DVD-Rezension: „Across the River“

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Der Tierverhaltensforscher Marco Contrada (Marco Marchese) untersucht die Tierwelt im dicht bewaldeten Grenzgebiete zwischen Italien und Slowenien. Dabei befestigt er eine Kamera an einem Fuchs. Marco folgt dem Fuchs durch die Wälder und erhält von der Kamera immer wieder merkwürdige Bilder. Als er mit seinem Wohnmobil einen Fluss überquert, lässt er den letzten Rest Zivilisation hinter sich. Die Fährte des Fuchses führt ihn ein verlassenes, halbverfallenes Dorf mitten im Wald. Als der Fuchs scheinbar von einem geheimnisvollen Tier förmlich zerfetzt wird. Heftige Regenfälle machen den Fluss unpassierbar, und so beschließt Marco im Dorf zu bleiben und herauszufinden, was den Fuchs so schrecklich zugerichtet hat…

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Bei unserem letztjährigen Phantastival Bremen war der Film „Across the River“ eines der Highlights. Was leider nicht viele mitbekamen, da nur eine Handvoll Zuschauer den Weg in den Kinosaal fanden. Was die traurige Erkenntnis, dass nur bekannte amerikanische Filme das Bremer Publikum anziehen („Sharknado“ z.B. rockte die Hütte), und unbekannteren Werke aus anderen Ländern hier die kalte Schulter gezeigt wird. Deshalb freue ich mich, dass „Across the River“ mittlerweile einen DVD-Verleih gefunden hat. So besteht die Chance, dass dieses kleine Juwel von einem größeren Publikum entdeckt wird. Wobei der Film es sich allerdings nicht leicht macht. Wer aufgrund des sträflich irreführenden Vergleich mit „Evil Dead“ auf dem Cover der DVD nun ein Splatter-Spektakel erwartet, wird schwer enttäuscht sein. Fast seine gesamte Laufzeit über, hält sich Regisseur Lorenzo Bianchini stark mit Effekten zurück. Sogar die obligatorischen jump scares werden von ihm peinlichst vermieden. „Across the River“ ist ein Film, der am Besten im Dunkeln des Kinos funktioniert. Geld stand Bianchini scheinbar nicht in größeren Maßen zur Verfügung. Doch aus der Not macht er eine Tugend und setzt ganz auf eine bedrohlich, bedrückende Atmosphäre und ein ausgeklügeltes, Gänsehaut erzeugendes Sound-Design.

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Lorenzo Bianchini ist Regisseur, Drehbuchautor, Editor und Produzent in Personalunion. Außerhalb seiner Heimat – und ich bin mir gar nicht sicher, ob er in Italien überhaupt groß zur Kenntnis genommen wird – sind seine bisherigen Filme nur auf einigen wenigen Festivals gelaufen. In Deutschland meines Wissens nach noch nie. Es wäre sehr spannend zu sehen, ob diese früheren Werke (vor „Across the River“ entstanden drei Kurz- und vier Langfilme) bereits die Stärken seines nunmehr fünften Filmes aufweisen. Bianchini wurde in Udine, in der italienischen Region Friaul, nahe der slowenischen Grenze geboren. In diesem Landstrich wird Furlanisch gesprochen. Eine romanische Sprache, die es nur hier gibt. Zudem ist dies die Sprache, in der Bianchini seine Filme dreht. Auch in „Across the River“ wird diese seltene Sprache von einigen Figuren gesprochen. Geld stand dem Autodidakten für seine Filme bisher nicht zur Verfügung, und die Schauspieler sind allesamt talentierte Laiendarsteller. Vielleicht macht aber auch gerade dies das besondere Flair eines „Across the River“ aus. Bianchini gelingt es aus einem Nichts an Mitteln, ein Maximum an Effekt herauszuholen. Daran sollten sich die semi-professionellen Horrorfilmer hierzulande mal ein Vorbild nehmen.

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Zu Bianchinis Vorbildern zählen u.a. Dario Argento und Mario Bava. Und dies merkt man „Across the River“ durchaus an. Zwar weist er naturgemäß nicht die gotische Opulenz der Vorbilder auf, aber Bianchini legt ebenfalls viel Wert darauf seine – zugegeben etwas dünne – Geschichte vor allem durch stimmige Bilder zu erzählen. Das Tropfen von Wasser, die verschwommen Bilder eine Infrarot-Kamera, das Flattern alter Bettlaken – dies alles ist wichtiger als die Hintergründe um die Geschichte eines minderjährigen Zwillingspärchens, welches im faschistischen Italien für Experimente missbraucht wurde. Wo die unheimliche Gestalten herkommen ist sekundär. Dass sie irgendwo da sind, das ist es, was den Film so beängstigend macht. Wobei man schon bei den Schwächen des Filmes ist. Das Ehepaar, welches in der Mitte des Filmes plötzlich auftaucht und als Art Erzähler fungiert, ist eher überflüssig, da es weder dieser zusätzlichen Figuren, noch einer ausführlichen Erklärung für die unheimlichen Vorgänge bedurft hätte. Zweierlei Meinung kann man auch über die unbestreitbaren Längen des Filmes sein. Einerseits kann man Bianchini vorwerfen, durch seine relativ lange Anlaufzeit seines Filmes, und mit den Szenen im Mittelteil, in denen nichts wirklich spektakuläres geschieht, Zeit zu schinden. Andererseits kann man aber auch argumentieren, dass dadurch der Zuschauer regelrecht eingelullt wird, so dass die Szenen, in denen sich dann langsam das Unnatürliche ins Bild schiebt, umso unheimlicher wirken. Und der Schock, wenn es am Ende dann doch noch hart zur Sache geht, einem trotz mangelndem Budget, welches allzu deutliche Effekte verbietet, trotzdem ordentlich in die Glieder fährt.

