Neues Kulturfestival: dreizehn° in Bremen-Blumenthal (31.8.-2.9.)

Vom 31.8. bis 2.9. wird es in Bremen ein neues Kulturfestival geben. Das dreizehn°-Festival wird auf dem Gelände der Bremer Wollkämmerei (BWK) in Blumenthal stattfinden. Unglücklicherweise zeitgleich mit dem Übersee-Festival am 31.8./1.9 was ich extrem ärgerlich finde, da es auch thematisch einige Überschneidungen gibt und ich nicht ganz verstehe, warum sich zwei Festivals, die beide auch Bremer Künstlern/Musikern einen Bühne bieten wollen, sich gegenseitig torpedieren.

Für das dreizehn°-Festival haben haben die Macherinnen Katrin Windheuser vom neu gegründeten Verein Haikultur und Anne Angenendt laut Weser Kurier rund 250 Künstlerinnen und Künstler überregionaler Herkunft ebenso wie aus Bremen angefragt. Das Festival soll in zwei große Hallen: die sogenannte Fliegerhalle nahe der Weser und die Halle 221, sowie rund 20.000 Quadratmeter Außenfläche stattfinden. Es wird eine große Musikbühne, zwei Theaterbühnen, eine Kinobühne, eine Literaturbühne und eine Experimentalbühne, die abends zum Club wird geben. Außerdem Getränke- und Imbissstände.

Musikalisch soll das Spektrum von Jazz über kleinere klassische Konzerte bis zu Indie-Bands, Hip-Hop und elektronischer Musik reichen. Also – nochmal – ganz ähnlich zum Übersee-Festival. Ferner soll es Debatten, Stadtteilführungen und Workshops in Buchbinden, Siebdruck oder ein Film geben.

Bei den Kinoaufführungen bin ich natürlich hellhörig geworden und diese sind auch der Grund dafür, warum ich hier im Blog drüber berichte. Leider habe ich noch nirgendwo konkret etwas über genau diesen Programmpunkt gefunden, bin aber gespannt, was sich die Macherinnen da ausgedacht haben. Ich hoffe nur, es werden keine ausgelutschten Crowd-Pleaser wie die „Rocky Horror Picture Show“, sondern es geht eher in den Bereich gewagter Underground. Dann schaue ich auch mal vorbei. Nur nicht am 31.8./1.9. 😉

Hier noch der Link zur Facebook-Seite, die etwas aussagekräftiger als die normale Webseite ist: https://www.facebook.com/pg/dreizehngradfestival/

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Blu-ray Rezension: „Willard“

Willard Stiles (Bruce Davison) ist ein 27-jähriger, ebenso stiller, wie zurückgezogener Mann, der noch immer bei seiner nicht minder problematischen Mutter (Elsa Lancaster) in einer Villa lebt, welche auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Zudem gibt es im Garten der Villa ein Rattenproblem. Als Willard von seiner Mutter aufgefordert wird, sich um dieses Problem zu kümmern, entwickelt er eine etwas ungesunde Faszination für die pelzigen Nager. Besonders die beiden intelligenten Ratten Sokrates und Ben haben es ihm angetan, und bald schon verbindet Mensch und Nager eine tiefe Freundschaft. Im Berufsleben läuft es für Willard allerdings weniger gut. Er arbeitet in der Firma seines verstorbenen Vaters, welche diesem aber bereits vor Jahren von Mr. Martin (Ernest Borgnine) abgenommen wurde. Mr. Martin duldet Willard zwar in seiner Firma, lässt aber kaum eine Möglichkeit aus, um ihn zu demütigen. Als Willards Rattenfamilie immer größer wird, und er nicht mehr weiß, wie er sie füttern kann, schmiedet er einen Plan, um sich mit Hilfe seiner vierbeinigen Freunde Geld zu beschaffen…

Willard“ war 1971 der Überraschungs-Hit im amerikanischen Kino und gilt als Wegbereiter des Tierhorrorfilms, der in den 70ern so richtig ins Rollen kam und mit „Der weiße Hai“ seinen Höhepunkt fand. „Willard“s enormer Einfluss und Erfolg verwundert etwas, denn rückblickend entpuppt sich „Willard“ als eher wenig spektakulär. Aber vielleicht liegt dies auch daran, dass sich die Sehgewohnheiten doch stark geändert haben und vor allen Dingen „Willard“s Nachfolger weitaus detailverliebter und brutaler zu Werke gingen. Allerdings sind die Szenen in denen sich gefühlt tausend Ratten aus Willards Keller ergießen wahrlich beeindruckend und dürften bei so manchem Ratten-Phobiker viele schlaflose Nächte verursachen. Generell ist es erstaunlich, was die Ratten-Dompteure hier auf die Beine stellen. Wüsste man es nicht besser, könnte man fast auf CGI tippen, so perfekt verhalten sich die schlecht beleumundeten Nager. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass hier mehr drin gewesen wäre. Denn egal, ob die Ratten nun im Haus hin und her laufen, Türen zernagen oder über Leute herfallen, so richtig bedrohlich und beängstigend wirkt das alles eher weniger.

