DVD-Rezension: “Darkman“

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Die Anwältin Julie Hastings (Frances McDurmond) stolpert zufällig über ein Dokument, welches Korruption im großen Stil enthüllt. Auf der Suche nach diesem Dokument dringt der Gangster Robert G. Duran (Larry Drake) mit seiner Bande in die Wohnung von Julie und ihrem Verlobten Dr. Peyton Westlake (Liam Neeson) ein. Dieser arbeitet gerade an der Herstellung einer synthetischen Haut und steht kurz vor dem Durchbruch. Durant foltert den Wissenschaftler, wirft ihn in einem Säurebecken und sprengt die Wohnung in die Luft. Kurze Zeit später wird ein mysteriöser, schrecklich verbrannter und entstellter Mann im Fluss gefunden und von einem Ärzte-Team gerettet. Sie kappen seine Nerven, damit er keinen Schmerz mehr verspürt, was sich aber auch unglücklich auf seine Emotionen auswirkt. Natürlich ist dieser geheimnisvolle Fremde der totgeglaubte Dr. Westlake. Dieser flieht aus dem Krankhaus, richtet sich in einem heruntergekommen Industrieviertel ein geheimes Labor ein und wird zum dunklen Rächer „Darkman“…

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Darkman“ dürfte die erste Comic-Verfilmung darstellen, zu der es gar keine Comic-Grundlage gab. Eigentlich hatte Regisseur Sam Raimi vor, den „Shadow“ zu verfilmen. Eine Radiosendung aus den 30er bis 50er Jahren, die in der Folge zahlreiche Comics und Groschenromane hinter sich her zog, sowie einige Serial-Verfilmungen, und als eine Inspiration für „Batman“ gilt. Doch Raimi bekam nicht die Rechte an der Figur des „Shadow“ (der dann 1994 von Russell Mulcahy verfilmt wurde und leider zu Unrecht unterging) , da man dem damals nur einer eingeschworenen Fangemeinde bekannte Regisseur von „Tanz der Teufel“, „Tanz der Teufel 2“ und den leider heute weitgehend unbekannten „Killer-Akademie“, einen aufwändigen und hoch budgetieren Film nicht anvertrauen wollte. Also machte sich Raimi daran, einen eigenen Superhelden zu kreieren. Das Ergebnis war „Darkman“, der tatsächlich an den „Shadow“, aber auch an das „Phantom der Oper“ und den Schurken aus „Das Kabinett des Professor Bondi“ erinnert.

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In gewisser Weise hat „Darkman“ dann auch einen gewissen 40er-Jahre-„Film Noir“-Look, wie man es von einer „Shadow“-Verfilmung erwartet hätte. Der Mafio Durant und seiner Gag wirken beispielsweise wie eine überdrehte Parodie auf die harten Jungs aus den alten Warner Gangsterfilmen. Bezeichnend, dass Sam Raimi Larry Drake für die Rolle des Durant haben wollte, weil dieser ihn an Edward G. Robinson erinnerte. Aber nicht nur aus dieser Ära spürt man Einflüsse. Der Darkman weckt auch Erinnerungen an Vincent Price in dem oben bereits erwähnten „Das Kabinett des Professor Bondi“ (das Kostüm, welches Darkman trägt ist nahezu identisch mit dem, welches Professor Bondi bei seinen Morden trägt und auch er versteckt sein zerstörtes Gesicht hinter einer Maske seines früheren Ichs) und an die Dr.-Phibes-Filme, in denen es ebenfalls um einen entstellten Wissenschaftler geht, der Gesichtsmasken benutzt und blutige Rache übt.

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In der Rolle des Dr. Peyton Westlake alias Darkman kann man einen noch jungen Liam Neeson bewundern, der zu dieser Zeit auf eher blasse, dafür aber sympathische Rollen abonniert war. In „Darkman“ ist sein Dr. Westlake ein perfektes Beispiel für dieses Rollenmuster. Doch wenn Neeson sich in „Darkman“ verwandelt, deutet er schon überzeugend an, was man im Herbst seiner Karriere von ihm erwarten durfte. Als der freundliche Herr Neeson plötzlich zu einem raubeinigen, knallharten Action-Helden mutierte, der sich durch Filme wie „Taken“ und „Unknown“ ballert und prügelt. Als seiner Seite spielt eine noch junge Frances McDurmond, die zuvor mit zwei Filmen der Coen-Brüder („Blood Simple“ und „Arizona Junior“) bekannt geworden war. Die Coen Brüder sind gute, alte Freunde von Sam Raimi und haben ihm Frances McDurmond sicherlich empfohlen. Leider kamen die Beiden bei den Dreharbeiten gar nicht miteinander zurecht und so blieb es bei dieser einmaligen Zusammenarbeit. Frances McDurmond kehrte zu den Coens zurück und hatte ihren großen, oscar-prämierten Durchbruch 1996 mit „Fargo“. In „Darkman“ spielt sie aber eher unauffällig.

