DVD-Rezension: „Police Story: Back For Law“

policestorybackDer Polizeibeamte Zhong Wen (Jackie Chan) trifft in der Wu Bar seine Tochter Miao (Jing Tian), die ihm nicht verzeihen kann, dass er in ihrer Kindheit nie für sie da war und auch beim Tod der Mutter aufgrund eines Einsatzes zu spät kam. Sie offenbart ihm, das sie nun mit dem Besitzer der Bar, Wu Jiang (Liu Ye), zusammen ist. Enttäuscht will Zhong Wen die Bar verlassen, als diese überfallen und er selber niedergeschlagen wird. Als er erwacht ist er an einen Stuhl gefesselt und muss erkennen, dass Wu Jiang selbst hinter dem Überfall steckt. Dieser hält seine Gäste als Geiseln und verlangt von der Polizei den Häftling Wei Xiaofu herbeizuschaffen, sonst würde er die Geiseln töten. Zhong Wen gelingt es sich zu befreien und er setzt alles daran, die Geiseln zu retten…

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Jackie Chan wird bei mir immer einen großen Stein im Brett haben. Mit ihm begann Anfang der 90er meine Leidenschaft für das asiatische Kino. Zuvor hatte ich dieses aus denselben störrisch-ignoranten Gründen abgelehnt, wie sie mir später selber, beim Versuch der Missionierung meines Freundeskreises, entgegen gebracht wurden. Auslöser zu allem war aber ein amerikanischer Film, „Rapid Fire“ mit Bruce Lees Sohn Brandon. Hatte mein Videokonsum zuvor aus Horror und Männern mit dicken Wummen bestanden, sah ich das erste Mal Kampfkunst und halsbrecherische Aktionen in höchster ästhetischer Vollendung. Als ich mit offenem Mund da saß und wie hypnotisiert auf das starrte, was ich da auf dem Bildschirm erleben durfte, meinte mein Freund, der mir den Film empfohlen hatte, dann sollte ich erst einmal einen Jackie-Chan-Film anschauen. Gesagt, getan. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich möchte gerne, dass „Police Story“ mein erster Jackie-Chan-Film war. Denn das große Finale übertraf alles, was ich bisher unter dem Terminus „Actionfilm“ verbucht hatte. Eine solche Erleuchtung hatte ich dann erst wieder viele, viele Jahre später, als ich „Ong-bak“ sah, der mich zwar mit ähnlich großen Augen zurückließ – filmisch aber weit hinter Jackie Chans Output hinterher hinkt.

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Danach versuchte ich erst einmal alles zu schauen, was die Videotheken in Bremen an Jackie-Chan-Filmen hergaben. Vor dort aus sprang der Funken dann auf John Woo und Heroic Bloodshed und von dort – kein weiter Weg – auf die Shaw-Brothers-Klassiker von Chang Che über. Keine Hongkong Genre-Produktion von den 60ern bis zu den 90ern war mehr vor mir sicher. Einmal bekam ich sogar das Angebot an einem „Hongkong-Filmlexikon“ mitzuarbeiten, das im Verlag der „Hölle auf Erden“-Macher erscheinen sollte – woraus aber nie etwas wurde. Nach Hongkong war dann Japan dran, dann Südkorea. Es musste auch nicht immer Genre sein, asiatische Dramen und Arthouse fanden ebenso seinen Weg in mein Herz. Doch dann wurde die Liebe etwas kühler. Was nicht daran lag, dass der Output aus Asien schlechter geworden wäre, vielmehr hielten mich meine mittlerweile vielzähligen anderen filmische Interessen auf Trab.

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Jackie Chan behielt ich zunächst weiterhin im Auge. Ja, legte mir sogar seine Autobiographie zu. Sein Ticket nach Amerika, der Best-of-Jackie-Mix „Rumble in the Bronx“, bekam eine deutsche Kinoauswertung und ich schaffte es – zumindest für die Dauer eines Abends – einige „Ungläubige“ zu konvertieren. Selbst „Rush Hour“ schaute ich noch im Kino. Doch dann erlahmte das Interesse. Filme wie „The Tuxedo – Gefahr im Anzug“ verrieten alles, wofür Jackie stand. Hier wurden seine unglaublichen akrobatischen Fähigkeiten plötzlich einem technischen Gadget zugeschrieben. „Shangahi Noon“ war nette, aber nichtssagende Unterhaltung, die weit unter dem rangierte, was er in Hongkong produziert hatte. Aus Hongkong kamen aber weiterhin noch einige Kracher und man konnte als Faustregel sagen: Hongkong hui – Hollywood pfui. Aber auch dort nahm die Anzahl der „echten“ Jackie-Chan-Filme ab. Er wurde ja auch nicht jünger und seine Markenzeichen – die selbst ausgeführten Stunts und brillant choreographierten Kämpfe – sind nun einmal nicht bis in alle Ewigkeit machbar. Darum versuchte er sich immer öfter an ernsthaften Rollen und produzierte auch Werke, die den neuen Herrscher in Hongkong – die Volksrepublik China – verherrlichten. Spätestens hier stieg ich dann aus, und bis auf den bis dahin letzten Film, der den Namen „Police Story“ trug – „New Police Story“ von 2004 – verlor ich Jackie Chan ganz aus den Augen. Auch seinen dritten Eintrag in die ebenfalls erfolgreiche Abenteuerserie um den Schatzjäger „Asian Hawk“ , „Chinese Zodic“ ließ ich nach einer vernichtenden Kritik von Martin Beck – der allerdings schon zu „Splatting Image“-Zeiten nicht gut auf den „Clownprince of Hongkong“ zu sprechen war – ebenfalls aus.