Besonders die berühmte „Zerreißt ihn“-Szene mit Ernest Borgnine wirkt unfreiwillig komisch, da man deutlich sieht, wie die Ratten in hohen Bogen auf ihn geworfen werden. Und dass es dann nicht zum angekündigten „Zerreißen“ kommt, enttäuscht dann doch ein wenig die Erwartungen. So ist „Willard“ bezüglich seines Horror-Potentials dann doch ein eher harmloser Film. Wo „Willard“ aber punkten kann, ist die Darstellung der Welt in der die Hauptperson lebt und in der ihre Psyche gewaltsam verbogen wird. So ist die größte Horrorszene dann auch jene, in der Willards Mutter (die großartige Elsa Lancaster in einer ihrer letzten Rollen) ihrem Sohn eine Geburtstagsfeier ausrichtet. Da Willard aber keine gleichaltrigen Freunde (geschweige denn Freundinnen) hat, muss er mit den Freunden seiner Mutter feiern. Die dann auch so tun, als seinen sie auf einem Kindergeburtstag und nicht bei einem erwachsenen, 27jährigen Mann. Wie sie da mit ihren Hütchen und Tröten sitzen ist wahrlich gruselig. Wie auch Elsa Lancasters formidable Darstellung der Mutter. Zwischen krankhaftem Behüten, Verlustängsten, egozentrischen „an-sich-binden“ und beginnendem Schwachsinn. Dass solch ein Umfeld nicht zuträglich für ein gesunde geistige Verfassung ist, dürfte jedem klar sein.

Der junge Bruce Davison zeigt dies sehr deutlich. Manchmal allerdings auch überdeutlich, denn er neigt zum Grimassieren und ist häufig einfach zu sehr drüber. Selbstverständlich soll bei der Figur des Willard dieser tiefe Schmerz darüber, dass es ihm verwehrt wird erwachsen zu werden, er von allen Seiten manipuliert, heruntergemacht und unterschätzt wird deutlich werden. Allerdings wählen weder Regisseur Daniel Mann, noch Hauptdarsteller Davison den dezenten Strich, sondern tragen die Farbe mit der ganz groben Rolle auf. Demgegenüber gelingt es dem Profi Ernest Borgnine spielend, jede Szene an sich zu reißen. Denn obwohl sein Mr. Martin ein widerlicher Schmierlappen ist, besitzt er doch dieses übergroße Borgnine-Charisma und viele seiner Entscheidungen sind zwar durchtrieben, aber klug und erst einmal auf den Vorteil der Firma ausgelegt. Und man muss sich fragen, ob man an seiner Stelle nicht den völlig unzuverlässigen Willard – Versprechen an den Vater oder nicht – rausgeworfen hätte. Sondra Locke, die kurze Zeit später zu Clint Eastwoods Muse wurde, hat hier eine nur kleine Rolle, die sie souverän und sympathisch spielt, wobei ihr allerdings nicht viele Möglichkeiten gegeben werden, um einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Der größte Kritikpunkt ist aber die biedere Regie von Daniel Mann, die recht altbacken wirkt. Die ganze Welt in der „Willard“ spielt, angefangen mit Kostümen und Kulissen, scheint ein paar Jahre älter zu sein, als man beim Produktionsjahr 1971 erwarten würde. So erinnert „Willard“ dann leider allzu häufig an einen Fernsehfilm aus den 60er Jahren.

„Willard“ ist der zweite Titel der neuen Anolis-Reihe „Der phantastische Film“. Wie beim Vorgänger „Mutant – Das Grauen im All“ ist auch „Willard“ eine vorbildliche Veröffentlichung, an der es nichts zu meckern gibt. Vor allem nicht an dem unglaublich klaren und scharfen Bild. Aber auch der Ton ist ausgesprochen sauber und klar. Wobei der englische Originalton etwas kräftiger und vor allem in den Rattenszenen „geräuschvoller“ daher kommt. Als weitere Tonspur kann man einen unterhaltsamen Audiokommentar mit dem Filmhistoriker Nathaniel Thompson (dessen Internet-Blog ich sehr empfehlen kann) und Hauptdarsteller Bruce Davison. Bruce Davison ist auch in einem interessanten 12-minütigen Interview zu sehen. Weiter geht es mit dem US-Trailer, Radiospots, der Super-8-Fassung (16 Minuten), Werberatschläge und Bildergalerie. Das 28-seitiges Booklet enthält Produktionsnotizen, Aushangfotos, sowie die beiden Texte „Die falschen Freunde“ von Ingo Strecker (der mir ausgesprochen gut gefallen hat und all jene Punkte anspricht, die mir auch aufgefallen waren) und „Königreich der Ratten“ von David Renske, mit dessen cool-rotzigen Stil ich allerdings so meine Probleme hatte.

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Das Bloggen der Anderen (11-06-18)

– Heute beginne ich gleich mal mit einer – wie ich finde wunderbaren – Meldung: Der bekannte und beliebte Filmgelehrte Christian Keßler ist unter die Blogger gegangen. Wenigstens so ein wenig. Er hat seine 2001 erstellte Homepage eingestampft und stattdessen alle Inhalte auf seinen neuen Blog Urlaub im Schrank gezogen, den ich hiermit uneingeschränkt zu Stöbern und Staunen empfehle. Besonders schön ist dabei die neue Rubrik „“Der explodierte Bildschirm“ in (bisher?) acht Kapiteln die von seiner Früherfahrungen als Filmfan handeln.

– Den für mich interessanteste und lesenswerteste Artikel der Woche findet man auf kino-zeit.de Dort hat Katrin Doerksen einen Rückblick auf 4 Jahre Netflix, die Veränderungen die dies für die Art Filme zu schauen mit sich brachte und wie sich Streaming von der klassischen Videothek unterscheidet geschrieben. Seit Jahren wollte ich auch mal was über die mittlerweile allesamt untergegangenen Videotheken bei mir im Viertel schreiben, von daher war die Lektüre für mich ausgesprochen spannend und inspirierend. 25 Jahre nach „Jurassic Park“ und kurz vor der Premiere des neusten Beitrags dieses Franchise blickt Rajko Burchardt auf Spielbergs Initialzündung und seine zahlreichen Nachfolger und Rip-Offs zurück.

– Einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist „Kikujiros Sommer“ von und mit Takeshi Kitano. Filmlichtung bespricht den Film im Detail. Dabei kommt er trotz aller Liebe zum Film zu einem vielleicht etwas nüchterneren Urteil als ich.

– Michael Schleeh von Schneeland war auf der Nippon Connection 2018 und fasst kurz zusammen, was er dort alles gesehen hat.

– Maël Mubalegh schreibt auf Jugend ohne Film über den neuen Film von Ulrich Köhler: „In My Room“.

– Endlich auf Silberling zu bekommen: „Paul“ von Klaus Lemke. Karsten Munt liefert auf critic.de gute Argumente, warum man sich diesen Film nicht entgehen lassen sollte.

– Ebenfalls endlich, endlich auch hierzulande erhältlich: Damiano Damianis grandioser „Das Verfahren ist eingestellt – Vergessen Sie’s!“. Mehr darüber auf Die Nacht der lebenden Texte.

– Mal wieder Lebenszeichen von Duoscope. Bianca analysiert den „Skandalfilm“ „Augen der Angst“ von Michael Powell.

– Zwei neue Beiträge zur Pam-Grier -AIP-Retro bei Robert Zion. „Bucktown“ und „Foxy Brown“.

– Oliver Nöding schreibt auf Remember It for Later über (den mir bisher unbekannten) „The Perfect Weapon“ und erläutert, warum er den so gerne mag.

Enzo Castellaris „Tuareg – Die tödliche Spur“ fehlt mir noch in meinem italophilen Sehtagebuch. Splattertrash meint allerdings, dass der auch nicht so recht lohnt.

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Blu-ray-Rezension: „Die Schreckenskammer des Dr. Thosti“

England 1872. In der Nacht vor seiner Hinrichtung wird der zu unrecht des Mordes beschuldigte Dr. Gordon Ramsay (Herbert Rudley) von seinem Kollegen Dr. Thosti (im Original Sir Joel Cadman, gespielt von Basil Rathbone) in der Gefängniszelle besucht. Thosti verabreicht seinem jungen Kollegen eine Droge namens Nind Andhera, Diese bewirkt, dass man in so tiefes Koma fällt, dass man für tot gehalten wird. Cadman nennt diese Droge den „schwarzen Schlaf“. Der vermeintlich tote Ramsay wird Thosti überstellt, der ihn wiederbelebt und zu seinem Assistenten macht. Thosti nimmt Ramasy mit in eine alte Burg, welche ihm als geheimes Labor dient, Hier führt Thosti illegale Experimente an mit Nind Andhera betäubten Opfern durch, die anschließend schwer degeneriert oder stark verstümmelt die Flure der Burg bevölkern. Unter ihnen auch sein einstiger Mentor Dr. Monroe (Lon Chaney Jr.), der nun als grunzendes Wesen Mungo immer wieder über die junge Krankenschwester Laurie (Patricia Blake) herfällt. Oder der stumme Diener Casimir (Bela Lugosi). Als Ramsay hinter die finsteren Geheimnisse Thostis kommt und noch weitere Opfer (u.a John Carradine und Tor Johnson) entdeckt, versucht er, dem Spuk ein Ende zu bereiten…

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

Mit „Die Schreckenskammer des Dr. Thosti“ hat Anolis‘ Reihe „Die Rache der Galerie des Grauens“ einen mehr als würdigen Abschluss gefunden. Und man muss sich die Frage stellen, warum dieser Film nicht weitaus bekannter ist. Wahrscheinlich weil er schon zu seiner Entstehung wie aus der Zeit gefallen schien. Man schrieb das Jahr 1956. Der Rock’N’Roll war geboren, Teenager-Filme übernahmen die Leinwand und wenn schon Horror, dann waren das mutierte Rieseninsekten. Die goldenen Jahre des „Universal-Horrors“ lag mehr als 10 Jahre zurück. Und die Protagonisten dieser Zeit fanden sich in kleinen Gastrollen und ultra-billig produzierten C-Filmen wieder. Und dann waren sie plötzlich alle in diesem Film aus der zweiten Hälfte der 50er Jahre wieder versammelt: Lon Chaney, Bela Lugosi, John Carradine – und natürlich der großartige Basil Rathbone. Während dieser große Mime, der genau zehn Jahre zuvor das letzte Mal in seiner Paraderolle als „Sherlock Holmes“ zu sehen war, gerade als Gegenspieler Danny Kayes in „Der Hofnarr“ ein Comeback erleben konnte, erging es seinen Kollegen weniger gut. Auch in „Die Schreckenskammer des Professor Thosti“ sind sie lediglich Staffage. Leider, denn so ist aus dem großen Horror-Revival nur ein Kuriositätenkabinett geworden, welches belegt, dass die große Zeit dieser wundervollen Darsteller vorbei war.

Besonders traurig ist der Anblick Lugosis, der gerade von einem Drogenentzug zurück gekommen war und durch die Gänge schleicht, als könne er keinen Fuß mehr vor den anderen setzten. Schwerfällig und mit hängenden Schultern ist er nur noch ein Schatten jenes Schauspielers, der 36 Jahre zuvor die Frauen als Dracula in Ohnmacht fallen ließ. Selbst bei seinem letzten Auftritt für Ed Wood in „Plan 9 From Outer Space“ wirkte er ein wenig fitter. Leider sollte „Die Schreckenskammer des Dr. Thosti“ Bela Lugosis letzter echter Auftritt in einem Film werden. Für „Plan 9“ nutzte Wood dann Probeaufnahmen mit dem Kult-Schauspieler. Auch seinen Kollegen geht es wenig besser. Lon Chaney hat als monströser Mungo zwar etwas mehr zu tun – was sich allerdings auf das Erschrecken und Würgen junger Frauen beschränkt. John Carradine und Tor Johnson (der ein Jahr zuvor eine ähnliche Rolle in Ed Woods „Bride of the Monster“ spielte, in dem Bela Lugosi den Mad Scientist gab) kann man eher unter “Statisten“ verbuchen. Dafür glänzt der großartige Basil Rathbone als Sir Joel Cadman. So heißt die Figur zumindest in der Originalfassung. Wieso man Cadman in der deutschen Fassung zu „Professor Thosti“ machte, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben.

