Kommentar zur Fusion des Cinema Ostertor mit den Bremer Filmkunsttheatern

cinema1Während meiner fast zweiwöchigen Informationsabstinenz ist einiges passiert. Für viele meiner Leser sicherlich bereits ein alter Hut, möchte ich trotzdem etwas zu der Fusion des Cinema Ostertor mit dem Bremer Filmkunsttheater von Manfred Brocki schreiben. Nicht-Bremer kennen das Cinema Ostertor vielleicht aus dem Roman „Neue Vahr Süd“ von Sven Regener, wo es häufig erwähnt wird, da die WG des Protagonisten Herrn Lehmann, sich direkt über dem Kino befindet.

Ich muss sagen, dass mich diese Meldung sehr traurig gemacht hat. Das Cinema Ostertor war für mich immer weniger Programmkino (was es jetzt wohl werden wird), als vielmehr ein Alternatives Kino. Und zugleich das letzte wirklich unabhängige Kino in Bremen. Alle anderen gehören ja entweder zu Brockis Filmkunsttheater oder sind Teil einer Multiplex-Kette. Und das Kommunalkino City 46 hängt ja (leider) am Tropf der Stadt. Das Cinema Ostertor war in meinen Augen immer eine letzte Bastion der Cineasten vom alten Schlag. Wirft man einen Blick auf das Programm in den letzten Jahren, so unterscheidet es sich doch stark von dem, was andere Kinos zeigten. Das Kommunalkino einmal ausgenommen, aber dieses hat ja auch einen staatlichen Bildungsauftrag.

Beim Cinema Ostertor hatte ich immer das Gefühl, dass man die Ideologie pflegt, man könne mit Kino etwas verändern. Menschen aufrütteln und eine starke Meinung vertreten. Ich erinnere hier nur an das Balkan Film Festival oder die vielen Dokumentationen, die häufig auch von den Filmemachern präsentiert wurden. Allein letztes Jahr waren 25 Filmemacher zu Gast, um ihre Filme vorzustellen und mit dem Publikum zu diskutieren. Leider ist der Zuspruch für derartige Veranstaltungen am Ende wohl am Ende so gering gewesen, dass sich der Aufwand nicht mehr lohnte.

Ich gebe gerne zu, dass mich das ziemlich enttäuscht, sich aber auch mit meinen eigenen Beobachtungen deckt. Es gibt in Bremen keine „Cineasten-Szene“. Also Gruppen, die sich treffen, um gemeinsam ins Kino zu gehen, über Filme zu diskutieren oder gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Die Film als mehr, als bloße Verstreuung und Zeitvertreib ansehen. Das habe ich in anderen Städten schon anders erlebt. Vielleicht sehe ich da auch zu schwarz. Aber wenn ich im Weser Kurier lese, dass Thomas Settje sagt, dass es als Kino mit einer Leinwand zur Zeit unglaublich schwierig ist, allein zu überstehen, und die Zielgruppe für Programmkinos nur klein ist, dann fühle ich mich leider doch bestätigt.

Das alternative, politische Profil ist schon bei der Gründung des Cinema Ostertor angelegt worden. Am 7. November 1969 gründete der, im letzten Jahr im Alter von 81 Jahren verstorbene, Gert Settje das Cinema zusammen mit Lore Bertuleit, Hero Burmeister, Manfred Lohrengel, Robert Franke, Konrad Huchting und Jürgen Behrends. Neben dem Cinema war Settje in den 60er Jahren auch Geschäftsführer der legendären “Lila Eule”. Dort zeigte er zusammen mit Olaf Dinné auch Filme, was quasi die Keimzelle des Cinemas darstellte.1973 gründete Gert Settje mit Reinhold Garske das Bremer Kommunalkino, das bis zu seinem Umzug nach Walle 1993 (ab da “Kino 46″, heute “City 46″) im Cinema beheimatet war. Zuletzt haben seine Kinder, Andrea und Thomas Settje, das Kino als Familienbetrieb weiter geführt.

cinema2Nach der Fusion mit Manfred Brockis Filmkunsttheatern wird Thomas Settje weiterhin das Kino leiten. Die Programmplanung wird allerdings von den Filmkunsttheatern übernommen. Trotzdem soll das Profil des Cinema auch weiterhin erhalten bleiben. Vor dem Hintergrund, dass es für Manfred Brocki, der nun fünf Leinwände in Bremen besitzt, einfacher ist, Verhandlungen mit Filmverleihern zu führen und attraktive Filme zu besseren Konditionen zu bekommen, macht diese Fusion durchaus Sinn. Trotzdem bin ich etwas traurig, denn mit dem Ende des Familienbetriebes stirbt wieder einmal ein Stück Bremer Kinokultur, und die Kinolandschaft wird um eine unabhängige Stimme ärmer.Und für den alten 35mm-Romantiker in mir ist auch die Nachricht, dass

die Fusion nur deshalb zustande kommen konnte, weil das Cinema Ostertor gerade ein digitales Abspielgerät installiert hat und damit der Austausch der Filme zwischen den Häusern erst möglich wurde, etwas betrüblich. Aber damit werde ich in der Zukunft wohl leben müssen. Zelluloid stirbt, Pixel herrschen.

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3 Antworten zu Kommentar zur Fusion des Cinema Ostertor mit den Bremer Filmkunsttheatern

  1. denis sagt:

    und das mit zwillingem… guter text. auch wenn ich nicht in bremen ins kno gehe.

  2. Ruben vdb sagt:

    Hallo Marco. Guter Text. Es macht bei mir ein wenig Schuldgefuehl los da ich Cinema nur 2 mal in 2 Jahren besucht habe. Aber als nicht Deutscher mit vor allem im ersten Jahr nur geringe Deutsch Kentnisse, bin ich lieber zur original Verfassungen gegangen die dan oefter in City46 bzw. Schauburg liefen.

    Trotzdem herscht da eine sehr nette, gemuetliche Atmosphaere die z.B. bei City46 grossenteils abwesend ist. Hoffen das das so bleibt!

  3. Marco Koch sagt:

    Hallo Ruben. Wie Du ja vielleicht gemerkt hast, bin ich auch ein großer Verfechter, Filme möglichst im O-Ton zu zeigen. Gerade in einer Stadt, die sich gerne international gibt und stolz auf seine vielen ausländischen Studenten ist, sollte das eigentlich selbstverständlich sein. Die Bremer Filmkunsttheater zeigen ja nun auch regelmäßig O-Ton (wenn auch zu unglücklichen Zeiten), von daher bin ich zuversichtlich, dass sich da nun auch im Cinema Ostertor etwas tun wird. Mit der Atmosphäre hast Du recht. Gerade beim kleinen Cinema finde ich diese sehr angenehm. Aber auch bei Schauburg, Gondel und Atlantis kann man nicht meckern. Dort fühlt man sich auch vor und nach dem Film sehr wohl. Beim City 46 hast Du leider recht. Mir fällt das nicht so stark auf, da ich dort in der Regel immer jemanden zum Schnacken haben. Aber von anderer Seite habe ich auch schon gehört, dass das Foyer und der Wartebereich als kalt und ungemütlich bezeichnet wird.

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