DVD-Rezension: “Wake of Death – Rache ist alles, was ihm blieb”

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Der ehemalige Nachtclubbesitzer Ben Archer (Jean-Claude Van Damme) arbeitet für einige aus Marseille in die USA ausgewanderte Gangster. Doch er will raus aus dem Job, um sich mehr um seine geliebte Familie kümmern zu können. Seine Frau Cynthia (Lisa King) arbeitet bei der Immigrationsbehörde. Als eines Tages eine Schiffsladung mit Flüchtlingen aufgegriffen wird, nimmt sie sich des kleinen chinesischen Mädchens Kim an. Sie weiß aber nicht, dass diese die Tochter des mächtigen Triaden-Bosses Sun Quan (Simon Yam) ist. Der will seine Tochter zurück, und Menschenleben interessieren ihn nicht besonders…

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Wenn man bedenkt, wie viele Regisseure und Drehbuchautoren bei „Wake of Death“ verheizt wurden, kann man sich nur wundern, dass am Ende tatsächlich ein nicht nur ordentlicher, sondern sogar richtiggehend guter Film herausgekommen ist. Zunächst sollte die Hongkong-Actionfilm-Legende Ringo Lam Regie führen und der Film in Kanada gedreht werden. Doch Lam verließ nach einigen Wochen das Set. Er wurde durch den unbekannten Cess Silvera ersetzt, und die Produktion ging nach Südafrika. Nach zwei Wochen wurde Silvera dann gefeuert und Produzent Philippe Martinez übernahm. Dieser war vorher nicht unbedingt als Regisseur aufgefallen. Tatsächlich ist „Wake of Death“ erst sein zweiter Film auf dem Regiestuhl, und danach sollte nur noch ein weiterer Versuch folgen. Bis auf einige nervige Schnitt-Spielereien im MTV-Stil, macht er seine Sache aber recht gut. Das Drehbuch wurde gleich von vier Autoren zusammengeklöppelt. Was verwundert, da es nun wirklich keine innovative Geschichte erzählt, sondern eine solch altbekannte Story durchgekaut, dass man beinahe glaubt, die Dialoge mitsprechen zu können.

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Trotzdem ist das Wunder geschehen und „Wake of Death“ sticht deutlich aus der Masse der billigen Direct-to-Video-Action-Klopper hervor. Warum? Nun, einmal konzentriert sich Martinez auf die Charaktere seiner Geschichte. Er lässt sich Zeit, um sie mit Leben zu füllen und aus ihnen Menschen zu machen, die uns etwas angehen und deren Schicksal uns nicht völlig kalt lässt. Immer wieder ruht das Bild in Großaufnahme auf ihren Gesichtern. Immer wieder geht sie ganz nah ran, an die Emotionen und den Schmerz. Dabei stehen Martinez nun wirklich keine Schauspielgiganten zur Verfügung. Aber er kitzelt aus seinen Darstellern genau das heraus, was die Geschichte braucht. Nicht mehr und nicht weniger.

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Dabei überrascht insbesondere Jean-Claude Van Damme. Drei Jahre, bevor er für „JCVD“ erstmals auch in der seriösen Presse als Schauspieler wahrgenommen wurde, liefert er hier schon ein überzeugendes Portrait ab. Er trifft dabei genau die richtige Dosierung. Die Kamera vergrößert Emotionen, und gerade in seinen jungen Jahren wirkten seine Versuche, seinen Figuren Emotionen zu geben, ziemlich albern. Hier nimmt er sich einmal deutlich zurück und wird gerade deshalb glaubwürdig in seinem tiefen Schmerz, den der Tod seiner Frau in ihm hinterlassen hat. Man glaubt ihm auch seine Verzweiflung, wenn er seinen Sohn sucht, und dass ihm sein Leben als Handlanger der nach Amerika emigrierten Marseiller Mafia zum Halse heraus hängt. Ohne Van Damme als emotionales Zentrum würde der Film nicht funktionieren, und daher ist ihm seine Leistung hier hoch anzurechnen, besonders wenn man sich seine schauspielerische Limitierung vor Gesicht führt.

