DVD-Rezension: “Chillerama”

Chillerama

Momentan scheint es ein Trend zu sein, dass sich ein paar junge Regisseure zusammentun, um einen Horror-Episoden-Film zu drehen. Vor kurzem war „V/H/S“ solch ein Vehikel, „V/H/S/2“ steht schon in den Startlöchern und auch „Chillerama“ gehört in diese Kategorie. Im Gegensatz zu den vorher genannten, nimmt sich „Chillerama“ aber zu keiner Sekunde ernst und versteht sich als wilde Persiflage, die sich einmal durch die Dekaden des Horrorfilms arbeitet.

Dabei kann nicht gesagt werden, dass „Chillerama“ nicht liebevoll gemacht wäre. Bei jeder Episode spürt man die Liebe der Macher zum Genre, und die jeweiligen Filmjahrzehnte (von den 30ern bis in die 80er) werden mit großer Sorgfalt rekonstruiert. Leider stellt sich der Film mit seinem pubertären Humor und dem beinahe zwanghaft inszenierten Tabubruch selbst ein Bein. Während die Geschichte vom gigantischen Killerspermium für sich genommen noch recht witzig ist, nervt es doch schon bald, dass alle Episoden auf Teufel komm raus irgendwelche, zumeist sexuellen, Tabus brechen wollen. Wenn sich dann noch recht plump über das tragische Schicksal der jüdischen Familie Frank, und vor allem ihrer Tochter Anne, lustig gemacht wird, da frage ich mich dann doch: Muss das sein?
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Einen Tiefpunkt erreicht der Film dann, wenn relativ unmotiviert noch ein Fäkalfilm namens „Deathication“ (der wohl die 70er repräsentieren soll und mich irgendwie an den berüchtigten „Gesichter des Todes“ erinnert hat) eingeblendet wird. Das wirkt dann wirklich nur noch erzwungen. Wenn die Macher sich John Waters „Pink Flamingos“ (der hier zitiert wird, wenn auch unter anderen Vorzeichen) richtig angesehen hätten, dann hätten sie gesehen, dass Schock und Anarchie anders funktionieren und nicht wie hysterischen Späße einiger Pennäler. Das stimmt etwas traurig, denn solche Dinge hätten nicht sein müssen. Der Film hätte auch gut ohne funktioniert. Ich würde sogar behaupten, besser. Aber das ist in diesem Falle wirklich auch eine Frage des persönlichen Humors.

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Zu den einzelnen Stories:

Wadzilla

Regisseur Adam Rifkin, der Anfang der 90er mit „The Chase“ auf sich aufmerksam machte und dessen „Detroit Rock City“ ein kleiner Erfolg war, spielt hier selbst die Hauptrolle. Einen kleinen Angestellten, der nur immer ein Spermium produzieren kann. Ein Mad Doctor (Ray Wise, Laura Palmers Vater aus „Twin Peaks“) will ihm helfen, doch das Serum führt nicht dazu, mehr Spermien zu produzieren, sondern das eine zu stärken und wachsen zu lassen. Schon bald wird die Welt von einem riesigen, gefräßigen Spermium bedroht.

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Die Geschichte ist klar als Parodie auf die Monsterfilme der 50er angelegt. Der Humor wurde allerdings aus „Dumm und dümmer“ importiert. Nichtsdestotrotz macht diese Episode Spaß, denn hier wurde nicht nur das gute, alte Stop-Motion-Verfahren nachempfunden, sondern Rifkin hat die Klassiker genau beobachtet und zollt ihnen seinen Respekt. Garniert wird all dies mit einigen wunderschönen Frauen von denen man gerne mehr sehen würde. Aber wie in den 50ern ist diese Episode zwar thematisch schlüpfrig, aber ansonsten erstaunlich prüde.

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I Was A Teenage Werebear

Der junge Ricky ist verwirrt. Zwar hat er eine tolle und brünstige Freundin, doch immer wieder ziehen knackige junge Kerle sein Interesse auf sich. Besonders die drei coolen Jungs in Leder haben es ihm angetan. Bald schon muss er erkennen, dass die Drei nicht nur cool und gutaussehend sind, sondern in ihnen noch mehr steckt: Sie sind Werbären!

