Blu-ray-Rezension: “Die tödlichen Zwei”

tödlichen zweiDie mongolischen Unterdrücker haben den chinesischen Prinzen Kang, ein Mitglied der Sung-Dynastie, in ihre Gewalt gebracht. Alle Versuche, den Prinzen zu befreien waren bisher zum Scheitern verurteilt. Da erfährt der Patriot Pao (Ti Lung), dass der Prinz in einer Festung gefangen gehalten wird, die nur über eine marode, schier unüberquerbare Brücke einzunehmen ist. Allein der zwielichtige Yian Luyan besäße die Fähigkeit, die Brücke unbeschadet zu überqueren. Doch dieser ist bereits einen Handel mit den Mongolen eingegangen. Zufällig kreuzen sich aber die Wege Baos mit denen von Pien (David Chiang), einem ehemaliger Schulkamerad Yians, der diesem nicht nur überlegen ist, sondern auch bereit ist, sich der guten Sache anzuschließen…

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Lange Zeit waren die Hunderte von Filmen, welche die legendären Shaw Brothers Studios ab Ende der 50er bis Mitte der 80er Jahre produziert haben, nicht mehr zugänglich. Da das Studio selber, sich nicht um sein Erbe kümmerte, waren die Fans lange Zeit auf alte VHS-Kassetten angewiesen, wo sie sich dann zwischen den teilweise massiv gekürzten deutschen Fassungen im korrekten Bildformat und den zwar vollständigen, aber ins brutalste Pan&Scan gezwängte Fassungen aus den Niederlanden entscheiden konnten. Erst ab 2002 trat eine deutliche Verbesserung der Lage ein, als Celestial Pictures die originalen Negative, die sie 2000 den Shaw Brothers Studios abgekauft hatten, restaurierten und als DVDs zugänglich machten. In Deutschland war das Billig-Label „M.I.B. – Medienvertrieb in Buchholz“ der erste Nutznießer der Celestial-Versionen. Allerdings musste aus Lizenzgründen auf die vertraute alte Synchronisation verzichtet werden. Stattdessen wurde eine eigene, preisgünstig produzierte deutsche Tonspur hinzugefügt. Als nächstes waren dann Koch Media an der Reihe. Das vorbildliche Label brachte unter dem Titel „Shaw Brothers Collection“ zwei wunderschöne Boxen mit jeweils vier Filmen auf den Markt. Nun kümmert sich auch filmArt um das Shaw-Brothers-Erbe in Deutschland und hat als ersten Titel einer neuen Reihe namens „Shaw Brothers Collector’s Edition“ den Film „Die tödlichen Zwei“ veröffentlicht.

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„Die tödlichen Zwei“ zählt sicher nicht zu den besten Shaw-Brothers-Filmen. Dazu fehlt ihm Tiefe, Dramatik und epischer Atmen. Doch er vereint all die Elemente, die das Studio in den 70ern bei den Fans fernöstlicher Kampfkunst-Kost so beliebt gemacht hat. Schön choreographierte Kämpfe, ebenso spektakuläre, wie exotische Waffen, routinierte Darsteller und ein Hauch Mystik. Da der Film mit seinen 82 Minuten für Shaw-Brothers-Verhältnisse eine relativ kurze Laufzeit besitzt, konzentriert er sich ganz auf das, was das Publikum in solch einer Produktion sehen will: Schauwerte, die sich über farbenprächtige Kostüme und brutaler Action ausdrücken. Die Geschichte um die Befreiung des Prinzen aus den Klauen der mongolischen Herrscher ist dünn gesponnen und gibt nur den Faden vor, an den dann die einzelnen Actionsequenzen gehangen werden. Diese zeichnen sich durch eine für das Jahr 1971 ungewöhnlich hohe Blutrünstigkeit aus. So besitzt der von David Chiang gespielte Held eine Waffe, die einen Dorn mit Widerhaken durch die Körper der Gegner bohrt, was beim wieder Herausreißen zu hässlichen Wunden führt. Generell werden häufig Körper explizit durchbohrt und Kehlen durchgeschnitten. Der rote Saft tropft sehr oft zu Boden. Sei es von Ti Lungs überdimensionaler Doppelaxt oder aus den Wunden der tödlich Verletzten.

