Der Nachtwächter eines Leichenschauhauses rennt panisch durch die Nacht und wird auf seiner wilden Flucht von einem Auto angefahren und fällt ins Koma. Inspektor Jaime Peña (José Coronado) und seine Kollegen ermitteln. Dabei entdecken sie, dass aus dem Leichenschauhaus die Leiche der frisch eingelieferten, reichen Mayka Villaverde (Belén Rueda) verschwunden ist. Sie bestellen deren sehr viel jüngeren Ehemann Álex Ulloa (Hugo Silva) zum Tatort, um ihn nach den näheren Umständen ihres plötzlichen Todes zu befragen. Was sie nicht wissen, Ulloa hat seine Ehefrau am morgen mit einem nicht nachweisbaren, langsam wirkenden Gift umgebracht, um mit seiner Geliebten Carla (Aura Garrido) ein neues Leben anzufangen. Während in den Ermittlern der Verdacht wächst, dass etwas mit Ulloa nicht stimmt, entdeckt diese überall Indizien, die auf seine Tat hinweisen. Wer weiß von Ulloas Verbrechen und versucht ihn in den Wahnsinn zu treiben? Und wo ist die Leiche seiner Frau geblieben? Und wovor flüchtete der Nachtwächter in solcher großen Panik?
„The Body“ ist das Spielfilmdebüt des Drehbuchautors Oriol Paulo, der kurz zuvor auch den Thriller „Julia’s Eyes“ geschrieben hatte. Mit diesem teilt er sich nicht nur die Hauptdarstellerin Belén Rueda, sondern auch die generelle Atmosphäre und Struktur. Ebenso wie in „Julia’s Eyes“ lässt Paulo in seinem Film den Regen eine dramatische Rolle in den unheimlichen Szenen spielen, und er arbeitet viel mit Rückblenden, die immer wieder ihre Wahrheit in Frage stellen. Ist das, was der Zuschauer sieht wirklich die Wahrheit oder nur ein geschicktes Täuschungsmanöver des Erzählenden? Sind die Erinnerungen des Protagonisten wirklich verlässlich oder nur eine subjektive Wahrnehmung, die ihn und uns in die Irre leitet? Oftmals wird die selbe Szenen in mehreren möglichen Variationen durchgespielt. Zusätzlich brechen die Rückblenden aber auch den kammerspielartigen Charakter des Filmes auf, der fast ausschließlich während einer regnerischen Nacht in einem Leichenschauhaus spielt. Dies stört zwar immer wieder die klaustrophobische Stimmung, wirft zugleich aber auch immer wieder neue Fragen auf oder gibt scheinbar Hinweise auf die Wahrheit, so dass der Zuschauer ungeduldig dem nächste Puzzelteil entgegen fiebert.
Die Leichenhalle als Handlungsort ist natürlich gut gewählt. Paulo fängt den unheimlichen Ort mit einem großen Sinn für alte alte Gruselfilme ein. Einmal lässt er es sogar in der Leichenhalle regnen, was das Gefühl des Unwirklichen und der Bedrohung noch verstärkt. Tatsächlich ist man zu Beginn auch geneigt, eine übersinnliche Lösung des Rätsels in Betracht zu ziehen. Jedoch wird relativ schnell klar, dass Paulo etwas anderes vorhat. Dabei führt er den Zuschauer geschickt auf eine Fährte, die den Film zunächst recht durchschaubar wirken lässt. Paulos Stärke liegt dabei vor allem darin, dass er dem Zuschauer glauben macht, dass dieser selber langsam die Einzelteile zu einem großen Ganzen zusammenfügt, obwohl er doch nur den Brotkrumen folgt, die Paulo ihm geschickt hingeworfen hat. Dies funktioniert wahrscheinlich vor allem bei dem Publikum ausgezeichnet, die in den letzten Jahrzehnten nicht viele Dutzende Thriller gesehen haben, oder die sich gerne zurücklehnen und dem Regisseur die Aufgabe überlassen, sie durch sein kunstvoll aufgebautes Konstrukt zu führen. Alle anderen werden sich vielleicht an einigen Stellen fragen, was die eine oder andere scheinbar unwichtige Rückblende soll und daraus möglicherweise die richtigen Schlüsse ziehen.