Rathbone ist brillant als verblendeter und verbissener Chirurg, der für den Erfolg seiner Arbeit über Leichen geht. Zwar wird hier seine durch einen Tumor ins Koma gefallene Frau als Motiv für seinen skrupellosen Wissens- und Tatdrang angeführt, doch man spürt zu jeder Zeit, dass Cadman/Thosti auch ohne diese zusätzliche Motivation das Skalpell gewetzt hätte. Er nimmt hier bereits die ebenso aristokratische, wie von Ehrgeiz und dem Wunsch Gott zu spielen zerfressene Dr.-Frankenstein-Figur vorweg, die Peter Cushing in den Hammer-Filmen unsterblich machen sollte. Rathbone kontrolliert jede seiner Szenen. Er ist das absolute Zentrum dieses Filmes und mischt die coole Arroganz seines Sherlock Holmes mit dem tragischen Sadismus seines Richard in „Der Henker von London“. Die Schauspieler um ihn herum geben eine gute und durchaus überzeugende Figur im Rahmen der Möglichkeiten des Drehbuchs ab. Denn natürlich sind sie zu allererste zweckmäßige Stereotypen. Mit einer großen Ausnahme: Akim Tamiroff als Odo, der dem Professor stets neue Subjekte für seine Forschung zuführt. Tamiroff legt seinen Odo irgendwo zwischen Witzfigur und eiskalten Soziopath an. Immer wieder schwankt er zwischen diesen Extremen, lässt aber auch bei seinem untertänigsten, schleimigsten Heranwalzen durchblicken, dass hier jemand lauert, dem sämtliches menschliche Mitgefühl abgeht. Dass Odo ein Sinti&Roma ist, stößt heute natürlich etwas auf, da Tamiroff auch sämtliche Vorurteile und Klischees gegenüber den Sinti&Roma bedient. Das muss aber wohl im zeitlichen Kontext gesehen werden. In den 50er Jahren gehörten diese Karikaturen zum Standard, ohne dass jemand darüber nachdachte, was solche Darstellungen für eine Volksgruppe bedeutete.

Eine besondere Erwähnung verdient die Musik von Les Baxter, der hier seinen ersten Horrorfilm-Soundtrack vorlegt und dies mit viel Kraft und Gespür für dramatisch-unheimliche Untermalung. In den 60ern sollte er dann Roger Cormans ersten Poe-Verfilmungen vertonen und besonders berüchtigt dafür werden, dass er die Scores für die US-Versionen zahlreicher italienischer Horrorfilm schrieb, mit denen dann leider die wunderbaren Kompositionen der Original-Komponisten ausgetauscht wurden. In Szene gesetzt wurde „Die Schreckenskammer des Dr. Thosti“ von einem Veteranen des guten, alten Universal-Horrors. Der gebürtige Wiener Reginald Le Borg hatte am Beginn seiner Karriere zahlreiche Horrorfilme mit Lon Chaney inszeniert. So die populäre Inner-Sanctum-Serie, wie auch “The Mummy’s Ghost”. Er war also eine gute Wahl, um einen Film zu drehen, welcher sich ganz dem Geist dieser alten Filme verschrieben hat. Der wirkt, als wäre er Anfang der 40er irgendwo im Archiv der Universal vergessen worden und dann mehr als ein Jahrzehnt später doch noch aufgeführt worden. Allein die deutlich gealterten Stars verraten, dass “Die Schreckenskammer des Professor Thosti” tatsächlich erst 1956 geöffnet wurde. Die wienerische Herkunft Le Borgs ist wahrscheinlich auch dafür verantwortlich, dass Le Borg in die recht klassische Inszenierung immer wieder expressionistische Sprenkel einfließen lässt. Wie in der beeindrucken Szene in der der tot geglaubte Gordon in seinem Sarg erwacht und sich mühsam aufrichtet. Aber wie mag der Film wohl damals auf das Publikum gewirkt haben? Für uns heute, verwischt es irgendwie, ob ein Film nun 70 oder 60 Jahre alt ist. Damals müssen zwischen den aktuellen Filmen der Saison und einem altmodisch inszenierten Grusler mit Mad-Scientist-Einschlag bereits Welten gelegen haben. Aus heutiger Sicht reiht er sich jedenfalls gut in die Reihe der Universal-Filme der 30er und 40er Jahre ein, und nicht zwischen den Jack-Arnold- und Ray-Harryhausen-Produktionen.

“Die Schreckenskammer des Professor Thosti” ist ein sympathischer, irgendwie aus der Zeit gefallener Film, der zu seiner Entstehungszeit 1956 schon hoffnungslos altmodisch gewirkt haben muss. Trotzdem unterhält der preisgünstige Gruseler ganz famos, auch wenn seine Alt-Stars wie Lugosi und Chaney sich mit Mini-Rollen begnügen müssen. Dafür ist es ein Genuss Basil Rathbone als Mad Scientist zu sehen.