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Der eigentliche Star des Filmes ist Larry Drake, der den Mafioso Durant spielt, der zunächst als Kopf hinter den Verbrechen eingeführt wird, sich aber später als Helfershelfer des eigentlichen Schurken entpuppt. Der etwas seltsam aussehende Drake passt perfekt in diese Rolle, die er ohne große Emotionen, aber einer eindrucksvoller Präsenz spielt. Insbesondere, wenn er gleichzeitig Durant und Westlake in Durant-Verkleidung spielt, kann er einige schauspielerische Kabinettstückchen abliefern. Durant ist auch viel interessanter als eigentlicher Schurke. Darum wurde er nach seinem – merkwürdig unspektakulären – Abgang in „Darkman“ für die „Direct-to-video“-Fortsetzung „Darkman II: The Return of Durant“ wiederbelebt. Colin Friels bleibt dem gegenüber als Hauptschurke eher langweilig und spielt diesen Charakter leicht überdreht, aber ohne Charisma.

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In der Zeit von seelenloser CGI ist es schön, noch einmal einen alten Film zu sehen, der noch ganz mit handgemachten Effekten hantiert, und in dem die Explosionen noch echt und keine Pixelwolken sind. Zwar sind nicht immer alle Effekte gelungen, was besonders die Szenen, in denen Darkman vor einem offensichtlichen Green Screen an einem Helikopter hängt betrifft, aber immer charmant. Absolut brillant sind die Make-Up-Effekte ausgefallen. Nicht nur Dr. Westlakes zerstörtes Gesicht ist unangenehm überzeugend gelungen, auch die kleineren Effekte, wie das Auflösen der unterschiedlichen Gesichtsmasken, sind ganz große Make-Up-Kunst, die man so plastisch heutzutage – wo man sich fast nur noch auf kostengünstige, modernen Computertechnologie verlässt –leider nicht mehr zu sehen bekommt.

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Ebenfalls sehr gelungen ist die Comicbuch-Ästhetik dieses Filmes, die einerseits von der Bildgestaltung her, an abgefilmte Comic-Panels erinnert, dies aber andererseits nicht so plakativ in den Vordergrund stellt, wie es z.B. Ang Lee in „Hulk“ tat. Man merkt, dass Raimi ein Händchen für diese Art von Filmen hat. Ein Versprechen, welches er 12 Jahre später mit seiner großartigen „Spider-Man“-Verfilmung einlöste. So könnte „Darkman“ fast als Vorstudie zu der „Spider-Man“-Trilogie durchgehen. Sogar Komponist Danny Elfman (der neben seinen Kooperationen mit Tim Burton, auch regelmäßig für Raimi arbeitete) war hier bereits mit an Bord und liefert einen seiner typisch bombastisch-verspielten Soundtracks ab, der allerdings auch deutlich an seine Musik zu „Batman“ erinnert.

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Obwohl sich „Darkman“ mittlerweile zu Recht zu einem kleinen Kultfilm gemausert hat, ist er heute nicht so bekannt, wie er es verdient hätte. Trotzdem wurden zwei Fortsetzungen in Auftrag gegeben, die allerdings als Videoproduktionen realisiert wurden und in denen Arnold Vosloo die Rolle des Darkman von Liam Neeson übernahm. Auch eine TV-Serie wurde geplant, kam allerdings nie über einen Pilotfilm hinaus. In Deutschland wurde „Darkman“ indiziert, was aus heutiger Sicht nicht ganz nachzuvollziehen ist. Koch Media hat für seine aktuelle Veröffentlichung eine Neuprüfung beantragt und nun wurde „Darkman“ ungeschnitten mit einem FSK 16 freigeben, was dem Film auch weitaus gerechter wird.

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„Darkman“ ist eine schöne und charmante Comic-Verfilmung, der gar kein Comic zugrunde liegt. Sam Raimi hat seinen vierten Spielfilm mit viel Liebe und Gespür für popkulturelle Mythen in Szene gesetzt. Aus der Darstellerriege ragt vor allem Larry Drake als fieser Durant hervor. „Darkman“ unterhält vorzüglich und es ist schade, dass er bis heute nicht den Stellenwert inne hat, den er eigentlich verdient hätte.

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Die von Koch Media herausgebrachte DVD überzeugt mit einer soliden Bild- und Tonqualität. Leider wurden dieser Veröffentlichung bis auf den Trailer keinerlei Extras beigegeben, was sehr schade ist. Allerdings prangt auf der DVD eine „1“, was davon ausgehen lässt, dass Teil 2+3 auch demnächst bei Koch Media erscheinen werden.

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