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Tim Sullivan, der bisher mit dem Remake zu „2001 Maniacs“, dessen Fortsetzung und dem Horrorthriller „Driftwood“ in Erscheinung getreten ist, verlegt seine Geschichte namens „I Was A Teenage Werebear“in die 60er Jahre und mischt farbintensive Bilder mit einigen Musicalnummern. Das funktioniert soweit ganz gut. Auch die Idee, hier ganz plakativ das Monster, den Außenseiter, als Metapher für Homosexualität zu entlarven, ist clever. Allerdings trägt Sullivan manchmal etwas zu dick auf und gerade am Ende verheddert er sich etwas. Trotzdem macht auch diese Episode durchaus Spaß, wenn sie auch hier und dort ihre Längen hat und etwas angestrengt wirkt.

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The Diary of Anne Frankenstein

Adam Green hat mit der „Hatchet“-Serie bei Fans von old school Slasher-Fimen für Furore gesorgt Hier nimmt er sich der 40er Jahre an und dreht einen Schwarz-Weiß Film, der stellenweise tatsächlich aus der Zeit gefallen scheint. Auch die Idee, Hitler einen jüdischen Golem-Frankenstein bauen zu lassen, ist charmant. Leider überzieht Green seine Ideen maßlos.

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Das geschmacklose „Anne Frank“-Intro verdirbt einem etwas den Spaß, und dass alle Darsteller Deutsch sprechen und nur Hitler ein merkwürdiges, skandinavisch anmutendes Kauderwelsch ist als Reminiszenz an Chaplins „Großen Diktator“ zunächst augenzwinkernd lustig, nervt aber auf die Dauer. Auch hier muss man sagen, dass hier mehr drin gewesen wäre, hätte man nicht unbedingt so hysterisch-lustig-trashig sein wollen. So schießt der Film etwas über das Ziel hinaus, aber durch sein tolles Design zählt diese Episode zu den Höhepunkten des Filmes.

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Zom-B Movie

Die Rahmenhandlung und abschließende Episode „Zom-B Movie“ hat Joe Lynch inszeniert, der zuvor nur den nicht gerade geliebten „Wrong Turn 2“ inszeniert hatte. Zunächst beginnt seine Episode sehr stimmungsvoll auf einem alten Friedhof und ist vom expressionistischen Universal-Horror der 30er inspiriert. Doch schon schnell wird die Stoßrichtung des Filmes klar gemacht. Ein versuchter Blowjob mit einer Leiche und durch die Gegend fliegende Testikel lassen ahnen, worauf das alles hinauslaufen wird.

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Die Zwischensequenzen und das große Finale sind angelehnt an die Teenie-Zombie-Filme der 80er Jahre, wie z.B. „Return of the Living Dead“ oder „Nacht der Creeps“. Auch hier gibt es einige wunderschön in Szene gesetzte Stellen, wenn z.B. der Autokino-Besitzer Zwiesprache mit einem Orson-Welles-Poster hält und über die gute, alte Zeit philosophiert, in der Kino noch handgemacht und etwas Besonderes, Magisches, war. Aber solchen Momenten stehen dann auch wieder sehr plumpe Gags gegenüber, wenn derselbe Autokinobesitzer bis an die Zähne bewaffnet One-Liner aus 80er Actionfilmen von sich gibt. Auch die Idee aus den Zombies sexsüchtige Untote zu machen, passt zwar in den Kontext des Filmes, wirkt aber aufgesetzt und so sehr auf „Kult“ und „Fun“ getrimmt, dass die Wirkung eher eine gegenteilig ist.

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„Chillerama“ ist eine zwiespältige Angelegenheit. Einerseits bietet er wunderbare und sehr liebevoll gemachte Hommagen an das fantastische Kino von den 30ern bis zu den 80ern, aber intelligente Scherze wechseln sich mit pubertären „Fick und Furz“-Humor ab, der nicht jedermanns Sache sein dürfte und mir etwas zu sehr auf „Kult“- und „Abgefahren“-Potential schielt. Drückt man hier aber ein Auge kräftig zu und konzentriert sich auf die Stärken dieses Episodenfilms, wird man gut unterhalten. Auch wenn er etwas zu lang geraten ist, und man auf die „Deathication“-Sequenz gut hätte verzichten können.

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Bild und Ton der DVD ist hervorragend. Die deutschen Untertitel orientieren sich an der deutschen Synchronisation, die wiederum oftmals vom Originaltext abweicht und so manchen Sprachwitz verschwinden lässt. Als Extras gibt es zwei Interviews mit dem Regie-Quartett, die jeweils auf Conventions aufgenommen wurden (das zweite Interview hat eine grausige Tonqualität und ist auch nicht untertitelt, was das Verständnis mehr als schwer macht). Trotz FSK 16 ist der Film ungeschnitten, was durchaus Sinn macht, denn die blutigen Szenen sind klar als Filmtricks zu erkennen.

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