Blu-ray-Rezension: “Der Teufel führt Regie”

teufelfuehrtregieNick Lanzetta (Henry Silva) wurde vom Mafiosi Don Giuseppe D’Aniello (Claudio Nicastro) wie ein Sohn aufgezogen. In D’Aniellos Auftrag löscht Lanzetta eine rivalisierende Mafia-Familie aus. Doch ein Vertrauter der Familie, Cocchi (Pier Paolo Capponi) kann entkommen. Er ahnt, dass D’Aniello hinter dem Massaker steckt und entführt dessen Tochter Rina (Antonia Santilli). Obwohl vom D’Aniello großen Paten Don Corrasco (Richard Conte) verboten wird, sich einzumischen, nimmt dieser die Sache selber in die Hand und beauftragt Lanzetta seine Tochter aus den Klauen Cocchis zu befreien. Koste es, was es wolle. Damit wird ein blutiger Mafia-Krieg losgetreten und Lanzetta vom Jäger zum Gejagten…

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Der Teufel führt Regie“ ist der Abschluss der sogenannten „Mafia“-Trilogie des italienischen Regisseurs Fernando di Leo. Obwohl alle Filme unabhängig von einander sind und auch nicht aufeinander aufbauen, so besitzen sie doch inhaltliche Schnittpunkte, denn sie erzählen alle drei im Grunde die gleiche Geschichte. Die Geschichte eines Mannes, der sich innerhalb des System der Mafia bewegt, hier jedoch Opfer von Machtspielen und Intrigen wird. War Ugo Piazza aus „Milano Caliber 9“ dabei nur scheinbar ein Opfer, welches aber hinter der Fassade seiner ganz eigene Agenda verfolgte und dabei Freund und Feind betrog, so ist der Kleingangster Luca Canalli, der in „Der Mafiaboss“ von den mächtigen Bossen zum Freiwild erklärt wird, eine bemitleidenswerte Kreatur, die gar nicht weiß wie ihr geschieht, wenn sie zwischen die Mühlsteine der Intrigen und politischen Machtspiele der Bosse gerät. Lanzetta aus „Der Teufel führt Regie“ hingegen ist ein Mann, der durchaus weiß, wie der Hase läuft. Der im System des Verbrechens eiskalt agiert und reagiert. Der die Spielregeln verstanden hat und deshalb seinen Feinden einen Schritt voraus ist.

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Und die Spielregeln lauten: Keine Skrupel – kein Vertrauen. Jederzeit kann der Verbündete zum Feind werden. Zu jedem Zeitpunkt muss man damit rechnen, dass sich der Freund als schlimmster Feind entpuppt. Loyalität wechseln schneller als die Windrichtung. Selbst wenn man jemanden wie seinen eigenen Sohn aufgezogen hat, heißt es nicht, dass dieser einen nicht ohne zu zögern umbringt, wenn es für seine Ziele opportun ist. Traue niemanden. Baue keine emotionalen Bande auf. Sei immer auf der Hut und bereit, jeden zu töten, der dir im Weg steht. Die Welt, die di Leo hier zeichnet ist finster, zynisch und voller Gewalt. Keine seiner Figuren ist ohne emotionale Verkrüppelungen. Das Opfer einer Entführung entpuppt sich als nymphomane Drogensüchtige, die die sexuellen Übergriffe ihrer Entführer genießt, der alte Patriarch lässt seine Weggefährten mit einem Lächeln aus dem Weg räumen und kuscht doch selber vor den noch mächtigeren Bossen aus Rom. Der Polizist ist durch und durch korrupt und Lanzetta selber ein eiskalter Killer, der selbst seine Mutter ohne mit den Augen zu zwinkern über den Haufen schießen würde, wenn es ihm nützt. In seiner Erbarmungslosigkeit und Brutalität erinnert „Der Teufel führt Regie“ stark an die japanische „Battles without Honor und Humanity“-Reihe. Denn Ehre und Humanität sind auch hier völlig abstinent.

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„Der Teufel führt Regie“ war der erste Polizieschi, den ich einst vor vielen Jahren sah. Und er hat mich schon damals stark beeindruckt. Allein die Eröffnungsszene, in der Lanzetta in ein Kino schleicht, um aus dem Vorführraum heraus seine Sprengstoffgeschosse in den Saal zu feuern, blieb mir im Gedächtnis. Aber auch die rockige Musik, die rockig-treibende Musik von Luis Bacalov und die vielen rau inszenierten Mordszenen faszinierten mich. Das Wiedersehen hat diese frühen Eindrücke bestätigt.Dem in Brooklyn aufgewachsenen Henry Silva ist die Rolle des Lanzetta wie auf den Leib geschrieben. Seine durchdringenden Augen, die in einem nahezu unbewegten, kantigen Gesicht wie glühende Kohle lodern, machen schnell klar, dass hier jemand ist, mit dem man sich keine Späße erlaubt. Der aufrechte, katzenhafte Gang und der Sinn für Stil – Silva sah wahrscheinlich in keinem seiner Filme besser aus – lassen Schauspieler und Figur miteinander verschmelzen. Man braucht nicht viel über Lanzetta zu wissen. Silvas eiskalte, unerbittliche Aura erzählt bereits die ganze Geschichte.

