DVD-Rezension: „Bruce Lee – Der Unbesiegte“

Tang Wei (Bruce Li) ist eigentlich der Star seiner Kung-Fu-Schule, doch als er die Chance auf einen gut bezahlten Job als Versicherungsvertreter bekommt, greift er zu. Seine neue Arbeit bringt ihn mit dem Filmproduzenten Cheon Dak-Chen und dessen Star Chin-Long (Lung Szema) zusammen. Dabei wird sein Talent als Kung-Fu-Kämpfer entdeckt und bald schon arbeitet Tang Wei nicht mehr für die Versicherung, sondern als Stuntman für Chin-Long. Was er nicht weiß, dadurch wird er Teil einer gefährlichen Intrige, bei der es um sehr viel Geld geht…

Die Geschichte des Bruceploitation-Films ist eine kurze, aber sehr intensive. Laut Wikipedia wurden nach dem Tod des echten Bruce Lee im Jahre 1973 zwischen 1974 und 1984 weit über 100 Filme mit Bruce-Lee-Imitatoren gedreht. Diese hörten auf (Künstler)Namen wie Bruce Li, Bruce Le, Bruce Lei usw. usf. Tatsächlich war meine erste Begegnung mit Bruce Lee ebenfalls ein Bruceploitation-Film, der eines Nachts auf RTL (zu den golden Zeiten Anfang der 90er) lief. Wie ich heute weiß, war das „Das Spiel des Todes“ aka „Enter the Game of Death“ mit Bruce Le. Da ich zuvor noch nie einen Film mit dem echten Bruce Lee gesehen hatte, fiel ich prompt auf den Schwindel herein. Immerhin waren die Kampfszenen aber so eindrucksvoll, dass mir der Mund offen stand. Wobei ich aber sagen muss, dass dies auch mein erster Hongkong-Kung-Fu-Film überhaupt war. Vielleicht wäre ich heute weniger beeindruckt. Gesehen habe ich den Film, an den ich entsprechend gute Erinnerungen habe, bisher nicht wieder.

Glaubt man der einschlägigen Literatur, so war Bruce Li der talentierteste Bruce-Lee-Imitator. Zwar hatte er keine besonders große Ähnlichkeit mit dem Original, konnte aber dessen Kampfstil ziemlich gut nachahmen, Seine ganze Karriere spielte sich quasi nur während der Bruceploitation-Phase ab. Nach drei kleinere Rollen übernahm er 1974 die Hauptrolle in „Die Bruce-Lee-Story“ und hielt sich bis 1982 gut im Geschäft. „Bruce Lee – Der Unbesiegte“ ist einer seiner letzten Filme und entstand nach einer ungewöhnlich langen Pause von drei Jahren. Zudem ist es einer von nur zwei Filmen, bei denen Bruce Li bzw. Ho Chung Tao Regie führte, Eigentlich ist es auch kein klassischer Bruceploitation-Streifen, denn bis auf den Künstlernamen des Hauptdarstellers und einem kurz in die Kamera gehaltenen Bruce-Lee-Magazins gibt es keine Querverweise zur Legende, Auch hält sich Bruce Li mit den für das Gerne obligatorischen Bruce-Lee-Grimassen sehr zurück. Tatsächlich wurde dem Film das „Bruce Lee“-Siegel nur in Deutschland (wo eine alte, stark gekürzte VHS-Kassette dem Publikum weiß machen wollte, es handele sich um einen „DER ERSTEN BRUCE-LEE-FILME AUS AMERIKANISCHEN ARCHIVEN HERVORGEHOLT“) und Italien (hier lief er als „Bruce Lee il leggendario“) aufgepappt. In Frankreich hieß er lustigerweise „La vengeance de Dragon Lee“ – wobei Dragon Lee der Künstlername des Bruce-Lee-Imitators Mun Kyong-sok war. Eigentlich aber heißt Lis Werk „The Chinese Stuntman“, was auch gut passt.

