DVD-Rezension: “The Executor – Der Vollstrecker”

executorNach dem großen Atomkrieg ist das Wasser knapp geworden. Eine Gruppe Überlebender hat sich in eine Höhe zurückgezogen, wo sie Nahrungsmittel züchten. Doch ohne Wasser wird es auch bald keine Nahrung mehr geben. Der Vater des jungen Tommy (Luca Venantini) ist einst losgezogen, um die letzten Wasser-Reservoirs zu finden, doch er kehrte nie zurück. Nun wird ein letzter Trupp in die Wüste geschickt, um das kostbare Nass zu den Überlebenden zu bringen. Tommy hat sich in einen der Tanker geschlichen, mit denen das Wasser transportiert werden soll. Als der Convoy von Crazy Bull (Fernando Bilbao) und seiner wilden Bande überfallen wird, kann Tommy als Einziger entkommen. Auf der Flucht trifft er den Einzelgänger Tiger (Robert Iannucci), der ihm nicht ganz selbstlos auf der Suche nach dem Wasser hilft. Bald schon werden sie aber erneut mit Crazy Bull und seinen Leuten konfrontiert und gefangengenommen…

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Als 1981 in Australien ein einsamer „Road-Warrior“ namens „Mad Max“ durch die Wüste bretterte, war dies nicht nur ein weltweiter Erfolg, sondern hatte auch einen großen Einfluss auf die italienische Filmproduktion. Dort hatte man eben noch versucht, sich ein großes Stück vom „Krieg der Sterne„-Kuchen abzuschneiden, jetzt schwenkte man um auf die weitaus kostengünstiger herzustellenden Endzeitfilme. Bereits 1982 kamen die ersten Italo-Kracher auf dem Markt: Joe D’Amatos „2020 – Texas Gladiators“ und die beiden hervorragende „Metropolis 2000“ (der beste Film, der jemals in einer Kiesgrube gedreht wurde) und „The Riffs – Die Gewalt sind wir!„, beide von Action-Spezialist Enzo G. Castellari. 1983 war dann das große Jahr der italienischen Endzeitfilme. Gleich neun (!) Produktionen kamen in diesem einem Jahr ins Kino. Danach flaute der Ausstoß an Italo-Endzeit ebenso schnell wieder ab, wie er gekommen war. Bis 1989 folgten nur noch 12 weitere Filme, die gerne noch damals populäre US-Produktionen wie „The Terminator“ oder „The Running Man“ mit in die postapokalyptische Suppe mischten. Giuliano Carnimeos „The Executor – Der Vollstrecker“ kam während des Hochjahres 1983 raus und imitierte ganz schamlos das große Vorbild „Mad Max 2“. Während der italienische Titel „Il giustiziere della strada“ ungeniert den US-Titel „The Road Warrior“ kurzerhand ins Italienische übersetzt, klatschten die Deutschen ihrem „Executor“ noch den selben Zusatz – „Der Vollstrecker“ dran, der hierzulande auch schon „Mad Max 2“ zierte.

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Regisseur Giuliano Carnimeo kommt vom Italo-Western, wo er unter dem Pseudonym Anthony Ascot häufig mit George Hilton zusammen drehte. Sein schönster Film dürfte allerdings der Giallo „Das Geheimnis der blutigen Lilie“ mit der wunderschönen Edwige Fenech (und natürlich George Hilton) sein, der im Original den poetischen Titel „Perché quelle strane gocce di sangue sul corpo di Jennifer?“ trägt. Sein letzter Film, „Ratman“ war dann 1989 weniger schön ausgefallen und vor allem dadurch bekannt geworden, dass hier der mit 72cm kleinste Mensch der Welt, Nelson de la Rosa, die titelgebende Mutation spielt. Immerhin konnte Carnimeo dort auf bekannte Genregrößen wie David Warbeck, Janet Agren und Werner Pochath zurückgreifen. Große Namen findet man in „The Executor“ vergeblich. Zwar tauchen in Nebenrollen der damals sehr gut beschäftigte „italienische Peter Lorre“ Luciano Pigozzi alias Alan Collins und „Django„-Bösewicht Eduardo Fajardo auf, doch insbesondere Fajardo dürfte seinen Part an einem Nachmittag abgedreht haben. Filmbösewicht Fernando Bilbao kennen die Spezialisten aus seinen Auftritten in diversen Jess-Franco-Filmen oder Christian Anders unglaublichen „Die Brut des Bösen„. was man seinem Film durchaus ansieht. Die beiden nominellen Hauptdarsteller Robert Iannucci (ein Model) und die attraktive Alicia Moro sind demgegenüber unbeschriebene Blätter. Wobei die Moro immerhin noch in so schrägen Werken wie Juan Piquer Simóns „Slugs“ und José Ramón Larraz‘ „Edge of the Axe“ dabei war. Robert Iannucci sollte nach „The Executor“ für immer von der Bildfläche verschwinden.