Nichtsdestotrotz ist „The Body“ unglaublich spannend. Während Kamera und das bereits erwähnte, äußerst effektive Set Design eine unheilvolle, gruselige Stimmung erzeugen, sind auch die Schauspieler hervorragend ausgesucht. Dies gilt insbesondere für den spanischen Shooting-Star Hugo Silva, der in den letzten 3-4 Jahren in zahlreichen erfolgreichen spanischen Produktionen von de la Iglesias bis Almodóvar zu sehen war. Während man ihn am Anfang als arroganten, viel zu glatten Schönling abtut, wandelt er sich im Laufe des Filmes immer mehr zu einer Art Sympathieträger. Silva gelingt es seine im Grunde höchst unsympathische Figur Stück für Stück zu demontieren und einen zutiefst unsicheren, verängstigten und irgendwo auch hoffnungslos romantischen Kern, freizulegen. Wie seine Verzweiflung und sein Entsetzen sich langsam steigern, und er dann am Ende vor Sorge um seine große Liebe zusammenbricht, ist schon sehr sehenswert.
Belén Rueda, die nur in den Rückblenden auftritt, ist wie schon in „Julia’s Eyes“ eine Bank und passt perfekt zu der schönen, aber nicht mehr ganz taufrischen Dame aus der oberen Gesellschaft, die sich ihren jungen, nicht standesgemäßen Mann eher wie ein Spielzeug hält und mit fiesen Scherzen quält, statt ihn wie einen ebenbürtigen Partner zu behandeln. Dabei wirkt sie ebenso undurchdringlich und überlegen, wie verletzlich. Als Gegenspieler Ulloas macht der Polizist Peña eine gute Figur. José Coronado spielt den alternden Ermittler, der selber eine ganze Menge Probleme mit sicher herumschleppt und oftmals wie eine tickende Zeitbombe wirkt, sehr überzeugend. Wenn auch diese Figur etwas zu karikaturhaft gezeichnet wird, um sie als echten Menschen, und nicht nur als Filmfigur wahrzunehmen. Ein Kompliment hier an den Maskenbildern, der Coronado in einigen Rückblenden tatsächlich Jahre jünger aussehen ließ.
Oriol Paulo schafft es spielten, den Zuschauer den ganzen Film über zu fesseln und den Puls hier und dort hochzutreiben. Ist der Abspann aber gelaufen und der Zauber des Augenblicks ein wenig verflogen, zeigt sich in der Rückschau, dass einige Elemente nicht ganz in den raffinierten Plan passen, dessen man hier Zeuge wurde. Einige nicht vorhersehbare Zufälle helfen dabei, dass alles so funktioniert, wie gedacht. Auch wird hier an ein paar Stellen die Glaubwürdigkeit einer bestimmten Situation etwas überstrapaziert, was einen im Nachhinein ein wenig ärgert, da man sich ein wenig an der Nase herumgeführt fühlt. So tut man am Ende besser daran, den Film nicht großartig zu reflektieren und sich ganz vom Moment gefangennehmen zu lassen.
„The Body“ ist ein hochspannender Thriller, der kunstvoll mit Horrorelementen spielt und seinen Protagonisten durch ein geschickt konstruiertes Fegefeuer treibt, welches ihn vom arroganten Täter zum verzweifelten Opfer schrumpfen lässt. Mit einem hervorragenden Hugo Silva in der Hauptrolle, weiß der Film bestens zu unterhalten, auch wenn sein finaler Dreh für den erfahrenen Zuschauer keine so große Überraschung darstellt und einige Handlungselement im Nachhinein nicht ganz in das clevere Gebilde passen.
Die Blu-Ray aus dem Hause OFDb FILMWORKS besitzt ein perfektes, gestochen scharfes Bild, bei dem das Schwarz wirklich tiefschwarz und nicht wie so häufig nur ein sehr dunkles Grau ist. Der Ton ist sehr klar und spielt beschäftigt gekonnt alle Lautsprecher für subtile Toneffekte. Die deutsche Synchronfassung ist okay, wobei ich die spanische Fassung mit sehr guten, deutschen Untertiteln bevorzuge. An Extras gibt es ein 20-minütiges „Making Of“, welches Szenen vom Set mit Statements der Schauspieler und des Regisseurs kreuzt, die aber nicht so viel Aussagekraft haben, da sie hauptsächlich erzählen, welche Rollen sie spielen, worum es in diesem Film geht und wie toll er doch geworden ist. „Hinter den Kulissen“ sind drei Minuten mit kommentarlosen Impressionen vom Dreh der Verhörszene, was mit Musik aus dem Film unterlegt ist. Des weiteren kann man sich sechs Minuten mit Alternativen Szenen ansehen, welche sich aber nicht drastisch von denen im Film unterscheiden. Zum Schluss gibt es noch zwei deutsche und zwei spanische Trailer von „The Body“.