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„Die tödlichen Zwei“ nimmt dabei schon eine Tendenz vorweg, die sich später noch – vor allem in den Filmen, die Chang Cheh Ende des Jahrzehnts und in den frühen 80ern drehen sollte, noch verstärken wird. Die fantasievollen Gegner,die mit skurril-übertriebenen Waffen und Fähigkeiten ausgestattet sind. Wie die legendären „Five Venoms„, die im gleichnamigen Film (deutsch: „Die unbesiegbaren 5“) die Eigenschaften unterschiedlicher, giftiger Tiere besitzen. Und noch deutlicher die „Super Ninjas„, die ihre Gegner aus Bäumen, vom Himmel und aus dem Boden angreifen. Auch die Handlanger der Bösen in „Die tödlichen Zwei“ sind beinahe übermenschliche Wesen. Jeder von ihnen für eines der chinesischen fünf Elemente: Da gibt es die, vom beliebten Filmbösewicht Bolo Yeung gespielte „Flussschlange“, der in einer erinnerungswürdigen Szenen, seine Gegner auf einem Floss und im Fluss erledigt (Wasser). Der „Maulwurf“ gräbt sich ein und springt dann überraschend vor seinen Gegner aus dem Versteck (Erde). der Feuerdrache verschießt explodierende Kugeln (Feuer), ein anderer kämpft mit etwas, was wie rasiermesserscharfe Salatschüsseln aussieht (Metall) und der fünfte versteckt sich mit Vorliebe in Baumstämmen (Holz). Die Choreographie der Kämpfe stammt im Übrigen u.a. von Lau Kar-Leung, dem Regisseur solcher Klassiker wie „Die 36 Kammern der Shaolin„, „Drunken Master II“ oder „Tiger on the Beat„.

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Trotz allem muss man aber auch festhalten, dass bei allem Unterhaltungswert, das Drehbuch von I Kuan, der für die Shaw Brothers weit über 200 Filme – darunter auch zahllose zeitlose Klassiker – geskriptet hat, mit der heißen Nadel gestrickt ist. Dass keine der Figuren einen wirklichen Hintergrund hat, mag man da noch verschmerzen. Ti Lung und David Chiang sind solche Archetypen und harmonieren so gut zusammen, dass man keine näheren Erklärungen braucht, um zu verstehen, wer sie sind und welche Charaktereigenschaften sie mitbringen. Alle anderen Figuren bleiben aber trotz aller Farbenfrohheit, blass. Sie sind lediglich die Abziehbilder bekannter Stereotypen. Zudem agieren sie teilweise idiotisch. Als fünf von Ti Lungs Männern (die sich zuvor im Kampf als tapfer und loyal erwiesen haben) auf ihn an einer – wie es heißt unpassierbaren – Brücke warten sollen, haben sie nichts Besseres zu tun, als einer nach dem anderen zu versuchen, über den Abgrund zu spazieren. Dass dabei – trotz angepriesener Talente – einer nach dem Anderen in den Abgrund stürzt, hält die Anderen nicht davon ab, es ebenfalls zu versuchen. So trifft Ti Lung dann später auf eine arg dezimierte Truppe. Wobei es daraufhin sein erster Gedanken ist, es ebenfalls blindlings zu versuchen, über die tödliche Brücke zu gelangen. Auch die Geschichte mit der Karte, die jemand einem Gefangenen mit dem Fingernagel auf den Rücken gekratzt hat, lässt einen die Stirn kräuseln. Zudem hat sich I Kuan – vielleicht um seinen Drehbuch eine Komplexität vorzugaukeln, die es gar nicht besitzt – entschlossen, die erste Hälfte des Filmen nicht immer chronologisch, sondern in zahlreichen, aber unnötigen Rückblenden zu erzählen.

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Trotz einer zunächst unnötig komplizierten Erzählstruktur, fehlender Tiefe und einigen Ungereimtheiten, weiß „Die tödliche Zwei“ vorzüglich zu unterhalten. Was einerseits an dem, wie immer höchst charismatischen, Duo Lung und Chiang liegt. Aber auch an den überzeugend und bunten Kampfszenen, sowie den fantasievoll gezeichneten Gegnern. Bei einer überraschend kurzen Laufzeit von 82 Minuten, kommt trotz der dünnen Geschichte zu keinem Zeitpunkt Langweile auf.

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filmArt hat „Die tödlichen Zwei“ als Mediabook mit Blu-ray und DVD herausgebracht. Die Bildqualität der Blu-ray ist schlichtweg umwerfend. So habe ich noch nie einen Shaw-Brothers-Film noch nie gesehen. Das Bild ist so scharf, dass man bei den Schauspielern genau die überschminkte Kante sieht, an der die Perücken anfangen. Der Ton liegt in der alten Kinosynchronisation und auf Mandarin vor.  Die deutschen Untertitel folgen dabei der Mandarin-Fassung, nicht der deutschen Synchro.  Extras gibt es bis auf zwei Trailer soweit keine. Dem Mediabook liegt ein 20-seitiges Booklet bei, welches das komplette deutsche Werbematerial aus den 70er Jahren enthält. Auf dem Cover hat sich leider ein Fehler bei der Laufzeitangabe eingeschichen. Hier wird der Film mit 86 (BR) bzw. 82 (DVD) Minuten angebenen. Tasächlich sind es aber 82 (BR) und 78 (DVD). Insgesamt ist die „Shaw Brothers Collector’s Edition“ auf 10 Teile angelegt. Nach „Die tödlichen Zwei“ sollen in 2015 noch vier weitere Titel folgen. Zunächst „Duell ohne Gnade“, dann „Der gnadenlose Vollstrecker“, „Der Mann mit der Tigerpranke“ und ein Titel, auf den ich mich ganz besonders freue: „Das Omen des Bösen“.

Die Screenshots stammen von der DVD.

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