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Nun führte der mittlerweile sechste „Police Story“-Film Jackie und mich – beide deutlich gealtert – wieder zusammen. Um es gleich vorweg zu nehmen. Mit den ersten vier „Police Story“-Filmen hat dieser neue Teil, der den Titel „Police Story: Back for Law“ trägt, nichts gemeinsam. Vielmehr orientiert er sich an dem Vorgänger „New Police Story“, der ebenfalls ernsthaft-grimmig und ein wenig tragisch daher kam. Bereits das erste Bild setzt den Ton. Jackie Chan hält sich eine Pistole an den Kopf und drückt ab. Wie es dazu kam, erzählt der Film in einer langen Rückblende, die immer wieder durch weitere Rückblenden zerstückelt wird. Doch dazu später mehr. Jackie Chan ist mittlerweile 60 Jahre alt und das sieht man ihm langsam auch an. Von daher ist es ein kluger Entschluss, seinen früheren, kindlich-fröhlichen Charakter nicht weiterzuführen, und sich stattdessen in ernsten Rollen zu versuchen. Dies gelingt ihm auch ganz gut, da das Alter und sein stoisches Auftreten ihm eine gewisse Würde verleihen.

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Dass Jackie Chan trotzdem immer noch für Stunts herhalten muss, mag seine Fans vielleicht erfreuen, doch es verändert den Stil seiner Filme dramatisch. Konnte man früher sicher sein the real thing zu sehen, so nutzt Chan nun ganz offensichtlich Hilfe vom Computer und Filmschnitt. Letzterer lässt „Police Story: Back for Law“ zu einer leicht frustrierenden Angelegenheit werden, denn der rasante Schnitt gönnt jeder Einstellung nur einige Sekunden, um selbst die Dialogszenen wie Actionszenen zu beschleunigen. Viel schlimmer ist allerdings, dass der Schnitt die Kämpfe förmlich zerhäckselt. Von den atemberaubenden moves früher Filme ist nichts mehr übrig. Mit blitzschnellen Schnitten wird nun kaschiert, dass Jackie Chan mittlerweile das Alter erreicht hat, wo seine frühere Geschwindigkeit nicht mehr möglich ist. Und obwohl der Film im Grunde als eine Kammerspiel und Psychoduell angelegt ist, wird trotzdem ständig die Actionkarte gezogen. Jeder Dialog muss mit Rückblenden illustriert werden, die dann natürlich Jackie in Aktion oder minutenlang die Kämpfe, die der Antagonist einst in Thailand bestehen musste, zeigen. Erzählerisch bringen diese Rückblenden aber keinen Mehrgewinn, sondern stören eher den Fluss. Gleiches gilt für Vorblenden, die – dies ist scheinbar bei den „Sherlock Holmes“-Filmen von Guy Ritchie abgeschaut – mögliche Ausgänge einer Kampfsituation bebildern.

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Obwohl die Geschichte durchaus spannend ist, ärgeren einen doch einige Ungereimtheiten im Drehbuch. Auch scheint die Rache des Antagonisten ein wenig überdimensioniert. Hier glaubt man sich fast schon in „Oldboy“ versetzt. Selbst wenn man einmal die Frage, wofür der Böse das Geld hat, um solch eine groß angelegte Aktion über Jahre vorzubereiten, so bleiben noch genug andere Frage offen. Allen voran, ob er das Ganze nicht auch etwas einfacher hätte haben können. Liu Ye gibt den nach Rache durstenden Wu Jiang in einer eleganten Mischung aus Gentleman-Terrorist und gequälte Seele und macht seine Sache dabei sehr gut. Auch Jing Tian als Jackie Chans Tochter weiß zu gefallen. Jackie Chan passt ebenfalls sehr gut in seine Rolle, nur hätte der Drehbuchautor ihm vielleicht eine edle und selbstlose Tat weniger ins Drehbuch schreiben können. Alles in allem gelingt es dem Film, trotz aller Schwächen, über die volle Laufzeit routiniert zu unterhalten und Jackie Chan ein würdigen sechsten „Police Story“-Auftritt zu garantieren. Nur mit dem mittlerweile 30 Jahren alten, furiosen ersten Teil der Saga, sollte man ihn nicht vergleichen. Bis auf den Namen und den Hauptdarsteller gibt es hier keinerlei Gemeinsamkeiten.

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Der mittlerweile 60-jährige Jackie Chan hat sich mit der Hauptrolle in „Police Story: Back for Law“ eine Figur ausgesucht, die seinem Alter angemessen ist und ihm auch keine übermäßigen schauspielerischen Fähigkeiten abverlangt. Dass er mit 60 Jahren trotzdem wieder in zahlreichen Actionszenen seine Knochen hinhalten muss, führt zu hektischen Schnitten und computergenerierter Unterstützung, was sein Alter kaschieren soll. Zudem stören unnötigen Spielereien mit Rück- und Vorblenden den filmischen Fluss. Trotzdem gelingt es dem – nicht immer ganz logischen – Film den Zuschauer über seine vollen 106 Minuten anspruchslos zu unterhalten. Ein meisterhaftes Alterswerk sollte man allerdings nicht erwarten.

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Das Bild der Splendid-DVD gibt wieder einmal kein Anlass, sich zu beschweren. Auch der Ton ist voll und dynamisch. Als Extras gibt es ein kurzes, aber nicht komplett uninteressantes Making Of“ von gerade einmal 5 Minuten. Ein weiteres Extra heißt „The Director’s Vision“ (4 Minuten) und enthält vor allem kurze Interview-Schnippsel. Weitere Interviews mit den drei Hauptdarstellern machen noch einmal 16 Minuten aus.

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