DVD-Rezension: “The Iceman“

Iceman

In den 60er Jahren: Gerade als sich der schweigsame Richard Kuklinski (Michael Shannon) in die nette Deborah (Winona Ryder) verliebt und sie heiraten möchte, gerät er mit dem Mafiaboss Roy Demeo (Ray Liotta) aneinander. Dieser ist beeindruckt von Kuklinski Kaltblütigkeit und heuert ihn als seinen persönlichen Killer an. Während Kuklinki Zuhause mit Deborah und seinen beiden Töchter den liebenden Ehemann und Vater gibt, löst er für Demeo auf blutige Weise Probleme. Als Kuklinski eines Tages eine junge Zeugin mit dem Leben davon kommen lässt, kommt es zum Streit mit Demeo, der ihn daraufhin erst einmal kalt stellt. Um seiner Familie weiterhin das gewohnte Leben bieten zu können, muss Kuklinki neue Einnahmequellen finden. Er tut sich mit dem Auftragskiller Mr. Freezy (Chris Evans) zusammen und arbeitet nun auch für andere Mafia-Gangster, was bald zu massiven Problemen mit Demeo führt…

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„The Iceman“ beruht auf der wahren Geschichte des Mafia-Killers Richard Kuklinski, der nach eigenen Angaben zwischen 1958 und 1986 über 200 Menschen getötet hat. Was diesen Charakter so interessant macht, ist die Tatsache, dass er es die ganze Zeit über schaffte, seine mörderische Tätigkeit gegenüber seiner Familie geheim zu halten. Ein extremer, schizophrener Charakter. Wie geschaffen für den Ausnahme-Schauspieler Michael Shannon, der in sich in letzter Zeit als ein Meister in der Darstellung psychisch gestörter Figuren entwickelt hat, wie etwa in Werner Herzogs „My Son, My Son, What Have Ye Done“, Sam Mendes „Zeiten des Aufruhrs“ oder Jeff Nicholas „Take Shelter“. Und allein für Shannons vorzügliche Darstellung, lohnt es sich bereits, den Film anzusehen.

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Michael Shannon erweist sich mal wieder als extrem wandlungsfähig. Er wirkt sowohl als kaltblütiger Killer, als auch als treusorgender Ehemann, überzeugend. Szenen, in denen er in ein einem Schlachthaus seine Opfer entsorgt, stehen solchen gegenüber, in denen er daran verzweifelt, dass er durch seine Arbeit seine Familie in Gefahr bringt. Trotz dieser extremen Gegensätze bringt Shannon das Kunststück fertig, die Figur Kuklinski jederzeit glaubwürdig und aus einem Guss zu spielen. Ein Lob muss hier auch dem Maskenbildner ausgesprochen werden, der Shannon glaubwürdig altern und durch die Jahrzehnte wandern lässt.

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In Deutschland erscheint der Film nur direkt auf DVD und Blu-ray. Was verwundert, geben sich hier doch viele bekannte Namen die Klinke in die Hand. Dabei ergibt sich eine reizvolle Mischung aus ehemaligen Stars (Winona Ryder, Ray Liotta, Robert Davi, David Schwimmer, Stephen Dorff) und aufstrebender Jung-Stars (James Franco, Chris Evans). Allerdings muss man öfters genauer hinschauen, um die Schauspieler zu erkennen. David Schwimmer zum Beispiel, erinnert mit seiner Pferdeschwanz-Schnauzbart-Kombination und seinem in hässliche Trainingsanzüge gequetschten, seltsam aufgeschwemmten Körper ganz und gar nicht an den sympathischen Ross aus „Friends“. Und Chris Evans, der so saubere amerikanische Helden wie die Human Torch in „Fantastic Four“ und vor allem „Captain America“ in den Marvel-Verfilmungen gespielt hat, erweist sich hier als Meister der Verwandlung, der den tödlichen Mr. Freezy authentisch und unheimlich rüber bringt. Alle liefern sehenswerte schauspielerische Leistungen ab, verblassen jedoch trotzdem gegen Shannon, der den Film von der ersten Minute an zu seiner Geschichte macht und die Blicke des Publikums wie ein Magnet anzieht.

