Amsterdam ist eine Reise wert. Letztes Wochenende war ich das erste Mal seit über 15 Jahren wieder in der niederländischen Hauptstadt und war trotz Kälte und Regen einmal mehr begeistert vom Flair und der lockeren Atmosphäre dort. Und ich rede hier nicht von den Dope-Schwaden, die, wie momentan die Regenwolken in Bremen, über der Stadt liegen. Auch nicht vom berühmten „Red Light District“. Nein, die ganze Stadt ist – vielleicht aufgrund der Multi-Kulti-Gesellschaft dort, vielleicht weil „der Holländer“ eben kein Deutscher ist – einfach liebenswert verrückt und reich an kulturellen Möglichkeiten. Auf meiner Top 10-Liste von Städten, in denen ich gerne leben würde, wenn es Bremen nicht gäbe, liegt sie momentan zusammen mit Berlin an der Spitze (demnächst möchte ich aber mal nach Kopenhagen fahren – mal gucken, ob sich die Reihenfolge dann ändert).
Sollte ich nun jemanden, der bisher noch nicht das Vergnügen hatte in Amsterdam gewesen zu sein, auf den Geschmack gebracht haben und sollte dieser jemand auch noch ein großer Kino-Freund sein, dann hätte ich hier einige Tipps, was man sich auf jeden Fall ansehen sollte.
Anfangen möchte ich mit dem „Filmantiquariaat Cine Con Qua“ (Staalstraat 14). Ein kleiner Laden, der bis unter die Decke voll gestopft ist mit Filmplakaten, DVDs und vor allem vielen, VIELEN antiquarischen Büchern über den Film. Hier findet man Filmbücher aus der ganzen Welt (einige sogar aus Deutschland), die schon seit Ewigkeiten Out-of-print sind. Leider zu sehr saftigen Preisen, aber dafür sind es eben zum Teil uralte Raritäten. Sehr interessante DVDs gibt es auch im Verkauf, allerdings muss ich auch hier sagen: Da werden eher Fantasiepreise verlangt. Die bekommt man über einen x-beliebigen Online-Versender sicherlich weit günstiger. Aber auch hier: Es lohnt sich mal einen Blick aufs DVD-Regal zu werfen. Ich habe mich auf jeden Fall in dem kleinen Laden wie Zuhause gefühlt (sieht ja auch aus wie meine alte Junggesellenbude) und hätte dort noch den ganzen Tag lang herumstöbern können.
Ebenfalls sehr empfehlenswert ist der „International Film & Theater Bookstore“ (Leidseplein 26) im Stadttheater. Auch ein eher kleiner Laden, aber mit einer hervorragenden und gut sortierten Auswahl an Büchern zum Thema Film. Ca. 80% der Bücher ist auf englisch. Aber auch hier: Die Preise sind gesalzen. Ich hatte einige Bücher in der Hand, die ich mir über Amazon oder jpc für gut 1/3 weniger Euro bestellt hatte. Immerhin, man kann die Bücher hier mal in die Hand nehmen und anlesen. Wenn sie einem gefallen, der Preis aber zu hoch ist, dann kann man ja Zuhause immer noch gucken, ob man nicht günstiger an die Dinger ran kommt.
Zwei weitere Tipps noch zum Lesen: Der „British Bookstore“ und das „American Book Center“ (Spui 12). Beim Ersteren gibt es günstige britische Bücher zu zum Teil unschlagbar günstigen Preisen. Die Comic-Abteilung ist großartig, Musik und Film okay, wobei ich hier sehr günstig zwei Bücher über den Blues und über die Rolling Stones mitnehmen konnte. Über Film gab es auch etwas, aber zum größten Teil solche „The 100 Best..“-Bücher, die ich nun wirklich nicht mehr brauche. Das „American Book Center“ erstreckt sich über drei großzügige Etagen. Im ersten Stock findet man dann eine sehr ansprechende Auswahl an Büchern. Leider auch wieder zu sehr anspruchsvollen Preisen. Hier hätte ich am Liebsten richtig abgeräumt, aber dann hätte ich wohl kein Geld mehr für Essen & Trinken gehabt. Sehrt schade, denn einige der Bücher hätte ich sehr gerne gehabt und nun zurück in Deutschland und mit Zugriff auf das Internet, musste ich feststellen, dass man meine Lieblingstitel (von dem Verlag „Glittering Images“, welcher allerdings aus Italien kommt und seine wunderbar bebilderten Bücher zu den Themen „Euro-Exploitation“ – und jetzt auch Japanischer Sexploitation – zweisprachig italienisch/englisch veröffentlicht) hier gar nicht bekommt, bzw. diese bei internationalen Versendern als out-pf-print angezeigt werden. Die einzige Möglichkeit da ranzukommen ist – sie über die Website des „American Book Centers“ zu bestellen und saftige Portogebühren zu zahlen. Zu blöd..