„Die Schreckenskammer des Dr. Thosti“ ist ein sehr guter Abschluss hat Anolis‘ Reihe „Die Rache der Galerie des Grauens“. Nicht nur der recht rare Film passt vorzüglich, auch die Präsentation muss einmal mehr lobend erwähnt werden. Das Schwarz-Weiß-Bild ist sehr klar und frei von Schäden. In der Originalfassung klingt die Tonspur sehr sauber und gut abgemischt. Vor allem die Musik kommt hervorragend zur Geltung. Die alte deutsche Kinosynchro klingt demgegenüber leicht blechern, ist jedoch mit sehr guten Sprechern besetzt (u.a. Sigfried Schürenberg als Basil Rathbone). Bei den Extras wurde auch hier wieder alles gegeben. Es gibt einen informativen und anekdotenreichen Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen, Uwe Sommerlad und Volker Kronz. Laut der Webseite Evel Ed soll sich auch noch eine halbstündige Einleitung für internationale Käufer von Kronz und Giesen auf der Scheibe befinden. Diese habe ich allerdings nicht gefunden, und sie wird auch sonst wo nicht erwähnt.Neben dem US- und Deutsche Kinotrailer („Der Film mit dem Pfiff!“) ist auch wieder eine „Trailers from Hell“-Episode mit Joe Dante und die Werberatschläge mit auf der Disk. Zusätzlich ist noch eine sogenannte „Deutsche Grindhousefassung“ im 4:3-Format (welches das korrekte zu sein scheint), mit Kratzern, Laufstreifen, Schmutz und dem alten deutschen Verleihvorspann in die Veröffentlichung inkludiert. Und letztendlich findet sich noch ein ausführliche, 32-seitige Booklet mit jeweils einer Filmvorstellung von Ingo Strecker und einer von Uwe Sommerlad in der Packung. Da beide unabhängig voneinander über den Film schreiben (es scheint beide hätten den Auftrag bekommen und am Ende hat Anolis nicht ein Booklet-Text ausgewählt, sondern beide zusammengepackt) gibt es ein paar Dopplungen, aber das macht im Rausch der Details und infos gar nicht aus.

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Das Bloggen der Anderen (04-06-18)

– Sebastian von Nischenkino hat ein ausführliches Interview mit Explosive-Media-Chef und Gründer Ulrich P. Bruckner geführt.

– Lars Dolkemeyer hat auf kino-zeit einen interessanten Artikel darüber geschrieben, dass es heute kein politisches Kino mehr gibt, und wie er über Umwege und ein Messengerspiel neue Möglichkeiten für politische Filme gefunden hat. Maria Wiesner hat sich lange mit der nun 90jährigen Agnes Varda, der Grand Dame des französischen Kinos, unterhalten. https://www.kino-zeit.de/news-features/interviews/ich-bin-als-feministin-geboren

Film-rezensionen.de stellt kurz das Filmfest Emden-Norderney 2018 (6. – 13. Juni 2018) vor.

Filmlichter fragt sich, welche Horrorfilme ein Remake gebrauchen könnten. Hmmm… ich weiß nicht.

– Lukas Foerster von Dirty Laundry ist der diesjährige Inhaber des Siegfried-Kracauer-Stipendiums und hat in dieser Funktion auf seinem Blog „Lady Bird“ und Luchino Viscontis „La Terra Trema“.

– Björn Schneider zeigt sich auf Filme Welt absolut begeistert von „Hagazussa“, einem Horrorfilm des 32-jährigen gebürtigen Wiener Lukas Feigelfeld, der damit seine Ausbildung an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin beendete.

– Michael Schleeh bespricht auf Schneeland zwei japanische Dokumentarfilme: „Trace of Breath“ über das Leben nach der Katastrophe von 2011 und „Danchi Woman“ über eine 85jährige Frau, die gezwungen wird aus ihrer Wohnung auszuziehen.

– Oliver Nöding schreibt auf Remember It For Later über „Moneyball“ von Bennett Miller. Ein Film über Baseball und moderne Methoden der Spielerbeurteilungen. Klingt so hingeschrieben dröge, ist aber mit Brad Pitt, Jonah Hill und Philipp Seymour Hoffman groß besetzt und hat meine Neugierde geweckt. Nicht nur als alter Baseballspieler. Etwas weniger anspruchsvoll geht es scheinbar in Lee Frosts Exploitation-Reißer „Sadomona – Die Insel der teuflischen Frauen“ zu.

– Christian von Schlombies Filmbesprechungen nimmt sich gleich zwei Beispiele des modernen französischen Horrorfilms vor: „Saint Ange – Haus der Stimmen“ von Pascal Laugier und „Vinyan“ von Fabrice Du Welz. Beide konnten ihn allerdings nicht überzeugen.

– Wieder eine Woche mit größerer Argento-Besprechung. Heiko Hartman von Allesglotzer hat sich dessen Regie-Debüt „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ vorgenommen.

– Sascha von Die seltsamen Filme des Herrn Nolte erklärt, weshalb er Mike Nichols‘ „Wolf“ mit dem tierischen Jack Nicholson für unterbewertet hält.

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Open-Air-Kino in Bremen 2018

Auch in diesem Jahr finden in und um Bremen einige Open-Air-Kino-Events statt.

Am Prominentesten sicherlich das Open-Air-Kino der Schlachthofkneipe, welches vom 6. Juni bis 22. Juli in der Arena am Schlachthof stattfindet (Eintritt: 5 Euro). Das ausgesprochen reichhaltige Programm wurde auch dieses Jahr wieder mit den Facebook Nutzern der Schlachthofkneipe zusammengestellt und kann hier eingesehen werden. Los geht es am 6. Juni mit dem empfehlenswerten Neo-Western „Hell or High Water“. Ansonsten sind zahlreiche beliebte Klassiker wie „Waynes World“, „Footlose“ oder „Zurück in die Zukunft“ dabei, aber auch neuere Produktionen wie „Inglourious Basterds“, „Super 8“ oder „Star Trek: Into Darkness“.

