Premiere! Erstmals veröffentliche ich einen Gastbeitrag auf meinem Blog und bin sehr glücklich darüber, gleich solch einen so schönen und interessanten Artikel zugesteckt bekommen zu haben. Und dann noch zu einem Thema, welches seit der Kindheit ganz, ganz tief in meinem Herzen wohnt: Laurel & Hardy! Da will ich auch gar nicht lange plappern, sondern übergebe mit großer Freude an Volker.
In der Fremdenlegion – Liebeskummer lohnt sich nicht, mein Ollie!
Gastrezension von Volker Schönenberger von „Die Nacht der lebenden Texte“
Komödie // An die Präsentationen von Theo Lingen inklusive der hineingeschnittenen Stan-und-Ollie-Szenen entsinne ich mich nur noch dunkel. Schön, mal wieder eine gesehen zu haben. Mit einer solchen dreiminütigen Einführung aus „Lachen Sie mit Stan & Ollie“ beginnt „In der Fremdenlegion“ auf meiner DVD. Besagte Reihe ist 1975 und 1976 im ZDF ausgestrahlt worden. Lingens kurze Texte stammen vom Filmjournalisten Joe Hembus.
Paris – zum Sterben schön
Ganz schön derbe! Weil sich Ollie im Urlaub in Paris ebenso unsterblich wie unglücklich verliebt hat, will er sich in der Seine ertränken – und Kumpel Stan soll aus Freundschaft gleich mit in den Tod springen. Zum Glück kommt der Offizier Francois (Reginald Gardiner) vorbei, der die beiden überredet, sich bei der Fremdenlegion zu melden. Ollie werde dort seinen Liebeskummer innerhalb weniger Tage vergessen. Der traurige Tropf ahnt nicht, dass der Soldat der Ehemann der reizenden Georgette (Jean Parker) ist, deretwegen er so untröstlich ist. Francois allerdings erfährt auch erst später, dass seine Gemahlin der Auslöser für Ollies Liebesleid ist.
Das harte Leben in der Legion setzt den zwei Freunden schnell zu, sodass sie das Weite suchen wollen. Nur haben die beiden die Rechnung ohne den Wirt gemacht – mit ihrem Gebaren haben sie den Zorn des Kommandanten (Charles Middleton) auf sich gezogen. Das Auftauchen von Georgette bringt zusätzliche Komplikationen.
Tragik und Komik
Bei all dem Slapstick (der Wäscheberg!) ist „In der Fremdenlegion“ doch auch sehr tragisch: Ollies Selbstmordversuch zu Beginn in Verbindung mit der Nötigung Stans, es ihm gleichzutun, ist schon starker Tobak. Später werden die beiden als Deserteure zum Tode verurteilt und gejagt. Ihre Flucht per Flugzeug endet nach etlichen waghalsigen Manövern mit dem Absturz, was Ollie tatsächlich das Leben kostet: Als Engel fliegt er gen Himmel. Immerhin wird ihm sein zuvor geäußerter Wunsch erfüllt, als Pferd zurückzukehren – inklusive Stimme, Schnurrbart und Hut. Die Schuld schiebt er natürlich einmal mehr Stan in die Schuhe: Well, here’s another nice mess you’ve gotten me into.
Der verliebte Ollie winkt jovial mit seiner Krawatte. Der tieftraurige Ollie seufzt: I want to be alone. Der gar nicht Selbstmord-willige Stan zögert den Sprung in die Seine mit immer neuen Fragen hinaus. Die beiden setzen versehentlich die gesamte Schmutzwäsche ihrer Kompanie in Brand und glauben, die Fremdenlegion einfach so verlassen zu können, indem sie sich der Uniformen entledigen und in Zivil vom Standort spazieren. Stan überrascht seinen Kumpel in der Todeszelle mit einem Musikstück, dargeboten auf dem zur Harfe umfunktionierten Bettfedergestell. Schließlich die turbulente Flucht der beiden im einmotorigen Flugzeug und die furchtsamen Gesichter der zwei Piloten wider Willen. Mit ihrer Mimik, den Gesten und all dem Gebaren ist das Humor für die Ewigkeit.
„Lachen Sie mit Stan & Ollie“
Ich hatte Laurel und Hardy seit Jahren nicht mehr gesehen und diverse Filme nun für eine Titelgeschichte über US-Filmkomiker in der Zeitschrift „35 Millimeter – Das Retro-Filmmagazin“ erneut gesichtet – die Ausgabe kann hier bestellt werden. Der Slapstick ist immer noch so wunderbar anzuschauen wie in den 30er-Jahren oder in den 70ern, als ich mit Reihen wie „Lachen Sie mit Stan & Ollie“, „Väter der Klamotte“ und „Männer ohne Nerven“ aufgewachsen bin. Diese beiden tragikomischen Gestalten sind einfach großartig.
