Bericht: A WALL IS A SCREEN in Bremen

A Wall is a Screen ist ein in Hamburg bereits 2003 gegründetes Projekt, welches bereits in unzähligen Städten national wie international (laut Wikipedia war A Wall is a Screen in 23 Ländern unterwegs, darunter Austin, Texas und Hyderabad in Indien) zu Gast war. Nur in Bremen waren sie bisher noch nie. Ein Umstand, der am Tag der Deutschen Einheit geändert wurde. Organisiert wurde das alles vom Kommunalkino City 46, die natürlich der ideale Partner für solch eine Veranstaltung sind und die Plätze (durch die Corona-Krise waren diese begrenzt) waren schnell weg. Daher war es gut, dass wir mit einer Gruppe von vier Leuten schnell waren und dabei sein konnten, als A Wall is a Screen das erste Mal in unserer Stadt gastierte. Ich habe im Vorfeld nicht viel über A Wall is a Screen gelesen. Das Prinzip war mir bekannt, denn ich wusste, dass es in Hamburg öfter Stadtspaziergänge mit Kurzfilmen gab. Zudem hatte ich im Rahmen des Stadtteilfestes Walle vor zwei Jahren an einer ganz ähnlichen Tour mit dem Fahrrad teilgenommen, wo an besonderen Orten im Stadtteil Filme projiziert wurden (da aber zumeist Dokumentationen mit Walle-Bezug). Und was ich erwartete, wurde mir bei A Wall is a Screen auch geboten. Ich habe mich bemüht, die Titel der Filme herauszufinden. Bei vier der Filme ist mir das allerdings nicht gelungen. Wenn jemand da mehr weiß, bitte in die Kommentare schreiben.

Man traf sich an einem kurz zuvor bekannt gegeben Treffpunkt, wo der erste Kurzfilm gezeigt wurde. Dann ging es los durch die Bremer Innenstadt, wo an sieben weiteren Stellen Kurzfilme an Häuserwände projiziert wurden. Das Ganze dauerte kurzweilige 90 Minuten und hat großen Spaß gemacht. Beim Treffpunkt am Hillmannplatz hatten sich trotz Regenwetters so ca. 30 Leute eingefunden. Und pünktlich um 20:15 ging es mit dem ersten Kurzfilm los. Den Titel des ersten Films, der aus den Niederlanden stammte, habe ich mir merken können: Er hieß „Voor Film“ und war eine schöne, interessante und manchmal witzige Reflektion über das Kino und Film. Dabei wurden Themen aufgegriffen, wie was Blinde oder Taube im Kino erleben und ob man beim Abspann sitzen bleibt oder nicht. Eine gelungener Auftakt.

Danach ging es weiter über den Philopsophenweg zur Großen Weide, wo an die Häuserwand neben einem, sagen wir mal „Nachtclub“, ein sehr hübsches Filmchen über einen Mann der am Frühstückstisch zu einer Opern-Arie lip-synched und um den herum erst ein in Latexgehüllter Kontrabass-Spieler und eine Oma mit Ball im Mund erscheinen und danach geht es dann richtig ab mit noch mehr Latexmenschen, Discokugeln, Transvestiten und einiges mehr. Super. Leider kenne ich hier den Titel nicht. An der Contrescape hinter dem Konsul-Hackfeld-Haus gab es einen sehr witzigen und schönen norwegischen Film über einen missglückten Heiratsantrag und etwas weiter Richtung Bürgermeister-Smidt-Str. einen Film, indem ein Mann gleichzeitig drei Rollen spielt und sich diese drei in sich steigerndem Tempo Sätze an den Kopf werfen, die durch Wortwahl und Worttöne immer rhythmischer (und absurder) werden. Das erinnerte stark an die drei Kastagnetten aus der Bully-Parade. Und kam beim Publikum sehr gut an. Am Wall-Info-Center gab es einen schnell geschnittenen Film, dessen Thema mit nicht ganz klar wurde, aber das Zusammenspiel von Bild und Ton hat mir gut gefallen.

 

Weiter geht’s jetzt über den Spitzenkiel, wo an eine unten mit Graffiti-verschmierten Wand ein wundervoll bizarrer Animationsfilm über Pandas gezeigt wurde, die sich im Laufe der Evolution den Gegebenheiten anpassen von von brutalen Fleischfressern zu lethargischen Bambuskauern werden, die von den Menschen als Knuddelwesen angehimmelt werden. Um dann irgendwann zu rattenähnlichen, müllfressenden Krankheitsüberträgern zu werden. Das war sicherlich nicht jedermanns Sache, mir hat der absurd-bluttriefende Film sehr gut gefallen. Der hätte auch gut in die Netflix-Reihe „Sex, Death + Robots“ gepasst. Der Film hieß „Pandy“, kommt aus Tschechien und der Slowakei und wurde von Matus Vizar hergestellt. Einige Preise hat er auch gewonnen.

Nächste Station war ein Hinterhof in der kleinen Hundestrasse, wo sehr passend ein kurzer Film, der eigentlich mehr eine Installation war, die mich an die Filme von Roy Anderson erinnerte, in dem die Fassade eines Kaufhaus hoch und runter gefilmt wurde und man dabei in den verschiedenen Etage, die unfassbarsten Dinge sieht. Vom Stier im Erdgeschoss, über Ein Orchester, Männer in Cowboykostümen die auf Spielzeugpferden reiten usw. Dazu coole Musik. Den Film habe ich in der IMDb tatsächlich auch gefunden. Er heißt „The Destroyed Room“ von Jonas Meier uns Mike Raths und stammt aus der Schweiz.

Die letzte Station war dann der Loriotplatz und der abschließende Kurzfilm hätte nicht besser gewählt werden können. In „Herbst“ von Meinhard Rauchensteiner, liest ein Mann einem dieser Spielzeuge, die immer die letzten Wörter in einer hohen Quietschstimme wiederholen das Gedicht „Herbst“ von Rainer Maria Rilke vor und reagiert immer frustriertet und verärgerter, wenn das Spielzeug nicht alles korrekt wiederholt. Sehr schön. Wie überhaupt die ganze Tour. Schade, dass das Wetter nicht ganz optimal mitgespielt hat. Aber nach den Regenschauern am Anfang, war es dann die überwiegende Zeit trocken.

Mir hat die Veranstaltung einen Riesenspaß gemacht. Sowohl die Route, die eingeschlagen wurde, als auch die Kurzfilme waren optimal ausgesucht. Keine einfachen „Crowdpleaser“, sondern teilweise eigenwillige, ganz unterschiedliche Filme, die hervorragend zur Umgebung passten. Sehr schön auch das Gemeinschaftsgefühl mit einer größeren Gruppe umherzuziehen, die alle Spaß an der Sache hatten und gleichzeitig auch ein paar Ecken zu sehen, die man selten oder in einem Falle noch gar nicht gesehen hat. Der Stadtraum verändert sich ja auch ein wenig, wenn er als Leinwand und nicht als bloßer Durchgang genutzt wird. Eine tolle Sache von der ich sehr hoffe, dass sie nicht die letzte ihrer Art in Bremen war. Aber ich glaube bei dem spürbar begeisterten Publikum, kommt A Wall is a Screen hoffentlich gerne nach Bremen zurück.

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