In eigener Sache möchte hier auch noch auf den 10. Juni hinweisen, wenn mein Kollegen Stefan und ich als Weird Xperience dort unter dem Motto „Sternennacht“ Ed Woods legendären „Plan 9 From Outer Space“ und den blutig-schleimigen Alien-Rip-Off „Mutant – Das Grauen im All“ präsentieren. Und am 29. Juni gibt es von uns noch eine „Lange Nacht des Bösen“ in der erst der „deutsche Bruce Lee“ und Schlagersänger Christian Anders antritt und danach der Tall Man in seine zweite Runde geht.

Weiter geht es am 3. und 4. August in Bremerhaven, wenn wieder das Kino im Hafen mit zwei maritimen Kinoabenden lockt. Die Filmauswahl hier steht leider noch nicht fest, sondern wird am 18. Juni bekannt gegeben. Los geht es immer um 21 Uhr mit einem Vorprogramm. Der Film beginnt dann um ca. 22 Uhr (bei Einbruch der Dunkelheit).

Und am 31. August gibt es in Bremen-Mahndorf ein Open-Air Kinoabend mit dem Film „Der kleine Nick“. Das Bürgerhaus Mahndorf lädt in Kooperation mit dem „City 46“ wieder ein zum Kinosommerabend für die ganze Familie auf der großen Open-Air-Leinwand auf seinem großen Gartengelände hinter dem Bürgerhaus. Davor gibt es Livemusik u.a. von der Trommelgruppe der Wilhelm-Olbers-Schule, Oscars Spielmanege für die Kinder, Grillwürstchen, Popcorn und Getränke. Bei Regen oder starkem Wind findet die Veranstaltung im Saal statt. Filmbeginn: Bei Dunkelheit, ca. 20:15 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden werden aber gerne entgegengenommen.

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Das Bloggen der Anderen (28-05-18)

– Die Filmfestspiele in Cannes sind vorbei. Auf critic.de berichtet Frédéric Jaeger darüber, was die vielen Neuerungen für das Festival bedeutet, und was er persönlich davon hält.

– Auch Joachim Kurz beschäftigt sich auf kino-zeit.de mit den Filmfestspielen in Cannes. Er zieht ein Fazit der vergangenen Tage und probiert einen Ausblick auf das kommende Jahr. Anna Wollner interviewt Regisseur Thomas Stuber und spricht mit ihm über seinen Film „Zwischen den Gängen“.

– Michael Schleeh schreibt auf Schneeland über das Japanische Filmfest Hamburg 2018 und einen der dort gezeigten Filme: Eiji Uchidas „Love and Other Cults“.

– Besonders gefreut habe ich mich diese Woche über Whoknows presents und davids „Bericht vom 18. goEast-Festival des mittel- und osteuropäischen Films“ (ist schon der zweite Teil, den ersten findet man hier), welches scheinbar Lettland und die baltischen Staaten als Schwerpunkt hatten. Also flugs den Bleistift gespitzt und ein paar seiner Empfehlungen für spätere suche notiert.

Filmlichter hat einen schönen Artikel über „Alan Smithee“ und die Probleme bei der Produktion von Tinto Brass‘ „Caligula“ geschrieben. Und ja, das passt gut zusammen.

– Oliver Nöding hat nach einiger Zeit wieder für Remember It For Later in die Tasten gehauen und sich mit „Platoon Leader“ und „Soldier Boyz“ zweier Michae- Dudikoff-Filmen angenommen.

– Nie gesehen, aber Anfang der 80er war der Film in aller Munde (ich kenne da vor allem noch die wunderbare MAD-Parodie): „Ein Offizier und Gentleman“. Symparanekronemoi lifts us up, where we belong.

Funxton schreibt über “Lady Frankenstein” und das passt sehr gut, den…

– Mauritia Mayer von Schattenlichter war mal wieder unterwegs und hat viele schöne Bilder von den Drehorten genau dieses Filmes mitgebracht.

– André Malberg hat sich auf Eskalierende Träume sehr eingehend mit Dario Argentos Frühwerk „Die neunschwänzige Katze“ beschäftigt. Viel zu lesen und viel zu entdecken.

– Von dem ausgesprochen merkwürdigen „Malatesta’s Carnival of Blood“ habe schon anderweitig viel gelesen. Die seltsamen Filme des Herrn Nolte überzeugen mich: Der muss her.

Robert Zion hat sich in seiner Reihe über Pam Grier diesmal des Filmes „Friday Foster“ von Arthur Marks angenommen.

– Und zum Abschluss noch einmal Michael Schleeh. Der hat auf Hard SensationsThe Whiskey Bandit“ besprochen und findet, dass Nimród Antal langsam wieder auf die Spur kommt.

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6. Favourites Film Festival im Cinema Ostertor

Vom 23. bis zum 27. Mai 2018 findet nun zum nunmehr sechsten Mal das Favourites Film Festival auch in Bremen statt. Wie im Vorjahr ist das Festival wieder im Cinema im Ostertor beheimatet. Denn die Festivalmacherinnen Anna Jurzik und Paula Syniawa sehen das Cinema als ganz besonders dazu geeignet ein, um aus dem Kino ein lebendiges Festivalzentrum als Ort des Austauschs für Besucher zu machen.

Die Idee hinter dem Favorites Film Festival ist es, Filme aus aller Welt zu zeigen, die bereits auf anderen Festivals einen Publikumspreis gewonnen haben. Die Festivalmacherinnen suchen dabei aus rund 500 Publikumspreisgewinnern eine kleine Auswahl an Spiel- und Dokumentarfilmen, bei denen sie eine besondere „erzählerische Kraft und ästhetische Qualität“ sehen. Außerdem wird in einer Kurzfilmnacht auch wieder publikumspreisgekrönte Kurzfilme präsentiert und das Publikum kann daraus dann seinen Liebling wählen.