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Der gelockte Iannucci macht seine Sache in „The Executor“ aber nicht schlecht. Wobei auch keine großen schauspielerischen Anforderungen an seine Rolle gestellt werden. Im Grunde fährt oder latscht er nur durch die Gegend und gibt mehr oder weniger coole Sprüche von sich. Dabei wirkt er zwar immer ein wenig zu gutaussehend und weich, aber da hat man schon schlimmeres gesehen. Immerhin praktiziert er keine unnatürliche Körperhaltung wie sein Kollege Mark Gregory in den beiden „The Riffs“-Filmen. Iannucci Rolle heißt „Tiger“ und soll ein ganz abgebrühter Hund sein. Tatsächlich überlässt er einmal das Kind Tommy ohne mit den Wimpern zu zucken der Schurkenbande, doch natürlich rettet er es dann in letzter Sekunde. Wobei er sich damit immerhin so viel Zeit lässt, dass der arme Tommy seines Armes verlustig geht. Tommy wird von Luca Venantini gespielt, der im Vorjahr auch in „Ein Zombie hing am Glockenseil“ mitgespielt hat und heute noch sporadisch vor der Kamera aktiv ist. Sein Vater ist der vielbeschäftige Nebendarsteller Venantino Venantini, der auch in „The Executor“ eine kleine Rolle hat. Leider ist Tommy das typische Filmkind. Nervig, neunmalklug und mit Gewalt auf „niedlich“ und „liebenswert“ getrimmt, was selbstverständlich nach hinten losgeht und die Abneigungen des Zuschauers nur noch befeuert. Immerhin haben die drei Drehbuchautoren – so denen auch Fulci-Stammautor Dardano Sacchetti gehört – hat man eine kleine Überraschung eingebaut. Als Tommy in einem gelungen Schreckenssekunde der Arm abgerissen wird, stellt sich heraus, dass dieser mechanisch ist. Praktischerweise kann der von Pigozzi gespielte „Papillon“ diesen dann wieder anschrauben und auch noch so manipulieren, dass er zur tödlichen Waffe wird. Dass der junge Tommy – der vielleicht 11 oder 12 ist – dabei mit reichlich Bier abgefüllt wird, erklärt vielleicht, warum der Film lange Zeit in Deutschland auf dem Index stand. Einen Grund für diese vorbeugende Maßnahme ist nämlich sonst nirgendwo zu finden.

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Carnimeo macht das Beste aus seinem geringen Budget. Die Drehorte beschränken sich auf eine Kiesgrube, bei der man im Hintergrund auch schon mal kleine Häuschen und Schuppen stehen sieht, sowie eine Höhle, die in gleicher Ausstattung auch in Tonino Riccis im gleichen Jahr entstandenen „Rush“ Verwendung fand. Hier drapiert er alles um drei große Actionszenen herum. Einer mehr oder weniger spektakulären Autoverfolgung am Anfang, den Angriff der Bösen auf die Wassertanker der Gute – eine Szene, die bis hin zur Aufmachung des Anführers der Angreifer, so sehr „Mad Max 2“ nachempfunden ist, dass man man sie als durchaus als billige Kopie bezeichnen kann, sowie dem großen Finale am Schluss, welches Carnimeo mit Zeitlupenaufnahmen und Explosionen würzt. Dazwischen passiert nicht viel, oftmals sehen wir „Tiger“ und Tommy einfach beim Wandern durch die Kiesgrube zu. Kleinere Scharmützel, wie der Angriff der Strahlungsopfer bei der Wasserquelle, lockern das Ganze aber immer wieder so gut auf und helfen über einige Längen und den nervigen Tommy hinweg. Keine große Hilfe ist allerdings die Musik von Detto Mariano, welche von obskur, aber hörbar bis hin zu sinnlosem Gefiepe reicht.

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Western-Regisseur Giuliano Carnimeo alias Anthony Ascot ist Routinier genug, um sein ausgesprochen kostengünstiges Kiesgruben-„Mad Max“-Rip-Off „Der Executor“ trotz einiger Längen, eines nicht gerade charismatischen Haupt- und eher nervigen Kinderdarstellers recht unterhaltsam zu gestalten.

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Das Bild der in der Reihe „Cinema Treasures“ ist keine Offenbarung, aber für einen Anfang der 80er Jahre billig heruntergekurbelten Streifen recht gut. Der Ton liegt lediglich auf Deutsch vor und hat in einer Szene erhebliche Probleme mit Störgeräuschen. Als Basis würde ein französisches Master verwendet, so sind dann auch die in der alten detuschen Fassung fehlenden Szenen auf Französisch mit deutschen Untertiteln enthalten. Bei den Extras herrscht leider gähnende Leere.

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