DVD-Rezension: “Phoenix Wright – Ace Attorney”

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In der Zukunft werden in Japan Gerichtsverfahren in nur drei Tagen durchgeführt. In dieser Zeit müssen sich Staatsanwalt und Verteidiger im Gerichtsstand duellieren, danach fällt der Richter sein Urteil. Als die Rechtsanwältin Mia Fey (Rei Dan) ermordet wird, übernimmt ihr Junior-Partner Phoenix Wright (Hiroki Narimiya) die Verteidigung ihrer jüngeren Schwester Maya Fey (Mirei Kiritani), die der Tat verdächtigt wird. Dabei kommt es zum Duell mit seinem einstigen Schulkameraden und jetzigen Staatsanwalt Miles Edgeworth (Takumi Saito), der bisher noch nie einen Fall verloren hat. Entgegen aller Erwartungen gelingt es Phoenix, den jungen Staatsanwalt zu besiegen, doch bereits sein nächster Fall entpuppt sich als dicke Überraschung.

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Takashi Miike bleibt eine Wundertüte. Nachdem er mit dem ruhigen und tragisch-ernsthaften „Hara-Kiri – Tod eines Samurai“ im letzten Jahr die Filmfestspiele in Cannes eröffnen durfte, beweist er nun mit einer bunten Videospiel-Verfilmung, dass er sich partout nicht auf ein bestimmtes Genre oder einen bestimmten Stil festlegen lässt. Die Zeiten, in denen er mit einem lächerlichen Budget gewagte Underground-Filme produzierte oder aufgrund expliziter Gewaltdarstellungen Grenzen überschritt, sind allerdings vorbei, denn er ist mittlerweile im hochbudgetierten Mainstream angekommen. Trotzdem gelingt es ihm auch immer wieder, eine gute Portion Wahnwitz in seine Filme zu schmuggeln. Und langweilig wird es bei ihm auch nur sehr selten.

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So unterhält auch sein neustes Werk, „Phoenix Wright, Ace Attorney“, das vergnügungshungrige Publikum bestens. Anspruch und Ernsthaftigkeit, wie sie einen Großteil von Miikes Werk durchaus auszeichnet, sollte man hier allerdings nicht suchen. Miike tut genau das, was bei ihm in Auftrag gegeben wurde: Er verwandelt ein Computerspiel in einen Film und lässt Pixelfiguren in Fleisch und Blut auferstehen. Oder – wenn man boshaft sein möchte – verwandelt seine Darsteller in Pixel. So sind dann auch Make-Up und Kostüme beinahe die Hauptattraktionen dieses Filmes. Zeitweise glaubt man gar, es hier tatsächlich mit animierten Figuren und nicht mit Schauspielern zu tun zu haben. Auch auf die Ausstattung und Kulisse wurde viel Wert gelegt. „Ace Attorney“ spielt zu keiner Zeit in der realen Welt, sondern ist fest im Kosmos der Spiele verwurzelt.

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Da mir das zugrundeliegende Videospiel nicht bekannt ist, kann ich keine Vergleiche ziehen. Man liest aber allerorten, dass die Umsetzung sehr nahe am Spiel sein soll, welches zwischen 2002 und 2011 erschien, Teil der japanischen Popkultur wurde und auch im Ausland erfolgreich verkauft wurde. Für die internationale Fassung wurden dann auch die Namen der Protagonisten anglisiert. So wurde aus Naruhodō Ryūichi Phoenix Wright, aus Mitsurugi Reiji wurde Miles Edgeworth und Detective Itonokogiri Keisuke heißt dort Dick Gumshoe. Diese Namensgebung behält auch die deutsche Fassung des Filmes bei, was in den Extras zu Verwirrungen führen kann, da hier konsequent nur die japanischen Namen verwendet werden.