In Amsterdam gibt es auch wunderschöne Kinos. Angefangen beim berühmtesten Kino Amsterdams, dem „Pathé Tuschinski“ (Reguliersbreestraat 26-34), welches von außen eher wie ein alt-ehrwürdiges Theater aussieht und einen innen mit einem wirklich beeindruckenden Foyer erschlägt. Wow… das ist – im Gegensatz zum gleichnamigen Multiplex – wirklich ein „Filmpalast“. Wenn man da an die Bremer Kinos denkt… so etwas gab es hier auch einmal und heute? Zum Heulen!
Nett ist auch Amsterdams zweitältestes Kino: Das 1913 eröffnete „De Uitkijk“ (Prinsengracht 452). Zumindest ist es das laut dem ziemlich verlässlichen Reiseführer „Lonley Planet“. An der Front wird damit geworben, dass es das älteste Kino wäre. Das Foyer hier ist winzig und wirkt auf angenehme Art und Weise alt und schlicht.
Das älteste Kino laut „Lonley Planet“ ist das „The Movies“ (Haarlemmerdijk 161) von 1912. Ein ganz wunderbarer Ort mit einem größeren Gastronomiebereich, der wirkt wie aus den 20er Jahren, und einem angeschlossenen Café/Bar. Hier waren wir Samstagabend und sahen im großen Saal den neuen Film von Wes Anderson: „The Fantastic Mr. Fox“. Und es war sehr, sehr voll. Sehr nett auch das Detail, dass vor dem Saal eine kleine Tafel hing, auf der mit Kreide geschrieben stand, welcher Film gezeigt wird. Nur ein kleines Detail, aber trotzdem irgendwie liebenswert. Auf jeden Fall fühlt man sich in solch einem Kino sehr wohl und hat das Gefühl, dass Film hier noch mehr als nur eine seelenlose Ware ist und das Publikum etwas mehr als eine gesichtslose Masse, die möglichst schnell durch uniformierte Kinosäle zu den Popcorn-Ständen getrieben werden muss. Hier ist Kino wirklich noch ein Ereignis voller Atmosphäre und Magie.
Wie gesagt, angesehen haben wir uns „The Fantastic Mr. Fox“ von Wes Anderson. Natürlich im Original, denn in den Niederlanden wird nicht synchronisiert. Was hier auch ein Frevel wäre, denn die stimmen von George Clooney, Meryl Streep, Bill Murray, Jason Schwarzman und der übrigen Besetzung aus dem „Anderson-Clan“ machen viel vom Charme dieses sehr empfehlenswerten Animationsfilmes aus. In Zeiten, wo „Avatar“ Maßstäbe in Sachen Technik setzt, ist es sehr erholsam und herzerwärmend, wenn ein Film sich dieser Perfektion verweigert. Technisch ist „Mr. Fox“ weit davon „perfekt“ zu sein. Im altmodischen Stop-Motion-Verfahren animiert, mit handgemalten Hintergründen und den Fingerabrücken der Animatoren, die sich im Film oder der Haut der Figuren wieder finden wirkt der Film angenehm altmodisch, aber gleichzeitig auch liebvoll und „lebendig“. Die Geschichte selbst beruht auf einem Kinderbuch des großen Roald Dahl, wurde von Anderson aber so umgestrickt und ergänzt, dass er nun perfekt in seinen filmischen Kosmos aus merkwürdigen, gestörten Familien passt. Für Kinder ist der Film übrigens trotzdem weniger geeignet. Diese dürften eher verstört darauf reagieren, wenn in den Figuren die tierische Natur durchbricht und der Fuchs wirklich die Gänse reißt. Toller Film – Empfehlung.