Mein noch unbetiteltes Filmtagebuch: Woche 11/2010

Zur Zeit macht mir die Entwicklung dieses Blogs etwas Sorgen. Wenn ich auf die Zugriffsraten schaue, dann verzeichnet der Blog in letzter Zeit immer weniger Besucher. Das mag „saisonbedingt“ sein, es kann an der Auswahl der Themen (die ja zum Teil sehr speziell sind) liegen, am neuen Design oder es ist am Ende purer Zufall.

Wie dem auch sei, es muss etwas passieren.

Darum habe ich mir überlegt, neben den üblichen, trockenen Veranstaltungshinweisen und Neuigkeiten aus dem filmrelevanten Bremer Tagesgeschehen, auch eine wöchentliche Kolumne zu schreiben. Da ich allerdings nicht unter einer exhibitionistischen Schreib -Diarrhöe leide, die mich zwingen könnte hier exzessiv jedes kleinste und intimste Detail meines Privatleben an die Öffentlichkeit zu zerren, wird sich diese Kolumne vor allem auf Erlebnisse bei Kinobesuchen, oder ähnlichen Veranstaltungen, und die Filme, die ich so im Laufe der Woche gesehen habe, beschränken. Also frisch ans Werk.

In der letzten Woche habe ich nach vielen Jahren mal wieder „Der letzte Tango in Paris“ gesehen. Das letzte Mal habe ich den Film mit 18 oder 19 gesehen und konnte ihm damals nicht besonders viel abgewinnen. Wahrscheinlich war ich durch das Wörtchen „Skandalfilm“ geblendet und hatte dementsprechend eine ganz andere Erwartungshaltung. 22 Jahre später kann ich dem Film… immer noch nichts abgewinnen. Zwar begeistert mich die elegante Kameraarbeit und die Musik, aber ansonsten ist der Film meiner Meinung nach schrecklich belanglos. Besonders fürchterlich finde ich die völlig unnütze Figur des Regisseurs, die „Novelle Vague“-Ikone Jean-Pierre Léaud spielt. Keine Ahnung, wem Bertolucci da eines auswischen wollte, denn dieser Charakter ist sichtlich als Karikatur angelegt. Allein, ohne den entsprechenden Kontext wirkt Leaud nur hektisch, albern und extrem enervierend. Ganz, wie aus einem anderen Film gefallen. Den damaligen Skandal kann ich auch nicht nachvollziehen. Angeblich sollen ja die Hauptdarsteller und Bertolucci von einem italienischen Gericht wegen Pornographie angeklagt worden sein. Nun, ich kenne da einige Filme aus dieser Zeit (und aus Bella Italia), die diesen Tatbestand weitaus mehr erfüllen würden. Und wirklich tabubrechend ist Brandos Ruf nach der Butter nun auch nicht. Auch (oder vor allem!) nicht in den 70ern. Vielleicht ist mein Hauptproblem mit dem Film aber auch, dass ich Maria Schneider so schrecklich unattraktiv finde. Na ja, Schwamm drüber.

Dann habe ich es auch endlich geschafft, die Doppel-DVD „Avantgarde – Experimental Cinema of the 20s & 30s“ (aus den USA, dort bei „Kino On Video“ veröffentlicht) zu Ende zu schauen. Diese DVD kann ich nur jedem, der sich ernsthaft für Film interessiert, nur ans Herz legen. Sehr gefallen hat mir die Auswahl des letzten Filmes auf dieser Kollektion: „Even: As You and I„, von 1937, in dem sich die Macher auf liebevolle Art und Weise über die Art von Filmen, die man zuvor gesehen hat, lustig machen. Eine wirklich gelungener Abschluss. Ich freue mich schon jetzt auf die „Avantgarde Vol.2“ Doppel-DVD, die schon Zuhause im Schrank steht 🙂 Einziger Wermutstropfen: Die manchmal arg unpassende Musikuntermahlung (ganz schlimm z.B. bei „Regen„).

Freitag war ich im Saturn, um mir den neuen (leider von mir immer noch nicht gesehenen, aber mit großer Spannung erwarteten) Film von Lars von Trier „Antichrist“ zu kaufen. Auf dem Weg zur Kasse bin ich dann leider an dem Grabbeltisch mit Sonderangeboten vorbeigekommen und habe mir für 5 bzw. 8 Euro noch „Persepolis“ und „Gomorrah“ mitgenommen. Da mir abends noch nicht nach unerträglichen Seelenqualen war, habe ich mir erst einmal „Persepolis“ angesehen und war begeistert. Einerseits vom Stil dieses Zeichentrickfilmes, aber vor allem auch davon, wie er seine Geschichte sehr persönlich erzählt, ohne dabei in Ethno-Kitsch und Klischees zu verfallen. Bravo!

Am Sonntag war ein guter Freund zu Besuch. Als Hintergrundmusik beim Quatschen liefen die ganze Zeit über die beiden Sampler „Women in Lounge Vol. 1 & 2“ mit feinster Musik aus italienischen Filmen der 70er Jahren. Derartig in Stimmung gebracht, habe ich dann am Abend meine „Giallo“-Box von dem US-Label Blue Underground gegriffen, die schon seit einigen Jahren bei mir im Regal vor sich hinstaubt, und endlich den mir noch unbekannten „The Case Of the Bloody Iris“ mit der unvergleichlichen, wunderschönen, anbetungswürdigen (hoffentlich liest meine Frau hier jetzt gerade nicht mit!) Edwige Fenech gesehen. Es war mal wieder schön. Schöne Musik von Bruno Niccolai, viel nackter Haut, eine Handvoll Morde und eine wunderbar abstruse, überkonstruierte Auflösung. Also alles was ein Giallo braucht. In meinem Herzen schien seit langer Zeit mal wieder die italienische Sonne und ich fühlte mich irgendwie „daheim“. Da ich die „Giallo“-Box nun eh schon neben dem Fernseher steht, gibt es demnächst dann noch „The Blood-Stained Shadow“ und „Who Saw Her Die?„. Aber davon dann ein andermal.

Das war’s erst einmal für heute. Ich hoffe, es hat Euch etwas gefallen. Über Feedback freue ich mich natürlich.

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