Ein, von allen nur „Yankee“ genannter, Revolverheld (Philippe Leroy) legt sich an der mexikanischen Grenze mit dem gefürchteten Concho (Adolfo Celi) an. Er macht dem Banditenboss den Vorschlag, dass dieser ihm seine Bande ausliefern solle und sie sich das Kopfgeld teilen. Natürlich geht Concho nicht darauf ein und muss bald erleben, wie der „Yankee“ seine Bande empfindlich dezimiert. Das schreit natürlich nach Rache.
Philipp Leroy ist eine etwas seltsame Wahl für die Hauptrolle in einem Italo-Western. Ähnlich wie Humphrey Bogart oder James Cagney ist er zwar toll in Gangsterfilmen, wirkt aber in einer Western-Umgebung in erster Linie verkleidet und damit fehl am Platz. In dem vorliegenden Fall kommt noch erschwerend hinzu, dass seine Figur nicht stringent gezeichnet ist. Anfangs als geheimnisvoller Fremder etabliert, der unter der Krempe seines Cowboy-Hutes kaum zu sehen ist, später erinnert er dann eher an die schlitzohrigen, athletischen Helden, die Errol Flynn oder Douglas Fairbanks verkörperten.
Für Regisseur Tinto Brass sollte „Yankee“ der einzige Western seiner Karriere bleiben, die er mit seinen Pop-Art-Comic-Dramen, wie dem unmittelbar nach „Yankee“ entstandenen „Ich bin wie ich bin“, zu einem ersten Höhepunkt führte. Später wurde er mit seinen freizügigen Epen wie „Salon Kitty“ und vor allem „Caligula“ (den ich immer gerne als den „Citzen Kane des Sleaze-Films“ bezeichne) berühmt-berüchtigt, bevor er sich dann ab Mitte der 80er ganz auf den Erotikbereich festlegte. Allgemein wird Brass häufig mit dem großen Russ Meyer (dessen einziger Western eine burleske Parodie war) verglichen. Von Meyer übernahm er u.a. die blitzschnellen Schnitte auf Detailaufnahmen, die dem Film eine an Musikvideos erinnernde Dynamik geben. „Yankee“ kann also durchaus als eine erste Fingerübung für die Dinge, die da noch kommen sollten, angesehen werden. In „Ich bin wie ich bin“ wird er diese Technik dann bis zum Exzess verwenden. Auch spielt Brass in „Yankee“ bereits ausgiebig mit Farbe und Licht, was er später ebenfalls perfektionieren sollte.
Leider ist „Yankee“ aber tatsächlich nur eine erste Vorstudie späterer Brass-Werke, denn den überwiegenden Teil der Spielzeit über inszeniert Brass seinen „Yankee“ doch eher konventionell. Die Geschichte gibt auch nicht so viel her, sondern wirkt wie ein langgezogener Showdown. Es geht mal hier-, mal dorthin, was zwar nie langweilig ist, aber auch keine besondere Tiefe oder Dramatik entwickelt. Adolfo Celi gibt inbrünstig den Fernando-Sancho-Ersatz, wirkt dabei aber nicht so, als ob er das Ganze sonderlich ernst nehmen würde. Interessant wie wenig Brass aus der weiblichen Hauptrolle macht. Das pralle Dekolleté einer Saloon-Dame ist weitaus liebevoller in Szene gesetzt, als Mirella Martin, die Conchos Geliebte spielt. „Yankee“ zählt zwar nicht unbedingt zu den Höhepunkten des Italo-Westerns, hat aber auch einige schöne und einfallsreich inszenierte Szenen. In erster Linie dürfte der Film vor allem für Tinto-Brass-Fan als frühe Fingerübung des Meisters interessant sein.
„Yankee“ lief 2007 in Venedig in der von Quentin Tarantino zusammengestellten Retrospektive. Die Bildqualität ist gut bis sehr gut und die Farben kräftig. Der Ton liegt auf Deutsch und Italienisch vor, mit deutschen und englischen Untertiteln. Das Bonus-Material ist enttäuschend, insbesondere, wenn man sich die üppige Ausstattung der anderen „Western Unchained“-Veröffentlichungen ansieht. Es finden sich hier gerade einmal ein deutscher und ein italienischer Trailer, und eine Bilder-Galerie. „Yankee“ ist ein Repack der zweiten Scheibe aus der 2007 gestarteten „Western Collection“ von Koch.