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Die Regie ist recht konventionell ausgefallen. Es fehlt das gewisse, eigenständige Markenzeichen. Jedoch muss man es Regisseur Ariel Vromen hoch anrechnen, dass er Kuklinskis Geschichte nicht mit spekulativen Schocksequenzen anreichert und ihn so auf das Niveau eines ordinären Exploitationfilms bringt. Vromen zeigt so viel, wie er muss und nicht mehr. Wenn Kuklinski und Mr. Freezy ihre Leichen im Kühlhaus lagern oder fachgerecht zerteilen, weiß man genau, was sie da tun, ohne dass die Kamera voll drauf hält. Hätte Vromen sich ganz auf die blutigen Einzelheiten der „Iceman“-Morde verlegt, wäre am Ende wohl nur ein x-beliebiger Serienkiller-Film dabei herausgekommen. Hier bezieht der Film seine Spannung gerade daraus, dass der erbarmungslose Killer Kuklinski in seinem anderen Leben ein ganz gewöhnlicher Mensch ist. Ein liebender Vater und beliebter Freund, der bei einem selber um die Ecke leben könnte. Der einen morgens freundlich grüßt und dann zur Arbeit fährt, um Leute umzubringen. Wie lange kann ein Mann das durchhalten, ohne, dass sich seine beiden Leben vermischen? Wann vernichtet das eine Leben das andere?

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Was den Hintergrund von Kuklinskis zwiespältiger Persönlichkeit angeht, so belässt es Ariel Vromen bei Andeutungen. Einmal besucht Kuklinski seinen wegen Vergewaltigung und Mord an einer Minderjährigen im Gefängnis sitzenden Bruder, was Anlass zu einem kurzen Rückblick auf die, von häuslicher Gewalt geprägte, Kindheit Kuklinskis bietet. Eine starke Szene in der Shannon und Stephen Dorff die Funken sprühen lassen. Wahrscheinlich ist hier der Grund für Kuklinskis starken Beschützerinstinkt gegenüber seiner Familie zu finden, ausformuliert wird dies aber nicht. Und in der beeindrucktesten Szene des Films, gewährt Kuklinski seinem von James Franco gespielten Opfer noch etwas Aufschub, als dieser spontan zu Beten beginnt. Er gäbe ihm noch etwas Zeit, damit Gott seine Bitten erhöht und ihn daran hindert, zu erschießen, lässt Kuklinski sein Opfer wissen. Dann sieht er Franco mit einer Mischung aus Abscheu und Belustigung, dabei zu, wie er um sein Leben betet. Diese großartig gespielte Szene drückt viel über das Selbstverständnis Kuklinskis aus. Da draußen gibt es kein Gott, der Dir hilft. Du bist ganz auf Dich alleine angewiesen. WEr dies nicht erkennt ist ein Narr.

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„The Iceman“ zeigt recht akkurat den Lebensweg des Mafia-Killers Richard Kuklinski, der neben seinem blutigen Handwerk auch ein liebender Ehemann und Vater war. Der mit vielen bekannten Namen besetzte Film ist vor allem eine erneute Sternstunde für Michael Shannons außergewöhnliche Schauspielkunst. Statt auf derbe Szenen und Action zu setzten, zieht Regisseur Ariel Vromen die Spannung ganz aus dem Konflikt Kuklinskis, durch sein Doppelleben seine geliebte Familie in Gefahr zu bringen.

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Das Bild der Splendid-DVD ist nicht ganz so gut, wie normalerweise von diesem Label gewohnt. Das Schwarz ist eher ein tiefes Grau und die Schärfe nicht immer optimal. Trotzdem ist es aber immer noch vergleichsweise sehr gut. Als Extras sind dreiminütige, unkommentierte Impressionen von den Dreharbeiten und ein acht Minuten langes “Behind the Scenes” mit an Bord. Letzteres enthält kurze Interviews mit den Darstellern, die vor allem Shannon loben.

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2 Antworten zu DVD-Rezension: “The Iceman“

  1. Bode sagt:

    Super genial, da weiß ich ja schon was ich mir diese Woche anschauen werde. Der Iceman hat auch seine eigene Doku, die auch mega interessant ist. Gerade der Fakt, dass er es so lange vor seiner familie geheim halten konnte macht es noch viel spannender und schockierender.

  2. Marco Koch sagt:

    Stimmt. Auf die HBO-Doku „The Iceman Tapes – Inside the Mind of a Mafia Hitman“ wollte ich eigentlich schon in der Review hinweisen, da man sie bei YouTube ansehen kann: http://www.youtube.com/watch?v=_vn7Hz2PK7s
    Danke für die Erinnerung.

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