Blu-ray-Rezension: “Der Meister mit den gebrochenen Händen“

Der Vater des jungen Jackie wird einem Schurken ermordet, als er sich weigert, wehrlose Dorfbewohner zu töten. Jackies Onkel nimmt den Jungen zu sich, verbietet ihm aber Kung Fu lernen. Heimlich beobachtet Jackie das Training einer Kung-Fu-Schule mit. Als er vom dortigen Lehrer weggejagt wird, trifft Jackie auf einen alten Bettler, der ihn weiter unterrichtet. Als Jackie ein junger Mann ist, legt er sich mit einer Truppe lokaler Kleinkrimineller an, was seinem Onkel gar nicht gefällt, weshalb er Jackie hart bestraft. Doch Jackie erholt sich, räumt mit den Ganoven auf und tritt am Ende sogar dem Mörder seines Vaters entgegen.

Der Meister mit den gebrochenen Händen“ war für mich immer eine jener VHS-Kassetten, die in der Videothek irgendwo unten im Regal standen und bei denen man sich sicher war, dass es sich um eine Mogelpackung handeln würde. In der Erinnerung meine ich, dass auf der Kassette damit geworben worden wäre, dass die Toneffekte von den Spencer/Hill-Machern stammen würden. Da ich bei de Recherche dazu aber nichts finden konnte, wird dies höchstwahrscheinlich ein anderes Eastern-Tape gewesen sein. Richtig ist jedenfalls, dass der Kino- und VHS-Titel „The Master mit den gebrochenen Händen“ war. Wobei „The Master“ in Anführungszeichen stand. Ob man sich hier an den Erfolg von „Meister aller Klassen“ hängen wollte, der im Original ja „The Young Master“ hieß? Aber wer wusste das hierzulande schon? Ferner packte man noch ein Bild von Jackie aus seinem US-Debüt „The Big Brawl“ aka „Die große Keilerei“ auf das Cover. Da dürfte sich manch einer gewundert haben, als er in den frühen 80ern den Film auslieh. Denn bei „Der Meister mit den gebrochenen Händen“ handelt es sich in weiten Teilen um einen Film von 1973 (gedreht wurde dieser sogar schon 1971). Und da sah Herr Chan noch etwas anders aus, denn erst in der zweiten Hälfte der 70er legte er sich unter das Messer, um seine Augen ein wenig runder und damit „westlicher“ machen zu lassen.

Der Rest wurde nach Jackies Durchbruch mit „Sie nannten ihn Knochenbrecher“ einfach ohne den Star nachgedreht. Und da schnappte man sich kurzerhand den sicherlich günstiger zu bekommenden Simon Yuen Siu-Tin als trinkfreudiger Bettler, der sich als Kung-Fu-Meister entpuppt und den jungen Jackie unter seine unkonventionellen Fittiche nimmt. Eine Rolle, die er nicht nur im bereits erwähnten „Sie nannten ihn Knochenbrecher“, sondern auch dem anderen immens erfolgreichen Jackie-Chan-Filmen „Die Schlange im Schatten des Adlers“ und unzähligen billigen Imitaten dieser beiden Erfolge übernommen hatte. Simon Yuen Siu-Tin ist übrigens der Vater von Yuen Woo-Ping, der nicht nur als Regisseur die beiden eben genannten Jackie-Chan-Filmen und eine Reihe großartiger 80er-Hongkong-Actioner gedreht hat, sondern mehr noch als Kung-Fu-Choreograph großer US-Produktionen wie „Matrix“ bekannt wurde. Leider verstarb Simon Yuen Siu-Tin kurz nach Fertigstellung der nachgedrehten Szenen 1980 an Krebs. Die Szenen die nicht zum ursprünglichen Film gehörten, sind all jene in denen die Figur des Bettlers auftaucht. Also vor allem der Beginn und das abgeklatschte zweite Finale, in dem teilweise Szenen aus anderen Filmen mit Jackie Chan genutzt wurden, vor allem aber ein Jackie-Chan-Double herumläuft, welches aus einem sehr fadenscheinigen Grund eine Maske über dem Gesicht trägt.

Somit hat man es bei „Meister mit den gebrochenen Händen“ im Grunde mit einem künstlichen Konstrukt zu tun, welches zu 2/3 aus einem unbekannten B-Film von 1973 und zu 1/3 aus neuem Material ohne Jackie Chan zu tun. Da erstaunt es in der Tat, dass sich das dann doch relativ gut zusammenfügt. Zumindest am Anfang. Nach dem eigentlichen Finale des ursprünglichen Films wird es dann wirr, sprunghaft und passt nicht mehr wirklich. Gleiches gilt für die komödiantischen Szenen mit Dean Shek, die an den Haaren herbeigezogen und nicht wirklich gelungen sind. Doch davon ab, ist „Meister mit den gebrochenen Händen“ ein auf mehreren Ebenen interessantes Zeitdokument. Einmal zeigt es die Kreativität, welche die B-Filmmacher in Hongkong an den Tag gelegt haben, um am Erfolg der Stars des Landes zu partizipieren. Stichwort Bruceploitation. Andererseits zeigen die Szenen des Originalfilms, dass Jackie Chan schon mit 17 Jahren in der Lage war einen Film zu tragen und hier einiges von der Persönlichkeit einbrachte, die ihn einige Jahre später zum Superstar machten. Umso erstaunlicher, dass man nach dieser ersten Hauptrolle lange keine rechte Ahnung hatte, was man mit Jackie anfangen sollte und ihn als Bruce-Lee-Nachfolger aufbauen oder sogar als Bösewicht verheizen wollte.

In seiner Autobiographie schreibt Jackie Chan, dass er durch Beziehungen an die Hauptrolle gekommen sei, dann aber geschockt war, als er am Drehort ankam. Seinen Ausführungen nach gab es kein Budget, keine fertiges Drehbuch und auch keine wirkliche Regie. Bezahlt wurden er und die restliche Crew am Ende auch nicht, da Regisseur und Produzent mit dem Filmmaterial auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Tatsächlich wurde der Film aber scheinbar im März 1973 in Hongkong als „Cub Tiger from Kwang Tung“ oder „Little Tiger of Canton“ aufgeführt. Andere Titel waren „Snake Fist Fighter“ oder „Ten Fingers of Death“ und 1981 kam dann die neue Fassung als „Master with Cracked Fingers“ in die Kinos. Oder bei uns eben im Oktober 1981 als „The Master mit den gebrochenen Händen“.

FilmArt hat dem Film nun eine HD-Veröffentlichung gegönnt, die im Gegensatz zu der alten Kino- und VHS-Fassung ungekürzt ist. Erstmals remastered und mit überarbeiteten Ton. Das Bild ist angesichts der Produktionsgeschichte des Films gut. Die damals gekürzten Szenen wurde in Mandarin mit deutschen Untertiteln eingefügt. Extras gibt es bis auf eine Deleted Scene (eine Szene, die nur in der deutschen Kino vorhanden war und eigentlich in einen ganz anderen Film gehört) und Trailer leider keine.

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