Nachruf: Herbert Lom (1917-2012)

Herbert Lom gehörte für mich immer zu den großen britischen Schauspielern. So wie Alec Guiness oder David Niven. Seine volle Stimme mit dem betont klaren Englisch, das immer britisch-aristokratische Auftreten, egal ob er nun – wie so oft in seiner Karriere – einen Araber oder einen französischen Chefinspektor am Rande des Nervenzusammenbruchs spielte. Umso erstaunter war ich, als mir jetzt anlässlich seine Todes bewusst wurde, dass Herbert Lom 1917 in Prag geboren wurde, welches damals noch zum österreichisch-ungarischen Kaiserreich gehörte, und eigentlich auf den prunkvollen Namen Herbert Karel Angelo Kuchačevič ze Schluderpacheru hörte.

In Tschechien spielte er auch seine ersten Filmrollen, bevor er 1939 vor den Nationalsozialisten nach England floh. Dort nahm er 1942 die Schauspielerei wieder auf und bekam in dem britischen Streifen „The Young Mr. Pitt“ eine kleine, aber bedeutende Nebenrolle: Er spielte Napoleon Bonaparte, den er 14 Jahre später in King Vidors berühmter und stargespickter Adaption von Leo Tolstois „Krieg und Frieden“ noch einmal spielen sollte.

Nach dem Krieg wollte Herbert eigentlich in die USA auswandern, bekam aber kein Visum, was vielleicht an seinen tschechischen Wurzeln und dem Beginn der Kalte-Krieg-Paranoia lag. So blieb er in England, wo er als Gangster in einigen britischen „Film Noir“-Streifen auftrat. Am Prägnantesten war er in Jules Dassins brillantem Film „Die Ratte von Soho“ mit Richard Widmark. Einem breiten Publikum wurde er dann in dem britischen Klassiker „Ladykillers“ bekannt, wo er neben Alec Guiness und Peter Sellers einen der Gauner spielte, die sich bei einer alten Dame einquartierte.

Nach weiteren Nebenrollen, u.a. in großen Monumentalfilmen, bekam Herbert Lom 1962 seine erste Hauptrolle angeboten. In der „Phantom der Oper„-Verfilmung der legendären Hammer-Studios durfte er unter Kult-Regisseur Terence Fisher das titelgebende Phantom geben. Leider zählt dieser Film nicht gerade zu den Lieblingen der Fans und Lom musste die meiste Zeit hinter einer Maske agieren. Dann kam 1963 die Rolle, die Lom weltweit bekannt machte und ihn 30 Jahre begleiten sollte. In der Fortsetzung zu Blake Edwards „Der rosarote Panther“ – „Ein Schuß im Dunkeln“ – trat er erstmals als Clouseaus Chef auf, Chiefinspektor Charles Dreyfus, der von dem trotteligen Inspektor systematisch in den Wahnsinn getrieben wird und in jeder weiteren Folge der langlebigen Serie immer verrückter wurde. So dass Dreyfus in „Inspektor Clouseau – Der beste Mann bei Interpol“ sogar nach der Weltherrschaft strebte, um Clouseau zu vernichten. 1993 sollte dann seine letzte Kinorolle wieder als Dreyfus spielen, in „Der Sohn des rosaroten Panthers“ an der Seite von Roberto Benigni. Leider war der Film für keinen der Beteiligten ein Ruhmesblatt, so dass dieser großartige Schauspieler leider keinen würdigen Abtritt bekam. Aber wer bekommt das schon? Danach spielte Herbert Lom nur noch einmal, 11 Jahre nach dem „Sohn“ in einem TV-Film aus der Reihe „Marple“ mit. Darin spielt er einen Professor Dufosse, was auch so ein bisschen nach „Dreyfus“ klingt.

Genrefans kennen und lieben Herbert Lom vor allem für seine Auftritte in europäischen Exploitationfilmen der 60er und 70er. Zweimal spielte er unter Jess Franco („Der heiße Tod“ und „Nachts, wenn Dracula erwacht„), ebenfalls zweimal Filmen des bliebten Amicus-Studios dabei „Asylum – Irrgarten des Schreckens“ und „Embryo des Bösen„. In „Der Schatz im Silbersee“ durfte er den Schurken geben und in „Die Nibelungen, Teil 2“ den Hunnenkönig Etzel. Am beleibtesten dürfte unter Fans allerdings sein Auftritt als Hexenjäger Lord Cumberland in „Hexen bis aufs Blut gequält“ sein.

Neben seiner Schauspielkarriere, schrieb Herbert Lom 1971 und 1992 noch zwei historische Romane, deren Filmrechte zwar verkauft wurden, aus denen aber bisher noch kein Filmprojekt entstand. Gestern starb dieser großartige und unvergessliche Schauspieler im stolzen Alter von 95 Jahren im Schlaf.

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