Früher war Paul Madvig (Brian Donlevy) ein Krimineller, heute ist er ein korrupter, aber auch erfolgreicher Politiker. Während er im Vordergrund den charismatischen Bürgerfreund gibt, hält im Hintergrund seine rechte Hand Ed Beaumont (Alan Ladd) die Fäden zusammen. Nachdem sie ihn in aller Öffentlichkeit geohrfeigt hat, setzt sich Madvig in den Kopf, Janet Henry (Veronica Lake), die Tochter des ehrenwerten Senators Ralph Henry (Moroni Olsen) zu heiraten. Um sich bei Henry einzuschmeicheln, lässt Madvig den Nachtclub des Gangster Nick Vama (Joseph Calleia) ausheben, mit welchem er zuvor gemeinsame Sache gemacht hat. Vama sinnt auf Rache. Zeitgleich unterält Madvigs kleine Schwester Opal (Bonita Granville) ein Verhältnis mit Janets Bruder Taylor (Richard Denning). Einem Spieler, der bei Vama große Schulden hat. Als Taylor ermordet wird, fällt der Verdacht auf Madvig. Ed Beaumont hat nun alle Hände voll zu tun, um seinem Chef den Kopf zu retten…
Dashiel Hammett ist einer der ganz großen Wegbereiter der amerikanischen Krimi-Literatur. Als einer der Väter des „Hard-boiled“-Romans, ist sein Schaffen bis heute enorm einflussreich. Wim Wenders hat während seines missglückten Hollywood-Ausflugs versucht, Hammett mit seinem gleichnamigen Film ein Denkmal zu setzen. Aber auch für den amerikanischen Filmgeschichte war Hammett immens wichtig. Seine Romane wurden früh und mehrfach verfilmt. Am Bekanntesten ist sicherlich „Die Spur des Falken“, der Film, welcher Humphrey Bogart zum Star machte. Doch dies war bereits die dritte Verfilmung des Romans. Auch „Der gläserne Schlüssel“ war bereits die zweite Adaption des gleichnamigen Romans. Sieben Jahre zuvor war der Stoff bereits von Frank Tuttle mit George Raft und Edward Arnold in den Hauptrollen verfilmt worden. Ferner schuf Hammett das Screwball-Amateuerdetektiv-Duo Nick und Nora Charles aus den „Der dünne Mann“-Filmen. Und sein Debütroman „Red Harvest“ war Inspiration für Akira Kurosawas „Jojimbo“ (was Kurosawa allerdings bestritt), der wiederum als „Für eine Handvoll Dollar“ und „Last Man Standing“ neu in Szene gesetzt wurde.
„Der gläserne Schlüssel“ erzählt eine komplexe Geschichte, ohne sich dabei in den zahlreichen Handlungsfäden und Nebenfiguren zu verlieren. Nomineller Hauptdarsteller ist der wie immer zuverlässige Brian Donlevy, der den bulligen Politiker Paul Madvig spielt. Madvig kokettiert gerne mit seiner nicht ganz sauberen Vergangenheit und seine Nähe zum Mob. Da ist es nur folgerichtig, wenn Donlevy ihn auch wie einen – durchaus sympathischen – Gangster anlegt. Tatsächlich macht der Film keinen Hehl aus der Korruptheit seines Helden, der auch gerne mal von den Fäusten Gebrauch macht, um seine Meinung durchzuboxen. Man wundert sich, wie der Film durch die engen Maschen des Hays Office geschlüpft ist. Der andere hier auftauchende Politiker ist ein Waschlappen, der sich gerne dorthin neigt, woher der Wind weht. Der Staatsanwalt ist eine lächerliche Gestalt ohne eigenen Willen und ein Zeitungsverleger in der Hand der Mafia. Es ist kein besonders positives Bild, welches Regisseur Stuart Heisler da von Amerika und seinen Würdenträgern zeichnet.
