Nachdem sie bei einem unheimlichen Zwischenfall in Afrika vom Hexenmeister eines Eingeborenenstammes fast in den Wahnsinn getrieben wurde, ist Gwen Mayfield (Joan Fontaine) wieder nach England zurückgekehrt. Hier hofft sie, sich von den schlimmen Ereignissen zu erholen. So sagt sie schnell zu, als ihr Alan Bax (Alec McCowen) – den sie für einen Priester hält – eine Anstellung als Englischlehrerin in der Schule des kleinen Örtchen Heddaby als Englischlehrerin anbietet. Der leicht verschrobene Alan, lenkt mit seiner Schwester Stephanie Bax (Kay Walsh) die Geschicke des Ortes. Gwen freundet sich mit Stephanie an und fühlt sich in ihrer neuen Umgebung zunächst sehr wohl. Doch bald schon merkt sie, dass etwas hinter der freundlichen Fassade nicht stimmt. Als sie hört, dass ihre liebste Schülerin Linda (Ingrid Boulting) von ihrer Großmutter (Gwen Ffrangcon Davies) misshandelt wird und das ganze Dorf versucht Linda von ihrem Freund Ronnie (Martin Stephens) fernzuhalten, geht Gwen der Sache auf den Grund und gerät damit selber in Gefahr…
„The Witches“ zählt nicht zu den bekanntesten Hammer-Horror-Filmen. Daran ändert auch der reißerische deutsche Alternativ-Titel „Der Teufel tanzt um Mitternacht“, der ihm für die TV-Ausstrahlung angedichtet wurde, nichts. Die Gründe für seine mehr oder weniger große Obskurität liegt sicherlich an mehreren Faktoren. Einmal geht es hier nicht um die überaus beliebten, klassischen Hammer-Ungeheuer: Vampire, Frankensteins Monster oder meinetwegen auch Mumien. Zudem wirken keine der üblichen Verdächtigen mit. Peter Cushing und Christopher Lee wären hier zwar auch nicht die Idealbesetzung (wobei man sich Lee allerdings gut als männlichen Hexenmeister vorstellen könnte), aber nicht einmal ein Michael Ripper schaut um die Ecke. Hinter der Kamera stand der weitgehend unbekannte Cyril Frankel, der hauptsächlich für das englische Fernsehen arbeitete und dort an zahlreiche Episoden von „Department S“, „Jason King“ und „Gene Bradley in geheimer Mission“ mitarbeitete. Seine letzte Regiearbeit datiert von 1990 und ist ausgerechnet das Thomas-Gottschalk-Vehikel „Eine Frau namens Harry“, welches die deutsche Supernase international bekannt machen sollte. 1966 war auch die erste goldene Phase für Hammer vorbei. Bis zum Comeback mit mehr Blut und Brüsten sollte es noch etwas dauern. Schlechte Voraussetzungen also für „The Witches“.
„The Witches“ war ein Herzensprojekt der großartigen, oscar-prämierten Schauspielerin Joan Fontaine, die schon bei Alfred Hitchcock Erfahrungen mit unheimlichen Begegnungen gemacht hatte. Ihr gefiel die Novelle „The Devil’s Own“ von Norah Lofts (veröffentlicht unter deren männlichen Pseudonym „Peter Curtis“) so gut, dass sie sich die Rechte sicherte und in Hammer ein Studio fand, welches „The Devil’s Own“ gerne produzierte. Wahrscheinlich schielte man dabei auch auf die damals populäre Welle der „alten Damen in Horrorfilmen“, die von Robert Aldrichs Meisterwerk „Was geschah wirklich mit Baby Jane?“ losgetreten wurde, und von der die großen Stars des klassischen Hollywoods noch einmal profitieren konnten. Wie Bette Davis (die dann in einigen von Hammers Psycho-Thrillern mitspielte), Joan Crawford, Olivia de Havilland (Joan Fontains Schwester und ewige Rivalin) oder auch Tallulah Bankhead (ebenfalls in einer Hammer-Produktion). Im Gegensatz zu diesen musste Fontaine aber nicht die irre Alte geben, sondern spielte in „The Witches“ eine starke, unabhängige Frau, die nicht nur Heldin, sondern auch das emotionale Zentrum des Filmes ist. Dabei half gewiss, dass Joan Fontaine mit gerade Mal Ende 40 auch eine ausgesprochen schöne und elegante Frau war. Dass man der Fontaine in „The Witches“ kein männliches love interest zur Seite stellte und ihr Interesse vor allem der jungen Linda Rigg, gespielt von Ingrid Boulting, und der starken Stephanie Bax, gespielt von der umwerfenden Kay Walsh, gilt, hat einige Filmkritiker dazu bewogen, in dem Film eine lesbische Grundierung zu entdecken. Diese kann ich nicht finden. Joan Fontaines Charakter Gwen Mayfield ist eine starke Frau, die gut auf sich selber aufpassen kann und keine männliche Hilfe braucht. Wie nun ihre sexuelle Orientierung aussieht ist für den Film (und auch sonst) dann auch herzlich egal.
