DVD-Rezension: “Don Jon”

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Jon (Joseph Gordon-Levitt), von seinen Freunden „Don Jon“ genannt, ist ein Italo-Amerikaner, der vor allem sich selbst, seinen gut trainierten Körper, seine penibel aufgeräumte Wohnung und seine Internet-Pornos liebt. Letztere zieht er echtem Sex vor, obwohl er keine Mühe hat, in seiner Stamm-Disco regelmäßig ein Mädchen für eine Nacht aufzureißen. Sein Leben ändert sich, als er eines Abends seine Traumfrau, die schöne Barbara (Scarlett Johansson) kennenlernt. Als diese von seinem „Hobby“ erfährt ist sie erst einmal entsetzt und verbietet Jon seine geliebten Pornos. Langsam fängt sie an, immer mehr Aspekte in Jons Leben zu kontrollieren und überredet ihn, eine Abendschule zu besuchen. Dort lernt er die deutlich ältere Esther (Julianne Moore) kennen, die zwar selber eine Menge Probleme hat, Jon aber besser zu verstehen scheint, als es Barbara tut…

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2012 schien Joseph Gordon-Levitt plötzlich überall zu sein. Fast konnte man das Gefühl bekommen, dass jede Woche ein neuer Film mit ihm in die Kinos schwappte. „50/50„, „The Dark Knight„, „Lincoln„, um nur ein paar zu nennen. So unterschiedlich auch die Genres, der ehemalige Kinderstar Gordon-Levitt, der vor allem durch die TV-Serie „Hinterm Mond gleich links“ zu frühem Ruhm gekommen ist, war dabei. Angesichts dieser Flut an Filmen, wunderte es dann auch nicht wirklich, als bei der Berlinale Anfang 2013 ein Film vorgestellt wurde, bei dem Gordon-Levitt nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern auch gleichzeitig Drehbuchautor und Regisseur war. „Don Jon“ hieß das Werk, welches nun auch auf DVD erschienen ist. Zuvor hatte Gordon-Levitt lediglich bei zwei Animations-Kurzfilmen das Filmemachen geübt. Aber in seiner, trotz seines relativ jungen Alters, schon recht langen Karriere, hat er bei den Dreharbeiten gut aufgepasst. Und so ist sein Erstling hübsch anzusehen, wenn auch filmisch eher konventionell geworden.

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Hinter der Kamera wird Gordon-Levitt von dem österreichischen Kameramann Thomas Kloss unterstützt, der neben zahlreichen Musikvideos für Madonna, Lady Gaga oder Will Smith, auch einige Folgen des der deutschen Krimi-Reihe „Der Fahnder“ fotografiert hat. Entsprechend gut und handwerklich sauber sieht der Film dann auch aus. Vor der Kamera erhält Gordon-Levitt ebenfalls kompetente Unterstützung. Allen vorweg von einem anderen, ehemaligen Kinderstar: Scarlett Johannson, die hier als attraktiver Blickfang dient. Dass nahezu makellose Schönheit durchaus zwei Gesichter haben kann, wird von Gordon-Levitts Drehbuch gut herausgearbeitet. Scarlett Johannson ist selbstverständlich eine höchst attraktive Frau mit einer umwerfenden Figur, aber ich habe in der Vergangenheit so meine Probleme mit ihr gehabt. Ist ihr Gesicht wirklich wunderschön oder gerade dadurch doch eher langweilig? Verleiht sie ihren Figuren wirklich Tiefe oder nur eine gutaussehende Oberfläche? Gerade Woody Allen gelang es ja, gerade Letzteres in seinen Filmen mit ihr herauszuarbeiten. Sondra Pransky in „Scoop“ oder Christina in „Vicky, Christina, Barcelona“ sind schöne, aber irgendwie oberflächliche und nicht besonders tiefsinnige Menschen. Auch in anderen Rollen, scheint sie häufig das Püppchen mit einem leichten Hang zur Egozentrik zu sein. Andererseits – so sind die Figuren, die sie spielt, auch immer vom Drehbuch angelegt und sie hat ja z.B. in „Lost in Translation“ gezeigt, dass sie durchaus einmal auch anders kann.

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In „Don Jon“ spielt sie aber wieder genau die von ihr bekannte Stereotype und man muss sagen, wie immer perfekt. Ihre Barbara ist auf den ersten Blick eine Traum-, auf den zweiten eine Albtraumfrau. Immer darauf bedacht gut auszusehen. Wozu auch ihre Begleitung als lebendes Accessoire gehört, Barbar hat eine genaue Vorstellung, wie die Welt und ihr Partner sein soll. Dass diese Vorstellung aus kitschigen Liebesfilmen stammt, ist ihr dabei nicht weiter wichtig. Genauso hat es zu sein. Und stellt sie ihren Partner vor die Wahl: Entweder so wie ich will, oder gar nicht. Jon wiederum ist so von ihrer Schönheit und sexuellen Anziehungskraft geblendet, dass er gar nicht merkt, wie sie ihn manipuliert und zu ihrem passgenauen Schoßhündchen macht. Erst als sie ihn fallen lässt, kann sich Jon befreien und realisieren, wie unwohl er sich durch ihre bestimmende Art gefühlt hat. Und so fällt er dann auch schnell wieder in seine alten Verhaltensweisen zurück und stellt fest, dass ihm diese ganz gut gefallen. Eigentlich könnte der Film hier zu Ende sein und die Botschaft lauten: Lass Dich nicht verbiegen – wenn Du glücklich mit Deiner Art zu Leben bist, dann ist das okay.