„The Flying Deuces“, so der Originaltitel, entstand 1939 einmal nicht unter der Ägide von Hal Roach, dem Stammproduzenten vieler Laurel-und-Hardy-Filme. Roach hatte für den Film Boris Morros den Vortritt gelassen. Der Film war die erste Produktion des ansonsten vornehmlich als musikalischer Leiter und Komponist von Soundtracks tätigen Russen. Einen kurzen Auftritt als Gefängniswärter hat der als Laurel-und-Hardy-Antagonist beliebte James Finlayson.
In der Bundesrepublik Deutschland feierte die Komödie erst am 30. Januar 1951 unter dem Titel „Dick und Doof in der Fremdenlegion“ Kinopremiere. Sie lief in der Folge jahrelang immer mal wieder erfolgreich in unseren Kinos. Auf DVD rate ich zur Fassung von Studiocanal oder der Vorgänger-Edition von Kinowelt – der Film ist urheberrechtsfrei und von diversen Wald-und-Wiesen-Publishern in lieblosen Versionen auf den Markt geworfen worden.
Eine Frau verdreht allen die Köpfe
Es ist nicht der erste Auftritt von Laurel und Hardy in der Fremdenlegion. Bereits 1931 verschlug Ollies Liebeskummer ihn und seinen Kumpel im 35-minütigen „Dick und Doof in der Wüste“ („Beau Hunks“) dorthin. Auch die kurze Variante ist schreiend komisch, mir gefällt sie sogar deutlich besser als „In der Fremdenlegion“. Allein die Szene, in der die beiden bemerken, dass sich auch die anderen neuen Rekruten und sogar ihr Kommandant aus Liebeskummer zur Legion gemeldet haben – allesamt wegen derselben Frau wie Olli wohlgemerkt – herrlich!
Beim Gewaltmarsch in der Wüste fragt Ollie seinen Kumpel: Wo hast du dein Marschgepäck? Stans Antwort: Das hab‘ ich alles bei dir drin. Ollies Blick beim folgenden Ach so kann sich jeder vorstellen, der die beiden schon mal gesehen hat. Man muss auch zugeben: Die Idee mit den Reißnägeln hätte man den beiden nicht zugetraut – beim Angriff der Araber wachsen Stan und Ollie geradezu über sich hinaus. Und ratet mal, welcher Frau der feindliche Stammesführer nachtrauert, wenn er am Ende abgeführt wird?
„Dick und Doof in der Wüste“ ist auf DVD in Kombination mit „Dick und Doof als Ehemänner“ („Twice Two“, 1933) und „Dick und Doof als Mitgiftjäger“ („Me and My Pal“, 1933) erschienen, die DVD ist auch Teil der „Dick & Doof Collection 1“.
Veröffentlichung: 20. Mai 2010 als DVD, 16. Oktober 2009 in der 10-DVD-Box „Dick & Doof Collection 2“
Länge: 69 Min.
Altersfreigabe: FSK 6
Sprachfassungen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Originaltitel: The Flying Deuces
Deutscher Alternativtitel: Fliegende Teufelsbrüder
USA 1939
Regie: A. Edward Sutherland
Drehbuch: Ralph Spence, Charley Rogers, Fred Schiller, Harry Langdon
Besetzung: Stan Laurel, Oliver Hardy, Jean Parker, Reginald Gardiner, Charles Middleton, Jean Del Val, Crane Whitley (als Clem Wilenchick), James Finlayson
Zusatzmaterial: Die deutschen Synchronfassungen (Texttafeln), Kurzfilm „Oranges and Lemons“ (1923, mit Stan Laurel, 10 Min.), Kurzfilm „45 Minutes from Hollywood“ (1926, mit Oliver Hardy in einer Nebenrolle als Hausdetektiv und Stan Laurel in einem Gastauftritt als hungernder Schauspieler, 18. Min.), Kurzfilm „His Wooden Wedding“ (1925, mt Charley Chase, 20. Min.), Kurzfilm „Is Marriage the Bunk“ (1925, mt Charley Chase, 10. Min.), Starinfo, Fotogalerie
Vertrieb: Studiocanal Home Entertainment
Copyright 2015 by Volker Schönenberger
Fotos & Packshots: © 2009/2010 Studiocanal Home Entertainment
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