Die Filme des diesjährigen Programms erzählen laut der Macherinnen „von zumeist jungen Menschen, die ihren Platz in der Welt suchen und dabei mit ihrem Lebensumfeld kollidieren. In ihrem unbeholfenen Vortasten, in ihren wagemutigen Schritten in ein selbstbestimmtes Leben, in ihren verletzlichen Zukunftsträumen und in ihrer ebenso intuitiven wie radikalen Abwehr festgefahrener Denk- und Verhaltensmuster, spiegeln sich große Fragen nach dem Morgen“. Das Festival besteht also vor allen Dingen aus Coming-Of-Age-Geschichten und Filmen über gesellschaftliche Probleme. Genre-Filme sucht man hier vergeblich. Dass vier der sieben ausgewählten Langfilme von Frauen inszeniert wurden und weitere zwei Filme von gemischten Regie-Duos, kommentiert die Festivalsleitung wie folgt: „Wir haben uns bei der Programmauswahl keine Quote gesetzt und auch nicht explizit nach Filmen von Regisseurinnen gesucht. Jeder Film hat uns auf seine Weise überzeugt und emotional berührt – sowohl ästhetisch, als auch dramaturgisch und thematisch. Wir sind sehr froh über die Stimmigkeit der diesjährigen Auswahl, in der die einzelnen Filme aufeinander Bezug zu nehmen scheinen, sich ergänzen und gegenseitig bereichern“.

In Strimolov / Falling, dem Debütfilm der ukrainischen Regisseurin Marina Stepanska verlieben sich ein Musiker, der gerade aus der Entzugsklinik entlassen wurde, und eine Studentin ineinander. Beide befinden sich an einem wichtigen Wendepunkt in ihrem Leben und zeichnen mit ihrer Liebesgeschichte gleichzeitig ein Zeitbild der heutigen Ukraine.

Auch in Home der flämischen Regisseurin Fien Troch kehrt der Protagonist Kevin nach einer Zeit im Jugendgefängnis ins normale Leben zurück. Selten hat ein Film die Spannungen zwischen Eltern und ihren heranwachsenden Kindern so atmosphärisch genau wie intensiv erlebbar gemacht.

Im niederländischen Film Layla M. sucht eine Abiturientin einen Weg, mit den Alltagsdiskriminierungen umzugehen, die sie als Muslima mit marokkanischen Wurzeln erfährt, und radikalisiert sich zunehmend. Sie heiratet heimlich den Islamisten Abdel, verlässt mit ihm das Land und gerät in kürzester Zeit in Situationen, aus denen es so schnell kein Zurück gibt.

Wallay nimmt seine Zuschauer ebenfalls mit auf eine Reise auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Als erzieherische Maßnahme wird der 13-jährige Ady, der in Frankreich aufgewachsen ist, von seinem Vater in dessen Heimatland Burkina Faso geschickt, wo er seine Verwandten kennenlernen und zum „Mann“ werden soll.

In Beach Rats verbringt Frankie seine Sommerferien mit seinen Macho-Kumpels am Strand von Coney Island, während er nachts beginnt, sich heimlich mit Männern aus schwulen Chatrooms zu treffen. Der poetische US-amerikanische Independent-Film von Regisseurin Eliza Hittman erzählt behutsam von einem jungen Mann, der in seinen Verhältnissen gefangen scheint.

Die Protagonisten des spanischen Dokumentarfilms The Silence of Others kollidieren mit einer Gesellschaft, die die Gräueltaten der Franco-Diktatur um jeden Preis vergessen will. Gemeinsam beginnt eine kleine Gruppe vom Küchentisch aus für eine Aufklärung der Verbrechen von damals zu kämpfen.

Eröffnet wird das Festival mit der bulgarisch-griechischen Koproduktion Slava / Glory des Regie-Duos Kristina Grozeva und Petar Valchanov. Erzählt wird die Geschichte des Schienenarbeiters Tsanko, der auf seinem Kontrollgang über die Gleise eine Tüte voll Geld findet und pflichtbewußt die Polizei verständigt. Von der PR-Sprecherin des Verkehrministeriums wird er daraufhin zum Helden stilisiert, um von bestehenden Korruptionsvorwürfen abzulenken. Slava erzählt ungeschönt und mit schwarzem Humor vom Kampf eines einfachen Mannes um sein Recht und zugleich von der tief gespaltenen bulgarischen Gesellschaft.

Besucher, die Arbeitslosengeld II beziehen, sich in einem laufenden Asylantragsverfahren befinden oder mit einem Duldungsstatus in Deutschland leben haben kostenlosen Eintritt.

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Cinemaxx Bremen senkt drastisch die Preise – Grund zur Freude oder zur Sorge?

Okay, jetzt ist es raus: Ab heute, dem 17. Mai, sollen im Cinemaxx Bremen alle Filme in 2D € 5,99 kosten. Egal, wie lang der Film ist, egal, ob Parkettplatz oder Loge. Nur für den Besuch eines 3D-Films oder für einen Platz in einem sogenannten VIP-Sessel muss ein Aufpreis gezahlt werden.

Klingt eigentlich nach einer sehr guten Nachricht. Wird das Kinovergnügen doch drastisch günstiger. Ich weiß noch, wie ich z.B. an einem Samstagabend mal eben locker bei fast 15 Euro pro Karte war (weil online gebucht, da wird ja – auch wenn es in meinen Augen so überhaupt keinen Sinn macht, weil ja jede Arbeit und der Materialaufwand beim Drucken beim Kunden liegt – immer noch eine Gebühr fällig). Aber mir stellen sich auch viele Fragen, die meine Freude augenblicklich schrumpfen lassen.