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Aber natürlich befinden wir uns in einem US-Film und da kann man natürlich nicht glücklich sein, wenn man kein „amerikanisches“ Leben führt. Also wird Jon durch die Figur der Esther schnell klargemacht, dass er ohne eine echte, tiefe Beziehung gar nicht glücklich sein kann. Diese Wandlung vom pornosüchtigen Single zu einem verständnisvollen, durch echte, tiefe Gefühle zu einer anderen Person ausgefüllten Menschen, wird dann in den letzten 30 Minuten des Filmes relativ überstürzt und leider auch sehr vorhersehbar abgehandelt. Immerhin verzichtet Gordon-Levitt darauf, seinen Don Jon am Ende in ein moralisch einwandfreies Familie-Korsett zu zwängen. Es allerdings schade, dass nun eine gewissen „Anti-Porno-Botschaft“ mitschwingt. Denn wenn Jon endlich lernt, sich in einem anderen Menschen zu verlieren, kommt er auch von den Pornos los. Was impliziert, dass glückliche Menschen keine Pornos schauen oder im Umkehrschluss, Pornos zu schauen ein Symptom für ein „ungesundes“, weil unbewusst unglückliches, Leben ist. So wird negiert, was am Anfang noch propagiert wird. Dass das Schauen von Pornos auch Spaß machen könnte und man eben nicht beziehungsmäßig „unreif“ sein muss, wenn man dies tut. Dementsprechend hätte eine kurze Szene am Ende, in der Jon noch einmal nur so zum Vergnügen „sein Glück in die eigene Hand nimmt“ (so der alte Untertitel des Verleihs, der scheinbar kurzfristig in „Was Frauen wollen und Männer brauchen“ geändert wurde“) dem Film gut getan.

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Dies ist der einzige, wenn auch leider gewichtige, Schwachpunkt des Filmes „Don Jon“, der bis dahin recht subversiv unterhält, indem er die Pornosucht und den Frauenverschleiß seines Heldens nicht dämonisiert. Im Gegenteil, es wird ja gerade die Person, die ihm seine Pornos – und nebenbei auch seine Putzleidenschaft – verbieten will, als berechnend und nicht gerade besonders sympathisch hingestellt. Demgegenüber wird die von Julianne Moore gespielte ältere Mit-Studentin auf der Abendschule wird recht lebensnah, zupackend, etwas subversiv und in keinster Weise makellos – und dadurch sehr sympathisch – gezeigt. Ein wenig erinnert Julianne Moores Rolle dabei an ihre Amber Waves aus „Boogie Nights“, die ja auch einen „unreifen“ Mann unter ihre (sexuellen) Fittiche nimmt. Schön auch, dass es hier zu einer erfüllten Beziehung zwischen einen attraktiven jungen Mann und einer schon deutlich älteren Frau kommt und dies in keinster Weise als Skandal oder Tabubruch, sondern als etwas ganz Natürliches und Schönes dargestellt wird.

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Auch der Rest des Casts ist gut ausgesucht. So gibt es ein Wiedersehen mit einem deutlich älter gewordenen Tony Danza, der Don Jons Vater mit einer Mischung aus lautem Proletentum und Kumpelhaftigkeit spielt. Und Brie Larson hat eine kleine, aber markante Rolle als Jons auf ihr iPhone starrende Schwester. Dass Gordon-Levitt hier noch das Thema Familienkonflikte, Vater-/Sohn-Beziehungen (man achte nur darauf, wie Jon und sein Vater am Tisch das gleiche Outfit tragen) und etwas verhaltene, aber recht nett umgesetzte, Kirchenkritik in sein Drehbuch schreibt, überlädt dies ein wenig, was aber nicht sonderlich schwer ins Gewicht fällt, da auch diese Szenen mit sicherer Hand und sehr unterhaltsam inszeniert sind.

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Mit seinem Debüt als Regisseur und Drehbuchautor ist Joseph Gordon-Levitt ein sehr unterhaltsamer, gut besetzter Film gelungen, dessen letztes Dritten durch das Propagieren eher konservativen Werte von Moral und Zusammensein einen Tick zu moralisch geraten ist. Allerdings muss man Gordon-Levitt zugute halten, dass dies auch schlimmer hätte ausfallen können und einige seiner Botschaften durchaus erfreulich gegen den Hollywood-Trend schwimmen.

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An der von Ascot Elite veröffentlichten DVD kann man nichts aussetzten. Das Bild ist sehr gut, die Farben kräftig und der Ton deutlich und dynamisch. Das Bonusmaterial ist nicht unbedingt üppig, aber ausreichend. Man bekommt ein in verschiedene Themen gestückeltes Interview mit Joseph Gordon-Levitt geboten, welches insgesamt um die 30 Minuten läuft. Da Gordon-Levitt der auteur des Filmes ist, ist er auch sehr mitteilsam und detailliert bei der Sache. Ansonsten finden sich auf der Scheibe noch diverse Trailer.

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