Auch die eigentliche Hauptfigur, Madvigs rechte Hand Ed Beaumont, wird ihn kein positives Licht gestellt. Ed handelt als willfähriges Werkzeug seines Meisters Madvig. Um dessen Unschuld zu beweisen, ist ihm kein Trick zu schmutzig. Er lässt sich auch lieber halb tot prügeln, als gegen die Interessen seines Auftraggebers zu handeln. Woher diese verbissene Loyalität kommt, wird im Film nicht ganz klar. Madvig hat Ed wohl mal aus der Klemme geholfen. Eds bedingungslose Treue, lädt aber diverse Kommentatoren im Netz dazu sein, über eine Liebesbeziehung zwischen Ed und Madvig zu spekulieren. Ein Aspekt, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Auch in Eds Beziehung zu dem, von dem großartigen William Bendix verkörperten, Schläger Jeff spielt eine homoerotischer Unterton eine tragende Rolle. Jeff behandelt Ed fast zärtlich, gibt ihm Kosenamen, bevor er ihn mit aller Brutalität und Körperlichkeit als Punching Bag benutzt. Bei ihrem letzten Zusammentreffen lädt Jeff Ed zunächst auf eine Flasche Whiskey ein und umarmt ihn liebevoll, während er voller Vorfreude davon spricht, dass er ihn gleich totprügeln wird. Interessantes, wenn auch irrelevantes Detail am Rande: Während der Dreharbeiten freundeten sich Alan Ladd und William Bendix an, und es entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft zwischen Beiden.
Eine spannende Rolle spielen auch die eigensinnigen und selbstbestimmten Frauen in diesem Film. Sei es Madvigs kleine Schwester, die durch ihre starrköpfige Liebe zum spielsüchtigen Taylor eine Katastrophe hinauf beschwört. Oder die Ehefrau des Zeitungsverlegers, die sich sobald sie vom Bankrott ihres Mannes erfährt, vor dessen Augen sofort Ed Beaumont an den Hals wirft. Im Mittelpunkt steht aber natürlich die wundervolle Veronica Lake. Hier empfiehlt es sich auch, den Film im Original zu schauen, um die rauchig-verruchte Stimme der Lake genießen zu können. Diese vermutet man bei einem so zierlichen Persönchen gar nicht, aber sie passt hervorragend zu ihrer forschen, fordernden Rolle. Veronica Lake besitzt diesen belustigten, zynischen Unterton in ihrem erotischen Timbre. Das macht sie, neben ihrem wunderschönen und unverwechselbaren Äußeren, zur perfekten Femme Fatale. Ihre Janet Henry ist eine interessante Rolle, denn sie hält selbstbestimmt die Fäden in der Hand und lässt sich nicht vor fremde Karren spannen. Auch wenn Madvig damit prahlt, dass er sie erobert hätte, so ist es doch eher so, dass sie ihm erlaubt hat, in ihre Nähe zu kommen, um ihn in den Abgrund stürzen zu lassen. Mit Ed verbindet sie vor allem die Beziehung zu Madvig, auch wenn man eine unterschwellige, sexuelle Neugierde zwischen ihnen spürt. Dass Beiden dann ein geradezu lächerliches Happy End aufgebrummt wird, ist ausgesprochen ärgerlich. Denn diese Konzession an die Hollywood-Konventionen will so gar nicht zu dem Rest des Filmes passt, und schwächt diesen dadurch vollkommen unnötig.
Die Dashiell-Hammett-Verfilmung erstaunt durch einen hohen Grad an Brutalität und einer generell skeptischen Weltsicht. Das Paar Alan Ladd und Veronica Lake harmoniert perfekt miteinander, auch wenn sie sich eher wie Tiger umkreisen. Hervorgehoben müssen aber auch die Nebendarsteller werden. Allen voran der wie immer großartige William Bendix, der seiner im Grunde eindimensionalen Figur ungeahnte Untiefen verleiht. Allein das unglaubwürdige und auch vollkommen unpassende Ende trübt ein wenigen den ansonsten guten Eindruck.
„Der gläsernen Schlüssel“ ist die 22. Folge aus der „Film Noir Collection“ des Hauses Koch Media. Das Bild ist zwar nicht gerade brillant, macht aber auch nicht den Eindruck einer billigen „Public Domain“-Presse. Etwas körnig, dafür scharf und ohne Verschmutzungen. Der englische Ton ist für sein Alter klar und deutlich und definitiv der deutschen TV-Synchronisation vorzuziehen, da diese recht leblos und mit ihren nachträglich eingefügten Geräuschen sehr künstlich wirkt. Zudem kommt man nur so in den Genuss der wunderbaren Stimme von Frau Lake. Falls man mal etwas nicht versteht, kann man die englischen Untertitel zuschalten. Deutsche gibt es leider keine. Das Bonusmaterial ist lächerlich. Drei kurze Clips, die aus der US-Vorlage stammen und zusammen keine 9 Minuten gehen. Zudem wird hier vor allem oberflächlich auf die anderen Filme eingegangen, die in der amerikanischen „Film Noir Collection“ erschienen, aus der das Master dieser Veröffentlichung augenscheinlich stammt. Sehr viel informativer ist da das sehr gut geschriebene, 12-seitige Booklet von Frank Arnold. Ansonsten gibt es noch eine Bildergalerie und den Trailer.