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Eine der großen Stärken des Filmes ist sein Schauplatz. Die großen Wälder an der italienisch-slowenischen Grenze, die an die unendlichen Wälder Kanadas erinnern, und vor allem das verlassene, verfallene Dorf, sorgen für Gänsehaut und ein ungutes Gefühl. Bianchini geht hier mit viel Liebe und klaren Blick für merkwürdige Details vor. Man fühlt sich förmlich in diese unwirkliche Landschaft und die von ihren Bewohnern scheinbar fluchtartig verlassenen Gemäuer hineingezogen. Stück für Stück beginnen sich die Teile zusammenzusetzen, immer mehr grausige Details zum Vorschein zu kommen, bis die Spannung nach langem Verlauf beinahe unerträglich ist und man jederzeit mit dem Schlimmsten rechnet. Umso mehr stört ist, wenn Bianchini sich dann nicht mehr ausschließlich auf den, vom Laiendarsteller Marco Marchese stoisch, aber glaubhaft verkörperten Biologen entfernt und dem Zuschauer die oben erwähnte, nicht unbedingt notwendige Nebenhandlung anbietet, die den extrem reduzierten und minimalistischen Film an dieser Stelle unnötig aufbläht.

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Regisseur Lorenzo Bianchini holt mit „Across the River“ aus einem Minimum an Handlung und Budget, ein Maximum an unheimlichem, bedrückendem Grusel heraus. Dabei ist „Across the River“ mit seinem ausgeklügelten Sound Design, seinem Bildermix aus verfremdeten Infrarot-Aufnahmen im Found-Footage-Stil, den beeindruckenden Aufnahmen der dichten Wälder und dem kreuzunheimlichen, verfallenen Dorf der perfekte Film für die große Leinwand und einen gruseligen Abend im dunklen Kinosaal. Wer ihn dort allerdings verpasst hat, ist auch mit der Heimkinoausgabe – unter der Voraussetzung des richtigen Sound-Equipments und heruntergelassenen Jalousien – noch gut bedient.

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Das junge Label Marctropolis Filmentertainment hat eine ausgesprochen liebevolle DVD des Filmes erstellt, die allerdings auch zwei Schwächen hat. Da ist zum einen die Synchronstation, die zwar nicht missraten, aber doch eher unterdurchschnittlich daher kommt. Was aber nicht schlimm wäre, der Film auch den italienischen bzw. furlanischen O-Ton mit an Bord hat. Diesen allerdings ohne Untertitel, was ärgerlich und mir unverständlich ist. Immerhin wird in dem Film nicht viel geredet, so dass man mit einigem guten Willen darüber hinweg sehen kann. Und für den guten Willen sorgt der Rest der DVD. Der Hauptfilm selber – in HD gedreht – weißt ein sehr gutes, gestochen scharfes Bild auf. Richtig punkten kann die DVD dann auf der Bonusseite. Zunächst lässt Marctropolis Filmentertainment die wunderbare Tradition des Vorfilms wieder aufleben. Vor dem Hauptfilm erscheint zunächst eine Texttafel, die (aus Wikipedia übernommen) über die Geschichte des Vorfilms aufklärt, dann folgt der irische Kurzfilm „Foxes“ (15:38 Minuten), welcher beim Cinestrange-Festival – wo auch „Across the River“ erstmals in Deutschland gezeigt wurde – den Publikumspreis als bester Kurzfilm gewann. Leider wird „Foxes“ nur in einer (hundsmiserablen) deutschen Synchronfassung gezeigt. Aber auch hier gilt: Es wird nur wenig gesprochen und die mysteriöse Geschichte über Füchse und Vereinsamung in einer uniformen Vorstadt über Bilder erzählt. „Foxes“ passt von der Stimmung her hervorragend zum Hauptfilm und ist ein wirklicher Gewinn für die DVD. Auf dieser befindet sich noch ein zweiter Kurzfilm: „Night with Friends“ (knapp 19 Minuten), der vom „Across the River“-Kameramann Daniele Trani geschrieben und inszeniert wurde. Lorenzo Bianchini – der auch am Film mitgearbeitet hat – wünschte sich diesen als Zugabe auf der DVD, wie er in einem kleinen Vorwort zu dem Stück über zwei Freunde mit merkwürdigen Neigungen, erzählt. Neben den Kurzfilmen gibt es noch ein 25-minütiges Making-Of, in dem ein gut aufgelegter und sympathischer Lorenzo Bianchini über die Dreharbeiten erzählt und den Zuschauer durch die Drehorte des Filmes führt. Die DVD steckt in einem Schuber und besitzt ein alternatives – und leider schrecklich blödes – Cover, welches obendrein noch durch die FSK-Kennzeichnung verunziert wird.

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