Blu-ray-Rezension: „Todes-Brigade“

Eine Bande schwer bewaffneter Motorradfahrer richtet unter den transsexuellen Prostituierten des Pariser Straßenstrichs ein Massaker an. Der Polizist Gérard Latuada (Thierry De Carbonnières) – eigentlich bei der Sitte – wird dem Fall zugeteilt. Bei seinen Ermittlungen wird er mit großen und kleinen Gangstern, Swinger-Clubs und Sexpartys konfrontiert. Bald schon schlägt die Mörderbande erneut zu und unter ihren Opfern befindet sich auch Latuadas Schwester. Ab jetzt ist es persönlich…

Anmerkung: Alle Screenshots stammen von der ebenfalls enthaltenen DVD, nicht der Blu-ray.

So etwas wie „Todes-Brigade“ konnte es nur in den 80ern geben. Das solch ein Film heutzutage noch einmal produziert würde, ist völlig undenkbar. „Todes-Brigade“ ist so ein Film, für den das Wort Sleaze erfunden wurde. Ein dreckiges, menschenverachtendes, voyeuristisches Spektakel, das sich kein Deut um Sitte und Anstand schert. Was einem heutzutage schon den einen oder anderen Kloß im Hals beschert. Da werden Frauen ausschließlich als Nutten oder unselbständige Weibchen dargestellt (das die Verlobte des Helden Anästhesistin sein soll, ist da eine Ausnahme – wenn Besuch kommt ist es trotzdem selbstverständlich, dass sie erst einmal den Kaffee für die HERRschaften kocht). Gerne in Reizwäsche oder ganz unbekleidet. Und dann werden sie wahlweise vergewaltigt, mit Messern aufgeschlitzt oder sonst wie bedroht. Der psychopathische Killer ist natürlich ein (Zitat:) „Scheiß Schwuler“. Ausländer selbstverständlich alle Verbrecher. So weit, so schwer verdaulich. Aber auch wieder ein Zeitdokument, was zeigt, wo die Gesellschaft Anfang der 80er Jahre noch stand. Heute wäre solch ein Film praktisch unmöglich. Oder nur im Gewand der Parodie denkbar.

Besonders erstaunlich ist, dass dieser Sleaze-Batzen von Max Pécas stammt. Pécas war seit Ende der 50er im Filmgeschäft unterwegs und spezialisierte sich zunächst auf Krimis mit viel Sex, Crime, Gewalt und düsterer Stimmung. Ende der 60er verlegte er sich mehr auf elegant und sorgfältig gemachte Sexfilme, bis er mit dem Aufkommen der Hardcore-Pornographie zu Teenie- und Ferienkomödien wechselte. Pécas war immer ein Regisseur, der vor allem das drehte, was Erfolg brachte. Er war nie ein Visionär oder Autorenfilmer. Auch bei seinen erotischen Filmen ging er (bis auf den harten Sexfilm „Luxure“) nie zu weit und achtete immer darauf, dass er im Rahmen des Zeigbaren blieb. Gerade deshalb reibt man sich verwundert die Augen, wenn man die Freizügigkeiten, die ganze Schmierigkeit und Brutalität von „Todes-Brigade“ sieht. Sie passt im Grunde so gar nicht zu Pécas restlichem Werk. Und man kann spekulieren, dass er auch nicht besonders glücklich mit dem Film war.

Das Drehbuch, an welchem scheinbar Pécas zusammen selber mit schrieb. Sein Co-Autor war der französische Krimiautor Roger Le Taillanter. Dieser leitete als Hauptkommissar in den 70ern die „Brigade de répression du banditisme“ und die Brigade mondaine“. Angeblich wollte er mit dem Drehbuch eigene Erinnerungen an diese Zeit verarbeiten. Nun, man kann kaum glauben, dass sich das alles zu seiner aktiven Zeit bei der „Brigade“ so oder ähnlich abgespielt hat. Zumindest hofft man dies. Es wäre höchst interessant einmal ein Statement von Le Taillanter (oder auch gerne Pécas) zum fertigen Film zu hören. Und wie das Drehbuch letztendlich entstanden ist. Fest steht jedenfalls, dass dieses nicht nur ausgesprochen gewalttätig, homophob, xenophob, frauenfeindlich und voller unsympathischer Charaktere ist, sondern auch von der Struktur her eine ziemliche Katastrophe. Die erste Hälfte besteht praktisch nur aus einer Abfolge scheinbar unzusammenhängender Episoden, bei denen es schwer fällt genau herauszufinden, wer jetzt da gerade gegen oder mit wem. Viele der hier aufgenommen Fäden führen auch einfach ins Nicht. Dafür wird das alles mit äußerster Brutalität und der Extraportion Sleaze umgesetzt. Wenn am Anfang die immer wahrsten Sinne des Wortes zerschossenen Transvestiten auf dem Obduktionstisch liegen und die Kamera immer mal wieder über ihre Geschlechtsteile wandert, während die Polizisten grinsend und feixend in der Ecke stehen, dann weiß man schon in welche Richtung es weitergeht.

