Moskau im Jahre 1930. Während Stalin regiert, kommt der Teufel (Alain Cuny) in die sowjetische Hauptstadt. Satan gibt sich als distinguierter „Meister der schwarzen Magie“ Woland aus. Der Autor Nikolai (Ugo Tognazzi) versucht derweil gegen den Willen der Kulturelite sein Theaterstück über Pontius Pilatus auf die Bühne zu bringen. Doch die korrupten und nur auf ihren eigenen Vorteil bedachten Funktionäre, werfen ihm ständig Knüppel zwischen die Beine und versuchen ihn zu demontieren. Allein die schöne Margarita (Mimsy Farmer) hält noch zu ihm. Und der Satan, der sich in den Kopf gesetzt hat, Nikolai zu helfen…
Der jugoslawische Regisseur Aleksandar Petrović verfilmte 1972 den bis dahin als unverfilmbar geltenden Jahrhundert-Roman „Der Meister und Margarita“ als italienisch-jugoslawische Co-Produktion. Wobei der Film mehr als jugoslawischer Film gelten kann, denn bis auf die drei Hauptfiguren wurden alle anderen Rollen mit Jugoslawen besetzt. Auch die Musik von Ennio Morricone wird nur spärlich eingesetzt und besteht zumeist aus der enge Verdichtung von natürlichen Geräuschen, Glockengeläut und kirchlichen Gesängen. Zudem nutze Petrović auch die Gelegenheit, um mit seinem Film die damaligen Verhältnisse in seinem Heimatland anzuprangern. Die Bürokratie, die ideologische Gehorsam, die Heuchelei und die erbarmungslose Zensur. Ironischerweise wurde sein Film dann gleich darauf in Jugoslawien verboten und Petrović musste seine Tätigkeit als Dozent an der Belgrader Filmakademie einstellen. Und das, obwohl er zu den bedeutendsten Regisseuren des Landes zählte.
Für seine Verfilmung vereinfachte Petrović die komplexe Struktur der Vorlage und stellte den Meister (der hier den Namen Nikolaj Afanasijevic Maksudov trägt, während er im Roman namenlos bleibt) in den Vordergrund. In der literarischen Vorlage ist der Meister Schriftsteller und das von ihm verfasste Werk Teil von Bulgakovs Roman. Das Problem des Meisters Buch „Pilatus“ in den Film zu integrieren, löst Petrović auf kreative und schlüssige Weise dadurch, dass er aus dem Meister einen Theaterautoren macht und „Pilatus“ zum Theaterstück umgewidmet wird. Dessen Proben wohnt der Zuschauer immer mal wieder bei. Durch die Reaktionen der Theaterbetreiber und Kritiker wird so ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem großen Thema hergestellt, welches Petrović in seiner Verfilmung in den Vordergrund stellt: Die Freiheit der Kunst und wie diese in totalitären Systemen beschnitten und auf bigotte Art und Weise von den Günstlingen des Systems unterdrückt wird. Insbesondere, um eigene Interessen zu schützen oder sich Vorteile zu schaffen.
Dabei vernachlässigt Aleksandar Petrović vollkommen die Liebesgeschichte zwischen dem Meister und seiner Magarita. Diese wird von Mimsy Farmer gespielt, die in diesem Film eine überraschend gute und attraktive Figur macht. Leider wird sie mehr oder weniger zur Stichwortgeberin reduziert und verschwindet auch immer mal wieder ganz aus der Handlung. Es ist sehr offensichtlich, dass Petrović dieser Aspekt des Romans nicht sonderlich interessiert hat. Man hat das Gefühl, die Magarita käme nur vor, weil sie ja Teil des Titels ist. Ungewöhnlich auch die Besetzung des Satans mit Alain Cuny der wenig dämonisches mitbringt. Weiter weg von der Klischeedarstellung eines typischen Mephisto, kann man kaum inszenieren, was dem Film durchaus gut tut. Deshalb ist es umso unverständlicher, dass Wolands Helfershelfer zweidimensionale Abziehbilder sind, die all jene Stereotypen mitbringen, die man bei Woland vermieden hat. Der derbe und wenig originelle Klamauk, den sie in ihre Szenen einbringen, mag so gar nicht passen. Und er steht im krassen Gegensatz zu der eher langsamen und bedachten Inszenierung der Figur des Meisters und seines Kampfes gegen die absurde Zensur und das Verbot seines Stückes.
Beim große Finalen haben Woland und seine Helfershelfer ihren großen Auftritt. Sie lassen es teure Kleidung regnen, die dann wieder verschwindet und einen aufgeregte Haufen Nackter zurücklässt. Dies wirkt allerdings im harten Kontrast zu der kopflosen Herumgerenne auf der Leinwand, seltsam unaufgeregt. Vielleicht hat man ähnliches schon zu häufig gesehen, vielleicht ist die Botschaft zu dick aufgetragen: Die eigenen Gier lässt den Menschen, am Ende alles verlieren und nackt und beschämt dastehen. Der Autor der Vorlage, Michail Bulgakow, gilt als großer Satiriker der russischen Literatur. Von der feinen Satire ist hier nicht viel zu merken. Aber vielleicht kennen wir auch heutzutage die Mechanismen der Macht zu genau, um den bösen Witz der Geschichte noch als ebensolchen wahrzunehmen. Denn wir wissen ja mittlerweile, dass die Wahrheit häufig noch viel absurder als die Persiflage ist.
In der freien Bearbeitung des Roman-Klassikers wechseln ruhige Sequenzen oftmals unvermittelt mit groben Klamauk. Ugo Tognazzi ist eine ideale Besetzung für den nachdenklichen, für seine freie Meinungsäußerung kämpfender Theater-Autor. Handwerklich hervorragend, wirkt Aleksandar Petrović Film heute manchmal etwas zahm.
Die DVD-Umsetzung ist recht anständig geraten. Manchmal wirkt das Bild allerdings etwas blässlich und es kommt zu einem leichten Flackern der Farben. Dies zieht sich aber nicht durch den gesamten Film, sondern ist nur an einigen wenigen stellen zu bemerken. Neben der guten deutschen Synchronisation, befindet sich noch die italienische Sprachfassung mit auf der DVD. Da hier aber bis auf Tognazzi alle Schauspieler nachsynchronisiert wurden, kann man auch mit ruhigem Gewissen die deutsche Fassung anschauen. Was Extras angeht ist die DVD leider nur sehr schwach mit einer Bildergalerie und einem Trailer ausgestattet. Das beiliegende Booklet kann ich leider nicht beurteilen, da mir dieses nicht vorlag.