Der Film scheint – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass Li Regie führte und sich kurz darauf aus dem Geschäft zurückzog – eine persönliche Abrechnung mit der Hongkonger Filmindustrie zu sein. Mit seinen eitlen Stars, lebensgefährlichen Dreharbeiten, desinteressierten Regisseuren (derjenige des Film-im-Films wird häufig auf seinem Regiestuhl schlafend gezeigt), miese Stimmung am Set und Verstrickungen mit der chinesischen Mafia. Vom Glamour der Filmwelt kann man hier wahrlich nicht sprechen, und am Ende kaufen die ausländischen Investoren ja eh jeden Quatsch. Wahrscheinlich ist das Bild, welches Bruce Li hier zeichnet, gar nicht so weit weg von der Realität. Da Bruce Li zu den Besseren der Bruce-Lee-Klone gehörte (manche sagen der Beste) kann man sich auch auf die Action verlassen, die meistens kurz, intensiv und ohne Kinkerlitzchen ist. Dies gilt insbesondere für die beiden Kämpfe am Ende, wenn er zunächst in einem kleinen Hotelzimmer gegen Dan Inosanto (tatsächlich ein Schüler des echten Bruce Lee und in dessen „Game of Death“ involviert) antritt und sich dann später eine fast schon epische Schlacht mit Lung Szema liefert. Dieser sieht zwar eine Kung-Fu-Version des fetten Elvis, zeigt aber im Finale, dass er sich gut und akrobatisch bewegen kann.

Riesige Erwartungen sollte man an „Bruce Lee – Der Unbesiegte“ nicht stellen. Nimmt man ihn aber als das, was er ist – nämlich ein günstig hergestellter Klopper aus Taiwan – dann weiß der Film angenehm zu unterhalten. Auch ein ausgeklügeltes Drehbuch sucht man vergebens. Viele Aktionen wirken unmotiviert. Und weshalb hier wer wem Steine in den Weg bzw. Eisenstifte in die Matratze legt, wird auch nie so wirklich klar. Das geht dann irgendwann im Kuddelmuddel unter. Aber das macht gar nichts. Li weiß seinem Film den nötigen Drive zu geben und sich gerade zum Ende hin zu steigern. Seinen Sidekick aus dem Westen gibt mit John Ladalski ein echter Kung-Fu-Experte, der auch später noch in einigen Filmen auftauchte, u.a. bei Jackie Chan und in Van Dammes „Karate Tiger 3“. Zwar geht seine Wandlung vom unsympathischen Saulus zum kumpelhaften Paulus etwas rasch von statten, wie auch leider sein Abgang, aber immerhin sieht man, dass Bruce Li durchaus großen Wert darauf legte, sich mit Könnern zu umgeben. So rauschen die 85 Minuten Spielzeit zwar ohne größeren Nährwert, aber unterhaltsam an einem vorbei.

Die Veröffentlichung von filmArt ist die erste ungekürzte Fassung im korrekten Format von 2,35:1. Die bisher fehlenden Szenen wurden von einer eher schlechten VHS-Quelle eingefügt. Da es sich bei diesen aber nur um Handlung (welche nicht ganz unwichtig für den Film ist) handelt, ist dies zu verschmerzen. Die Qualität des Hauptmaterials ist nicht berauschend – was wohl dazu führte, den Film nur auf DVD und nicht in HD zu veröffentlichen -, aber okay. Sie erinnert mit ihren Laufstreifen und kleinere Schäden angenehm an die Bahnhofskinos, in denen die scheinbar als Basis genutzten Filmrollen einst liefen. Der Ton liegt nur in Deutsch Mono 1.0. vor, ist aber für die damalige Kinoauswertung sehr anständig synchronisiert worden. So wird Bruce Li von Hans-Georg Panczak gesprochen. An Bonus gibt es die um 22 Minuten gekürzte Videofassung, den Kinotrailer, eine Bildergalerie und Programmhinweise.

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