Geht es dem Cinemaxx wirklich so schlecht, dass die solche Dumping-Preise aufrufen müssen? Was bleibt dem Kino da eigentlich noch, wenn man mal die exorbitanten Verleihkosten die z.B. Disney für ihre Filme aufrufen, abzieht? Soll das dann über die Massen, die aufgrund des günstigeren Preises ins Kino strömen kompensiert werden. Klar, 100 Leute, die 5,99 ausgeben bringen mehr ein, als 30, die das Doppelte zahlen. Ich habe so meine Zweifel, dass die Rechnung aufgeht. Bisher lag Bremen ja mit den Kinobesuchen pro Einwohner immer mit vorne. Werden jetzt so viele ihre eingeschliffenen Streaming-Gewohnheiten aufgeben? Das bleibt abzuwarten, und ich bin tatsächlich sehr gespannt, was passiert.

Ängstlich gespannt bin ich darauf, was das für die Programmkinos bedeutet, die ja teilweise auch schon bei Ticketpreisen von 9-10 Euro sind. Preise, die nicht aus Gier – sondern schlicht und einfach aufgerufen werden, um zu überleben. Denn das müsste jedem klar sein: Kinos, die besondere Filme jenseits des Mainstream zeigen, wie City 46 oder Cinema Ostertor, kalkulieren immer am Existenzminimum. Werden die Programmkinos also gezwungen sein den Preiskampf mitzumachen? Oder bleiben sie bei ihren Ticketpreisen und riskieren es Zuschauer an das Cinemaxx zu verlieren und letztendlich die Pforten schließen zu müssen? Oder ist das Programm-/Kommunalkino-Publikum eh ein ganz anderes, welches hier wenig preissensibel reagiert? Aus meinem Bekanntenkreis, der die 40 deutliche überschritten hat, weiß ich – auch wenn das natürlich keine repräsentative Stichprobe ist – dass die zwar regelmäßig ins Kino gehen, aber die Multiplexe wie der Teufel das Weihwasser meiden. Die Multiplexe sind ihnen zu laut, das Publikum zu unruhig, die Atmosphäre wenig einladend und generell fehlt ihnen dort das Besondere, ja, familiäre, welches die kleineren, unabhängigen Kinos bieten.

So oder so. Das Cinemaxx hat einen ziemlich lauten Schuss abgegeben und ein Feld betreten, von dem man noch nicht weiß, ob es eine blühende Wiese oder ein Schlachtfeld ist, auf dem am Ende viele verrecken. Ich wage hier auch keine Prognose. Mein Gefühl ist allerdings gar kein Gutes. Mal schauen, was ich hier in einem Jahr schreiben werde und wer von den Kinos dann noch da ist. Ich hoffe doch sehr, es werden alle sein.

Im Weser Kurier kann man nachlesen, dass die Mitbewerber des Cinemaxx bisher noch gelassen sind. Das Cinespace argumentiert dort mit einer der dem Cinemaxx technisch überlegenen und generell modernen Ausstattung. Die Schauburg und das Cinema sehen aufgrund des unterschiedlichen Programmangebots erst einmal keine Gefahr und denken nicht über ähnliche Preissenkungen nach.
Thomas Settje vom Cinema Ostertor sagt aber auch: „Wenn die Leute die aktuellen Preise nicht mehr bezahlen, müssen wir das Kino irgendwann aufgeben“.

 

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Das Bloggen der Anderen (07-05-18)

– Frédéric Jaeger berichtet auf critic.de von den Kurzfilmtagen Oberhausen 2018.

– Urs Spörri findet, dass 2017/18 ist ein starker Jahrgang für deutsche Filme war. Woran er das festmacht, erklärt er auf kino-zeit.de. Ebenda hat Falk Straub ein Interview mit den beiden Filmemachern Hans Block und Moritz Riesewieck geführt, die gerade mit ihrem Dokumentarfilm „The Cleaner“ für Furore sorgen.

– Auf cinetastic habe ich eine interessante Review von „The Cleaners“ gefunden. In dem Dokumentarfilm geht es um Menschen in Billiglohnländern, die im Auftrag von Facebook nach pornographischen und gewalttätigen Inhalten suchen.

– Altbekanntes, aber immer wieder nett zu lesendes Thema: Große Filme, die nie über die Planungsphase herauskamen. Zusammengetragen von Filmlichtung.

Listen, Listen, Listen. Wer das mag kann mal auf Eskalierende Träume gucken, wo die Blogger teilweise Tonnen an unkommentierten Filmtiteln zusammengetragen, was 2017 toll war – und was weniger.

– Ein Abmahnanwalt hat mehrfilm nach 17 Jahren das Genick gebrochen.

Henri-Georges Clouzot und Komödie? Geht das? Ja, geht so – findet Manfred Polak auf Whoknows presents nachdem er „Miquette et sa mère“ gesehen hat.

Robert Zion deckt auf, wie stark Dario Argentos „Suspiria“ von Fritz Langs „Secret Beyond the Door“ beeinflusst wurde.

– Asien-Zeit auf film-rezensionen.de. Oliver Armkecht ist sehr enttäuscht von John Woos Rückkehr zum Gangsterfilm („Notwehr“), mag aber den neuen (?) Sion Sono: „Antiporno“.

– Christian hat auf Schlombies Filmbesprechungen zweimal „Emil und die Detektive“ gesehen. Einmal in der Fassung von 1931 und einmal das zweite Remake von 1954. Gemocht hat er beide.

– Ebenfalls aus der BRD der 50er Jahre stammt „Liane, das Mädchen aus dem Urwald“ mit der barbusigen Marion Michael. Werner Sudendorf hat sich den Film auf new filmkritik vorgenommen.

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