Die Hauptrolle spielt der ausgesprochen blasse Thierry de Carbonnières, dem es nicht im Entferntesten gelingt so etwas wie Charisma zu entwickeln. Zwar ist er in der weitaus besseren und fokussierten zweiten Hälfte, wenn er sich zu Racheengel wandelt etwas präsenter, doch auch hier wirkt er immer wie ein Kind, welches einen auf ganz hart machen will. Eine Schau ist demgegenüber sein irrer Gegenspieler Costa, der von Jean-Marc Maurel mit vollem Körpereinsatz, unfassbaren Grimassen und rollenden Augen gegeben wird. Und der damit den Unterhaltungswert des Filmes ordentlich nach oben schraubt. Unter den Damen sticht positiv Lillemour Jonsson als Edel-Call-Girl hervor, während Gabrielle Forest als Freundin des Kommissars eine rein funktionelle Rolle hat. Schade, dass die großartige Brigitte Lahaie (hier unter dem Pseudonym Brigitte Simonin) nur eine kleine Rolle als Polizisten abbekommen hat und recht schnell von der Bildfläche verschwindet.

Mehr bleibt über „Todes-Brigade“ nicht zu sagen. Wenn man sich darauf einlassen möchte, dieses schmierige Bollwerk schlechten Geschmackes als Dokument einer Zeit zu sehen, dann kann man sich sicherlich gut unterhalten fühlen. Denn sein Bemühen um Härte, Coolness und Machismo wirkt heute sehr erheiternd. Langweilig ist das Ganze auf gar keinen Fall, hinterlässt allerdings auch einen gewissen Nachgeschmack.

Die Veröffentlichung durch filmArt präsentiert den Film vollkommen ungeschnitten. Die zuvor fehlenden Szenen wurden im Originalton mit deutschen Untertiteln eingefügt. Die Bildqualität ist okay, sieht ordentlich nach B-Ware aus der Mitte der 80er aus und passt sich damit perfekt dem Inhalt des Filmes an. Neben der Originalfassung sind zwei Synchronfassungen mit dabei. Die eine wurde der Legende nach von der Produktionsfirma angefertigt, um den Film in Deutschland zu verkaufen und ist eigentlich komplett unhörbar. Oder zumindest eine Quelle unaufhörlichen Wunderns. Dass die Rollen von Sprecher von völlig unpassenden Amateur-Sprechern, die möglicherweise nicht unbedingt sattelfest in der Deutschen Sprache waren – okay. Aber auch das Synchrondrehbuch wurde eher improvisiert und klingt so, als hätte es damals schon Google Translate gegeben. Unfassbar. Die zweite Synchro wurde dann für die VHS-Veröffentlichung angefertigt und ist demgegenüber um einiges solider. Und zur Not ist auch der O-Ton mit deutschen Untertiteln noch mit am Start. FilmArts Veröffentlichung kommt als Blu-ray-/DVD-Kombo daher. Den Film gibt es dann auch gleich vier Mal. In der ungeschnittenen Originalfassung (BR/DVD), der deutschen Pressefassung (BR), der deutschen VHS-Fassung (DVD) und in einer verlängerten „(S)Exportfassung“ (auf der BR mit SD-Inserts), die etwas mehr nackte Tatsachen enthält. Davon braucht man eigentlich nur die ungeschnittene O-Fassung, aber aus Vollständigkeitsgründen ist die Auswahl ganz nett. Auf der DVD befinden sich dann auch noch mal die SD-Inserts der „(S)Exportfassung“.

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