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Neben Silva haben es die anderen Darsteller schwer, schaffen es aber, ihren Rollen einen ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Insbesondere Gianni Garko überrascht, spielt er doch gegen sein Typ. Zwar wirkt seine Darstellung zunächst befremdlich und aufgesetzt, wenn er mit den Händen in der Gegend herumfuchtelt, unterstreicht aber auch die Primitivität seines Commissario Torri , der gerne etwas Größeres darstellen möchte, als er ist. Der alte Westernheld Garko untergräbt in jeder seiner Szenen jedweden Respekt, den man vor Commissario Torri haben könnten. Einen aufgeblasenen Popanz, der so gerne ein cooler Bulle wäre. Letztendlich aber seine Karriere nur dem gut geschmierten System verdankt. Altstar Richard Conte bringt genug Ausstrahlung mit, um seinen Mafia-Paten mächtig und väterlich zu gestalten, lässt aber auch durchblicken, dass Don Corrasco ein schwacher Herrscher über das Reich des sizilianischen Verbrechens ist und am Ende dann doch auch an den Fäden anderer hängt. Dies ist eine weitere Gemeinsamkeit der Figuren in „Der Teufel führt Regie“. Alle überschätzen sich und ihre Möglichkeiten. Allein Lanzetta bildet hier eine Ausnahme. Positiv fällt auch Marino Masè – der einst die Hauptrolle in Jean-Luc Goddards „ Die Karabinieri“ spielte – in der Rolle des Pignataro auf. Ein kluger, gewiefter Taktiker und skrupelloser Killer, dem allerdings sein Stolz auf die eigene Cleverness zum Verhängnis wird.

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„Der Teufel führt Regie“ berichtet von einer Welt in der Niedertracht, Verrat und skrupellose Gewalt regieren. Ohne einen einzigen positiven Charakter dreht sich die Spirale der Gewalt immer schneller und reist alles mit sich, nur um am Ende wieder am Anfang anzukommen. Ein zutiefst pessimistisches Werk der Polizieschi-Legende Fernando di Leo mit einem beängstigenden Henry Silva in der Hauptrolle.

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FilmArt hat diesen Film in einem Media-Book, welches den Film sowohl auf Blu-ray als auch auf DVD enthält, veröffentlicht. Das Bild der Blu-ray ist tadellos und verfügt über kräftige Farben und tiefe Schwarztöne. Bezüglich des Tons gab es im Vorfeld ein großes Problem. Der Film war vor der deutschen Kinoauswertung 1974 massiv gekürzt worden. Um diese Kürzungen zu kaschieren, wurde die Dialoge in der deutschen Synchronisation so hin gebogen, dass die fehlenden Teile nicht weiter auffielen. Wenn filmArt nun eine ungekürzte Fassung mit deutschen Ton anbietet, so passen die wieder eingefügten Teile nicht mehr zur deutschen Fassung. So entschied sich filmArt für die einzig sinnvolle Lösung: Die ungekürzte Fassung wird im italienischen Original mit deutschen Untertiteln– die gekürzte, ganz auf die Action fokussierte, deutsche Kinofassung mit Synchronisation angeboten. Vor Beginn des Filmes, wird der Filmfreund aufgefordert, sich für eine der beiden Fassungen zu entscheiden. Der DVD liegt ein umfangreiches und sehr informatives Booklet von Pelle Felsch bei. Einziger Kritikpunkt: Die deutschen Untertitel der italienischen Fassung sind ab und zu von irritierenden Rechtschreibfehlern geplagt. Laut OFDb soll es übrigens ein 83-minütiges Hidden Feature geben. Dieses habe ich allerdings nicht gefunden und glaube, das ist eine Ente. Falls jemand Näheres weiß, bitte in den Kommentaren posten.

Alle Screenshots stammen von der DVD-Version des Filmes.

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3 Antworten zu Blu-ray-Rezension: “Der Teufel führt Regie”

  1. david sagt:

    Das „Hidden Feature“ dürfte die 83-minütige deutsche Version des Films sein – allerdings steht bei OFDb was von 93-Minuten-Feature, und wirklich „hidden“ ist sie ja nicht. Ich habe auch nichts anderes gefunden – aber vielleicht befindet es sich auch auf der Blu-ray, und nicht auf der DVD.

  2. sinologiestudent sagt:

    Bei dem Hidden Feature handelt es sich um die alte deutsche Videofassung. Im Menü der Blu Ray ist irgendwo ein unsichtbarer Button versteckt, alternativ kann man auch im Player direkt den letzten Titel anwählen.

  3. Marco Koch sagt:

    Mir hat das gestern abend keine Ruhe gelassen, und ich habe mir noch einmal die BR vorgenommen. Und da findet man tatsächlich ein „Hidden Feature“. Allerdings 83 Minuten und nicht 93, wie es in der OFDb steht. Es ist die unbearbeitete VHS-Fassung.

    PS: Da ist mir gerade jemand zuvor gekommen. Danke sinologiestudent für die Info!

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