Norah Lofts Novelle wurde von dem legendären Quatermass-Erfinder Nigel Keale für die Leinwand aufbereitet. Da ich die Vorlage nicht kenne, weiß ich nicht, ob die Ambivalenzen bereits in der Novelle vorhanden waren, oder auf Keale zurückgehen. Relativ früh wird klar, dass die großartige Kay Walsh in der Rolle der Stephanie Bax hinter dem Hexenkult steht (dieser Punkt wird auch auf den Bildern der DVD-Hülle verraten, ist also kein großer Spoiler). Sie gibt es sogar offen zu und diskutiert mit der Heldin Gwen Mayfield über die Rolle der Hexe. Und in der Tat klingt vieles von dem, was sie sagt, durchaus vernünftig. Stephanie Bax wirkt auch keineswegs wie eine Wahnsinnige oder von Machtgier zerfressen. Stephanie Bax Ganz im Gegensatz zu Gwen Ffrangcon Davies als Granny Riggs, der die Bosheit oftmals aus den schielenden Augen zu tropfen scheint. Sie steht dann auch im Zentrum der Paranoia, die sich langsam in Gwen Mayfield ausbreitet. Regisseur Cyril Frankel gelingt es hervorragend, das Abgründige hinter der scheinbar so heilen Dorf-Fassade durchscheinen zu lassen. Trotz allem Lächeln und freundlich Winken spürt man doch jederzeit, dass etwas bedrohliches hinter den so sonnigen Gesichtern steckt. Gwen Mayfields Unbehagen wird fast fühlbar, wenn man nebenbei sieht, wie im Bildhintergrund eine Mutter ausgesprochen rüde mit ihrer kleinen Tochter umgeht, man Fetzen von böser Nachrede hört oder sich das lächelnde Gesicht blitzschnell in eine grimmige Grimasse verzieht, wenn mal keiner hinsieht. Das ist der wahre Horror von „The Witches“.
Männer spielen in diesem Film kaum eine Rolle. Sie sind entweder schwächlich wie Alec McCowen als Alan Bax, Opfer oder willfährige Helfer des Hexenkults. Um die wichtigen Dinge kümmern sich die Frauen. Im Guten, wie im Bösen. Vielleicht stieß dies damals dem (oftmals männlichen) Horrorfilm-Publikum sauer auf, und sie blieben dem Film fern. Es kann allerdings auch am lächerlichen und unfreiwillig komischen Finale liegen. Dieses ist an Albernheit kaum noch zu überbieten und droht den bis dahin wunderbar zurückhaltenden und ernsthaften Film, nachhaltig zu beschädigen. Während die souveräne Kay Walsh ihr bestes tut, um die Situation noch halbwegs zu retten – was ihr aber nur bedingt gelingt – springen die anderen Darsteller umher als gelte es den ersten Preis in der Kategorie „Wie mache ich mich am Besten zum Affen“ zu gewinnen. Da wird wild grimassiert und eine große Orgie simuliert, die allerdings schon deshalb lustig wirkt, weil alle Beteiligte noch ihre – aus welchem Grund auch immer – zerrissene Kleidung anhaben und diese aufeinander rollen nun gar nichts erotisches und verruchtes hat, sondern an eine Krabbelgruppe im Kinderspielkreis erinnert. Das Ende kommt dann auch allzu abrupt und den vorangegangen, ebenso spannenden wie 90 Minuten vollkommen unwürdig. Das ist sehr schade und wirkt in der Tat so, als ob der Produktion kurz vor Schluss das Geld ausgegangen ist und man jetzt schnell gucken musste, wie man die Geschichte ganz schnell zu einem Ende bringt. Was den Film als Ganzes aber nicht schmälern soll.
„The Witches“ ist im Hammer-Kanon zwar etwas untergegangen, entpuppt sich aber als souverän inszenierter Paranoia-Thriller mit übersinnlichen Tönen. Leider macht das abrupte und ziemlich alberne Finale viel von der zuvor sorgsam aufgebauten Spannung kaputt. Trotzdem ist „The Witches“ eine hübsche Perle am Kleid des britischen Horrorfilms.
Anolis bringt „The Witches“ erstmals in Deutschland auf HD heraus. Wieder vollgepackt mit Extras und in ein tollen Bildqualität. Letztere zeichnet sich durch Schärfe und kräftige Farben aus, ohne dabei das Alter des Filmes zu verleugnen. So soll eine Veröffentlichung eines 50-jährigen Films auch aussehen. Der Ton ist klar und kommt – zumindest in der Originalfassung – sehr authentisch rüber. Für die Freunde deutscher Synchronfassungen ist die TV-Synchronisation mit an Bord. Im Audiokommentar unterhalten sich Dr. Rolf Giesen und Volker Kronz über vieles was interessant ist, aber nicht zwangsläufig auf den Film bezogen – den sie auch gar nicht besonders mögen. Was ich nicht unbedingt nachvollziehen kann. Sehr schön sind die beiden Featurettes, die als Bonus beigegeben wurden. Die Episode der „Wicked Woman“ TV-Serie „World of Hammer“ von 1990 ist bereits bekannt und befand sich schon auf der deutschen Erstveröffentlichung des Films von 2003. Sie beschäftigt sich mit den Schurkeninnen der Hammer Studios. Ganz und gar großartig ist die 45-minütige Dokumentation „Hammer Glamour“, welche 2013 von Hammer-Experte Marcus Hearn gedreht wurde und in der sich Madeline Smith, Martine Beswick, Caroline Munro, Vera Day, Jenny Hanley und Valerie Leon tausend und eine Anekdote zu erzählen haben, und dabei super sympathisch und humorvoll rüber kommen. Da möchte man gerne mit auf dem Sofa sitzen. Das 25-seitige Booklet ist nur in der Mediabook-Version enthalten, weshalb ich nichts drüber sagen kann. Die Extras der Blu-ray werden durch den amerikanischen Kinotrailer, TV-Spots und Bildergalerien abgerundet.