Nachruf: Bernd Eichinger (1949-2011)

Ich gebe zu, dass mir Bernd Eichinger eigentlich immer unsympathisch war. Ein deutscher Jerry Bruckheimer, der Hollywood weitaus näher stand, als dem europäischen Autorenkino. Der gerne den starken Mann markierte und großkotzig auftrat. Bis zu einem Augenblick im letzten April, wo ich das erste Mal wirkliche Sympathie für den Kerl empfunden habe.

Am 23. April 2010 erhielt Bernd Eichinger den Ehrenpreis der Deutschen Filmakademie für sein Lebenswerk. Als Eichinger dann auf die Bühne ging, um seinen Preis abzuholen, war er sichtlich bewegt. Ein Eindruck, der sich in seiner Dankesrede verfestigte. Dieser mächtige Mann war zutiefst dankbar und gerührt dafür, dass seine Arbeit endlich gewürdigt wurde. Dass er letztendlich einmal auch Anerkennung von der deutschen Filmszene erhielt. Da wirkte er dann zutiefst menschlich und zum erste Mal war er mir von Grund auf sympathisch. Ja, ich freute mich sogar für ihn, obwohl ich seinen Werken sehr kritisch gegenüberstehe.

Vor allem, wenn er aus tragischen Ereignissen der deutschen Geschichte, wie dem dritten Reich („Der Untergang„) oder dem deutschen Herbst 1977 („Der Baader-Meinhoff-Komplex„) massentaugliches Eventkino machte. Aber andererseits hat er hat auch den „Namen der Rose“ produziert, „Christiane F.“ und „Das Geisterhaus„. Er hat das deutsche Kino mit schrecklich seichten oder schlichtweg dämlichen Komödien überflutet, andererseits aber auch internationale Großproduktionen nach Deutschland geholt und damit die Industrie hier gefestigt. Fast im Alleingang sorgte er dafür, dass Deutschland international als Filmstandort kein unbeschriebenes Blatt ist. Was wiederum viele Filmschaffende in Brot und Lohn bringt und die Chance eröffnet, sich international zu beweisen.

Nun verstarb Bernd Eichinger völlig überraschend am 24. Januar. In den Nachrufen und Feuilletons wird sein Lebenswerk nun glorifiziert und die bange Frage gestellt, ob es eine Zukunft für den deutschen Film nach Eichinger gibt. Natürlich tut es das. Vor allem abseits der großen „Neue Constantin“-Produktionen, hat sich eine feine Szene von überaus talentierten jungen Filmemachern entwickelt, die mangelndes Budget durch gute Geschichte, Einfallsreichtum und großes Talent ausgleichen.  Hier seien nur mal Andreas Dresen, Christian Petzold oder Hans-Christian Schmid erwähnt.

Was aber die großen Mainstream-Produktionen angeht, befürchte ich, dass nun die Manager und Controller die Produktionen übernehmen und die Situation noch unerträglicher wird, als sie es schon war. Bei Eichinger, der ja erwiesenermaßen das Kino liebte, gab es noch hier und da Ecken und Kanten. Ich befürchte, diese werden von seinen Nachfolgern nun endgültig ausgebügelt. Und vor allem wird der deutschen Filmlandschaft ein weiterer Charakterkopf fehlen, an dem man sich mit Vergnügen reiben konnte.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=ya15tATq4N0[/youtube]

Anmerkung: Ich sehe gerade, dass Eichinger nicht nur das Prestige-Objekt „Der Untergang“, sondern 1977 auch Hans-Jürgen Syberbergs siebenstündiges Mammut-Kunstwerk „Hitler, ein Film aus Deutschland“ produziert hat. Das finde ich bemerkenswert.

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Eine Antwort zu Nachruf: Bernd Eichinger (1949-2011)

  1. Scob sagt:

    Ich mochte die meisten Eichinger-Filme auch nicht – irgendwie waren sie alle „eklig“, weil ihnen die mutlose Seichtheit eines kalkulierten Publikumserfolges anhing („Das Parfüm“, „Fräulein Smilla“, „Das Geisterhaus“). Dennoch hat mich der Tod Eichingers bestürzt, und ich bedaure seine Abwesenheit zutiefst. Denn mit ihm war zumindest immer etwas los in der deutschen Filmlandschaft: Man empörte sich, es wurde diskutiert, gestritten und zerrissen – und die Leute gingen ins Kino: „Der Untergang“, „Baader-Meinhof-Komplex“, „Christiane F.“. Zuletzt hatte Eichinger die Kampusch-Verfilmung in Planung!

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