Major White, ein einflussreicher Bürger des Ortes Owell Rock, wird von Doc Lester und seiner Bande getötet. Fünfzehn Jahre später kommt sein Sohn Lawrence White zurück in den Ort, um herauszufinden, was damals geschah. Zur gleichen Zeit erscheint auch der geheimnisvolle Harry Boyd auf der Bildfläche. Dieser tut sich mit der Bande von Doc Lester zusammen und wird von diesem beauftragt, Lawrence White einige Morde anzuhängen, und ihn entweder gefangen zu nehmen oder zu töten.
„Der Tod zählt keine Dollar“ ist der einzige Western des großen Riccardo Freda, der nicht nur für den ersten klassischen Horrorfilm Italiens verantwortlich ist („Der Vampir von Notre Dame„), sondern auch Lehrmeister des legendären Mario Bava war. Ferner drehte er in den 60er Jahren einige der schönsten Gothic-Horror-Schauermärchen aus Italien. Wie sein Schüler Bava, scheint Freda vom amerikanischen und weniger vom italienischen Western beeinflusst zu sein. Sein „Der Tod zählt keine Dollar“ fühlt sich sehr viel amerikanischer und bodenständiger an, als vergleichbare Italo-Western aus dieser Zeit.
Wobei man andererseits aber auch deutlich Fredas Herkunft vom klassischen Euro-Horror und sein hervorragendes Auge für eine stimmungsvolle Inszenierung erkennt. Einige Szenen wirken wie aus einem Bava-Film. Sei es aufgrund einer intensiven Farbgebung und dem Spiel mit Licht und Schatten, oder weil man vom Killer nur seine schwarze Lederjacke (an Stelle der klassischen schwarzen Lederhandschuhe) sieht, wenn er des nächtens bei den Bösen einbricht. Was für diese dann auch meistens mit einem pittoresken Tod endet.
Die Story erlaubt sich ungefähr in der Mitte einen gehörigen Twist, welcher einen zunächst extrem verwirrt, weil mal glaubt, die deutsche Synchronisation hätte einen groben Fehler gemacht. Dies klärt sich aber schnell auf. Mit Mark Damon und Stephen Forsyth wurden zwei Amerikaner in der Hauptrolle gecastet, die sich sehr gut ergänzen. Der steife Forsyth passt hervorragend zu dem scherzenden, agilen Damon, der – wie eigentlich in allen seinen Italo-Western – durch zu stark aufgetragenes Make-Up irritiert. In Nebenrollen erfreuen beliebte Chargen aus der zweiten Reihe den Zuschauer. Wie der unvergleichliche Nello Pazzifino und der „italienische Peter Lorre“ Luciano Pigozzi alias Allan Collins. „Der Tod zählt keine Dollar“ ist ein sehr solider Western, der zwischen amerikanischen B-Western und italienischem Gothic-Horror pendelt, wobei der amerikanische Anteil, nicht nur durch die beiden Hauptdarsteller, ungleich größer ist.
Auch „Der Tod zählt keine Dollars“ lief 2007 auf der Retrospektive in Venedig. Das Bild der DVD schwächelt am Anfang leicht, stabilisiert sich dann aber auf gutem Niveau. Zu den Extras: In „Nora zählt keine Dollar“ (17 Minuten) wird Filmmusikkomponistin Nora Orlandi interviewt. Dabei geht es nicht nur um die Musik zu „Tod zählt keine Dollars“, sondern auch ihre Rolle als eine der wenigen weiblichen Filmkomponisten und ihre Art zu komponieren. In „Johnny Dollar“ kommt Filmhistoriker Fabio Melelli zu Wort, doch seine Ausführungen werden wieder durch sinnentstellende und zum Teil einfach vollkommen falsche Untertitel sabotiert.
Hey,
feine Kritiken hier zu der „Western Unchained“-Reihe. Bis jetzt war ich unschlüssig, aber du hast mir das entscheidende Kaufargument geliefert.
Danke dafür …
Das freut mich. Ob einem die Filme gefallen oder nicht, ist natürlich auch Geschmackssache. Immerhin ist die Auswahl für Fans aber nicht uninteressant. Gut, die neu verpackten Klassiker hat eh schon jeder im Schrank stehen, aber die Neuveröffentlichungen sind für den interessierten Italo-Western-Fan auf jeden Fall spannend und bieten mit „Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern“ auch ein absolutes Highlight. Zu dem schreibe ich aber erst morgen etwas 😉