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Aber auch den anderen Schauspielern gelingt es, ihre Charaktere zu Menschen werden zu lassen und als interessanten Typen zu zeichnen. Insbesondere Anthony Fridjohn als Mafia-Boss und Claude Hernandez als sein Helfershelfer bleiben im Gedächtnis. Beide wirken zu gleichen Teilen sympathisch und hochgefährlich. Hongkong-Veteran Simon Yam als Bösewicht bekommt nicht so viel zu tun, wie man sich wünschen würde. Hier schlummerte weitaus mehr Potential als der Film am Ende ausschöpft. Doch in den (zu) wenigen Szenen, in denen er auftritt, weiß er auch gleich aufzutrumpfen und gibt mit Hingabe den brandgefährlichen „man-you-love-to-hate“. Dabei hilft, dass auch seiner stereotypen Figur mehr als nur eine Dimension verpasst wird. Denn er ist auch – wie Ben Archer – ein Vater, der sein Kind sucht und dabei über Leichen geht. Dies schimmert zwar unterschwellig immer wieder durch, doch diese Spiegelung wird nicht bis zur letzten Konsequenz ausgespielt.

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Eine wichtige Rolle übernimmt in „Wake of Death“ auch die Stadt. Dabei doubelt das südafrikanische Cape Town für das amerikanische Malibu. Die Stadt wird von den Kameramännern Emmanuel Kadosh und Michael Swan so eingefangen, dass sie eng und bedrohlich, ja erstickend wirkt. Überhaupt hat das Bild eine beinahe schon klaustrophobische Enge, in denen es den Figuren kaum möglich scheint, einmal richtig durchzuatmen. Selbst, wenn Ben Archer durch die Straße eines idyllischen Vorortes rennt oder sich auf dem Highway eine wilde Verfolgungsjagd liefert, gibt das Bild kein Gefühl von Weite und Offenheit, sondern scheinen die Ränder förmlich von allen Seiten ins Bild zu drücken und die Figuren in ihrer Welt einzuschließen.

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In seinen besten Momenten erinnert „Wake of Death“ an einen klassischen Film Noir. Er ist absolut gradlinig und ohne jeden Schnörkel erzählt, die Dialoge beschränken sich ganz auf die Übermittlung wichtiger Informationen (von einigen wenigen pathetischen Momenten zum Ende hin abgesehen) und „Wake of Death“ ist absolut humorlos. So schafft der Film es, trotz seiner ausgelutschten und weitgehend vorhersehbaren Geschichte, das Interesse des Zuschauers jederzeit aufrecht zu erhalten. Die Actionszenen sind kurz, knackig und teilweise recht spektakulär, Hilfe von CGI konnte ich dabei nirgendwo ausmachen. Einige Szenen sind von geradezu schmerzender Brutalität, was bei der Erstausgabe des Filmes zu Kürzungen von ganzen vier Minuten führte. In der mir vorliegenden „Black Edition“ ist der Film aber wieder intakt.

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Eine überraschend gelungene Direct-to-Video-Produktion. Trotz seiner bereits zu Tode erzählten Geschichte, liegt es vor allem an der Konzentration auf die Charaktere, der gradlinigen Inszenierung und einem glaubwürdigen Jean-Claude Van Damme, dass „Wake of Death“ aus der breiten Masse der Veröffentlichungen herausragt.

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„Wake of Death“ wurde bereits vor sieben Jahren von Koch Media in zwei – mal mehr, mal weniger – geschnittenen Fassungen veröffentlicht. Auch Splendid hat zwei unterschiedliche DVDs auf den Markt gebracht: Während die FSK 18-Fassung weiterhin geschnitten ist, enthält die „Black Edition“ mit „SPIO/JK“-Siegel erstmals in Deutschland den kompletten Film. Das Bild ist sehr gut, ebenso der Ton. Nur an den Extras wurde gespart. Im Gegensatz zur alten Koch-Media-DVD haben es hier bis auf den Trailer keine Extras auf die DVD geschafft.

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