abends. „Elfriede Gruber“ bestieg das Podium für die Laudatio auf Ulrich Seidl. Eine kleine, ja ein wenig hutzelige, Gestalt in einem altmodischen Regenmantel, großem Hut und Handtasche. Als sie dann ängstlich-stockend und im allerbreitesten Österreichisch die Rede von einem Zettel ablas, dürften sich nicht wenige im Publikum erschrocken haben. Wen hatte man denn da geholt? Und warum setzte man diese Dame, die sich offensichtlich vor einem größeren Publikum äußerst unwohl fühlte, diesem emotionalen Stress aus? „Frau Gruber“ entschuldigte sich auch immer wieder für ihre Indisponiertheit und bat um Verzeihung für die schlechte Rede. Sie sei auch keine Schauspielerin, sondern „der liebe Herr Seidl“ hätte sie bei einer Dokumentation zufällig kennen gelernt, man sei sich sympathisch gewesen und darum dürfe sie ab und zu in seinen Filmen mitspielen. Warum wisse sie allerdings auch nicht. So ging es munter weiter. Stockend las sie die hochtrabende und mit Fremdwörtern gespickte Laudatio vor. Nur um sich immer wieder selber zu unterbrechen und liebevolle und charmante Anekdoten aus dem Leben des „armen Herrn Seidl, der immer so schreckliche Filme macht, die doch keiner sehen will“ zu erzählen. Spätestens hier ging dann wohl den meisten Zuhörern auf, dass hier – analog zu den Filmen Seidls – Realität und Fiktion fließend ineinander übergingen.

Die Laudatio adäquat wiederzugeben ist ganz unmöglich. Nur soviel sei gesagt: sie war unglaublich witzig, pointiert, höchst ironisch und ausgesprochen treffend.

Nach dieser Meisterleistung hatte es der Sparkassenvorstand Dr. Tim Nesemann natürlich schwer. Klugerweise versuchte er auch gar nicht, die vorangegangene Rede zu übertreffen und wiederholte im Großen und Ganzen nur seine Rede vom letzten Jahr, die natürlich mit ziemlich viel Werbung für seine Bank durchsetzt war.

Schließlich erfolgte die Preisübergabe und die Dankesrede von Ulrich Seidl.Auch diese war hoch unterhaltsam und ironisch. Gut 15 Minuten philosophierte Seidl über die Schwierigkeit eine Dankesrede zu halten. Dabei zitierte er des Öfteren seinen Landsmann Thomas Bernhard, der 1965 an eben jener Stätte den Bremer Literaturpreis verliehen bekam und darüber in seinen posthum erschienen Buch „Meine Preise“ berichtete. Gnädigerweise ließ Ulrich Seidl dabei aber die allzu harten und ätzenden Worte Bernhards, über diese Veranstaltung damals, weg.

Nach dem anschließendem Empfang mit Fingerfood und reichlich Getränken (von dem ich immer noch der Meinung bin, man könne ihn weglassen und das gesparte Geld lieber direkt in das Kommunalkino stecken), folgte der zweite Teil des Abends.

Im Kino 46 wurde Seidls Film „Hundstage“ von 2001 gezeigt. Der Regisseur war dann auch persönlich anwesend und wurde von Karl-Heinz Schmid und den beiden Juroren Cristina Nord und Dr. Rainer Rother kurz interviewt. Da die Gruppe für den Weg vom Rathaus nach Walle länger als geplant gebraucht hatten, und damit mit etwas Verspätung eintraf, wurde dieser Teil gegenüber den Vorjahren sichtlich gekürzt und auch keine Fragen aus dem Publikum zugelassen. Was ich sehr schade und etwas unbefriedigend fand. Vor allem, da Ulrich Seidl eine interessantere Persönlichkeit als Nina Hoss ist, der im letzten Jahr weitaus mehr Raum gegeben wurde. Bei der Gelegenheit wurde dann auch das Geheimnis um „Frau Gruber“ gelüftet. Diese hatte sich nämlich mittlerweile in die Schauspielerin Maria Hofstätter (zurück)verwandelt.

Bilder gibt es auch. Die stelle ich aber erst morgen online.

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