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Die spektakulären Duelle vor Gericht, werden von Miike im Stile eines Kung-Fu-Kampfs inszeniert. Da bewerfen sich die Kontrahenten mit überdimensionalen Hologrammen, auf welchen die Indizien zu sehen sind. Und ihre „Einspruch“-Rufe klingen wie Kampfschreie. Und wird einer der Anwälte förmlich von belastenden Beweisen getroffen, geht er in die Knie. Bei einer Länge von 125 Minuten, von denen ein Großteil vor Gericht spielt, tut es dem Tempo des Filmes natürlich gut, dass die Verhandlung zu einem großen „Mortal Combat“ stilisiert wird. Trotz einiger Albernheiten, wie dem hemmungslosen Overacting des Hauptdarstellers oder dem Verhör eines Papageis, hält Miike die Zügel aber recht fest in der Hand und sorgt dafür, dass das absurde Ganze nicht plötzlich in totalen Quatsch kippt.

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Die Schauspieler haben merklich Spaß an der Sache. Und während die meisten ihre Rolle trotz aller Komödien- und wilden Videospielelementen relativ ernsthaft interpretieren, liegt ein Schwachpunkt bei Hauptdarsteller Hiroki Narimiya, der in einigen Schlüsselszenen allzu hemmungslos überzieht und wimmert. Auch Mirei Kiritan wirkt sich in der – in japanischen Unterhaltungs-Filmen leider häufig zu sehenden – „kleines, dummes und leicht hysterisches Mädchen“-Rolle nicht gut auf das Nervenkostüm des Zuschauers aus. Eine echte Zumutung ist allerdings Akiyoshi Nakao als Jugendfreund des Helden. Seine Clownerien und Manierismen stellen für die Nerven des, nicht an japanischer Komödie gestählten, europäischen Zuschauers eine echte Zerreißprobe dar.

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Miike weiß dafür zu sorgen, dass einem der Ausgang nicht völlig egal ist. Trotz aller irrealen und komödiantischen Elemente, vergisst er nicht, dass er im Grunde tatsächlich eine klassische Detektivgeschichte, voller mysteriöser Geschehnisse und unerwarteten Wendungen erzählt. Und so gelingt ihm in den meisten Teilen auch der Spagat zwischen bunt-lustiger Videospielverfilmung und spannendem Gerichts-Thriller. Da ist es beinahe schade, dass auch immer wieder übernatürliche und komödiantische Elemente überbetont werden und die durchaus nicht uninteressante Geschichte in den Hintergrund drücken. Insbesondere die Figur des nervenden Jugendfreundes Larry Butz und die mit ihm verbundenen Nebenstränge, hätte man gut und gerne weglassen können.

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Takashi Miike liefert mit „Ace Attorney“ eine gelungene Videospiel-Verfilmung ab und widersteht der Versuchung, diese mit allzu schrillen Albernheiten zu ersticken. Ausstattung und Kostüme erwecken das zugrundeliegende Spiel eindrucksvoll zum Leben. Doch auch die vertrackte Geschichte weiß recht spannend zu unterhalten, so dass trotz der langen Spielzeit von über zwei Stunden keine große Langeweile aufkommt.

Das Bild der DVD aus dem Hause Koch Media macht an einigen Stellen einen etwas blassen Eindruck. Beim  Ton kann man sich zwischen der japanischen Originaltonspur und der soliden deutschen Synchronisation entscheiden. In den Untertiteln werden die Namen der Charaktere allerdings nicht im japanischen Original belassen, sondern die englische Variante benutzt. Anders ist dies in dem halbstündigen Making-Of, in welchem konsequent die japanischen Namen benutzt werden. Das „Making Of“ selber zeigt Promo-Interviews und einige Szenen vom Dreh. Das ist aber insgesamt alles nicht besonders informativ. Dann gibt es noch ein 22-minütiges Special von diversen Filmausführungen, bei denen die Crew Rede und Antwort stand. Im Großen und Ganzen sind dies aber auch eher Werbeveranstaltungen.

DVD und BluRay kommen am 14. Juni in den Handel.

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